Wie machen das nur die Anderen? Ich wundere mich jeden Tag. Wie machen die das nur? Ich beobachte sie sogar, aber ich kann nichts entdecken. Nichts. Kein Blick der Sehnsucht. Keine Traurigkeit. Keine Verzweiflung. Nichts. Und mich zerreisst es. Und ich hoffe jeden Tag, dass es besser wird. Aber das wird es nicht.
Vater. Vater sein. Meine Gedanken und Gefühle sind fast ständig bei meinen Kindern. Und jede Trennung empfinde ich als Opfer. Neid und Eifersucht kommt in mir auf, wenn sich meine Kinder ohne mich amüsieren. Ständig muss man seine Kinder abgeben und teilen. Mit anderen teilen. Immer weniger verweilen sie in meiner direkten Nähe.
Und dann die Arbeitswelt. Diese vielen Stunden, in denen man ganz woanders ist. Diese viele Zeit, die man nicht gemeinsam erleben kann. Nicht gemeinsam genießen. Nicht mal gemeinsam langweilen, ärgern oder streiten.
Dabei ist das Leben nur ein Wimpernschlag. Kaum ist es da, ist es auch schon wieder vorbei. Und die gemeinsame Zeit mit Menschen, die wir lieben, ist so unglaublich kurz bemessen und noch kostbarer.
Wie machen die das - in den Meetings? Meine Gedanken schweifen so oft ab. Hin zum Lächeln meiner Kinder. Was sie jetzt wohl gerade tun? Die Bilder der letzten Tage noch einmal vergegenwärtigen. Die gemeinsamen Pläne für die nahe Zukunft in Gedanken noch einmal durchgehen.
Meine Gefühle sind wie schwere Ankerleinen mit meinen Kindern verbunden. Jede Trennung bedeutet, Leinen los. Und oft Leinen kappen. Ich bin dann immer heil froh und überglücklich, wieder da zu sein. Zusammen zu sein. Ich drücke das sicher nicht so aus. Denn die würden sicher denken, der Alte hat wohl einen Knall. Wenn meine Kinder wüssten, wie sehr ich mit ihnen verbunden bin. Und wie sehr mich ihre Enttäuschung schmerzt. Wie sehr mich ihre Schmerzen quälen. Wie unerträglich Ungerechtigkeit ist, die sie erleiden müssen. Und wie stolz ich jede Sekunde bin.
Es ist eine Sucht. Eine echte Abhängigkeit. Die Gesundheit, das Glück, die Zufriedenheit meiner Kinder mit zu erleben, ist das Zentrum meines Lebens.
Ich hatte ein anderes Leben ohne Kinder. Sicher werde ich auch wieder ein anderes Leben auch mit Kindern haben. Aber jetzt wundere ich mich über diese vielen Väter, die ständig von ihren Kindern getrennt sind. Wie sie das bloß ertragen? Einige verwirren mich komplett. Das sind die Väter, die mir das Gefühl vermitteln, dass die Kinder Muttersache sind und die die Kinder bisweilen mehr belasten und anstrengen. Aus diesem Grund kommen sie lieber erst nach Hause, wenn die Kinder schon schlafen. Unglaublich. Wie kann man so unterschiedlich empfinden.
Mich zerreißt es. Jeden Tag. Jeden Augenblick. Die Ängste, es könnte was passieren und ich habe sie nicht beschützt. Die Freude, es könnte was passieren und ich habe es nicht miterlebt. Sie nicht trösten zu können und ihnen nicht Anerkennung zu Teil werden lassen.
Ich will eigentlich jeden Moment mit meinen Kindern auskosten. Aber das weltliche Leben hält mich davon ab. So ziehe ich jeden Tag los - weg. Und meine Kinder machen das auch schon. Und wie Kometen in der Umlaufbahn zu einem Planten, die sich langsam und langsam weiter und weiter entfernen. Sie kreisen zwar für immer um den Planeten, aber die Entfernung wird größer und größer.
Da hilft auch die größte Anziehungskraft nichts. Das ist ein Naturgesetz. Kinder bleiben keine Kinder. Mein Gott macht mich das traurig. Vor allem, dass es bald schon vorbei ist und ich nicht jeden Moment habe voll genießen können.
Wie halten das nur die Anderen aus. Quält die das genau so wie mich? Ich kann nichts erkennen. Verdammt ich kann nichts erkennen. Und da sitzen wir in unserer wichtigen Welt mit unseren wichtigen Themen umgeben von wichtigen Menschen und alles was mir wirklich durch den Kopf geht und nahe ist, sind die Star-Wars Sammelkarten meines Sohnes und die Schleich-Pferde-Sammlung meiner Tochter.
Wenn sich jetzt jemand fragt, wo ist die Frau bei diesen Gedanken. Keine Sorge, die ist da. Auch sehr nah. Aber das sind die Gedanken, fokussiert durch die Vater-Augen gesehen.