Montag, 30. April 2012
Das herrliche Knacken ist zurück.
Nach gefühlten 25 Jahren ist ein alter Bekannter «Der Schallplattenspieler» wieder bei mir eingezogen. Nach dieser sehr langen Zeitspanne, in welcher der Convenience-Gedanke stark im Vordergrund stand, kehrt nun wieder die Musik zurück in den Mittelpunkt meines Interesses. Ich komme wieder dahin zurück, wo alles anfing.
Ob ich nun 100.000 Titel oder nicht auf einer Festplatte habe, von wo aus ich per WLAN, Bluetooth, Ethernet, über iPhone, iPad, iCloud, MacBook iMac etc. überall Musik hören kann, hat mich zunehmend gelangweilt und immer weniger interessiert. Mir ist aufgefallen, dass ich immer weniger Musik gehört habe. Immer häufiger habe ich ab- und aus- geschaltet. Das ständige Gedudel, vor allem von schlechter Musik, ging mir gehörig auf die Nerven. Das ist wie in einem Steakhaus, in dem zu einem Superpreis «All you can eat» angeboten wird, man selbst ist aber Vegetarier. Die Musik wurde zudem nicht besser, sondern nur die technischen Anwendungen drum herum. Eigentlich höre ich zu 80% noch immer dieselbe Musik wie vor 25 Jahren. Da ist nicht viel Neues und Gutes dazu gekommen.
Das ist alles so, als ob es in deinem Lieblingslokal nun Online-Booking über die Webseite gibt und WLAN und die Tageskarte per PDF und eine Webcam aus dem Lokal und ein IPad auf der Toilette und das Gericht des Tages per SMS, die Rechnung per Bluetooth, die Wetterapp auf deren Webseite, ... Das ist ja alles nett und sicher fortschrittlich. Aber eigentlich geht es mir in meinem Lieblingsrestaurant um das gute Lebensgefühl. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Umgeben von den richtigen Menschen. Einfach gutes Essen in einem kulturellen Umfeld, das meiner Person entspricht. Und da zählt der bekannte Kellner, der Lieblingsplatz, der schöne Ausblick, die lieben Bekannten - mehr, als alles andere. Das man ankommt an einem Ort, an dem man sich sehr wohl fühlt. Das ist und bleibt so. So schön die schöne neue Welt auch ist, der Primärnutzen bleibt davon letztendlich unberührt. Das wird einem im Laufe der Zeit bewusst.
Die Technik hat sich in den Vordergrund gemogelt. Und nicht die Musik. Die Convenience Argumente haben mich eine Zeit begeistert und begleitet, aber am Ende geht es mir dann doch um die Musik. Die intensive Zeit mit guter Musik.
Und die Musik braucht meine ganze Aufmerksamkeit, eine Schallplattenlänge mindestens Zeit und einen Ort der zum Musikhören geeignet ist. Gute Musik braucht nur einen guten Zuhörer. Der Musik selbst ist es dabei völlig egal, woher sie kommt, wie sie klingt. Das ist Sache des Hörers. Das ist Sache der persönlichen Kultur. Trinkt man aus dem Glas lieber als aus dem Becher?
Ich wollte wieder „richtig“ Musik hören. Nicht viel, sondern gut. Nicht überall, sondern genau an diesem Ort. Nicht alles, sondern nur das Wenige besonders Gute. Nur Musik und ich. Keine Ablenkung, keine Technik zu viel. Kein Convenience.
Zeit nehmen. Aufstehen, hingehen, Platten aussuchen. Vorfreude empfinden. Schallplatte raus holen. Auf den Plattenteller legen. Von Staubkörnchen befreien. Nadel absenken. Mein Lieblingsknistern vernehmen. Hinsetzen und umhüllt von bezaubernder Musik genießen. Nicht mehr und nicht weniger.
Zur Zeit habe ich nur ein paar Platten. Aber die haben es in sich. An denen kann ich mich gar nicht satt hören. Die kleine Auswahl ist wohltuend, das ist wie die Tageskarte in einem guten Restaurant: Fisch oder Fleisch? Wenn Fisch dann... Das war´s. Weniger ist eben dann doch meist mehr.
Es fällt mir schwer zu beschreiben, was ich wiedergetroffen habe. Was wieder bei mir eingezogen ist. Vielleicht ein sehr guter alter Freund, den ich lange nicht gesehen und gehört hatte und er hat alle seine guten Erinnerungen und Geschichten mitgebracht. Wunderbar. Analog. Echt. Authentisch. Warm. Wohltuend. Sensibel. Wohlklingend.
Ich habe den Ort, den Moment und das Gefühl zurück, was ich so lange vermisst hatte, ohne das ich wusste, was ich vermisst habe. Nun weiß ich es. Die Musik. Nichts als die Musik.
Freitag, 20. April 2012
Lebenswege. Vom fahren, überholen, bremsen, abbiegen und verfahren.
Irgendwann biegen wir plötzlich ein in diese Straße. Das Auto voller Menschen. Wir am Steuer. Eine neue, andere Straße. Ein neuer Lebensweg. Lebensabschnitt. Einige wollen und müssen hier aussteigen. Weiter geht die Fahrt. Dann ahnen wir, es könnte sich eventuell um eine Einbahnstraße handeln. Aus dem könnte, wird langsam ein wissen. Wir bemerken es natürlich nicht gleich. Denn gerade noch fuhren wir auf einer dieser breiten mehrspurigen Hauptstraßen. Was hat uns bewogen, abzubiegen. War es uns zu voll. Wollten wir eine Abkürzung nehmen? Irgendwas war es. Man hat es nur schnell vergessen. Weil dieser neue Weg einem die volle Aufmerksamkeit abverlangt. Eigentlich war es auf der großen, breiten, hellen Hauptstraße viel angenehmer. Das wird einem aber erst bewusst, wenn man mal auf so eine kleine Nebenstraße abgebogen ist. Aber diese wird doch sicherlich zu einer anderen Hauptstraße führen oder zu derselben, von der man kam. Wir rechnen auch damit, dass es sicher gleich rechts oder links wieder raus geht. Aber da kommen keine Straßen. Komisch. Dann fällt uns auf, dass die Autos rechts wie links in dieselbe Richtung parken. Auch die Beschilderung ist nur in Fahrtrichtung ersichtlich. Wir gewinnen die Gewissheit:«Das ist eine Einbahnstraße.» Okay. Das kann ja mal passieren. Ist ja nicht so schlimm, diese führt am Ende ja wieder auf eine andere Straße. Seit einiger Zeit fahren wir nicht mehr entspannt und gelassen, sondern nervös und gehetzt. Jetzt sind wir schon so weit gefahren, dass wir nicht mehr einfach zurück setzen können. Umdrehen in einer Einbahnstraße geht ja auch nicht. Darum werden wir immer hektischer und hoffen inständig, dass am Ende der Einbahnstraße es wieder auf ein andere Straße geht. Es muss so sein. Eventuell auf eine Kreuzung. Kann auch eine kleine sein. Hauptsache raus aus der Einbahnstraße. Aber die Straße wird zunehmend enger und enger. Dunkler. Und die Häuserfluchten höher. Die Wohngegend wird übler. Beängstigend. Nun parken nur noch auf der rechten Seite Autos. Schon bald, parken gar keine Autos mehr in der Straße. Panik kommt auf, das Herz rast, man spürt den Puls im Hals schlagen.Der Blick nach vorne verheisst nichts Gutes. Gar nichts Gutes. Nach diesem langen Weg. Plötzlich sind auch die Gehwege verschwunden. Die Straße endet hier. Schluss. Es geht nicht vor und zurück. Sie ist genau so breit wie das Auto. Die Türen lassen sich nicht mehr öffnen. Wir hupen. Wir rufen. Nichts. Die Spritanzeige leuchtet auch schon seit einiger Zeit. Kein Handy-Empfang. Nichts.
Und dann versuchen wir uns zu erinnern. Dafür müssen wir uns erst mal beruhigen. Was uns kaum gelingt. Wir waren auf so einem guten Lebensweg. Was um Gottes Willen hat uns bewogen abzubiegen? Gottes Willen? Warum? Wann sind wir in diese Straße abgebogen und warum. Sind wir überhaupt abgebogen, mussten wir? Was waren die Beweggründe? Der Grund. Verdammt was war der Grund. In Gedanken gelangen wir zu genau dieser Kreuzung zurück. Und dann sehen wir, was wir übersehen haben - Das Schild: Sackgasse. Fuck.
Freitag, 30. März 2012
Zerreißprobe
Vater. Vater sein. Meine Gedanken und Gefühle sind fast ständig bei meinen Kindern. Und jede Trennung empfinde ich als Opfer. Neid und Eifersucht kommt in mir auf, wenn sich meine Kinder ohne mich amüsieren. Ständig muss man seine Kinder abgeben und teilen. Mit anderen teilen. Immer weniger verweilen sie in meiner direkten Nähe.
Und dann die Arbeitswelt. Diese vielen Stunden, in denen man ganz woanders ist. Diese viele Zeit, die man nicht gemeinsam erleben kann. Nicht gemeinsam genießen. Nicht mal gemeinsam langweilen, ärgern oder streiten.
Dabei ist das Leben nur ein Wimpernschlag. Kaum ist es da, ist es auch schon wieder vorbei. Und die gemeinsame Zeit mit Menschen, die wir lieben, ist so unglaublich kurz bemessen und noch kostbarer.
Wie machen die das - in den Meetings? Meine Gedanken schweifen so oft ab. Hin zum Lächeln meiner Kinder. Was sie jetzt wohl gerade tun? Die Bilder der letzten Tage noch einmal vergegenwärtigen. Die gemeinsamen Pläne für die nahe Zukunft in Gedanken noch einmal durchgehen.
Meine Gefühle sind wie schwere Ankerleinen mit meinen Kindern verbunden. Jede Trennung bedeutet, Leinen los. Und oft Leinen kappen. Ich bin dann immer heil froh und überglücklich, wieder da zu sein. Zusammen zu sein. Ich drücke das sicher nicht so aus. Denn die würden sicher denken, der Alte hat wohl einen Knall. Wenn meine Kinder wüssten, wie sehr ich mit ihnen verbunden bin. Und wie sehr mich ihre Enttäuschung schmerzt. Wie sehr mich ihre Schmerzen quälen. Wie unerträglich Ungerechtigkeit ist, die sie erleiden müssen. Und wie stolz ich jede Sekunde bin.
Es ist eine Sucht. Eine echte Abhängigkeit. Die Gesundheit, das Glück, die Zufriedenheit meiner Kinder mit zu erleben, ist das Zentrum meines Lebens.
Ich hatte ein anderes Leben ohne Kinder. Sicher werde ich auch wieder ein anderes Leben auch mit Kindern haben. Aber jetzt wundere ich mich über diese vielen Väter, die ständig von ihren Kindern getrennt sind. Wie sie das bloß ertragen? Einige verwirren mich komplett. Das sind die Väter, die mir das Gefühl vermitteln, dass die Kinder Muttersache sind und die die Kinder bisweilen mehr belasten und anstrengen. Aus diesem Grund kommen sie lieber erst nach Hause, wenn die Kinder schon schlafen. Unglaublich. Wie kann man so unterschiedlich empfinden.
Mich zerreißt es. Jeden Tag. Jeden Augenblick. Die Ängste, es könnte was passieren und ich habe sie nicht beschützt. Die Freude, es könnte was passieren und ich habe es nicht miterlebt. Sie nicht trösten zu können und ihnen nicht Anerkennung zu Teil werden lassen.
Ich will eigentlich jeden Moment mit meinen Kindern auskosten. Aber das weltliche Leben hält mich davon ab. So ziehe ich jeden Tag los - weg. Und meine Kinder machen das auch schon. Und wie Kometen in der Umlaufbahn zu einem Planten, die sich langsam und langsam weiter und weiter entfernen. Sie kreisen zwar für immer um den Planeten, aber die Entfernung wird größer und größer.
Da hilft auch die größte Anziehungskraft nichts. Das ist ein Naturgesetz. Kinder bleiben keine Kinder. Mein Gott macht mich das traurig. Vor allem, dass es bald schon vorbei ist und ich nicht jeden Moment habe voll genießen können.
Wie halten das nur die Anderen aus. Quält die das genau so wie mich? Ich kann nichts erkennen. Verdammt ich kann nichts erkennen. Und da sitzen wir in unserer wichtigen Welt mit unseren wichtigen Themen umgeben von wichtigen Menschen und alles was mir wirklich durch den Kopf geht und nahe ist, sind die Star-Wars Sammelkarten meines Sohnes und die Schleich-Pferde-Sammlung meiner Tochter.
Wenn sich jetzt jemand fragt, wo ist die Frau bei diesen Gedanken. Keine Sorge, die ist da. Auch sehr nah. Aber das sind die Gedanken, fokussiert durch die Vater-Augen gesehen.
Montag, 19. März 2012
Über Weichteile.
Meine Wahrnehmung ist vielleicht vergleichbar mit der eines Elektronenmikroskops. Ich nehme Dinge in tausendfacher Vergrößerung wahr. Das nenne ich selektive Wahrnehmung. Wie ein Koch eine Mahlzeit nicht mehr als Ganzes wahrnehmen kann. Wie der Musiker kein Konzert mehr als Ganzes wahrnehmen kann. So geht es mir mit vielen Dingen rund um Kommunikation, Marketing, Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft. Ich habe über die Jahre so viele Eindrücke sammeln können, dass ich vieles in unendlich kleine Details zerlegen und wieder zusammensetzen kann. Das lässt sich nicht verhindern, wenn man sich sehr aufmerksam und über lange Zeiträume hinweg mit denselben Dingen beschäftigt.
Das ist auf der einen Seite eine große Freude, weil ich vieles sehe, was andere nicht wahrnehmen können. Aber es ist auch ein ebenso großer Fluch. Denn ich kann den Betriebsmodus nicht abschalten. Ich betrachte alles in diesem Modus, und das nervt. Häufiger mein Umfeld, aber hin und wieder auch mich. Gerne würde ich die Schwächen, Stärken, Chancen und Risiken nicht sehen, sondern einfach nur das was ist und so wie es ist. Einfach. Ich wünsche mir manchmal gedankliche Einfachheit. Leere. Ruhe. Stille. Aber es geht nicht. Alles seziere, zerlege, atomisiere ich. Tiefer und tiefer. In Gedanken kann man immer tiefer in immer neuere Welten vorstoßen. Der Plot zu Raumschiff Enterprise, ist zu einem nicht geringen Teil mein gedanklicher Lebensentwurf. Nur dass meine letzte Folge noch nicht im Kasten ist.
Bei Bleistiften schreibe ich beispielsweise total gerne mit weichen Bleistiften. 4B oder besser sogar noch 6B. Das hat den Nachteil, dass die Stifte schnell verschwinden. Denn ein 6B schreibt sich schnell ab. Wesentlich schneller als ein HB. Der Vorteil überwiegt aber bei weitem. Man schreibt, als ob man mich Kohle zeichnet. Es fließt. Die Übergänge sind weich und geschmeidig. Mit einem 6B kommen die Wörter und Gedanken schöner zur Geltung. Da grenzt das Schreiben an das Malen.
Mit einem 6B kann man keine schlechten, üblen und hinterhältigen Wörter und Formulierungen schreiben. Was der OMM Writer als App für den Computer ist, ist der 6B Bleistift für das geschrieben Wort auf Papier. Ein 6B ist ein wahres Instrument, ein Schreibinstrument. Es ist das Cello. Wenn die Feder die Geige ist, dann ist der 6B Bleistift das Cello.
Wenn man schöne Wörter und Formulierungen mit einem 6B schreibt, dann ist die Vorfreude auf das Wort schon wunderbar. Und es wirkt noch schöner, als es ohnehin schon ist. Mit einem 6B wirkt fast alles Geschriebene und Skizzierte wunderbar. Weil das so ist, nehme ich oft einen 6B zur Hand. Ich habe in der Regel überall einen rumliegen und halte noch mehr in Reserve. Und das schreibt ein Nerd. Ein Internet-Entwickler, Gestalter, Konzeptioner und Macher.
Die Krönung aber ist ein Minenstift mit einer 6B Miene und einem Minenspitzer. Es ist immer noch ein Cello, aber ein besonderes - eins von Antonio Stradivari. Es ist ein Ritual, die Mine vor dem Einsatz zu spitzen. Sie muss so Spitz wie möglich sein. So spitz, dass bei der ersten leichten Berührung mit dem Blatt die Sitze ein wenig zerbröselt. Winzig. Kaum erkennbar. Nur für Menschen wie mich. Die spüren und sehen das und pusten dann leicht über das Papier.
Für den normalen Menschen und das normale Auge ist dieser Moment nicht erfahrbar. Aber für mich ist er das, und es ist einer der schönsten.
Er ist wie die Ouvertüre, es ist als ob man die Klinge des Rhetorikschwertes vor seinem Einsatz noch mal geschliffen hat. Geschliffen wie eine Rasierklinge. Geschliffen wie die sündhaft teuren und 200-fach gefalteten japanischen handgeschmiedeten Messer der Sushi-Köche. So scharf wie das Skalpell eines Chirurgen. Das geht nur mit einem solchen besonderen Schreibinstrument. Sonst mit nichts.
Die Tastatur eines MACs ist auf einem guten Weg, eine solche Verbindung abzubilden. Aber sie hat auf dem Weg einer 6B Mine gerade mal 20 Prozent des Weges geschafft. Was aber 100 Prozent mehr ist, als alles andere, was es da gibt.
Solange das noch so ist, werde ich wirklich wichtigen Dinge erst mal mit einem 6B zu Papier bringen. Gelernt habe ich das von meinem Texter-Lehrmeister. Jörg Grannemann. Er hat mir diese Kunst des 6B Stiftes zugänglich gemacht. Wie ein japanische, geheime Kampfkunst. Für das und vieles andere mehr bin ich ihm noch heute nach über 20 Jahren dankbar. Denn er war es, der mir die Türen und die Fenster zu dieser Welt geöffnet hat. Zeit mal Danke zu sagen. Danke Jörg. Und das Danke stell dir jetzt bitte geschrieben mit einem 6B auf einem feinen Fedrogonie Papier vor.
Das ist meine Art der Wahrnehmung. Und ich habe vieles noch weggelassen, damit es nicht zu langatmig wird. So habe ich die Farbe des Schreibgerätes außen vor gelassen, wie den Spitzer, die Papierbeschaffenheit, das Schreibgeräusch, den adäquaten wohlriechenden Radiergummi und anderes mehr.
Montag, 15. Februar 2010
Studieren
Man kann lernen, erlernen oder Erlerntes weitergeben. Die Summe der Dinge, die man studieren kann, ist unermesslich. Zudem kann man die Intensität des Studiums variieren. Das Schönste am eigentlichen Studium des Lebens sind die Studiengänge, die nicht auf dem Lehrplan stehen. Ich studiere für mein Leben gerne Menschen, Verhaltensmuster und Verhaltensauffälligkeiten. Mit welchem Verhalten Menschen versuchen, Komplexe zu kompensieren oder Anerkennung zu erhalten. Bestätigung zu erlangen. Bewunderung zu bekommen. Dem Geltungsdrang nachzukommen. Ihre Schwächen zu kompensieren. Die Stärken in den Vordergrund zu spielen. Macht auszuüben. Ticks auszuleben. Schuldgefühlen nachzukommen. Die Art, sich zu entschuldigen oder eben nicht. Danke sagen zu können oder auch nicht. Zu beobachten, wo die Aufmerksamkeit ist. Ausdrucksformen. Varianten der Körpersprache. Sendungsbewusstsein. Die Art zu lachen. Tonalitäten. Was die Gestik uns sagt. Wie der Geruchssinn beeinflusst wird.
Der Mensch selbst ist das größte Studium. Dagegen ist alles andere ein Leichtes. Wie reagiert der Mensch auf was? Aggression. Wann fühlt er sich angegriffen, wann fühlt er sich wohl? Und dieses Studium ist unendlich, weil der Mensch in einem sich ständig wandelnden Umfeld sozialisiert wird. Somit ist er nie gleich, weil das Umfeld nie dasselbe ist. Der Einfluss von Herkunft. Der Einfluss des Lebenswegs. Der Einfluss der Zeit, in der dieser geprägt wurde, auf welchen Lehren seine Weisheiten beruhen.
Für mich ist wirklich vieles interessant und auch das Studium der unterschiedlichsten Dinge über die gesamte Zeitachse und die geografischen Dimension, aber der Mensch ist dann doch mein liebstes Studium. Deshalb beobachte ich ihn auch so gerne und intensiv.
Und wenn ich ihn in neuen Umfeldern beobachten kann, dann ist das, wie einen neuen Schmetterling entdeckt zu haben. Egal, ob im Fitnessstudio oder im Supermarkt, auf dem Wertstoffhof oder im Schwimmbad, im Fussballstadion oder im Zug, beim Friseur oder im Wartezimmer, es gibt keinen Ort, an dem man dem Menschen nicht etwas abgewinnen kann. Denn seine Art der Anpassung und des Verhaltens sind immer anders. Somit gibt es immer etwas zu studieren.
Dienstag, 9. Februar 2010
CD oder nicht CD – Das ist die Frage
Da ich eher ein Bauchmensch bin, neige ich zum „kaufen“. Denn mein Gerechtigkeitssinn sagt mir, wir leben nach Regeln und das System funktioniert nur, wenn wir uns alle an diese halten. Wenn es aber ein Privileg ist, von viel Geld verhältnismäßig wenig Steuern zu zahlen mit Hilfe von krimineller Energie, dann plädiere ich dafür, hier für Gleichheit vor dem Gesetz zu sorgen.
Womit ich schon in den nächsten Diskurs schliddere, denn Gerechtigkeit hat nichts mit Recht vor dem Gesetz zu tun. Der Verkäufer erhält die stattliche Summe von 2,5 Mio. Euro. Das würde bedeuten, wenn ich 1.000 Steuersünder mit einem Steuervergehen von jeweils 5 Euro auf eine CD pressen würde, müsste mir der Staat für die CD dasselbe zahlen. Denn der Rechtssprechung ist die Höhe der Steuerhinterziehung vor dem Gesetz egal. Ihr geht es um den Tatbestand der bewussten kriminellen Handlung , die zum Zweck, sich selbst zu bereichern und dabei billigend in Kauf nehmen, die Allgemeinheit schädigen.
Aber der Staat würde mir für die CD sicher nicht die Summe zahlen und der Allgemeinheit wäre der Preis auch sicher zu hoch. Somit geht es nicht um Recht und Gerechtigkeit, sondern es scheint da eine gehörige Portion von Neid und Gier mitzuschwingen. Man redet von „den Reichen“. Das gefällt mir zum Beispiel überhaupt nicht, weil es eine Verallgemeinerung darstellt, die sicher ebensowenig zutrifft, wie die Behauptung, dass alle Arbeitslosen Sozialschmarotzer sind. Denn auch hier sind diejenigen in der Minderheit, aber sorgen leider dafür, dass es allen anhängt.
Warum zahlen Menschen eigentlich nicht gerne Steuern? Weil alle das Gefühl haben, die Steuern wären nicht gerecht. Man zahlt zu viel. Es ist zu kompliziert. Die Steuern werden nicht so verwendet, wie es sein sollte. Das muss so sein, denn man kennt niemanden, der nicht über die Steuerlast und die Ungerechtigkeit klagt.
Der Staat sorgt nun aber nicht für ein gerechteres Steuerempfinden, sondern ganz im Gegenteil, er wirkt gierig beim eintreiben und dem erfinden und entwickeln von neuen Einnahmequellen, die den Steuerzahler belasten. Somit scheint ein wahrer Krieg entfacht zu sein zwischen den Eintreibern und den Steuerzahlern. Die einen versuchen, so viel zu bekommen, wie es geht – mit allen Mitteln. Die anderen versuchen, so wenig zu zahlen, wie es geht – mit allen Mitteln. Das ist die Kultur. Und in diese Kultur fällt nun der Kauf der CD.
Was den Rechtsstaat gefühlt in einem anderen Licht erscheinen lässt und was die inquisitiorische Vorgehensweise nur untermauert. Nur dass es diesmal keine Hexenjagd ist, sondern dass es die so genannten „Reichen“ erwischt. Das stört mich ungemein. Aber das stört mich auch an anderen Stellen. Der Staat treibt Geld ein und zwar auf eine Art und Weise und mit dem Einsatz von Techniken, dass der Zweck aus meiner Sicht nicht die Mittel heiligt. Statt für ein gerechtes Steuersystem zu sorgen, das kinderleicht zu verstehen und zu bedienen wäre. Eine intelligente und sinnvolle Verteilung von Steuergeldern mit hoher Transparenz würde genau für die Glaubwürdigkeit sorgen, die an allen Ecken und Ende fehlt.
Ich finde die Kultur, dass die einen nur darüber nachdenken, wie man den Staat besser bescheißen kann und dass der Staat nur darüber nachdenkt, wie man den Bescheißern auf die Schliche kommt unerträglich. Ich würde lieber in einem Land leben, in dem die Menschen gerne Steuern zahlen, weil sie überzeugt sind, dass diese nicht nur gerecht sind, sondern dem Staat, also den Bürgern, wirklich dienen.
Somit sollte der Staat nicht nur in die Verfolgung von möglichen Steuersündern investieren, sondern auch in das Vertrauen, denn sonst geht das steuerrechtliche Aufrüsten weiter und weiter. Das gefällt mir persönlich überhaupt nicht, denn es fördert den Denunzianten, was ich als unerträglich empfinde. Es verschärft die Vorgehensweise auf beiden Seiten. Denn eins ist mal klar, Steuerhinterziehung bei den Summen lohnt sich immer. Denn diese Menschen haben so viel Geld, dass diese über eine Selbstanzeige und eine sofortige Zurückzahlung mit maximal einer Bewährungsstrafe davonkommen.
Wer sich das nicht leisten kann, der würde das Risiko sicher nicht eingehen, weil er sonst nämlich selbst eingeht. Und das alles kann doch kein Zu- und Umstand in einem Land sein. Deshalb plädiere ich für eine Kultur der gerechten Steuern. Dann minimiert sich die kriminelle Energie von selbst.
Das ist wie bei einer Bottleparty. Der Deal ist klar. Jeder bringt was mit und somit was ein. Wer viel hat, bringt mehr mit, wer weniger hat, weniger. Trotzdem ist immer das Ziel, eine geile Party zu feiern. Es kann nicht sein, dass die einen feiern auf Kosten der anderen. Das macht man nicht. Aber es ist zur Kultur geworden und mein Gefühl sagt mir, dass der Staat daran mehr schuld ist, als ihm lieb ist. Denn er agiert mit derselben Energie, wie diejenigen, die er verfolgt.
Aber trotzdem bin ich dafür, die CD zu kaufen. Denn mein Gefühl sagt mir, dass diese Käufe die Steueroasen trockenlegen. Und das ist gut so.
Donnerstag, 17. Dezember 2009
Eine kleine 64er Zeitreiese
Mittwoch, 16. Dezember 2009
Der Sinn des Sammelns
Die emotionalen Primärbedürfnisse sind und bleiben dieselben: Wohlstand, Freiheit, Sicherheit, Unabhängigkeit, Anerkennung, Bewunderung, Glück, Harmonie, Geborgenheit, Erfolg, Stärke, Schönheit, Überlegenheit, Liebe ...
Nach einer Katastrophe wie dem 2. Weltkrieg werden diese Primärbedürfnisse in ein anderes Licht gesetzt. Der Mensch findet Formen, sie trotz gesellschaftlichem Nichts zu erfüllen. Auch wenn die Menschen nichts hatten, werden sie uns 40 Jahre danach davon erzählen, dass die Primärbedürfnisse nicht zu kurz kamen. Nur die Formen, mit denen man diese befriedigt hat, waren völlig andere.
So entstanden seltsame Formen des Sammeln. Das Sammeln befriedigt gleichzeitig zwei Primärbedürfnisse: die des Glücks, wenn man seiner Sammlung ein Teil hinzufügen kann und die des Wohlstandes, denn der ideelle Wert einer Sammlung ist für den Sammler enorm hoch. Diese Kultur des Sammelns kann man während der ganzen 50er, 60er bis in die 70er und noch am Anfang der 80er Jahre beobachten.
Dann wurde es weniger und weniger, weil der Wohlstand und das Glück zurückgekehrt waren. Mein Vater hat Schallplatten gesammelt. Meine Mutter hat Mocca-Tassen, Brigitte-Rezepte und Karaffen gesammelt. Ich haben Briefmarken und Eierbecher gesammelt. Aus heutiger Sicht kommt mir das eher lustig und lächerlich vor, doch meine Briefmarkenalben waren für mich damals von unschätzbarem Wert.
Das Sammeln hat sich geändert. Heute sammeln mein Sohn und ich Panini Bundesliga Bildchen. Mir ist dabei aufgefallen, dass auch dieses Sammeln in mir ein altes Gefühl wieder aufkommen lässt. Es kommt der Zeitpunkt, da macht man Tüte für Tüte auf und man findet nur noch doppelte. Das müsste eigentlich sehr frustrierend sein. Ist es aber komischer Weise nicht. Die Hoffnung, in jeder Tüte oder wenigsten in jeder dritten ein weiteres Bild zu finden, ist groß. Wenn nach unzähligen doppelten Bildchen mal ein Treffer dabei ist, ist das Glücksgefühl um so vieles größer, als der Frust der vielen Nieten, die man gezogen hat, dass der Ansporn weiter zu machen weiter steigt.
Bis hin, dass es offensichtlich sinnlos wird, denn die letzten 10 bis 40 Bilder sucht man vergeblich. Doch dann kann man tauschen, mit anderen, die ebenfalls hunderte von Dopplern haben. Und siehe da, das Happy-End eines vollkommenden Sammelalbum ist da.
Interessant an dieser menschlichen Eigenschaft ist es, dass es nicht um den tatsächlichen Wert geht, sondern um das Gefühl das damit verbunden ist. Man kann das Gefühl des Wohlstandes und Glücks auch in schweren Zeiten erzielen, wenn man eben die kleinen Dinge des Lebens sammelt. Somit ist bewiesen, dass diese beiden Aspekte nicht zwingend mit viel Geld zu tun haben müssen. Ganz im Gegenteil: Wer zu viel Geld hat, dem bescheren diese Kleinigkeiten keine Glücksgefühle. Der geht in den Kiosk und kauft einfach drei volle Packungen Panini Bilder, lässt diese einkleben und wenn welche fehlen, lässt er sie über seine Assistentin direkt bei Panini einkaufen.
Samstag, 12. Dezember 2009
Aufgaben – Ziele – Vision
Vision heißt nichts anderes, als erlebte Zukunft. Man wandelt in Gedanken durch sein Leben, wie es dann sein sollte, wenn alles geklappt hat. Also, wie viel arbeitet man dann noch, womit verbringt man seine Zeit, was umgibt einen, vor allem welche Menschen. Man kann und darf sich alles ausmalen und wünschen. Sogar Unerreichbares. Denn auch wenn man nur einen Teil dieses Weges schafft, hat man es sicher weit gebracht.
Also macht man sich ein Bild von seiner eigenen Vision und dann beantwortet man sich die Frage, wann soll diese in Erfüllung gehen? Und von diesem Zeitpunkt schreibt man sich die wichtigsten Ziele rückwärts bis zum heute auf. Was muss alles erreicht werden, verändert werden, gemacht werden, angepackt werden, losgelassen werden und das Schritt für Schritt. Diese jeweiligen Schritte nennen wir Ziele. Es sind die Etappenziele rückwärts gedacht von der Vision aus gesehen bis ins jetzt. Hier und heute.
Nun betrachtet man die einzelnen Etappenziele und beantwortet sich die Frage nach den jeweiligen Aufgaben, die sich stellen, um diese Etappenziele auch zu erreichen. Denn Ziele erreicht man, wenn man die betreffenden Aufgaben erfüllt. Somit bedingt jedes Ziel Aufgaben, die es umzusetzen gilt.
Somit stellen sich dann im „jetzt“ Aufgaben, die zum ersten Ziel führen und das macht man dann. Währenddessen kontrolliert man immer wieder den Weg ausgehend von der Vision. Man checkt die Ziele und die Aufgaben. Somit begibt man sich auf die Reise zu seiner eigenen Vision.
So einfach kann einfach sein. Führt dieser Weg denn zur Vision? In den meisten Fällen nicht. Aber in einigen wenigen. Aber verhält man sich anders herum, kommt man zu keiner Vision. Es geht auch nicht wirklich darum, unbedingt in 10 oder 20 Jahren irgendwo anzukommen, was man sich vor 10 oder 20 Jahren ausgedacht hat. Die Welt ändert sich. Somit unsere Visionen auch.
Es geht viel mehr um die Möglichkeit, die ehrliche Option, Großartiges zu erzielen. Diese Chance darf man sich nicht nehmen lassen. Und wie gesagt, auch wenn man woanders herauskommt, ist die Chance groß, dass dieses anders ebenso großartig ist. Es geht nur um die Art, wie man seinen Lebensweg beschreiten kann.
Mittwoch, 2. Dezember 2009
Weil...
Die eine oder andere muss man mal angleichen, aber in der Regel war es das. Wenn ich alle sage, meine ich natürlich nicht alle bezogen auf alles, sondern alles, was weitgehend in meinen Bereich fällt.
Gibt es ein Thema, gehe ich meine Bilderwelten in Gedanken durch und suche mir die passendste aus. Hier und da wird mein Archiv ständig angereichert und weiter ausgebaut.
Aber wie gesagt, gemacht habe ich es und ich mache das auch bis auf weiteres, weil ich mir echt nichts merken konnte. Schon in der Schule war das so. Also habe ich meine Fantasie benutzt und die Informationen, die ich mir nicht merken konnte, an Stories gehängt. Und siehe da, die konnte ich mir leicht merken und somit auch die Information dazu.
Wenn ich keine Story zu etwas habe, dann vergesse ich es auch. Ein Grund, warum ich mir keine Witze merken kann, denn der Witz ist die Information und ich finde keine Story, an welche ich einen Witz hängen könnte. Somit vergesse ich zum Glück so gut wie alle Witze. Namen, Nummern und so weiter, alles gerät in Vergessenheit außer, ja außer, ich habe mir dazu eine Geschichte einfallen lassen.
Hier und da reicht ein Reim oder eine Eselsbrücke. Aber wenn es komplizierter wird, dann muss eine passende Geschichte her. Dadurch und daraus ist auch mein Schreiben entstanden und auch meine Art zu sprechen.
Was man nicht alles macht, damit nicht alles vergisst. Somit ist mein Kopf kein Ort der Informationen, sondern ein Ort der Geschichten.
Montag, 30. November 2009
Der Ratschlag
Nun versteh doch mal. Verstehst Du das? So ist das. Ich kann dir sagen.
Der Ratschlag scheint eine Schwäche für Subjektivität zu haben, denn er bezieht sich in der Regel nur auf einen einzigen Blickwinkel. Und dieser kann bekanntlich ein völlig anderer sein, als der Blickwinkel desjenigen, der diesen Ratschlag befolgen soll.
Zudem hat der Ratschlag noch eine Schwäche. Er bezieht sich in der Regel auf die Schwäche des anderen und der Ratgeber liebt es, sich überlegen zu fühlen. Und dann fühlen sich zudem bestimmte Menschen geradezu dazu aufgerufen, Ratschläge zu erteilen. In der Regel sind es Menschen, die glauben, Recht zu haben, weil sie Geld haben oder weil sie Macht haben. Oft kommt alles drei zusammen. Wenn das passiert, erklärt einem einer ständig das Leben und was man selbst alles falsch macht.
Der Ratschlag hat somit etwas anmaßendes und etwas weltfremdes zugleich. Zudem hat er eine kleine, sehr eingeschränkten Sicht auf die Dinge. Der Ratschlag ist oft vorlaut und einfach zu schnell bei der Hand. Kluge Menschen zeichnen sich deshalb vor allem dadurch aus, dass sie keine Ratschläge erteilen. Obwohl man sich oft gerade von diesen Menschen Ratschläge wünschen würde. Aber kluge Menschen wissen um die Wirkungslosigkeit von Ratschlägen und darum ersparen sie sich und anderen diese.
Denn am Ende muss jeder für sich entscheiden, was er macht oder was er lässt. Das Stützen auf Ratschläge ist wie auf Sand bauen. Es bringt einem selbst vor allem nichts. Das Wundersame an Ratschlägen ist, dass sie nie ausgehen. Auch wenn von derselben Person schon eine Vielzahl von Ratschlägen nicht funktioniert haben, da ist immer noch ein guter oder besserer.
Anderen einen Ratschlag zu geben, heißt, das Verhalten von anderen zu verändern und/oder zu beeinflussen, ohne selbst etwas dafür tun zu müssen. Hör mit dem Rauchen auf. Fang mit dem Joggen an. Alle Ratschläge fordern demjenigen, der sie erteilt, nichts ab. Er muss nichts dafür tun, nur die Lippen bewegen. Ach ist das schön, Konsequenzen nur sagen zu können, ohne diese selbst durchleben zu müssen.
Ich kann nur jedem raten, hüte dich vor dem Ratschlag. Aber höre genau zu und sehe genau hin, wenn andere etwas machen, was dich nicht betrifft, aber die in derselben Situation sind. Der Mensch lernt durch das Machen. Das Selbsterlebte. Kein Ratschlag kann die Qualität des Selbermachens je ersetzen. Er kommt nicht mal im entferntesten daran. Deshalb gibt es nur einen Ratschlag: es gibt keinen Ratschlag.
Wenn jemand wissen will, wie es weiter geht oder was zu tun ist, dann muss er nicht fragen, sondern es einfach tun. Das Schöne daran ist, dass man super vorankommt und sich die vielen Ratschläge erspart. Die sind einem zudem beim Gutvorankommen ganz schön hinderlich. Ich glaube, glückliche und erfolgreiche Menschen haben eines gemeinsam: sie hören nicht auf Ratschläge, sondern auf ihre Intuition.
Donnerstag, 19. November 2009
Wie Wasser sich einen Weg sucht
Man stelle ich nur mal vor, man steht da mit so ein paar Jägern im Dschungel und hört plötzlich ein Geräusch, das einem sofort die Angst in die Knochen fahren lässt. Intuitiv klettert man sofort auf einen Baum, so hoch man kann. Und genau diese Aktion rettet einem das Leben, rettet vor einem üblen Zeitgenossen.
In unserer Zeit würde man erst mal einen Arbeitskreis bilden, der das Geräusch analysiert. Oder man würde einen Unternehmensberater holen, der einem sagt, was das Geräusch bedeuten könnte. Auch sehr wirksam wären die vielen jungen Jäger, die ein solches Geräusch noch überhaupt nicht zuordnen können und in alle Richtungen fliehen, sich hinter erbärmlichen Büschen verstecken, in Erdhöhlen springen oder auch schlau in den reißenden Fluss.
Wir sind nur ein paar tausend Jahre weiter. Betrachtet man die gesamte Zeitgeschichte, sind wir die Greenhörner auf diesem Planeten. Würde man eine Einteilung der gesamten zeitlichen Erdgeschichte machen und diese über 24 Stunden verteilen, dann beginnt unsere Geschichte auf diesem Planten 3 Minuten vor Mitternacht. Die anderen 23 Stunden und 56 Minuten gab es uns nicht.
Somit ist die Angst ein wesentlicher Bestandteil unserer Spezies. Deshalb gibt es diese auch und sie soll uns schützen. Wenn uns aber echte Angst nicht mehr begegnet, dann sucht sie sich wie Wasser ihren Weg. Oder noch schlimmer, staut sich. Angst, die nicht abfließen kann, bleibt in uns und richtet Schaden an. Denn Angst muss fließen können, muss raus, damit neue sich entfalten kann. Angst hat ein Haltbarkeitsdatum, dass, wenn es abgelaufen ist, dazu führt, dass es übel stinkt in einem.
Das Abbauen von Angst, um frische nachzufüllen, ist ein Bestandteil unseres Tages. Jeden Tages. Aber was machen wir, wir sitzen da und die Angst frisst sich in uns hinein. Sie häuft sich und sie ist längst abgelaufen. Somit bedrängt uns alte Angst und neue Angst und Zukunftsangst auf einmal. Das kann zu viel sein und werden, wenn echte Ängste hinzu kommen, vor allem über einen längeren Zeitraum.
Die Angst ist somit ein positiver Bestandteil unserer Psyche, denn sie sichert unser Leben und hilft uns intuitiv, das Richtige zu tun und zu entscheiden. Aber unser Umgang mit der Angst ist oft dumm, abweisend und dilettantisch. So viel ist mal klar.
Mittwoch, 18. November 2009
Die Leere in meinem Kopf
Denn was wir nicht wissen oder vergessen ist, dass jeder, der Großes erreichen oder erzielen will, auch Großes verpassen kann. Dieser Gedanke ist ebenso präsent. Somit scheint der erste Gedanke zu sein: Ein Glück, nicht gescheitert. Und über das errungene Glück macht man sich erst jetzt Gedanken.
Der Trainer von Mike Tyson hat seinen Schützling genau mit dieser Methode so heiß gemacht, dass er dachte, wenn er den nächsten Kampf verliert, verliert er alles und vieles darüber hinaus. Dass alles weg ist, alles vorbei und er nichts mehr ist und hat. Diese Angst hat Tyson so angetrieben, dass er vor Kämpfen vor Angst geweint hat. Sein Gegner war somit kein Gegner, sondern jemand, der angetreten war, seine Existenz zu zerstören. Nun versteht wohl auch der Letzte, warum die frühen Kämpfe nie länger als 30 Sekunden gedauert haben und die Gegner alle ein Nahtoderlebnis für ihn waren.
Es ist die Angst, die Kräfte frei setzt, von denen wir selbst nicht wussten, dass wir diese überhaupt mobilisieren können. Aber dieses Prinzip als Methode nutzt sich ab. Das Gehirn kann dieses Szenario nicht ständig wiederholen. Irgendwann sagt die Psyche auf dem Gehirn eines Mike Tysons, so schlimm wird es schon nicht kommen. Bumm. Und dann liegt er in der Ringecke.
Ich beschreibe das, weil auch ich für meine Verhältnisse einen großen Sieg errungen habe. Aber da ist diese Leere in meinem Kopf. Ich denke weniger darüber nach, dass es endlich geschafft ist, sondern was passiert wäre, wenn ich gescheitert wäre. Darum diese Leere. Zudem ist ein Ziel erreicht. Ein Ziel, mit dem ich mich lange beschäftigt habe. Es liegt nun hinter mir. Dieser Gipfel ist erklommen. Somit brauche ich schnell ein neues Ziel, wenigstens in Sichtweise. Es muss noch nicht greifbar sein.
Aber ich will auch diese Leere beenden und mich freuen. Warum ich das von Mike Tyson erzähle, hat einen Grund. Ich bin mir nicht sicher, ob auch ich und viele andere, gerade dann zu Höchstleistungen fähig sind, wenn wir von der Angst getrieben werden. Wenn dem so ist, dann fände ich das sehr traurig und schade, wenn es die Angst ist, die uns antreibt und nicht die Lust.
Rückblickend auf mein Leben muss ich schon sagen, dass es vor allem die Angst vor dem Versagen und Verlieren war, die mich meistens wesentlich mehr angeschoben hat als die Lust. Mein Lust ist oft faul und braucht nicht viel. Meine Lust ruht. Sie verweilt, reift und genießt. Meine Lust sitzt oft einfach nur da und nimmt in sich auf. Meine Lust ist zufällig und spontan. Meine Lust überrascht mich. Meine Lust ist nicht getrieben von Selbstnutz und Eigennutz. Sie stellt die Pausen zwischen den vielen und langen Phasen der Befürchtungen und Ängste dar. Lust ist der Lohn der Angst, könnte man sagen, falls man dazu dann noch fähig und bereit ist. Wer die Lust nicht mehr empfindet, erwartet und genießt, den hat die Angst vollends im Griff.
Der andere Reisebericht
Die Reise kann einige Wochen andauern. Auf dieser Reise muss ich mich an neue Umstände gewöhnen und neue Verhaltensregeln befolgen. Bemerkt habe ich das sehr einfach und deutlich. Und der Auslöser ist mir auch sehr klar. Mal wieder stand mehr oder weniger die Existenz auf dem Spiel. Das Ganze auch noch umgeben von einer Vielzahl willkürlicher Umstände, die mehr oder weniger Energie kosten, übel ausgehen können und einfach nur belastend sind. Ob dem wirklich so ist, weiß man auf dieser Reise leider nicht wirklich. Aber es fühlt sich so an. Die Summe der Monster, die einen bedrängen und umgeben, nimmt bedrohliche Formen an, obwohl einem eigentlich klar sein müsste, dass es keine Monster gibt. Aber was nützt einem das. Die Angst und die Befürchtungen geraten außer Kontrolle. Der Druck, der sich lange aufgebaut hat und jetzt wieder mal einen Höhepunkt gefunden hat, musste raus. Und das Ventil heißt in diesem Fall – Psyche.
Ich kann so locker darüber schreiben, weil ich der festen Überzeugung bin, dass nur außerordentlich starke Charaktere ein Problem mit dieser Art von Schwäche bekommen können. Oder anders gesagt, wo keine Muskeln, da auch kein Kater.
Und trotzdem mal wieder einiges gut ausgegangen ist und der Rest gut auszugehen scheint, konnte ich mich über die wichtigste Entscheidung nicht wirklich freuen, weil sie mir wieder vor Augen geführt hat, dass ich nur eine drohende Katastrophe verhindert habe. Es ist Teil der beruflichen Selbständigkeit, dass man immer wieder vor einem Abgrund steht. Diesen erreicht man nicht mal selbst, sondern vor diesen wird man plötzlich gestellt.
Es kostet dann doch Zeit, Kraft, Energie, Nerven und Substanz, ein drohendes Ereignis zu verhindern und sich eine Perspektive zu erarbeiten. Aber es ist auch Teil der gewählten Lebensform. Wer Freiheit will, muss den Totalverlust von Sicherheit in Kauf nehmen. Man wird älter und die Intervalle dieser Bedrohungen sind kürzer und sie haben sich gehäuft. Dann kommt da noch die Jahreszeit hinzu und einige Umstände mehr. Und plötzlich weiß man nicht mehr, warum man aufstehen soll. Es ist so, als ob jemand bei einem der Duracell Häschen einfach die Batterie rausgenommen hat.
Man erreicht einen psychischen und emotionalen Stillstand, obwohl die Welt sich weiter um einen herum dreht. Die Kräfte, die einen sonst durch den Tag begleiten und tragen, schwinden. Vor allem Morgens, Mittags erreicht man eine erträgliche Form und Abends geht es einem erheblich besser. So wird jeder Tag mit dem Öffnen der Augen eine lange quälende Begegnung, die sich im Verlauf desselben aufheitert und bessert. Aber der nächste Morgen kommt bestimmt.
Ich habe mich entschlossen, diesem Problem ebenso zu begegnen, wie denen, die es ausgelöst haben – mit meiner ganzen Aufmerksamkeit. Nichts verschönern, nichts verstecken, nichts schön reden. Schritt für Schritt abarbeiten. Allem so begegnen, damit auch dieses Problem schon bald der Vergangenheit angehört und man das damit verbundene Monster entzaubert.
Mein Leben ist mir zu kostbar und zu schön, als dass ich mit diesem Problem defensiv umgehen wollte. Gerade jetzt nicht, genau jetzt nicht. Das Schöne an mir und meiner Person ist, dass mir nichts peinlich ist. Deshalb bin ich auch guter Dinge, dass dies der letzte Reisebericht in die Welt der Depression sein wird. Und wie vieles in meinem Blog ist auch dafür Raum und Platz da. Für die Angst vor dem Versagen. Für die Angst vor dem Verlieren. Für die Angst vor der Angst. Denn ich gehöre zu den starken Persönlichkeiten. Ich riskiere immer viel. Ich wage zudem auch viel. Mein Lebensweg bescheinigt mir das. Und mein Charakter sagt mir das.
Aber jeder, der so angetrieben ist, muss mal stehenbleiben, in die Knie gehen oder fallen. Das ist ein Zeichen seiner unablässigen Anstrengung. Dass es mich trifft, scheint unausweichlich. Wenn man die Belastungen der zurückliegenden Jahre in eine chronologische Reihenfolge stellt, dann weiß ich, dass ich nun eine, nämlich meine Grenze der Belastbarkeit erreicht habe und mein Körper mir das klar und deutlich signalisiert. Ob ich was verändern werde? Ja, den Umgang mit den Dingen, die mich Energie kosten. Energie, die ich nicht mehr habe, oder nicht mehr so leicht zu verteilen habe. Mein Energiemanagement werde ich ändern. Nicht alles und jeder kann sich mehr in Zukunft meiner vollen Aufmerksamkeit gewiss sein. Aber die mit mir rechnen dürfen, dafür um so mehr.
Die Energie ist nicht endlos. Und wie gesagt, das Alter und andere Umstände steuern ihren Teil dazu bei. Somit muss ich den Umgang mit meiner Energie neu ordnen. Und wie schon vor einiger Zeit beschrieben, mit den Dingen die mir willkürlich begegnen, lernen, gelassener umzugehen und diese an Menschen weiter zu delegieren, die viel besser damit umgehen können. Ich muss nicht alles machen und können. Sondern immer mehr genau das, was ich dazu tun kann und will.
Und ich bin froh, dass ich weiß, was ich habe und es nicht Jahre verheimliche, verstecke oder verdränge. Ich habe keine Angst vor der Krankheit, weil ich gute Freunde habe, die diese Krankheit leider bestens kennen. Ich habe keine Angst vor den Folgen dieser Krankheit, denn ich weiß, dass es wie alles in meinem Leben ein weiteres zu meisterndes Kapitel ist. Und somit füge ich nur ein weiteres Kapitel meiner Reise hinzu.
Das Einzige, was mich ein wenig ärgert ist, dass ich eigentlich einen großen Moment zur Freude verpasse, weil meine Psyche sich nicht mit mir freuen will. Dann muss ich das Fest eben verschieben. Und das werde ich auch.
Donnerstag, 12. November 2009
Passwort eingeben
Denn in aller Unregelmäßigkeit muss man einen Teil der PINs und Passwörter neu erlernen, erneuern oder was auch immer. Für Menschen ist es schon psychischer Stress, wenn sie dem Geldautomaten gegenüberstehen. Was war noch mal die Nummer? Was war die Richtige? War es die oder die? Wie war noch mal der Rhythmus, das Bild bei der Eingabe? Welche der 10 Eselsbrücken führt zur richtigen Nummer?
Dass da noch keiner was erfunden hat, was einen eindeutig und zuverlässig erkennt, damit der Blöd- und Wahnsinn mit diesen ganzen Nummern, Buchstaben, Wörtern und Kombinationen aus allem ein Ende hat. Da lassen sich Menschen unglaublich komplexe Systeme zur Datensicherheit einfallen und der Großteil nimmt als Pin ein Geburtsjahr, das eigene, das der Frau, des Mannes, des Kindes. Sicher ruhen hier schon 80% aller Geheimzahlen. Einige andere haben so witzige Einfälle wie 1234 oder 4321 oder 2222. Auch nett ist 5555. Egal.
Das Problem ist längst erkannt. Alle Systeme, die einen Sicherheitsaspekt berücksichtig sehen wollen oder müssen, brauchen eine eindeutige Erkennung und einen ebenso sicheren Umgang. Bis dahin, bis das jemand ausgetüftelt hat, dürfen wir weiter grübeln, nachsehen und nachfragen. Was war noch mal? Wenn man sich die Entwicklung der Passwörter der letzten 10 Jahre ansieht, dann würde das bedeuten, dass wir in weiteren 10 Jahren ja 100 solcher kleiner geheimer Schlüssel irgendwo und irgendwie mit uns herumtragen. Somit steigt die Quote, dass 99% das Geburtsjahr wählen und zwar das eigene.
Somit sinkt mit zunehmendem Sicherheitsbedürfnis der Sicherheitsstatus. Eine paradoxe Entwicklung. Noch waren Pins und Passwörter sicherer als 1980 ohne sie, aber sie werden immer unsicherer. Macht da mal einer was dagegen. Oder dafür. Egal, wie man es sieht, Hauptsache dieser Wahnsinn hat ein Ende und ich meine Ruhe. Ich träume von einem Masterschlüssel für mich. Ein Schlüssel für alle, das Haus, das Auto, die Bank, das Portal – für alles. Nie mehr nachdenken. Nie mehr verlieren. Nie mehr Unsicherheit.
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