Freitag, 30. März 2007
Die Geister, die wir riefen
Wie schön muss es rückblickend gewesen sein, als das Fernsehen noch nur 3 Kanäle hatte. An oder Aus war da nur die Frage. Wie schön war das Fernsehen ohne Fernbedienung, als es nur ein Frage gab: Wer schaltet um? Wie schön muss es gewesen sein, als man nur eine Nummer im Kopf hatte, die des einzigen Telefonanschlusses. Als man Bargeld bekam und alles mit Bargeld beglich. Wie schön muss es gewesen sein, als der Weg ins Kino noch ein Höhepunkt war? Wie schön muss es gewesen sein, als man bei der Bank seinen langjährigen Kundenberater hatte? Wie schön muss es gewesen sein, als man mit dem Auto noch fahren konnte? Wie schön muss es gewesen sein, als man im Ausland noch Ausländer war? Wie schön muss es gewesen sein, als man sich spontan noch getroffen hat? Wie schön muss es gewesen sein, als Freundschaft noch das Wichtigste war? Wie schön muss gewesen sein, als die Familie noch so nah bei einander war? Wie schön muss es gewesen sein, als eine Hose noch eine Hose war und kein Träger für ein Markenschild? Wie schön muss es gewesen sein, als sich sonntags die ganze Familie getroffen hat? Wie schön muss es gewesen sein, als man Samstag noch die Sportschau schauen konnte? Wie schön muss es gewesen sein, als man noch nicht wusste, was alles in Nahrungsmitteln auf einen lauert? Wie schön muss es gewesen sein, als man einfach Liebe machen konnte, ohne dabei an AIDS denken zu müssen? Wie schön muss es gewesen sein, als Sportereignisse noch sportlich geführt wurden? Wie schön muss es gewesen sein, als man noch zusammen gekocht hat? Wie schön muss es gewesen sein, als man Essen durfte, was man wollte? Wie schön muss es gewesen sein, als es vieles nur zu bestimmten Jahreszeiten gab, sonst nicht? Wie schön muss es gewesen sein, als es die meiste Zeit ruhig um einer herum war? Wie schön muss es gewesen sein, als man noch den Namen der Frau im Tante-Emma-Laden kannte? Wie schön muss es gewesen sein, als man sich ständig über den Weg gelaufen ist? Wie schön muss es gewesen sein, als man sich noch Geschichten erzählt hat? Wie schön muss es gewesen sein als man noch Zeit am ende des Tages für sich übrig hatte? Wie schön muss es gewesen sein, als man noch Radio hören konnte? Als man von Hörspielen gefesselt war? Wie schön muss es gewesen sein, als es noch Parkplätze gab? Wie schön muss es gewesen sein, als die Innenstädte nicht zugekleistert waren mit den ganzen dumpfen Werbebotschaften? Wie schön muss es gewesen sein, als die Menschen mit viel weniger viel glücklicher schienen? Warum haben wir das Gute nicht einfach mitgenommen? Es war doch schön - oder?
Donnerstag, 29. März 2007
Dann backen wir uns eben einen
Da warten sie. All die Qualitätsmacher. Das Gedränge ist wie immer woanders. Da, wo es schnell geht. Billig ist. Und inhaltslos. Der erfahrene Schuhmacher. Die begnadete Schneiderin. Der leidenschaftliche Koch. Der verrückte Friseur. Die liebevolle Blumenverkäuferin. Die belesene Buchhändlerin. Der feine Goldschmied. Der erlesene Feinkostladen. Die intelligente Agentur. Alle sitzen da und hoffen und warten auf Kundschaft, die ein wenig Zeit mitbringt. Nicht so gehetzt ist. Die sich gerne beraten lässt. Die Wert auf das Gute legt. Die weiß, dass Qualität ihren Preis haben muss. Die zu schätzen weiß, wenn sich jemand auskennt. Ist es nicht schön, solchen Kunden die Wünsche von den Lippen abzulesen? Ihnen natürlich immer ein wenig mehr auf den Teller zu tun, weil man es will und nicht, weil es verlangt wird? Es sind so wenige. Darum müssen wir warten und Geduld haben. Solange bestaunen wir irritiert die Schlangen vor den Ausverkaufläden unserer Werte. Ein guter Schuh. Ein guter Wein. Eine gute Idee.
Wenn man in Amerika jemanden fragt, wo man gut essen kann, bekommt man keine Antwort. Sondern erfährt nur, wo man viel und billig bekommt. Das Qualitätsmerkmal ist da schon verschwunden. Und bei uns macht es den Anschein, dass es sich auflöst wie eine Aspirin im Wasserglas. Aber ich glaube nicht wirklich daran, bis es vorbei ist. Bis dahin glaube ich daran, dass es sie gibt, die Menschen, die sich lieber für das Gute entscheiden. An diesem Glauben hänge ich so sehr. Den hänge ich nicht einfach an den berühmten Nagel.
foto: peter von felbert
Das ist ganz einfach
Wer kennt das nicht? Man ist in einer fremden Stadt und muss zu einem bestimmten Ort. Offensichtlich ein bekannter Ort. In einer großen Stadt. Aber irgendwie findet man diesen Ort nicht so recht. So dass man sich genötigt fühlt, jemanden nach dem Weg zu fragen. Die ersten 3 möglichen Wegweiser waren nicht von hier. Somit konnten die einem beim besten Willen nicht weiterhelfen. Die nächsten 2 möglichen Wegweiser verstanden kein Wort. Somit wäre jede Ansage für die Katz. 3 weitere Einheimische waren so etwas von einheimisch, dass man außer witzig klingendem Dialekt auch nichts verstehen würde. Dann waren da noch 3 bis 4, die glaubten, eventuell, vielleicht den Weg zu kennen, mussten dann aber nach langem hin und her doch passen.
Und dann - Treffer. Er. Auf die Frage nach dem bekannten Ort in dieser großen Stadt entgegnet er ganz locker, mit einem verschmitzen Lächeln: Das ist ganz einfach. Was jetzt kommt, muss man wissen, ist natürlich genau das Gegenteil. Denn der Mann setzt Wissen voraus, dass es nicht gibt. Sonst müsste man ja nicht nach dem Weg fragen. So erklärt er nach seinem Wissensstand den Weg. Was dazu führen muss, dass die so einfache Erklärung immer komplizierter wird. Und komplizierter. Und noch komplizierter. Nach der achten Kreuzung bin ich geistig schon ausgestiegen. Nicke aber höflich, um einer Wiederholung bloß aus dem Weg zu gehen. Ich habe längst beschlossen, den 4 Kreuzungen zu folgen, denen ich folgen konnte und dann erneut zu fragen. Aber eines lernt man daraus: Setze nie Wissen voraus bei Deinem Gegenüber und beginne nie eine Antwort mit dem Satz: Das ist ganz einfach.
foto: peter von felbert
Mittwoch, 28. März 2007
Kellnerblick
Die wahre Kunst des (guten) Kellners besteht darin, darüber hinweg, durch und vorbeischauen zu können. Wer kennt das nicht: Man sitzt im Restaurant, die Suppe kommt, aber das Brot fehlt. Somit wird nun die Zeit knapp. Denn noch ist die Suppe heiß. Wenn man jetzt zu lange auf das Brot wartet, ist die Suppe kalt. Was man nicht will. So hält man Ausschau nach dem Kellner. Der seitdem wie vom Erdboden verschluckt ist. Hat die Polizei etwa eine Fremdarbeiter-Razzia gemacht? Oder hat er einen dringenden Anruf von seiner Frau bekommen, das 7. Kind kommt? Meine Bemühungen, den Kellner ausfindig zu machen, haben etwas von einem Wackeldackel auf der Hutablage eines Opel Commodore. Da war er. Kurz. Ganz kurz huschte er durch das Lokal. Da wieder. Da, das ist er. Das war er.
Jetzt fange ich an, meinen Arm wie ein 7.-Klässler in den Himmel zu recken. Also ob ich im Deutschunterricht endlich mal was wüsste. Aber er schafft es, an mir und meinem Begehren spurlos vorüber zu gehen. Er sieht mich nicht. Bin ich überhaupt da? Er kommt direkt auf meinen Tisch zu, aber alles Winken, Rufen, Anblicken erreicht ihn nicht. Er schaut durch mich durch und an mir vorbei. Es gelingt mir nicht, seinen Blick zu erhaschen. Ich werde lauter. Zu laut.
Er verharrt mitten im Restaurant – und wie ein Werwolf, ein Alien, das ein neues Opfer gewittert hat, dreht er sich um. Langsam. Ganz langsam. Er schaut mich angewidert an. Ich versuche ein nettes Handzeichen zu machen, dass so aussieht wie ein Brotkörbchen. Dazu wiederholen meine Lippen lautlos: Brot, Brot .... Brot. Er nickt und verschwindet wieder im Nichts. Einige Zeit später kommt das Brotkörbchen. Die Suppe habe ich längst lauwarm gegessen. Zudem ist das Brot entweder steinhart oder schwammig.
Diese Situation kenne ich in vielen Varianten. Einige Zeit dachte ich, ich wäre einfach so unscheinbar, dass mein Begehren untergeht. Aber wer mich kennt, und ich kenne mich auch, weiß, das kann man mal kategorisch ausschließen. Dann bin ich zu der Theorie übergegangen, das machen die mit Absicht. Die ziehen ihr Ding durch. Sonst bricht das Chaos aus. Aber ich habe mich im Lauf der Zeit daran gewöhnt, mich unmissverständlich durchzusetzen. Meine Frau leidet darunter. Aber ich habe zur heißen Suppe jetzt mein Brot. Und der Kellner hat schnell raus, dass er mir besser tief in die Augen schaut. Sonst ...
foto: peter von felbert
Montag, 26. März 2007
Grenzgänger
Gedanklich muss man bereit sein, ständig Grenzen zu überschreiten und zu überwinden. In der Fantasie ist alles erlaubt, was zu neuen Erkenntnissen führt. Zu neuen Gedanken und Ideen. Im wirklichen Leben ist das nicht so angesagt. Denn da kann über Grenzen gehen bedeuten, dass man nicht ganz unbeschadet wieder zurückkommt. Wenn man überhaupt wieder zurückkommt. Aber die Gedanken sind alle frei. Niemand schaut einem in seine eigenen Gedanken. Niemand wird für Gedanken verhaftet oder steht schlecht da.
Man darf alles denken, nur bei weitem nicht alles machen. Das muss einem völlig klar sein. Oder zumindest im laufe der Zeit klar werden. Dieser feine und kleine Unterschied ist wesentlich. Der Unterschied zwischen Denken und Handeln. Wesentlich für den kreativen Prozess ist zumeist das Nachdenken, Ausdenken, Überdenken. Die Fantasie wie ein Instrument spielen zu können, aber auch wieder zurück in die normale Welt zu gelangen. Die Fantasie einfach aussschalten und die Realität wieder einschalten können.
Gedanklich ist der Kreative ein ständiger Grenzgänger. Muss er auch. Man weiß nie, wo er gerade ist. Diese Ausflüge in Gedanken bringen einen zu Ergebnissen, Erlebnissen und Zielen. Bevor man sie in der Realität wirklich erlebt hat. Der Verlauf der Grenzen ist fließend. Bei vielen verschiebt sich deshalb der Blick für die Realität über kurz oder lang. Die Welt der Fantasie ist eben reizvoller. Viele Kreative werden deshalb auch irgendwann zynisch. Weil in ihrer Fantasie alles perfekter und besser ist – und die Realität ist alles andere als das. Der Vergleich hinkt zwar, aber den Unterschied können viele irgendwann nicht mehr erkennen. Wer zynisch wird, weiß leider nicht, dass es vorbei geht. Oder schon ist. Es ist das erste Anzeichen, dass man den Unterschied zwischen den beiden Welten nicht mehr klar sieht.
foto: anne eickenberg
Donnerstag, 22. März 2007
Soweit die Füße tragen
Ich liebe Fußballanalogien. Darum schätze ich auch Frank sehr. Denn ich bin überzeugt, dass sich im Fußball das ganze Leben wiederspiegelt. Leider. Oder zum Glück? Oft überprüfe ich diese Theorie in Gedanken. Dann fallen mir die ganzen Übereinstimmungen auf. Zum wirklichen Leben. Manchmal ist das schöner als der wirkliche Fußball. Was auch schon wieder eine wunderbare Analogie zum wirklichen Leben ist. Ich kann mir ansehen, was ich will, und schon erkenne ich darin eine Seite des echten Lebens. Darum baue ich in viele meiner Argumentationsketten Fußballanalogien ein. Aber es werden weniger. Weil immer mehr Frauen mich fragend ansehen. Somit muss ich oftmals spontan in einen anderen Topf der Analogien greifen. Das geht auch. Nicht so geschmeidig. Aber es geht. Dabei muss man nur aufpassen, dass man nicht aus Versehen eine diskriminierende Variante wählt. Wie "Kochen". Oder Hausarbeit. Oder Autofahren. Diese Welt der Analogien kommt ganz schlecht bei Frauen an. Nein, Architektur geht gut, Opern-/Theaterwelt. Oder Reisen, Bergsteigen. Aber am besten gehen Analogien aus der Welt des Films und des Showbusiness. Und Design und Mode. Schade, ich habe die Fußballanalogie geliebt. Vor allem, wenn andere diesen begegnen können. Also, den Steilpass nutzen oder einen guten Konter fahren.
foto: peter von felbert
Montag, 19. März 2007
Paris macht Platz für die Moderne
Das ist ein Foto aus den späten 70ern in Paris. Hier werden gerade die alten Jugendstil-Markthallen und einige Bauten drum herum abgerissen. Um einem neuen Einkaufzentrum Platz zu machen. Sinnigerweise heißt dieses auch "Die Hallen". Angelehnt an die alten Markthallen. Aber es ist eines dieser kalten Einkaufzentren inmitten einer Großstadt. Voller Graffities und übler Menschen, die den ganzen Tag darin abhängen. Die alten Markthallen waren eben ein großer überdachter Viktualienmarkt. Die Überdachung sah aus wie die alten Metroeingänge. Jugendstil vom schönsten. Durch diese Hallen zu laufen, das war durch Frankreich laufen. Denn alles war da. Alles, was zu Frankreich gehört. In den neuen Hallen ist das anders, da sind fast alles Geschäfte, die nichts mit Frankreich zu tun haben. Damals war ich noch sehr jung, aber ich habe schon beim Zusehen gelitten, als die alten Hallen abgerissen wurden. Jahre später ging ich fassungslos durch die neuen Hallen. Und immer, wenn ich wieder nach Paris komme, habe ich die Hoffnung, dass ich mal mit meinem Kindern da stehen werde und wir dabei zusehen, wie die neuen und dann schon alten Hallen wieder abgerissen werden. Und dann die ganz alten Hallen wieder aufgebaut werden. Das wäre mehr als romantisch. Frankreich würde wieder ein Stück zurück nach Paris ziehen. Wie konnte so etwas nur passieren? Wie kann man seine eigenen Kultur abreißen. Und auf dem selben Boden eine völlig fremde begründen. Im Lauf meines Lebens habe ich gelernt, dass dies jeden Tag passiert. Nicht Tierarten sterben aus. Sondern wir lassen auch Kultur aussterben. Vielleicht ist das die gerechte Strafe.
(Foto: Thomas Hintze, Motiv: Paris, Abriss "Les Halles" ende der 70er)
Freitag, 16. März 2007
Abschaffung der Präsenzkultur
Die Präsenzkultur ist ein Überbleibsel der Wohlstandswirtschaft der Vergangenheit. In der Unternehmen sich vor allem über die große Mitarbeiterzahl positionierten. Und nicht zu vergessen: über den Umsatz. Da möglichst viele Mitarbeiter für die Selbstdarstellung gut waren, wurden oft auch viel zu viele eingestellt. Man konnte sich das leisten. Daraus resultiert diese Präsenzkultur. Man sollte am besten der Erste sein, der morgens kommt, und der Letzte, der abends geht. Man versucht, an allen Meeting teilzunehmen. Und auch sonst an allem, um über die Darbietung der eigenen Präsenz Wichtigkeit zu dokumentieren. Am besten, man fährt gar nicht in Urlaub. Schleppt sich krank ins Büro. Diese Präsenzkultur trieb dann ihre ganz eigenen Stilblüten. Das Problem an dieser Überflusskultur ist, dass man sie nur schwer wieder los wird. Und dass sie unglaublich viel Zeit, Produktivität und Geld kostet. Aber lösen können sich viele nur schwer davon. Somit ist diese unsägliche Präsenzkultur auch ein Problem für Familien. Die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit scheitert vor allem daran, dass die Zeit sinnlos für Präsenz vergeudet werden muss. Dabei könnte man vieles in wesentlich weniger Zeit erledigen. Wenn alle mitspielen würden. Aber das tun sie nicht. Weil somit sich auch viele ihre Daseinsberechtigung nehmen. Da sitzen Menschen in Büros, weil es eine mögliche Wahrscheinlichkeit gibt, dass ein Kunden anruft. Anstatt mit dem Kunden feste Termine zu vereinbaren. Da kommen Menschen ins Büro für ein Meeting von 10.30 Uhr bis 12.00 Uhr. Den Rest hätten sie was anderes tun können. Mit Blick auf materielle und emotionale Werte scheint hier ein kostbarer Schatz vergraben zu sein. Den es zu heben gilt. Denn wenn Unternehmen schon nicht mehr Gekd zahlen können, sondern eigentlich das Gegenteil fordern, warum beseitigt man dann nicht diese Präsenzkultur der Vergangenheit und gibt den Menschen einen anderen Wert: Lebenzeit. Das wird sich sicher positiv auf die Arbeitsqualität auswirken. Denn dieses Absitzen und Vergeuden von Zeit wird zunehmend zu einem Problem. Der Mensch muss sich nämlich bei steigenden Anforderungen um andere und wesentliche Dinge kümmern. Die Gesundheit, die Familie und die Zufriedenheit. Alles Faktoren, die durch die Präsenzkultur in der Wirtschaft immer weiter in Schieflage geraten. Wann soll man das denn noch machen?
Dienstag, 13. März 2007
Meine Nerven
Ob meine Nerven gut oder schlecht sind, weiß ich nicht. Dafür gibt es keinen objektiven Vergleich, oder einen Maßstab, an dem ich sie messen könnte. Aber ich weiß, dass es eine Reihe von Dingen gibt, die gehen mir unglaublich auf die Nerven. Und zwar so sehr, dass sie mich viel mehr Energie kosten, als sie es eigentlich bräuchten.
Das ist so wie mit dem Rasenmähen. Die einen lieben es. Somit erreicht Rasenmähen auf einer Skala den Wert 0. Andere hassen rasenmähen, somit erreicht der Wert auf der Stress-Richterskala den Wert 10. Anschlag. Darum kann ich mich nicht um die Nerven anderer kümmern, denn meine brauchen alle Aufmerksamkeit. Auf einer Skale der 10 Dinge, die mich völlig Nerven, ist der absolute Favorit: Bürokratie. Nur das Sehen eines Formulars reicht aus, um mir komplett den Saft abzustellen. Der Gedanke, ein Amt besuchen zu müssen, nur der Gedanke daran, treibt mir den kalten Schweiß auf die Stirn. Mit Bürokratie umgehen zu müssen, in jeglicher Form, ist der Stresstreiber Nummer eins.
Der Stresstreiber Nummer 2 ist das Aufführen der persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse. Das wollen Banken alle Nase lang. Stresstreiber Nummer 3 ist das unbedingt nötige Beschäftigen mit Betriebsanleitungen von Produkten, bei denen ich mir nicht mal sicher bin, ob ich diese haben will. Stresstreiber Nummer 4 sind zweifelsohne die große Menge von Hotlines. Die einzige Hitze, die diese auslösen, ist die Zorneshitze, die in mir aufsteigt. Dicht gefolgt von Stresstreiber Nummer 5: Wo ist das denn? Das stängige Verlegen von oftmals wichtigen Gegenständen und Dokumenten. Obwohl ich immer die Schuld bei anderen suche und nie finde, regt mich das ständige Suchen unglaublich auf. Stresstreiber Nummer 6, der berühmte Kellnerblick. Wenn Menschen, die für mich da sind, alles unternehmen, um mich zu übersehen und nichts auslassen, um mir das auch klar und deutlich zu zeigen. Stresstreiber Nummer 7: Ungerechtigkeit jeder Art. Ich kann es nicht errtragen, wenn Ungerechtigkeit offensichtlich ausgeübt wird und alle so tun, als ob es keiner bemerkt. Stresstreiber Nummer 8: die Nichtschwimmer und Torwarte. Das sind die Menschen, auf die ich in meinem Leben treffe, die so ganz anders sind als ich und die mich mit ihrer ignoranten, oberflächlichen, ungebildeten und vor allem falschen Art zur Weißglut treiben. Stresstreiber Nummer 9 sind schlechte Menschen. Menschen, die schlecht mit etwas umgehen. Egal, aus welchen Beweggründen auch immer. Nichts hat es verdient, dass man schlecht damit umgeht, wenn man es mit demselben Aufwand auch gut machen könnte. Stresstreiber Nummer 10 ist meine Ungeduld. Die bodenlos und grundlos ist.
So, jetzt geht es mir schon besser.
Obwohl da wären noch: Umzüge, renovieren, Leasingautos zurück geben, Wohnungsübergaben, Briefe in gelben, grauen und grünen Umschlägen, die Telekom, die...
Montag, 12. März 2007
Design fucks function
Es ist schon Jahre her, dass ich eine folgenschwere Entscheidung leichtsinnig mitgetragen habe, die mich noch immer und bis auf weiteres an die Tragweite erinnert. Und zwar täglich. Es geht um das Ceranfeld mit Touchscreen. Das heißt, nach Drehelementen zum An- und Ausmachen, die man anpacken kann und in die gewünchte Richtung einfach hin und her dreht, sucht man an diesem Ceranfeld mit Touchscreen lange. Diese Technik war damals ganz neu und in aller Munde. Das musste man haben. So haben auch wir ein Ceranfeld mit Touchscreen. Dieser besondere Touchscreen befindet sich in der rechten unteren Ecke des Ceranfeldes. Es ist eigentlich und in Wirklichkeit verschwindend klein. Und es hat einen eigenen Sturkopf, dieser Touchscreen. Von wegen einmal mit dem Finger drauftippen und los geht's. Nein, nein, das geht ganz anderes. Wenn die Fingerspitzen zu kalt oder zu warm sind, dann geht da gar nichts. Dann tippt man auf dem Touchscreen herum wie beim Tetris Spielen auf der Tastatur. Das Schöne: Es passiert nichts. Dann steht man da und wärmt seine Fingerkuppen im Mund, oder macht das Gegenteil, pustet sie an, damit sie abkühlen. Zur Sicherheit noch die Kuppe reinigen. Denn wenn da nur ein Futzel irgendwo zwischen Finger und Touchscreen ist, dann geht gar nichts. Was das Ceranfeld mit Touchscreen auch gerne macht: Es macht auf einen Schlag alles aus, wenn man aus Versehen beim Kochen mal drüber hinweggleitet. Was ungeübten Ceranfeldbesitzern mit Touchscreen schon mal passiert. Dann ist schluss mit kochen. Alle Platten gehen dann aus. In diesem Fall, würde man denken, macht man einfach schnell wieder alle an. Da erinnere ich nur an die Einleitung, so einfach ist das nicht. Denn wenn alle Platten ausfallen, dann macht sich eine innere Unruhe breit und die Fingerspitzen könnten nervös sein. Oder warm, oder kalt. Und dann geht da nichts an. Dann müssen sie erst wieder pusten, oder in den Munde nehmen, oder reiben an der Hose, oder was auch immer, um das zickige Ceranfeld mit Touchscreen wieder für sich zu gewinnen. Denn das ist es - zickig. Absolut zickig. Ceranfelder mit Touchscreen sind megazickig. Und einer Zicke kommt man nicht quer, sondern da muss man nach deren Pfeife tanzen, sonst geht da nichts. Und genau das macht dieses Ceranfeld mit Touchscreen seit Jahren mit mir und meiner Frau. Wir hassen es, aber wir haben uns nun mal dafür entschieden, darum ertragen wir es auch. Wir sind auf diesen modernen Blödsinn reingefallen, jetzt müssen wir das auch durchstehen. Und diese Dinger gehen nie kaputt. Nie. Die halten bis zur letzten Griessuppe. Wie oft dachte ich, wenn ich die Küche sauber gemacht hatte: Mensch, du Ceranfeld mit Touchscreen, warum gehst du eigentlich nicht mal kaputt? Und ich weiß, was ein Ceranfeld mit Touchscreen auf eine solche Frage antwortet: Dich Junge, Dich Kleiner, Dich habe ich noch lange nicht weich gekocht. Das ist erst der Anfang!
Freitag, 9. März 2007
Unveränderbarkeit
Lange Zeit habe ich Zeit dafür aufgewendet und somit verschwendet, Menschen zu einer Einsicht zu bewegen. Ich muss mich fast bei diesen Menschen entschuldigen, dass ich sie nicht einfach in ihrem Glauben belassen konnte. Nein, stattdessen habe ich nichts unversucht gelassen, die jeweilige falsche Ansicht der Dinge zu durchlöchern. Rückblickend habe ich, glaube ich, eigentlich nur genervt. Denn meine Sicht der Dinge konnten diese Menschen unmöglich nachempfinden. Und werden sie auch nie.
Das ist so, als ob man auf einen Dauercampingplatz geht und den Leuten zeitlebens klar macht, dass da draußen eine ganze Welt auf sie wartet, die es sich lohnt, zu erobern. Das Fernsehschauen abends auf einem Campingplatz bescheuert ist. Anstatt unter freiem Himmel zu liegen. Aus meiner Sicht fallen mir 1.000 Dinge ein, die das Leben von Dauercampern schöner machen würden. Aber, ob man es glauben will oder nicht, die scheißen auf meine Meinung. Die sind glücklich so wie es ist.
Was habe ich Kunden rauf und runter gebetet vom Lebensmittelpunkt einer Marke. Von der Kontinuität der Veränderung. Wie souverän eine Marke sein sollte. Alles Quatsch. Ich habe von B&O geredet und die haben einen Grundig Fernseher zu Hause in der Schrankwand. Wie oft habe ich alles unternommen, um Kunden etwas zu verkaufen, was sie bis heute nicht verstanden haben. Im Sinne der Marke lag ich sicher meist richtig. Aber im Sinne der Entscheider?
So komme ich mir längst vor wie ein Architekt der Marken, der eigentlich lieber sein würde wie Sir Norman Foster und Frank Gehry. Aber viel zu lange Reihenhäuser aus dem Boden gestampft hat. Das hat mich zu der Überzeugung gebracht, einfach anzufangen, nur noch geile Sachen zu machen. An die ich wirklich glaube. Für Kunden, die das ebenso sehen. Mit Mitarbeitern und Lieferanten, die auch mitmachen. Und klappt das? Nein. Aber ich höre nicht auf daran zu glauben und zu arbeiten. Und da ich kaum, oder so gut wie gar nicht mehr überreden muss, bleibt mir viel mehr Zeit und Energie, die ich somit voll in den Plan A investieren kann. Mal sehen, wie es ausgeht.
Donnerstag, 8. März 2007
Das Gute entdecken statt das Schlechte suchen
Schnell kommt bei Menschen heraus, wie die Spule gewickelt ist: in Richtung entdecken oder in Richtung suchen. Man kann es unmöglich übersehen oder nicht bemerken. Die meisten Menschen, die ich kenne, glauben fest daran, dass man Mensch auf Dauer überreden kann. Dafür investieren sie viel Zeit. Denn die Mutigen müssen den Ängstlichen zu einem guten Stück die Angst nehmen. Müssen?! Nein. Denn wer lange Angst gegen Mut eintauschen muss, um halbe Ziele zu erreichen, der wird selbst mutloser und lustloser und, wenn es ganz schlecht läuft, auch noch ängstlicher.
Es gibt keinen höheren Auftrag, in dem steht, ihr Mutigen, lasst euch von den Ängstlichen zermürben. Der Ängstliche hat nämlich auch seine Aufgaben. Wenn er sich an die halten würde, dann käme es nie zu diesem Konflikt. Ein Beispiel, in dem wir in die Steinzeit zurückgehen: 5 Männer machen sich auf zur Jagd. Die Frau ist jedes mal voller Angst, dass ihrem Jäger was zustoßen wird. Diesmal macht der Jäger eine Ausnahme, ein anderer Jäger bleibt in der Höhle und soll auf das Feuer aufpassen. Und die Frau nimmt er mit. Was passiert?! Sie kommen von der Jagd zurück mit einem Körbchen voller Waldbeeren. Alles andere wäre zu gefährlich gewesen. Und das Feuer ist leider ausgegangen, nachdem es um sich gegriffen und alles verbrannt hat.
Seht ihr: Die einen sollen jagen und die anderen etwas anderes Sinnvolles tun. Aber bei aller Gleichberechtigung hat man die emotionalen Unterschiede völlig außer acht gelassen. Denn es gibt unter den Frauen auch gute Jäger und unter den Männern auch gute Bewahrer. Deshalb ist es fatal, dass man Männern grundsätzlich Jagdinstinkte zuordnet, die gleichzeitig mit Mut verbunden sind. Tatkraft. Entscheidungssicherheit. Völlig falsch. Das Gute entdecken ist keine Frage von Geschlecht und Position, von Menschen, die das so können und wollen und nicht müssen. Das Schlechte suchen hat auch seine wichtigen Qualitäten, denn es beschützt uns vor großem Übel, aber nicht bei der Jagd nach Ideen. Ideen, von denen wir letztendlich leben.
Unsicherheit
Sie tritt vor allem in zwei Fällen durch Außeneinwirkung ein. Zum einen durch überzogene Kritik an der eigenen Person und durch überhöhtes Lob an derselben Person, an einem selbst. Dann gibt es noch die zweite Variante von Verunsicherung, die aus einem selbst. Die teilt sich ebenfalls auf in die Unsicherheit vor der Entscheidnung und in die Unsicherheit vor der Verantwortung. Weitere Unsicherheiten sind die vor dem Neuen, Andersartigen und dem Fremden. Unsicherheit hat immer zur Folge, dass alles, was daraus abgeleitet wird, einen fahlen Beigeschmack hat. Was dazu führt, dass man für einen Moment oder auch für längere bis lebenslängliche Zeiträume aus dem Gleichgewicht gerät.
Sicherheit gewinnen ist deshalb sehr lohnend. Sicherheit aber als Gewissheit, als Akzeptanz. Faktoren wie Druck, Zeit, Stress, Geld und vieles andere beeinflussen dieses schlechte Gefühl. Und zwar so sehr, dass unsicher getroffene Entscheidungen immer genau zu der Seite kippen, die man gefühlsmäßig gerade verhindern wollte. Menschen, die sich preislich unsicher sind, zahlen meist wirklich zu viel. Menschen, die unsicher sind, ob das Auto das richtige ist, haben auch schnell Probleme damit. Somit reicht die Unsicherheit weiter als viele glauben.
Mit der Unsicherheit entsteht eine negative Vorprogrammierung. Die sich bei kleinsten Anlässen bestätigt. Was bei einer sicher getroffenen Entscheidung nicht so ist. Der identische Verlauf einer Nutzung oder Beziehung zu irgendetwas wird völlig unterschiedlich gedeutet und interpretiert. Somit ist die Unsicherheit ein Art emotionale Lawine. Diese darf nicht ausgelöst werden. Und muss, wenn sie auftritt, aktiv angegangen werden. Der erste Schritt und der beste ist, seine Unsicherheit offen zu formulieren und sich deshalb den Raum für eine Meinung, eine Entscheidung einzuräumen. Unsicherheit ist sehr menschlich und bis zu einem gewissen Grad auch verständlich und absolut zu tolerieren. Aber in unserer Gesellschaft geht die Unsicherheit über alles hinweg wie eine Lawine. Das ist nicht gut. Was man mit Blick auf die Ergebnisse an allen Ecken und Enden sieht.
Grundsätzlich. Der Sichere ist sich nicht wirklich sicherer in seiner Meinung, oder Entscheidung. Sonder Gefühl das ihn begleitet ist positiver, somit fließt eine völlig andere Energie in den Verlauf. Das ist so als aob man den ganzen Winter und den ganzen Frühling sich einen super sommer freut. Oder die gleiche Zeit einen schlechten befürchtete. Unabhängig davon wie der Sommer wird, der eine hat einfach mehr positive Gedanken und Gefühle. Und das ist viel Wert. Deshalb ist unkontrollierte Unsicherheit kein guter Begleiter auf dem Lebensweg.
Mittwoch, 7. März 2007
Die Welt der Anderen
Es gibt zwei grundsätzliche Ansätze in der Betrachtung der Welt der Anderen: Da ist alles besser. Und da ist alles schlechter. Der Mensch definiert sich sehr über die Welt der Anderen. Sein Glück wägt er ab mit dem Unglück der Anderen, oder den Überglücklichen. Bei allem, was uns bewegt, vergleichen wir immer mit dem, wie es noch viel schlimmer sein könnte und wie es noch viel besser sein könnte.
Sich mit anderen vergleichen ist Teil unserer Kultur. Es beginnt im Kindergarten und endet mit dem Ableben. Es ist genau dieses Vergleichen, was uns im höchsten Maße daran hindert, in uns selbst hineinzuhören. Unserer Intuition folgen zu lernen. Mit uns selbst glücklich zu sein. Uns mit uns selbst nicht zu langweilen.
Es scheint eine typisches Wohlstandsübel zu sein, dass wir nicht gönnen können, uns nicht für andere freuen können. Sondern dass wir feststellen: Der wird schon sehen, was er davon hat. Zeitlebens sind diese beiden Betrachtungswelten auf mich niedergerieselt. Zum einen dadurch gepägt, dass Menschen anderen nichts zutrauen können, wollen und dürfen, um ihr Selbstwertgefühl nicht unötig zu belasten. Und zum anderen dadurch, dass Menschen immer vom Negativen ausgehen. Das als Normalbefund ansehen. Ganz nach dem Motto: Was gut anfängt, wird schlecht enden, was schlecht anfängt, wird ganz übel enden.
Das stimmt alles nicht. Alles hat seinen Verlauf. Kein Fluss fließt wie ein zweiter. Nicht mal zwei identische Schneeflocken wird man entdecken. Somit ist die Welt der Anderen die Welt, aus der man Sichtweisen mitnehmen kann. Wer mal im Meer tauchen war, weiß wovon ich spreche. Es ist so schön, von den Blickwinkeln der Anderen etwas für sich mitzunehmen. Neid und Missgunst sind hier nur hinderlich. Ich glaube, die Menschen wäre glücklicher, wenn sie die Welt der Anderen einfach zulassen könnten. Und aus ihr Schlüsse für sich selbst ableiten könnten. Denn die Welten der Anderen sind oft voller Überraschungen. Man muss sie nur sehen wollen.
foto: peter von felbert
Unglaubliches in Sachen Glaubensfragen
Der Glaube ersetzt das Wissen um etwas, da eine Allwissenheit ausgeschlossen ist und jedes Individuum im Verhältnis zu dieser Allwissenheit im Prozentbereich unter 1 bleibt. Sicherlich erst nach einer Null vor dem Komma und vielen Nullen nach dem Komma. Deshalb hat die Natur uns den Glauben mitgegeben, der ausreicht, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Somit treffen wir den absoluten Großteil unserer Entscheidungen nicht mit der Unterstützung des Wissens um eine Sache, sondern emotional mit Unterstützung des Glaubens. Somit ist diese geistige Fähigkeit neben der Intuition, der Hoffnung, der Liebe, dem Glück, der Sicherheit und der Angst eines der wesentlichen charakterlichen Merkmale des Menschen.
Doch typisch Mensch setzt er alle seine Waffen nicht nur für, sondern zugleich auch gegen sich ein. Denn der Glaube beruht immer auf einer eher dogmatischen Ansicht. Was man nicht wissen kann, muss man mit aller Kraft glauben. Er ist deshalb nie klar zu begründen und zu beweisen. Soll er ja auch nicht. Es reicht zu glauben. Nur genau hier liegt die Gefahr im Glauben. Was, wenn sich jemand diesen Glauben zueigen macht und ihn als Instrument einsetzt?
Wie die Lottogesellschaften sich dem emotionalen Verlangen nach Lebensglück bedienen. Oder Versicherungen sich dem Schutz vor der Angst widmen. Die wohl größten Branchen beruhen eigentlich immer auf denselben Prinzipen, nämlich denen, die man nicht so einfach begründen kann. Das Auto steht für Unabhängigkeit. Die Zigarette für Freiheit. Der Glaube für Schutz. Und da der Mensch in seinem endlosen Verlangen nach Macht und Reichtum alles bereit ist zu tun, hat man auch den Glauben benutzt.
Schade, denn die reinste Form von Glauben ist wunderbar. Der Glaube, dass Kinder gesund bleiben. Der Glaube, dass eine Liebe für ewig hält. Der Glaube, dass eine Idee funktioniert. Der Glaube, Ziele erreichen zu können. Der Glaube, andere für seine Ideale gewinnen zu können. Der Glaube, dass die Gemeinschaft einen nicht im Stich lässt. Der Glaube, dass andere so gut sind, wie man selbst zu anderen ist. Der Glaube, dass es gut gehen wird.
Der Glaube ist ein tolles Instrument unserer geistigen Fähigkeiten, aber zugleich auch ein sehr gefährliches. Eines der Gefährlichsten. Denn wer den Glauben nur benutzt, um andere in der Unwissenheit zu bewahren, um sich daraus einen Vorteil zu verschaffen, der schadet der eigentlichen Idee vom Glauben. Ich empfinde es noch heute als die größte Herausforderung, Menschen nicht zu enttäuschen, die an mich glauben. Es bricht mir geradezu das Herz, es bereitet mir körperlichen Schmerz, wenn Menschen mir glauben und ich diese enttäusche. Mir ist auch das in meinem Leben passiert. Nicht nur einmal. Es war immer wieder furchtbar. Denn mit jedem Mal begegnet man auch der Gefahr, den Glauben an sich selbst zu verlieren. Was dazu führt, dass man bereit ist, weiter und weiter zu gehen in eine falschen Richtung und den Glauben somit völlig zu missbrauchen.
Ich bin mir sicher, dass mir dies nicht widerfahren ist. Glaube ich. Immer habe ich den Weg zurück gesucht und gefunden. Wenige Menschen haben den mir so wichtigen Glauben an mich verloren. Eigentlich nur die, die letztendlich falsche Interessen vorgespielt haben. Und damit kann ich gut leben. Ich glaube nicht an Gott. Aber ich glaube an den Glauben. In jeder Form. Somit fühle ich mich in allen Religionen in der Glaubensfrage zu Hause, aber nie in dem, was daraus instrumentalisiert gemacht wurde. Manchmal denke ich, dass mein Glauben stärker ist, als der von vielen überzeugten Kirchgängern. Denn ich höre nicht auf, an das Gute zu glauben. Weil ich davon überzeugt bin, dass das, was wir glauben, auch Wirklichkeit wird.
Somit empfinde ich sogar eine Art von Verantwortung dafür, meinen Glauben an das Gute in alles mit einzubringen, was ich im Laufe meines Leben so mache. Es fällt mir auch nicht schwer. Denn es entpringt einer inneren Überzeugung. Auch ich habe schon gebetet, weil mein Glaube an etwas vor einer großen Herausforderung stand. So etwas wie eine große Glaubensprüfung. Somit habe ich das Wort an den Glauben gerichtet. Allein die Energie und das Gefühl, was mich in diesen auswegslosen Situationen beschlichen hat, hat meinen Glauben gerechtfertig. Wäre es schief gegangen, könnte ich meinen Zweifel am Glauben auch niemanden mehr mitteilen. Es ist bis jetzt aber alles gut gegangen. Genau darum hege ich keinen Zweifel. In Sachen Glauben bin ich gerne leichtgläubig. Glaube ich jedenfalls.
Schweres Thema. Vielleicht zu schwer für einen Blog wie diesen. Aber jetzt ist es geschreiben.
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