Freitag, 9. Oktober 2009
Beziehungskiste
Ich möchte mal über meine Beziehung zu meinem Briefkasten schreiben. Früher hatten wir ein tolles Verhältnis miteinander. Denn außer Urlaubsgrüße oder Geschenke und Paketkarten hat unsere Beziehung nichts belastet. Dann, im Laufe der Jahre, stellte sich plötzlich der „blaue Brief“ ein. Das war die erste Begegnung mit dem Briefkasten, die ganz klar sagte: "Ich kann auch anders." Um das Problem in den Griff zu bekommen, bekamen wir den Briefträger in den Griff. Der nur mir persönlich einen solchen „blauen Brief“ aushändigte. Diesen habe ich dann unter Wasserdampf fein säuberlich geöffnet und erst mal durchgelesen. Die ungefährlichen habe ich dann wieder verschlossen und auf den Poststapel gelegt. Dann gab es die zweite Kategorie der erklärungsbedürftigen blauen Briefe. Auf die konnte ich mich sehr gut vorbereiten, weil ich den Inhalt schon kannte. Und dann gab es die dritte Kategorie derer, die nicht zu erklären waren. Diese fielen dann unter den Tisch. Das klappte sehr gut.
Aber unsere Beziehung trat in eine neue Dimension ein. In meiner ersten eigenen Wohnung wurde aus dem lockeren Verhältnis der Vergangenheit leider schnell ein sehr verkrampftes. Von Freitag bis Montag Morgen würdigten wir uns keines Blickes. Denn ich wollte mir von "so einer Rechnung" oder was auch immer, nicht das Wochenende versauen lassen. Nun trat unsere Beziehung in eine sehr unterkühlte Phase ein.
Genau in dieser Phase kam noch ein neuer Trend auf, die Werbung in der Post. Diese nahm schlagartig zu. So, dass der Papierkorb unter dem Briefkasten im Hausflur, der sonst einmal im Monat geleert wurde, plötzlich wöchentlich überquoll. Zwischen diesen ganzen unsinnigen und überflüssigen Werbebotschaften versteckte sich dann die Post. Was in der Regel mehr negative Überraschungen zum Vorschein brachte. Die Bank, die Verkehrsdelikte, die Rechnungen, die Eltern. Alle wollten etwas, was ich nicht immer im Stande zu leisten war. Somit war der nette Briefkasten von früher plötzlich ein sehr anstrengender Lebenspartner, der eine Hiobsbotschaft nach der anderen für mich bereit hielt und zudem zugemüllt von Werbung war.
Schön waren die Freieinweisungen von Zeitschriften, welche mich privat erreichten. Als es diese noch gab. So hatte man reichlich was zu sehen, lesen und blättern. Dann verschärfte sich die Beziehung und mutierte zu einer echten Beziehungskiste.
Man respektierte sich, hatte sich aber nichts mehr zu sagen. Kein freundliches Wort, auf und zu, das war´s. Die härtesten Jahre hatten wir von 2003 bis 2007. Wenn man sich hätte scheiden lassen können, hätten wir es sicher in dieser Zeit getan. Wie lieblos schon mein Name draufgekritzelt war. Das war doch ein klares Zeichen. Auf die Farben „Gelb“ und „Grau“, dieses „Mittelgrün“ reagiere ich noch heute heftig. Das war eine dunkle und schwere Zeit für uns beide. Denn eigentlich überbrachte er nur noch schlechte Botschaften. Durch die Bank.
Im Laufe der Jahre ist unser Verhältnis als neutral zu beurteilen. Wir wissen, dass wir miteinander leben müssen. So oder so. Und dass er ja im Prinzip nichts dafür kann. Er ist nun mal so, wie er ist. Briefkastentherapien verliefen wirkungslos. Das liegt an der unglaublichen Ignoranz meines Briefkasten. Und er kann nicht mal was runterschlucken oder einfach mal stecken lassen. Aber er kann nicht nur austeilen, sondern auch ganz gut einstecken. Trotzdem würde ich unser Verhältnis als vergiftet bezeichnen. Dafür ist in der Vergangenheit einfach zu viel passiert.
Eine leider ähnliche Entwicklung nahm der Anrufbeantworter vor einigen Jahren. Eigentlich ist das mehr eine Vorwurfsmachine, die einem ständig klar macht, wen oder was man mal wieder nicht erreicht hat. Deshalb habe ich den Anrufbeantworter einfach kurzer Hand vor die Tür gesetzt. Das Telefon selbst entwickelt auch von Zeit zu Zeit dieses negative Potential. Diese unglaublich negative Energie, die ich echt nicht gebrauchen kann. Denn ich brauche meine Energie voll und ganz für mich. Nicht für so ein kleines Ding am Ohr. Deshalb steht das Telefon unter besonderer Beobachtung, wie mein Verhältnis zum Fernseher. Das würde ich auch mal als durchwachsen beschreiben.
Zurück zum Briefkasten, dem kleinen Kerl mit der großen Klappe. Der einfach voller negativer Botschaften und unglaublich viel Werbemüll steckt. Gerne denke ich noch an die Zeit zurück, als man 3x täglich hinein schaute, weil man voller Ungeduld auf einen Brief, eine Karte eine Nachricht wartete. Und diese auf sich warten ließ. Mit wie viel Erwartungshaltung man diesen kleinen Schlüssel ins Schloss steckte, ihn behutsam umdrehte, damit man ihn bloß nicht abbricht. Und dann das Türchen ebenso liebevoll öffnete. Und? Wieder nichts. Noch immer nichts. Und dann endlich - da lag das Objekt der Ungeduld. Diese Zeiten sind so gut wie vorbei. Vereinzelt blitzt dieses Gefühl noch mal auf. Aber die Summe der Enttäuschungen ist dann doch zu groß.
Freitags haben wir immer noch ein ganz schlechtes Verhältnis, was man sich schlechter nicht vorstellen kann. Weil er sich immer noch einen Spaß daraus macht, mir das Wochenende zu versauen. Aber weil ich damit rechne und ihm selbst einfach keine böswillige Absicht mehr unterstellen will, haben wir damit leben gelernt.
So kann es laufen.
Mittwoch, 23. September 2009
Die Glücksfänger
Fotos im Urlaub machen ist etwas Besonderes. Das fiel mir auf, weil ich es beobachten konnte. Zusammengefasst bedeutet das: Glückliche Menschen lachend vor der Kamera. Variationen: Am Strand, im Meer, im Restaurant, an der Bar, vor der Sehenswürdigkeit, aber immer glückliche lachende, oft sich umarmende Menschen.
Bei diesem Anblick schoss mir der Gedanke durch den Kopf, dass alle Beteiligten versuchen, das Glück einzufangen, um es dann wann und wo man will wieder rauszuholen. Man will sich nachher zeigen, wie toll der Urlaub war und allen anderen, die es sehen wollen oder auch nicht ebenfalls. Man soll das Glück und die Zufriedenheit förmlich spüren.
Somit gleichen sich zu 80% alle Urlaubsfotos, wie die vom Eiffelturm oder vom Big Ben. Was soll auch anders aussehen? Die Hintergründe sind austauschbar. Warum wollen Menschen auf diese Weise so sehr das Glück einfangen? Natürlich weil sie im Urlaub sind und im Urlaub ist die Erholung, die Zufriedenheit und das damit vollkommende Glück Grundvorraussetzung. Das muss man nicht nur erleben, sondern einfangen und allen zeigen. Und hin und wieder sich selbst – schau, so glücklich waren wir da.
Ich glaube, für den Moment des Fotos gelingt es, das Glück einzufangen. Wie ein Schmetterling, der sich auf die Hand setzt – für einen Moment. Aber dann fliegt das Glück weiter, es verfliegt wie ein Duft. Und deshalb muss man so viele Fotos machen, mit so viel Lächeln, so viel Umarmungen, so viel Glück. Damit sich der Schmetterling immer wieder niedersetzt, um dann wieder weiterzufliegen.
Die Menschen haben eine unglaubliche Sehnsucht, anderen Menschen zu zeigen, wie glücklich sie waren. Wie wundervoll etwas war. Und dafür ist ein Foto sehr gut geeignet. Zwar kann man nachher von der Stimmung, der Sonne, dem Meer, den Gerüchen und Geräuschen und den vielen Eindrücken nichts transportieren, aber immerhin ein Bild. Ein Bild vom Glück. Oder sagen wir es so, ein Bild von so etwas wie Glück.
Fotos machen im Urlaub ist etwas sehr bestimmtes. Die einen bekommen den gesamten Urlaub nur als Motiv und durch das Objektiv mit. Andere wiederum haben immer, wenn sie gerne ein Bild machen wollten, dann gerade den Fotoapparat nicht zur Hand. Die Extreme gehen weit auseinander. Und nun kommt auch noch das Filmen dazu.
Mir ist das alles zu viel. Ich habe keine Lust, so viele Bilder von etwas zu machen, sondern ich lebe lieber jeden Moment so intensiv, wie es mir möglich ist. Weil es dann immer für lange Zeit auch wieder vorbei ist. Alles, außer genießen, ist mir im Urlaub zu viel und nicht angemessen und angepasst. Aber jeder lebt das Leben nun mal auf seine Weise. Auch ich habe versucht, das Glück einzufangen in Form von vielen Bildern im Kopf. Auch Filme spielen sich da ab. Aber in meinem Kopf fühlt es sich fast so an, wie es in Wirklichkeit war. Manchmal sogar noch schöner.
Und das, was ich am schönsten finde im Urlaub, sind oft gar keine Bilder sondern Gefühle. Weil man davon keine Fotos machen kann, lasse ich es wohl. Schon komisch, denn sonst fotografiere ich wirklich gerne gegenständlich, aber im Urlaub habe ich keine Lust. Das hat mir sicher 4.000 Fotos erspart und drei Stunden Film. Das ist kostbare Zeit – Urlaubszeit. Also, für mich.
Sonntag, 9. August 2009
Spielbericht: Hoffenheim gegen Bayern München. 1. Spieltag. Samstag 8. August 2009. Saison 2009/10. Das Nest.
Aus offizieller Fansicht der Hoffenheimer endete das Spiel 2:0 für Hoffenheim. Was Hoffenheim theoretisch am ersten Spieltag direkt an die Tabellenspitze katapultierte. Aus Sicht der Bayern München Fans endet das Spiel 0:1. Drei Punkte im Sack, weiter geht es.
Aus Sicht der Öffentlichkeit ging das Spiel 2:1 für Hoffenheim aus. Aber zum Entsetzen aller steht da auf dem Spielberichtsbogen ein völlig anderes und unverständliches Endergebnis, nämlich 1:1. Unglaublich aber wahr, wie unterschiedlich so ein Spiel enden kann, obwohl eigentlich alle dabei waren.
Was führte mich nach Hoffenheim? Fragt sich zwar keiner, aber die Frage könnte theoretisch jemand stellen. Fussball verbindet. Meine Verbundenheit gilt Heiko Walkenhorst, welcher derjenige ist, der dem Akademiker-Fanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 vorsitzt und auch zu den Gründungsmitglieder zählt. Ich folgte seiner Einladung.
Und hier möchte ich den Ball gerne aufnehmen und versuchen, gekonnt hin und her zu spielen. Denn um diesem Erlebnis beiwohnen zu können, musste ich mein Nest verlassen. Und mir ist aufgefallen, wie weniger gern man das mit zunehmendem Alter macht. Das Gewohnheitstier übernimmt zunehmend die Kontrolle. Somit dreht sich in jungen Jahren zwar alles um einen selbst, aber im Alter dreht man sich nur noch um sich selbst.
Alles das passt aber auch zum Spiel, denn mein Reise endet auch in einem Nest – Sinsheim. Denn der Verein Hoffenheim spielt in Sinsheim, aber mein Reiseziel war Heidelberg. Ein bekanntlich schönes Nest.
Also überwand ich meine Trägheit und meinen schwindenden Bewegungsdrang und machte mich auf zum ersten Bundesligaspieltag nach Hoffenheim. Obwohl das nicht stimmt, denn ich war zu keinem Zeitpunkt in Hoffenheim. Auch so ein Nest. Machte mich auf diese Reise, die Samstags um 11.00 Uhr in Tutzing am Starnberger See begann, da schon wieder ein Nest, und Sonntags im selben Nest um 15.00 Uhr endete.
Dazwischen fuhr ich ca. 7,5 Stunden mit dem Zug. 2 x 30 Minuten mit dem Auto zum Stadion hin und zurück. Und 2 x 10 Minuten mit dem Taxi in die Altstadt. An die Rückfahrt kann ich mich nicht mehr so genau erinnern. Die Schlafzeit betrug ca. 6 Stunden und dem Ganzen gesellen sich 2 x 45 Minuten Fußball hinzu.
Bemerkenswertes an dieser Reise ist schnell erzählt. In Hoffenheim ist es grundsätzlich so, dass, wenn der Gegner der eigenen Mannschaft den Ball abnimmt, dies immer einem groben Foul gleichzusetzen ist. Und man immer verwundert ist und erzürnt darüber, dass der Schiedsrichter so wenig Karten gibt.
Spielerisch fällt Hoffenheim positiv auf und ins Gewicht. Das kann man von den Bayern leider nicht sagen. Erstmals an einem Samstag war der Anstoß nicht um 15:30 Uhr sondern jetzt neu – dank Sky – um 18:30 Uhr. Der Spieltag soll damit verwertungstechnisch wie ein großer Pizzateig so weit wie möglich ausgerollt werden. Was man auch in dreister Weise macht und was die Scheidungsquote sicher weiter rasant ansteigen lassen wird.
Seltsam ist einem sofort aufgefallen, dass die Zwischenergebnisse von den anderen Plätzen fehlten. Da war schon alles gelaufen. Seltsam. Aber wenn man konsequent wäre und man dem Fernsehwettbewerb die Lichter ausblasen will, dann würde ich jeden Tag nur eine Partie spielen lassen und zwar um 20:00 Uhr. Und die letzte Partie würde ich so platzieren, dass dem irgendein Quotenrenner, ein Schwergewicht entgegengesetzt wird. Aber vielleicht kommt das noch.
Sinsheim ist ein Nest. Und mit dieser Beschreibung tut man dem Ort wirklich einen Gefallen. Irgendwo stand am Stadion eine Richtungsangabe: Innenstadt. Wer diesem Begriff eine mitteleuropäische Interpretation zuteil werden lässt, der wird diese Innenstadt nie finden. Braucht es auch nicht, man geht ja ins Stadion.
Man parkt auf einem gewerblichen Parkplatz in der Nähe. Das ist kein Problem, denn Samstags 18:30 Uhr wird sogar in Sinsheim nicht mehr gearbeitet. Auch bemerkenswert ist der gesonderte Ticketschalter mit der Überschrift: Toublecounter. Alles andere sieht aus wie ein Fussballverein, riecht, fühlt sich an wie einer, ist auch einer, nur eben alles im Format eines Nests. Und das ist gut und schön so.
Richtig kreativ wurde es mal kurz bei der Namensgebung der Fanzeitschrift: achtzehn 99. Respekt. Irritiert habe ich versucht, die Sponsoren in meinem Langzeit- und Kurzzeitgedächnis bekannten Größen zuzuordnen. Das ist mir bis auf SAP kaum oder gar nicht gelungen.
Der Rest ist so trivial und vom Niveau so tiefliegend wie in allen deutschen Stadien auch. Ich hatte den Platz mit der Nummer 9. Das ist nett, aber diese Position habe ich nie gespielt, sondern ich war immer ein 6er, 7er oder 8er. Heute könnte ich den modernen Doppel-Sechser allein spielen.
Hoffenheim ist glücklich darüber, dass jemand etwas bzw. so viel für den Freizeitwert macht wie Herr Hopp. Günzburg hat Legoland, Sinsheim hat Hoffenheim. Ein paar Dinge kamen eher seltsam rüber. Die Parkplatzsituation erinnert mich an eine Szene aus Independents Day. Nach dem Spiel traf man auf den einen oder anderen Nest-Hooligan. Nicht wirklich gefährlich, aber wenn es unglücklich läuft, einfach blöd. Seltsam war auch, dass mir in dem einen Eingang mit meinem Fotoapparat kein Einlass gewährt wurde, aber einen Eingang weiter der Rucksack nicht mal kontrolliert wurde.
Nach dem Spiel ist vor dem ersten Bier. Das nahmen wir in der Nähe des Stadions zu uns. Und das Spiel wurde noch mal wie ein Wienerschnitzel von allen Seiten abgeklopft. Da ich Gast war, war ich natürlich auch großzügig in den Auslegungen. Nicht zu sehr, denn man will auch nicht als Schleimer dastehen.
Witzig fand ich, dass Schalke genau 3 Minuten Tabellenführer war. Und dann doch wieder nicht.
Sehr angenehm empfand ich die Gastfreundschaft, und die Steigerung und Krönung war dann die Nacht in der Altstadt. Sehr gutes Essen, toller Wein und zum Abschluss ein Averner. Was will man mehr. Heiko entlockte seiner Küche am nächsten Morgen einen guten Milchkaffe und nachdem wir dabei im Fernsehen auf DSF uns noch mal fast alles reingezogen hatten, machte ich mich um 11.00 Uhr auf den Weg zurück in mein Nest, das ich um 15:00 Uhr erreichte.
Der Spielbericht endet hier. Es war schön, aber ich bin glücklich, wieder zu Hause zu sein. Aber wenn man nicht rausgeht, dann sieht man immer weniger vom Leben da draußen. Die netten Menschen hätte ich nicht kennengelernt und viele andere Eindrücke hätte ich auch nicht einfangen können. Da kann man nur hoffen, dass es viele so gute Freunde gibt, die mich immer wieder aus meinem Nest locken. Sonst drehe ich mich wirklich nur noch um mich. Und das wird nicht nur langweilig für mich, sondern vor allem für meine Leser. Wenn ich nur noch aus meinem Nest berichten würde.
Also, auf zum nächsten Nest. Aber nicht so schnell. Bin gerade erst wieder angekommen.
Sonntag, 26. Juli 2009
Befreiungsschlag
Es sind diese vielen kleine, die von allen Seiten. Jede Minute wieder ein kleiner. Denn ich glaube, dass die wirklich großen Befreiungsschläge die Summe der vielen kleinen sind, die man vorher beschritten hat. Manchmal sind es nur kleine Tippelschritte im Kopf. Für die Außenwelt unmöglich zu bemerken, aber für einen selbst können sogar solche Gedanken Herzrasen machen.
Menschen, die vom großen Befreiungsschlag reden und träumen, aber die kleinen nicht vollziehen, die werden ihr Leben lang davon reden und träumen. Und auch das ist gut so. Nichts ist schlecht daran, außer das schlechte Gewissen, was solche Menschen so lange begleitet. Anstatt sich einmal einzugestehen: ich bin kein Weltumsegler, ich klettere nicht auf 8.000er und ich muss mir keinen Kopf darüber machen.
Aber sollte jemand da draußen sein, der innerlich zerfressen wird, weil die Dinge sich nicht ändern, fügen oder ergeben. Die Ungeduld schon Kopfschmerzen macht und der damit seine Umwelt schon gewaltig nervt, dann – kleine schnelle effektive Schritte. Einfach anfangen. Für die einen ist es, 15 Minuten früher aufstehen. Für die anderen, 2 Stunden früher ins Bett gehen. Einfach im Kleinen anfangen, alles so zu leben, wie man es im großen Befreiungsschlag ohnehin tun müsste. So bleibt der große Akt, der große Auftritt, weil alles sich ergibt.
Sonntag, 24. Mai 2009
Ich hatte mal einen Freund
Eventuell war es auch keiner. Nur ich dachte, es wäre einer. Aber vielleicht war es doch mal ein Freund. Jedenfalls würden nun beide sicher unterschreiben, dass wir diesen Level verlassen haben. Warum? Einfach ausgedrückt: Geld! Am Ende geht es um Geld, wie so oft. Und da hört bekanntlich für viele die Freundschaft auf. Bei mir fängt sie im Gegensatz dazu an.
Warum schreibe ich das? Weil ich einen Missstand beschreiben will. Es gibt Menschen und das sind nicht viele, die sind mit der simplen Botschaft ins Arbeitsleben geschickt worden: Hast du was, bist du was. Somit verfestigte sich der Eindruck und die Überzeugung, wenn man genug Geld hat, dann hat man viele oder sogar alle Freiheiten, von denen man geträumt hatte. Und so ging man dann die Sache an, auf dem Weg zur Freiheit die Abkürzung über den Reichtum nehmen zu wollen.
Und so als junger Krieger ist man zu vielem bis allem bereit, um dieses Ziel auch zu erobern. Man setzt alles ein, was man hat. Die Zeit, die Kontakte, die Energie und alles andere, was dazugehört auch. Am Anfang waren wir viele mit demselben Ziel. Und so unternahmen wir alles, was uns diesem Ziel näher brachte. Einige fielen irgendwann ab, aus welchen Gründen auch immer. Andere zogen weiter und weiter.
Die Menge derer, die weiter auf das Ziel hoffen durfte, wurde kleiner und kleiner. Aber die machten unaufhörlich weiter, immer im sicheren Glauben, auf dem richtigen Weg zu sein. Genau an dem Punkt kam mir eines Tages ein Gedanke in den Kopf. Die Opfer, die ich bringe, stehen in keinem Verhältnis zum Gewinn. Und umso mehr ich erreiche, umso unfreier werde ich. Nennen wir es mal zwei Killeraplikationen auf dem Weg nach oben.
Plötzlich stand ich da in einer Schlacht, die es für mich nicht mehr wert war zu schlagen. Plötzlich stand ich da neben Kriegern, die bis vor kurzem meine engsten Vertrauten waren und plötzlich war deren Gegenwart für mich nicht mehr erstrebenswert. Ganz im Gegenteil. Meine Überzeugung sagte mir, dass der Weg zu mir selbst und zur Freiheit ein anderer ist. Er ist meiner, mein eigener, den ich nur ganz allein gehen kann. Somit wechselte ich die Seiten. Legte die Selbstlügen, die Waffen und alles andere beiseite und ergriff meine Mittel der Wahl. Nicht sofort. Nicht konsequent. Nicht konstant. Aber im Laufe der Zeit immer mehr und mehr.
Somit war klar, dass die Freunde von damals sicher nicht mehr die Freunde meiner Zukunft sein werden, denn das Missverständnis und das Unverständnis waren unüberwindbar. Und ich wollte mich auch nicht erklären oder andere angreifen. Dieser Kampf war mir ein Greuel geworden. Ich wollte meine Ängste und meine Befürchtungen gegen Zuversicht eintauschen und ich war bereit, Wohlstand gegen Freiheit einzutauschen.
Auf dem langen Weg zu mir ist mir natürlich viel widerfahren und begegnet, nicht nur schöne Aspekte. Aber auch das Scheitern habe ich ertragen, um danach besser zu scheitern. Und noch besser zu scheitern, damit irgendwann das Scheitern ein Ende hat. Nun bin ich unlängst an einem Punkt angekommen, wo ich förmlich spüre, dass alle Bemühungen, alle Investitionen, alles sich gelohnt hat. Ich bin umso viel freier, als ich damals war, dass ich manchmal weinen könnte vor Glück.
Mein ehemaliger Freund ist auf seinem Weg geblieben. Er hat alles unternommen und versucht, um über den Wohlstand einen Status von Freiheit zu erreichen, von dem man nur träumen kann. Dieser Plan hat sich nicht erfüllt. Er ist eingebunden in Zwänge, die ich keinen Tag aushalten würde. Er hat sich eine Welt von Verpflichtungen geschaffen, unter deren Last ich sicher zusammenbrechen würde. Er zahlt für das, was er unter Freiheit versteht, einen verdammt hohen Preis. Höher, viel höher als das unglaubliche Geld, das er verdient. Sein Leben ist voller fauler Kompromisse, voller schlechter Diplomatie und alles wird gerechtfertigt durch das Geld, das er verdient und das Leben, das er damit anderen ermöglicht.
Somit kann man sagen, wir haben uns entfernt, weit voneinander entfernt. Wir sprechen nicht mal mehr dieselbe Sprache. Es liegt noch viel mehr belastend über unserer Freundschaft, aber dafür ist hier nicht der Raum und der Rahmen, sondern ich wollte dieses Beispiel aus meiner Lebenserfahrung nur niederschreiben, um zu verdeutlichen: Mach dein Ding. Und glaubt mir, Freiheit kann man sich ebenso wenig kaufen wie Liebe. Beides muss man sich verdienen. Somit tun sie mir alle nur leid, die vielen, die so erpicht sind auf eine grandiose Karierre. Deren Vorstellungen, was man mit viel Geld so alles erreichen und machen kann, so falsch sind. Ich finde viel Geld wunderbar, aber die Frage bei diesem Geschäft ist: Was ist der Preis dafür? Und da sollten viele besser mal das Kleingedruckte des Lebens lesen und Goethes Faust.
Der Deal geht nicht auf. Deshalb ist die Gier auch so groß, vor allem die Habgier. Weil die Befriedigung ausbleibt, muss die Dosis immer weiter erhöht werden, bis sie dahin führt, wo Überdosis immer hinführt. Es sind Ziele einer alten Gesellschaft und Ziele unserer Eltern. Es sind nicht unsere Ziele. Sogar die Werkzeuge sind veraltet. Somit können diese Menschen ruhig das ganze Geld haben, denn sie haben nicht das, was sie eigentlich gesucht haben. Das ganze Geld, die ganzen Dinge, alles das bringt einen vom eigentlichen Ziel nur ab. Aber das kann man keinem erklären, da muss man selbst draufkommen. In diesem oder vielleicht in einem nächsten Leben, wenn es das gibt.
Manchmal frage ich mich, ob dann doch alle im Alter, auch im hohen, hinter das Geheimnis der Freiheit kommen. Dass Freiheit nicht bedeutet, was man sich alles nehmen, vor allem herausnehmen kann, sondern dass Freiheit vor allem daraus besteht, was man nicht tut. Was man sich nicht herausnimmt. Ich glaube nicht. Ich bin mir nicht sicher.
Ich für meinen Teil haben keinen Freund verloren, sondern mein Leben gewonnen. Und der Preis dafür war wesentlich geringer, als man denken würde. Das ist so, wenn man auf der anderen Straßenseite des Lebens steht. Jeder glaubt natürlich, seine ist die schönere, egal, wie er sich im Inneren dabei fühlt. Der Schein ersetzt eben oft das Sein. Aber etwas sagt mir, dass dieses Leben gegen die Vernunft, gegen den logischen Menschenverstand, gegen die eigene Intuition, sich böse rächt. Also, sagen wir mal so, ich hatte das Gefühl, dass es so kommen würde. Deshalb bin umgedreht oder abgebogen.
P.S. Keine Angst, ich habe noch einen Freund. Oder Zwei. Oder Drei. Es sind nicht viele. Aber die Zeit zeigt, es sind Freunde.
Anmerkung: Ich habe diesen Beitrag vor einiger Zeit geschrieben und im System unter Entwurf liegen lassen. Peter hat ihn aus Neugierde gelesen und mich mehrmals gebeten, ihn doch bitte zu veröffentlichen. Denn er hat für ihn selbst darin einige wichtige und wesentliche Aspekte entdeckt, mit denen er sich total identifizieren kann. Und wenn ein Freund einen Bittet, dann macht man das.
Freitag, 10. April 2009
Weil
Weil ich nicht alles weiß, muss ich häufig glauben können. Weil ich nicht alles glaube, will ich meistens wissen. Weil ich es manchmal nicht weiß und auch der Glaube fehlt, benötige ich etwas, was mich glauben lässt. Und dafür habe ich mir im Jahr 2001 einen „Glücksbringer“ um den Hals gelegt. Etwas bis dahin für mich Undenkbares. Dieser hat mir seinen treuen Dienst erwiesen. Oft hat er mich daran erinnert oder mich dazu angehalten, meinen Gefühlen, also meiner Intuition, zu folgen. Um mich dazu anzuspornen, hing er Tag für Tag um meinen Hals. Er ist weniger eine Mahnung, eher eine Motivation.
Dann hatte ich das Gefühl, der „Glücksbringer“ hätte mir genug gute Dienste erwiesen. Man sollte ihn nicht überfordern. Man sollte ihm aus Dankbarkeit nun seine wohlverdiente Ruhe gönnen. Somit habe ich mir 2005 einen neuen „Glücksbringer“ um den Hals gelegt. Auch dieser hat vorzüglich mein emotionales und rationales Bewusstsein beflügelt, meinem Bauchgefühl zu folgen. Er war ein toller Nachfolger.
Und jetzt habe ich einen neuen „Glücksbringer“. Und auch von im erhoffe und verspreche ich mir, dass dieser mich daran erinnert, was mir wirklich wichtig im Leben ist. Dass er mir immer wieder vor Augen führt, wie ich mich zu entscheiden habe. Und mich daran erinnert, dass Glück etwas ist, das man sich nicht einfach verdient oder erwirbt, geschweige denn kaufen kann, sondern etwas, das man es vor allem zulassen muss und wieder und wieder suchen muss. Und etwas, das man unglaublich genießen muss.
2001 . 2005 . 2009
Freitag, 27. März 2009
wir - [Wiederholung vom 25. Septmeber 2006]
wir waren jung. wir hatten recht. wir hatten viel geld. wir erkauften uns respekt. wir trugen hosenträger. wir hatten immer viel vor. wir hatten immer wenig zeit. wir waren schlauer. wir hatten größere ziele. wir hatten riesen visionen. wir tranken teure weine. wir schrieben mit teuren füllern. wir hörten nur uns. wir sahen nur uns. wir nahmen uns nur das beste. wir waren uns so sicher. wir waren unbesiegbar. wir fuhren 280 km/h. wir waren vorne. wir überholten alle. wir waren besser. wir hatten aktien. wir reisten ans ende der welt. wir machten uns großzügige geschenke. wir wohnten weiträumig. wir waren sehr teuer bekleidet. wir flogen business. wir rauchten zigarren. wir schauten auf teure armbanduhren. wir nächtigten in 5 sternen. wir verstießen gegen das betäubungsmittelgesetz. wir bogen unsere eigene moral. wir dachten, wir hätten viel spaß. und dann war alles vorbei. wir hatten uns getäuscht. einfach geirrt. wir dachten, das geht alles für immer so weiter. da haben wir falsch gedacht. ganz falsch. und von dem wir bin fast nur ich geblieben. ich, der sich heute nicht denkt: wie können andere so dumm, naiv, ignorant und überheblich sein. weil ich es selbst erlebt habe. ein gedanke zum schluss, eventuell waren wir nur ich?
Jetzt zitiere ich mich schon selbst. Wow. Aber es passt einfach so gut. Also, erster Erscheinungstermin war 2006-09-25 07:01.
Freitag, 20. Februar 2009
Organisation
Was habe ich nicht alles versucht. Was haben andere nicht alles versucht. Der Versuch, sich zu organisieren, ist eigentlich schon ein Indiz dafür, dass dieser Versuch zum Scheitern verurteilt ist. Wie viele Systeme habe ich probiert. Wie viele Systeme hat man an mir probiert, um die Dinge zu organisieren und zu optimieren. Erst analog, dann digital. Dann analog und digital. Und anders herum.
Ein ständiges Ringen um die Organisation, die Planung, die Transparenz, die Einfachheit und die Geschwindigkeit. Dabei ist mir immer aufgefallen, dass an jedem neuen Tool, das Dinge erleichtern sollte, immer noch mehr dran hing, was andere Aspekte erschwerte. Keine Lösung ohne neue Probleme. Da waren mir die alten immer lieber. Die kannte ich wenigstens.
Irgendwann ging ich dann dazu über, Menschen um mich zu versammeln, die Talente mitbrachten, mit denen ich nicht dienen konnte. Und siehe da, alles war organisiert. Ohne Tools. Ohne zusätzlichen Aufwand. Einfach weil es Menschen gibt, die Dinge können und wollen, die ich nicht kann und nicht will. Dafür kann ich ja Dinge, welche die nicht können und wollen.
Das ist so, als ob bei einer Band alle Sänger sein wollen und niemand will ein Instrument spielen. Das stellt für eine Band ein Problem dar. Diese ganze Welt der Lösungen und Optimierungen basiert auf der Unkenntnis derer, die nach Lösungen suchen und die sich beim besten Willen nicht vorstellen können, dass es Menschen gibt, die das können, was sie selbst nicht können. Und genau dafür gibt es dann eine Lösung. Die natürlich nicht funktionieren kann, weil jede Lösung natürlich auch bedient werden muss. Und man selten auf den Um- und Zustand trifft, dass derjenige, der eine Lösung sucht, das Tool auch selber füttert.
Schlau eigentlich. Lösungen für Probleme, die nicht funktionieren können und werden, außer sie sind besonders teuer, aufwendig und kompliziert. Dann sind alle felsenfest davon überzeugt, natürlich „die“ Lösung zu haben.
Zudem ist das eigentlich ein super Jobmotor. Mal ehrlich, gab es in den 70ern und 80ern Controller? Wer will sich schon tagein und tagaus mit Zahlen beschäftigen. Früher hieß das Buchhaltung und es funktionierte auch so. In meiner Erinnerung sogar besser.
Somit werden ständig Schuhe aufgeblasen, an Stellen die es eigentlich braucht. Nur weil es keiner machen will, aber alle überzeugt sind, es muss einer machen. Ich laß das einfach. Mich interessieren nur ganz wenige Zahlen. Die muss ich kennen, der Rest interessiert mich nicht. Und auch diese ganzen Auswertungen interessieren mich nicht. Wenn es stimmt, dann stimmt es. Wenn es läuft, dann läuft es. So einfach kann es sein.
Mein Interesse liegt im völligen Gegenteil. Ich frage mich immer, mit wie wenig man wie viel erzielen kann. Rational und emotional. Mit wie wenig Charts kann man eine Präsentation gewinnen? Wie kann man alles reduzieren? Wie sehr lohnt es sich, alles zu konzentrieren. Daraus ist eine Art innerer Bewegung geworden. Bei allem was ich mache, frage ich mich, was kann man noch weglassen, um den Sinn noch mehr in den Vordergrund zu stellen. Somit bin ich resistent für Lösungen, da ich das Problem nicht habe, meide oder delegiert habe. Denn kein System ersetzt einen aufmerksamen Menschen. Einen, der sich dafür zuständig und verantwortlich fühlt.
Wäre ja noch schöner.
Donnerstag, 19. Februar 2009
Gelassenheit
Aber der Grad der Gelassenheit auf einer Skala von 1 bis 10 beruhigt mich dann doch. Wenn ich Menschen beobachte, die es gerade mal auf eine 1 mit einer zaghaften Tendenz zur 2 schaffen, da bin ich in Bereichen, die mich eigentlich gelassen machen sollten.
Freitag, 6. Februar 2009
Die andere Reichweite
Denn immer mehr scheint sich abzuzeichnen, dass die Arme der Kommunikation nicht mehr bis zur Zielgruppe reichen. Ein Abnutzungseffekt hat sich breit gemacht. Hinzu kommen schädliche Überlagerungen von Kommunikationsaussagen. Sie sind zu einem lauten, grellen Kommunikationswirrwarr ausgeartet, das seine Wirkung schon seit langem verfehlt. Alles nutzt sich einmal ab, wenn man es lang und oft genug gebraucht. Die Werbewelt ging bis heute davon aus, dass diese ewig währt, mit denselben Mitteln und Methoden.
Aber vieles, was für immer oder für sehr lange erdacht und ersponnen war, hat dann doch nur ein kurzes Glück auf unserem Planeten gehabt. Somit verändern sich die Reichweiten, vor allem von Methoden und Instrumenten. Diese besondere und andere Art der Reichweite gilt es fortwährend zu prüfen. Das ist so, als ob ein Boxer fortwährend Luftlöcher schlägt und dabei mehr an Luftschlösser glaubt.
Dem Methodenstreit folgt deshalb auch der Instrumentestreit. Nicht nur Methoden stehen auf dem Prüfstand, sondern auch die Instrumente, mit deren Unterstützung Methoden umgesetzt werden sollen. Und eins können Sie mir glauben, ein Großteil der Methoden ist längst mausetot und die Instrumente geben nur noch schräge bis keine Töne mehr von sich.
Aber für die meisten ist es so schwer, eine verinnerlichte Methode in Frage zu stellen, geschweige zu ändern. Und hat man sich mal mühevoll und langwierig auf einem Instrument eingespielt, steht man einem Instrumentenwechsel eher abgeneigt gegenüber.
Sogar der von mir verehrte und hochgeschätzte Helmut Schmidt hat in seiner letzten Kolumne im Zeitmagazin mit dem Titel „Auf eine Zigarette“ am Ende eine Prophezeiung in den Raum gestellt: Das Internet kann niemals die Qualität einer gedruckten Zeitung erreichen. Herr Schmidt, mit Verlaub - sie irren. Und zwar nicht mit Blick in die Zukunft, sondern schon einige Zeit lang. Als treuer ZEITleser sage ich, dass ich Impulse, Ideen, Inspiration und Denkanstöße schon länger und vermehrt im Internet finde. Und wenn ich ehrlich bin, ist „DIE ZEIT“ das letzte mir bekannte Medium der gedruckten Art, das ein solches Feuerwerk von Denkanstößen in mir auslöst. Obwohl ich im Laufe der Jahre alle anderen beiseite gelegt habe, drängt sich mir nichts auf. Und ich habe auch keine Sehnsucht.
Und auch die Kritik an der Kürze, die einer Vertiefung von Themen im Wege steht, sehe ich nicht so wie der Alt-Bundeskanzler. Oft reicht ein Impuls. Oft bewegt ein Impuls weitaus mehr. Es gibt zu viel Wichtiges, so dass man nicht jedes Thema so vertiefen muss, dass keine Zeit für die vielen ebenso wichtigen anderen bleibt.
Und ich würde gerne eine andere Prophezeiung dem gegenüberstellen. Wenn Helmut Schmidt heute 30 Jahre alt wäre, er würde das Internet lieben und nutzen. Und eine Verbindung der besonderen Art fördern und fordern.
Dienstag, 3. Februar 2009
Redigieren, so was mache ich nicht
Redigieren ist auch so ein Wort, das mir beim Schreiben häufig begegnet. Nicht von mir aus, sondern von erstaunten Lesern, die völlig selbstverständlich davon ausgehen, dass jeder hier veröffentlichte Text einige Male redigiert worden ist. Und zwar soll ich das wohl selbst machen. Was ich aber nicht mache.
Sondern ich schreibe, wie andere Klavier spielen. Ich habe da ein Thema und Melodie im Kopf und dann improvisiere ich rund um die mir wesentlichen Aspekte dieses Themas. Das war es. Somit ergeben sich auch meist die Länge oder die Kürze, die Pausen, die Ausflüge und Übergänge. Diese Art des Schreibens kommt dem Musizieren wesentlich näher, als das allgemeingütige Schreiben. Dass sich jemand Notizen und Skizzen macht, eine Rohfassung schreibt und diese durch redigieren schleift und schleift, bis die Wortwahl sitzt.
Nein, dass mache ich nicht. Das Schreiben in meiner Form dauert unwesentlich länger als das Lesen desselben Textes. Die einzige Schleife, die ich mir gönne und erlaube, ist die des Lektorats. Aber auch das kommt durch meine Art oft ins schleudern und schwitzen. Denn wenn ich einen Gedanken aufgefangen und aufgeschrieben habe, dann kann ich es immer kaum aushalten, diesen in die Onlinewelt zu entlassen.
Meine damit verbundene Ungeduld macht es mir unmöglich, Tage darauf zu warten, dass ein Text endlich korrigiert zurückkommt. Meine Erwartungshaltung erstreckt sich da auf einen Zeitraum von maximal 12 Stunden. Maximal. Lieber aber innerhalb von 1 bis 4 Stunden.
Angesprochen auf diese Gewissheit des Redigieren, fällt mir auf und wird mir bewusst, wie anders andere schreiben. Sich förmlich quälen bei der Wahl der Wörter. Sich hin und her wiegen, so oder so, so oder anders, oder sogar ganz anders. Mich würde das verrückt machen. Ich habe was zu schreiben oder nicht. Mozart soll seine Kompositionen im Kopf fertig gehabt haben, so dass er diese nur noch herunterschreiben musste. Dafür musste er mehr Zeit für sich gewinnen. Er saß nicht am Notenblatt und hat fortwährend Noten verbessert oder verändert. Er hat das im Kopf aufgeschrieben. Und wie wir heute wissen, war es gut so und hat immer gestimmt.
Hätte er sonst in einer so kurzen Lebenszeit ein so epochales Lebenswerk zu Papier bringen können. Da ist wieder so ein Wort gefallen, von dem ich mir nicht 100%ig sicher bin, dass es das sagt und trifft, was ich eigentlich sagen will. Wird schon stimmen. Und wenn nicht, wird es kaum einem, eher keinem auffallen. Natürlich möchte ich mich in keinster Weise mit Mozart vergleichen, ich wollte nur eine Erklärung suchen und finden, wie ich es tue – das Schreiben. Und die Geschichte trifft es aus meiner Sicht am besten.
Freitag, 30. Januar 2009
Der Mann im Zug
So habe ich vor geraumer Zeit Frank kennengelernt, der bei einer Firma arbeitet, die ich nicht kannte und deren Namen ich mir beim besten Willen nicht merken konnte. Klang auch nicht so spannend.
Im Laufe der letzten 10 Monate verdüsterte sich die Stimmung von Frank zunehmend. Seine aus seiner Sicht allgemeingültige Darstellung der Gegenwart und der nahenden Zukunft verfinsterte sich von Woche zu Woche. Und in den zurückliegenden Wochen scheint der Spannungsbogen seinen Höhepunkt erreicht zu haben.
Hinter dem Begriff „Schwarz sehen“ wird man für lange Zeit sein Bild im Lexikon finden, als Centerfold in Farbe zum ausklappen. Nun sitzt er plötzlich nicht mehr im Zug. Somit schwindet auch das Schreckensszenario sichtbar und spürbar.
Vor einiger Zeit verstand ich dann doch, für welche Firma er tätig war - Qimonda. Er hat dort Projekte betreut. Oder sagen wir besser, er hatte Projekte betreut, erst viele, dann weniger, dann keine und dann nur noch völlig schwachsinnige. Wir haben oft die Zugfahrt genutzt, um uns über seine Situation auszutauschen.
Es war ein wenig so, wie wenn einen Freund eine Frau verlässt. Und der einem unentwegt versichert und erklärt, das ist nicht schlimm, er ist drüber weg und wie alle Frauen wirklich ticken und...und...und.
In solchen Augenblicken hört man einfach zu. Und hört einfach zu. Und hört einfach zu. Und so erfährt man inhaltlich zwar nicht viel, aber die Wörter wiederholen sich. Wörter wie Managerfehler, die Spinner, China, Markt kaputt, Subventionen, Taschen voll machen, Realitätsverlust und viele mehr. Nun ist Qimonda wohl pleite. Und von ihm werde ich wohl nicht mehr viel zu Gesicht bekommen. Eigentlich schade, gerne hätte ich miterlebt, dass es bei ihm auf wieder aufwärts geht.
Hin und wieder wollte ich ihn auch mal aufbauen. Und ihm mitteilen, wie gut es mir geht, nach einer schlechten Zeit. Dass man eine solche Situation nicht auf sich beziehen darf. Aber das schien mir sinnlos. Doch irgendwas musste ich ja auch mal erwidern. Er hat auch Familie und nun keinen Job mehr. Andere sind früher von Bord gegangen mit einem goldenen Handschlag. Er wird wohl leer ausgehen.
Er denkt über Selbstständigkeit nach. Okay, dachte ich. Er will Freiheit. Okay, denke ich. Er will was machen, hinter dem er absolut stehen kann. Okay, denke ich noch mal. Und ich Trottel frage, das ist ja alles gut und schön, aber mit was willst Du dein Geld verdienen? Blöde Frage, gebe ich zu. Aber mir fiel nichts anderes ein.
Trotzdem denke ich nun hin und wieder an Frank und seine düsteren Bilder von der Zukunft, die sich so gar nicht mit meiner Weltanschauung decken. Eigentlich wünsche ich mir nur, dass er sein Glück findet. Egal wie. Dass er schnell das Thema abhaken kann. Kraft, Energie und Zuversicht gewinnt. Und dass er irgendwann wieder mit mir in den Zug steigt und er mir freudig erzählt: Hör mal, weißt du, was mir Geiles passiert ist?
Montag, 19. Januar 2009
Ich bin eben so
Und?! Das Schöne ist, dass man mit diesem Argumentationsgeschoss wieder die Ruhe herstellt, aber das eigentliche Problem nur aufschiebt, nicht aufhebt. Das bemerkt man in der Regel nur kurze Zeit später. Schlauer scheint es, genauer hinzuhören, was da gemeint ist. Und ob es etwas ist, an dem es sich wirklich lohnt fest zu halten. Denn in der Regel geht es bei solchen Begegnungen um Toleranz.
Und es scheint schlau zu sein, Toleranz walten zu lassen. Nicht nur zu sagen, ich bin halt so. Sondern die Bereitschaft zu signalisieren, einer Veränderung aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Denn dieses „Ich bin halt so“ zeugt nicht von einer großen Toleranz. Muss auch nicht, kann aber.
Denn es geht ja schließlich um ein Miteinander und kein Nebeneinander. Und letztendlich geht es um gemeinsam oder einsam. Deshalb plädiere ich für Veränderung, wenn es einen selbst nicht zu sehr stört, auf den Wecker geht oder komplett gegen den Strich geht.
Was soll es, wenn es der Gemeinschaft und des Miteinanders dient, dann ist es das wert.
Mittwoch, 14. Januar 2009
Ohne Worte
Mittwoch, 19. November 2008
Der Mann, der liegen blieb
Ein Traum verfolgt mich seit meiner Schulzeit. Der Traum von dem Mann, der eines Tages beschließt, einfach liegen zu bleiben. Im warmen Bett. In Sicherheit und Geborgenheit. Umsorgt und behütet. Er beschließt, nicht mehr aufzustehen und wieder in eine dieser sinnlosen Schlachten zu ziehen, um Ziele zu verfolgen, die ihn eigentlich nicht wirklich interessieren. Er beschließt – das war es. Macht ohne mich weiter. Ich bleib jetzt liegen.
Bis hierhin ist der Traum einfach wunderbar und fabelhaft, aber ich denke, steh jetzt auf du Idiot. Und was tue ich, stehe natürlich seit über 38 Jahren so gegen 7.00 Uhr auf. Habe dieses Lächeln auf den Lippen, weil mir ein Gedanke nicht aus dem Kopf geht. Liegenbleiben ist ja gut und schön, aber was mache ich um 10.00 Uhr oder um 11.00 Uhr? Wie komme ich an den Kühlschrank?
Liegenbleiben kommt mir, wenn ich mal aufgestanden bin, total bescheuert vor. Schon verrückt, wie fundamental schnell sich Wahrnehmung verändern kann.
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