Samstag, 5. Dezember 2009
Samstagsgedanken: Nikolaus
“Was’n das?“ nölt die heutige Jugend, die nicht mehr weiß, was Mandeln und Nüsse sind. „Keine Playstation, Aldär? Was’n das für’n Scheiss?“
Eigentlich schade, dass wir für morgen keinen Knecht Ruprecht bestellt haben. Obwohl, ich kann mir nicht vorstellen, das der Krampus heute noch viel Angst und Schrecken verbreiten würde. Vermutlich wäre das eher anders herum, wollte der verweichlichte Soziologiestudent, der mit der Ruprecht Rolle sein Taschengeld aufbessert, den heutigen Lausbuben quer kommen. Da bräuchte es dann schon mehr als einen Rentierschlitten, um schnell Land zu gewinnen.
So ist das mit den Bräuchen. Die, die sich nicht aufpimpen lassen, geraten allzu schnell in Vergessenheit und verlieren ihren eigentlichen Sinn. Oder weiß heute noch einer unter 20, dass Halloween mal Erntedankfest hieß, dass der 3. Oktober gefeiert wird, weil es weiter östlich mal so eine Mauer gab, oder dass man einen Beruf ergreifen kann, ohne von Dieter Bohlen oder Bruce Darnell gecastet worden zu sein. An solch old fashioned Brauchtum hat niemand mehr Interesse. Lässt sich doch mit ein paar blöden Mandeln und Nüssen keine Kohle machen. Da müssen schon noch ein paar iPhones, Smartbooks und Nintendo wii in den Stiefel.
Während sich unsere Jugend heute Abend wieder ins Koma säuft und mancher Daddy und Opa aus Solidarität mitmacht, suggeriert uns die Industrie, nein, sie knallt es uns an den Kopf: „An Nikolaus nach Hawaii! Gönnen Sie ihren Liebsten ein paar Tage Sonne!“ Und dazu gibt es ein paar Schnappschüsse einer drallen Blondine im roten Bademantel, der entfernt an den guten, alten Nikolaus erinnert.
Früher hat es oft geschneit am 6. Dezember. Wir machten einen langen Waldspaziergang im Schnee und tranken danach selbst gemachten Glühwein, bevor es ans Plätzchenbacken ging. Doch heute macht die Klimaerwärmung, die natürlich nichts mit den Menschen zu tun hat, Schnee in den Alpen und gar im Voralpenland zu einem winterlichen Weihnachtsmärchen aus alter Zeit.
Zwar ficht das unsere wackere Politik nicht an, sich um die Olympischen Winterspiele 2020 in Garmisch zu bewerben. Nur Schnee in Garmisch? „Es war einmal“ wird 2020 zum Thema Schnee verlautbart, nicht ohne mit mehreren tausend Schneekanonen den letzten Naturschutzfleckchen den allerletzten Tropfen Wasser abzudrehen. Aber mir ist das alles sowieso egal, weil ich am 6. Dezember 2020 mit einer roten Nikolausmütze in Waikiki Beach sitze und mir von einer drallen Blondine im roten Bademantel einen kühlen Pina Colada kredenzen lasse. Aber das ist dann wieder ein anderes Weihnachtsmärchen.
PS: Diesen Text schrieb ich hier in der Urfassung vor genau zwei Jahren. Aber, hey was soll’s? „Last Christmas“ wird ja auch wieder jedes Jahr gespielt.
Samstag, 28. November 2009
Samstagsgedanken: Reparaturen
Der herbeigerufene Monteur jedenfalls werkelte ein bisschen herum und diagnostizierte den Totalausfall des Kühlaggregats, was heißen sollte: Da muss ein neuer Refrigerator her. Als ich ihn fragte, ob man so etwas nicht reparieren oder austauschen könne, schaute er mich an wie meine 20-jährige Nichte, wenn ich ihr erzähle, dass in einem Bewerbungsgespräch nicht die klügste aller ersten Fragen die nach dem Urlaub ist. Jedenfalls konnte ich gleich einen neuen Kühlschrank bestellen. Prospekte und Bestellscheine hatte der Monteur anscheinend mehr dabei als Ersatzteile.
Als letztes Jahr der Videoschacht meines TV-Video-Gerätes die Kassette fraß, war ich schon gewitzter und suchte mir aus dem Internet einen Reparaturbetrieb. Fernsehtechnik Schraub & Bau. Der letzte Dinosaurier seiner Zunft in München wie ich dachte. Vielleicht zur Erklärung: Video ist eine alte Nachkriegstechnik zur Wiedergabe von Filmen. Das war weit vor DVD, Blue Ray & Co. Ich brachte also mein All-in-One-Gerät zum Großmeister, der mir in drei Tagen Bescheid geben wollte. Als ich nach vier Wochen und einigen, nicht mehr so ganz freundlichen Telefonaten wieder eine Audienz bekam, nur deshalb, weil er mir einen neuen Wide-Screen-Flat-Monitor mit integriertem Receiver und Satellitendirektbild verkaufen wollte. Mein altes Lieblingsstück? Ach so! Das rentiere sich nicht mehr. Und Ersatzteile für so etwas gebe es schon seit Jahrzehnten nicht. Was, ich will sein Schnäppchen nicht? Für das Durchsehen des alten Hobels nahm er mir 20,00 Euro ab. Froh, dass ich hier raus kam, zahlte ich mein Lösegeld und durfte sogar mein altes SHARP mitnehmen. Was soll ich sagen? Man lebt auch ohne Video weiter.
Letzten Monat quittierte plötzlich meine Lieblings-Bürowandlampe ihren 25-jährigen Dienst. Das aber mit einem gewaltigen Kurzschluss. Nach einigen Tagen Bedenkzeit wollte ich das Unmögliche angehen und wagen. Es muss doch möglich sein, dieses unschuldige Leben zu retten? Ich fuhr also in den nächsten Baumarkt und versuchte in der Elektrikabteilung einen Ersatzschalter zu erwerben. Das war jedenfalls meine Laienhafte Diagnose. Ein Mitarbeiter half mir auch tatsächlich und verwies mich auf ein Teil, das sicher passen würde. Wie ich zu Hause feststellte, stimmte das nicht so ohne weiteres. Nachdem ich, der vor allem, was mit Strom betrieben wird, einen gewissen Grundrespekt hat, den alten Stecker aufgeschraubt hatte, unterschied sich dieses Innenleben von dem anderen jedenfalls deutlich. Irgendwie baute ich den neuen Schalter ein und bekam einen noch größeren Kurzschluss als vorher, wenn man das überhaupt sagen kann.
Was tun? Google versagte bei der Eingabe nach einem Elektroreparaturgeschäft seinen Dienst. Nur Verkaufsstellen ohne Service wurden in München angezeigt. Und mein Lieblings-TV-Shop „Schraub & Raub“. Dann tauchte unvermittelt ein winziges Elektrofachgeschäft in Moosach aus einer vergessenen Gehirnwindung auf. Sofort startete ich durch. Tatsächlich, das Geschäft gab es noch. Und ich war mir auch gleich sicher, dass es das sein musste. Es war nämlich geschlossen. Hurra! Ein Geschäft mit Mittagspause. Wie in der guten alten Zeit. Geduldig erledigte ich meine anderen Einkäufe und kehrte um 14:30 Uhr zurück. Entschuldigend packte ich meine Lieblingslampe aus. Ob sie noch reparieren?
Die schon ältere Dame, ich vermute die Gattin und Xanthippe des Meisters musterte mich unwirsch. Das lohne sich doch nicht mehr, meinte sie. Für mich schon, wagte ich einen Einwand. Das koste aber viel Geld, zog sie ihren Joker. Ich zahle bis 50,00 Euro, konterte ich lässig. Das saß! Ich durfte die Lampe dalassen. Drei Tage später rief ich wie vereinbart an. Der Meister selbst nahm ab. Ja, die Lampe kann ich abholen. Sie hatte zwei Kurze in der Fassung und im Kabel. Hat er getauscht. 21,50 Euro. Ich strahlte und kurz darauf meine Lampe. Auf die nächsten 25 Jahre!
Warum ich das erzähle? Weil ich nicht einsehen will, dass ich alles wegwerfen soll, was gerade noch neu gekauft wurde. Warum hielt früher ein Kühlschrank ein Leben lang? Warum konnte ich Schalter früher aufschrauben? Warum hat meine Autowerkstatt, in der noch Autos repariert werden, kaum noch Kunden? Weil das noch eine Werkstatt vor der Abwrackprämie ist. Eine, in der es nach Öl und Schweiß riecht und der Meister mit dem Schraubenschlüssel hantiert. Kein steriler Operationssaal, in dem Hochleistungscomputer Diagnosen in der Bordelektronik finden oder eben nicht.
Wenn es da draußen noch so Verrückte wie mich gibt, die noch eine Schallplatte aufbewahren und einen PC mit Diskettenlaufwerk ausstatten oder die ein Auto fahren, das einen Motor und keinen Computer hat, dann sollte es doch möglich sein, dass sich die letzten Handwerker dieser Stadt zusammentun und einen Reparaturdienst für Haushaltsgeräte, Schuhe, Reißverschlüsse und Elektrogeräte gründen. Das kann ja heutzutage sogar virtuell passieren. Ich bin mir sicher, ein solcher Verbund wäre die gigantische Geschäftsidee.
Samstag, 21. November 2009
Samstagsgedanken: Bedeutung
In der Wirtschaft haben sich die Streifen- und Nieten-Manager den Terminus „Wir sind sehr gut aufgestellt“, ausgedacht, was bedeutet, es dauert noch maximal drei Monate bis zur Insolvenz. Die gibt es im Profifußball trotz permanenter Wettskandale nicht, vermutlich sind die Vereine auch „System relevant“, allerdings heißt es dort auch eher: „Wir müssen einfach nur mal wieder unsere Leistung abrufen.“ Was mich zu der Frage führt, wer ist denn verantwortlich für das Abrufen der eigenen Leistung? Halt! „Wir“ meint in diesem Fall gar nicht „ich“. Sondern das entspricht dem neutraleren „man“, das immer dann ein „wir“ oder „ich“ ersetzt, solange es transportieren soll „mich geht das alles nichts an!“ Im Beispiel klingt das dann so. Chef: „Meier, was könnten wir tun, damit Ihre Verkaufszahlen wieder steigen?“ - Meier: „Ja, also, man könnte mehr Werbung fahren“, oder "Wir im Vertrieb müssen nur mal wieder unsere Leistung abrufen." Der erfahrene Zwischen-den-Zeilen-Leser hat auch das „ja, also“ sofort identifiziert. Das wiederum entspricht dem in Interviews voraus geschicktem „Nun gut“ oder „Ich sach mal“. Mit dieser Redewendung werden Plattitüden eingeleitet. Auf deutsch: Keine Ahnung und es interessiert mich auch nicht! Das ist auch die richtige Antwort zur Frage: Was hören deutsche Lehrer von ihren Schülern am häufigsten?
Der legendäre Blüm’sche Klassiker „Unsere Renten sind sicher!“ meint von je her ausschließlich die Renten der regierenden Oberklasse. Selbst Schuld, sollte sich das gemeine Prekariat und Volk mit einem „Uns“ eingeschlossen gefühlt haben, gell! „Uns“ geht es doch gut. Meint in diesem Fall natürlich „mir“, also „ich“! Das zeigt jetzt auch der eiserne Hans mit seiner Klage vor den Verfassungsgerichten, um doppelte und dreifache Versorgung einzuklagen. Wenn der Vorstand davon spricht, dass es „unserem“ Unternehmen gut geht, hat er „sich“ den Jahresbonus verdoppelt. Aber immer noch besser als ein „Wir sind sehr gut aufgestellt!“ Höchste Vorsicht Ihrerseits verlangt auch die Anmutung Ihres Vermögensberaters, der Sie vom Kauf eines derivativen Subprime Stock Bonds mit den einleitenden Worten überzeugen will: „Jetzt mal ganz ehrlich“, weil es bedeutet, ab hier wird gelogen.
Beginnt Ihre Ehefrau, Freundin, Geliebte oder alle drei zusammen ihren Satz mit „Wir müssen reden“, dann haben Sie es wenigstens überstanden. Was im übrigen auch gilt, sollte Ihr Abteilungsleiter ein Meeting entsprechend anberaumen.
Ein „Nur für Mitglieder“ an der Disko-Tür lässt für viele Teenager eine Welt zusammen brechen, meint aber nur „Du sieht scheiße aus.“ Das entspricht dann später dem „Haben Sie reserviert?“ oder dem Einleitungssatz bei Bewerbungsgesprächen, Castings und sonstigen Beurteilungen „Ihr Auftreten war wirklich ansprechend.“ Woran auch ein Verkäufer sicher erkennt, dass er den Kunden verloren hat, ist das Wörtchen "trotzdem“. - “Ich bedanke mich trotzdem für Ihr Angebot“, bedeutet lediglich: Trotz der Absage sollte sich der Angesprochene einen schönen Tag machen. Wobei die Verabschiedung „Einen schönen Tag noch“ übersetzt heißt: Blas mir den Schuh auf! - in der milderen Variante.
In diesem Sinne wünsche ich heute allen ein schönes Wochenende noch und danke trotzdem für Ihre Aufmerksamkeit.
Samstag, 14. November 2009
Samstagsgedanken: Sonnenschirm
Ein Haiku ist einen japanische Gedichtform, die in ihrer traditionellen Richtung aus drei Zeilen oder Wortgruppen mit jeweils fünf, sieben und fünf Silben besteht. Das Thema des Haiku ist es, ein subjektiv empfundes Naturerleben im Augenblick fest zu halten.
Mein Vater schrieb dieses Haiku vor Jahren. Unabhängig davon schoss ich dieses Bild - ohne das Haiku zu kennen. Jetzt kommen beide zusammen.
"Dieser Sonnenschirm.
Stiehlt sich aus des Himmels Blau
einen roten Fleck."
Helmut Falkenberg
Samstag, 7. November 2009
Samstagsgedanken: Blinker
Zur Sicherheit erst noch eine Begriffserklärung. Könnte ja sein, dass jemand unter 30 mitliest. Altruismus meint "die Anteilnahme am Anderen", das Gegenteil von Egoismus also. Man will sich um andere kümmern, Fürsorge tragen, sich selbst nicht in den Mittelpunkt stellen.
Der Blinker verdeutlicht das, weil er ein Anzeigeinstrument für den anderen darstellt. Der, der den Blinker setzt, bräuchte ihn zunächst nicht. Er weiß ja, wohin er will. Allein bräuchte er keinen Blinker. Das ist ähnlich wie mit den Bremslichtern. Auch auf die könnte ich verzichten, wenn ich ganz allein auf der A7 nachts um 01:00 Uhr zwischen Würzburg und Ulm dahinrolle. Sollte ich bremsen wollen, weiß ich ja darum. Erst der 30-Tonner hinter mir, dem ich ganz altruistisch mein Bremsmanöver anzeige, macht die Bremsleuchten gleichzeitig zutiefst egoistisch.
Zurück zu der Frage, ob Altruismus Stufen hat? Ist wie Liebe oder schwanger. Kann ich ein bißchen lieben? Oder nur etwas schwanger sein? Und wie könnte ich das messen? Mutter Teresa fällt mir ein als vielleicht 90% altruistisch. Wer stellt jetzt die andere Seite der Skala dar? Die Null also. Total egoistisch.
Sind das die unendlich Neureichen, die mal schnell für eine Mittagspizza über 42.000 $ ausgeben oder die sich jedes Jahr eine um 100 Fuß größere Yacht bauen lassen. Oder sorgen sie lediglich für einen gesunden Geldkreislauf und sichern Tausende von Arbeitsplätzen in Reedereien, Bordellen und Polizeiwachen. Oder sind das wir, die wir in den Fußgängerzonen wieder die Straßenseite wechseln, weil weiter vorne ein Bettler mit Hut sitzt?
Ist vielleicht unser ganzes System auf "Nullstellung", suggeriert der Kapitalismus doch, dass wenn jeder seine persönliche Gewinnmaximierung anstrebt, davon alle profitieren. Nun gut, bis auf die vielleicht, die die Rechnung bezahlen müssen. Doch das ist leider System immanent. Die Gewinne werden privatisiert, die Kosten sozialisiert. Das nennt sich soziale Marktwirtschaft. "Unsere Renten sind sicher", kalauerte Nobbi Blüm. Damit hatte der Mann Recht. Seine Rente ist sicher. Von unseren hat er nie gesprochen.
Doch ich bin sicher. Es gibt Abstufungen, auch wenn ich die vielleicht noch nicht erkenne. Verhalte ich mich immer nur Ich-bezogen, bekomme ich auch nur ein egoistisches Ergebnis. Wenn ich immer nur nach Besitz strebe, bekomme ich auch nur Besitz. In diesem Zusammenhang fällt mir auf: Ich gebe zu, ich blinke.
Samstag, 31. Oktober 2009
Samstagsgedanken: Beschriftungen
Haben wir früher Klamotten gekauft, Jeans oder Schuhe, dann stand der Name des Herstellers diskret auf einem Schild, das innen angebracht war. Gut, die Levis hatte außen rechts, in Höhe der Gürtelschnallen ein Lederschild mit 501 oder so. Das war es aber auch schon mit dem Namen. Ich glaube, das erste Sweatshirt, das den eigenen Namen aufdruckte, war Froot of the Loom. Was zwar niemand übersetzen konnte, aber "in" war. „Cool“ oder „geil“ war damals noch gar nichts, weil diese Begriffe erst später Einzug in die Sprache fanden.
Früher funktionierte deshalb auch noch ein müder Witz: Fritzchen hat für die Ex in Religion verschiedene Fakten innerhalb seines Hosenbundes notiert. Bei der Frage nach dem ersten Bruderpaar, das mit einem Mord verbunden ist, schrieb er deshalb folgerichtig „Knagge & Peitz“. Das war der bekannte Hersteller der weißen Liebestöter.
Heute ist es doch so, dass die meisten Produkte gelabelt sind, also als Marke erkennbar und in bestimmten Kreisen als „conditio sine qua non“ gelten müssen. Also neudeutsch als „must have“. Wer als 18-jähriger Kleinkrimineller und Hartz IV-ler mit Migrationshintergrund im Berliner Wedding oder im Münchner Hasenbergl nicht mindestens aus einer S-Klasse aussteigt, wird niedergestiefelt, weil er erkennbar nicht zu einer mächtigen Gang gehört.
Nicht ganz so krass, aber im Grunde ähnlich verhält es sich in vielen Schulklassen von der ersten Klasse an. Wer nicht bestimmte Kleidung ausführt, die mit protzigen Schriftzügen eine bestimmte Angehörigkeit definieren soll und doch nur stigmatisiert, wird ausgeschlossen, gehänselt und gemobbt. Aktuell weiß ich nicht, was derzeit angesagt ist, aber „Diesel“, „Nike“ oder „Apple“ sollten schon sein, will man wer sein. Die Versuche, diesen hanebüchenen Unsinn seitens besorgter Eltern durch Schuluniformen zu verhindern, werden bei uns von der mächtigen Industrielobby verhindert. Ist das doch ein Milliardengeschäft.
So werden aus einem simplen Paar weißer Segeltuchturnschuhe, die in unserer Jugend fünf Mark 90 Pfennig gekostet hätten, durch den hippen Aufdruck „Converse“ schnell ein ultra-cooles-Sneaker-Erlebnis für 79,95 Euro. Das bringt mehr als Koks zu dealen und ist legal.
Umgekehrt wird allerdings auch ein Schuh draus. Marken, die nicht so in sind, werden für ein paar Cent auf Flohmärkten verhökert, nur weil die falschen Buchstaben angebracht sind. So ruiniert eine gesamte Werbeartikel-Industrie tolle Produkte mit den falschen Aufklebern. Wer will denn einen Super-50GB-USB-Stick mit dem Namen „Hansa-Versicherung“? Oder ein Schweizer-Taschenmesser mit dem unglücklichen Aufdruck "Jägermeister“? Wer heute kein iPhone nutzt, kommt in keinen Vorstand mehr. Und ohne Apple Notebook oder zumindest A4 kauft kein Kunde irgendetwas vom Software-Verkäufer oder Versicherungsvermittler.
Selbst in St. Tropez, Marbella oder Kitzbühel wird nur der gesehen, der einen Rolls Royce, einen Pelzmantel oder einen Privatjet zeigt. Oder alternativ Botox-gestraffte-Gesichtshaut, 500 Gramm Silikon pro Jolly und Wasserstoffperoxid gebleichte, indische Echthaar-Perücken zu Markte trägt und nicht unter 60 Jahren alt ist. Ein Drama, wenn Opa und Oma Erna & Klaus aus Bocholt so rumlaufen würden.
Selbst ALDI hat es über den Markenaufbau geschafft, als seriöser Discounter zu gelten, bei dem man einkaufen gehen kann, ohne türkisch oder arabisch sprechen zu können. Colagetränke verdienen seit Jahrzehnten Billiarden mit gefärbtem Zuckerwasser, wie heute „Roter Bulle“. Und Mac & Co überziehen die Welt mit matschigen, belegten Toastbroten kraft der Macht und Magie der richtigen Beschriftung.
Sogar der Autor, der sich frei glaubt von diesen Verbraucher-Selbsttäuschungen, spielt mit und labelt diesen Artikel unter einer Rubrik: Samstagsgedanken.
Samstag, 24. Oktober 2009
Samstagsgedanken: Menschenmengen
Ich kenne niemanden, der die BILD liest, sie ist aber die meist verkaufte Tageszeitung. Analog zu den Volksmusiksendungen der Öffentlich-Rechtlichen. Das ist deren Bildungsauftrag für die CDU-Wähler. Weil keiner den Guido in exponenter Stelle wollte, wird er jetzt unser Vizekaiser und nicht Englisch- Sprechen-Wollender-Außenotto. Von Uns-Angela reden wir lieber nicht. Oder gibt es einen, der zugibt, sie persönlich gewählt zu haben?
Wie sich Menschen verhalten, sieht man immer dann, wenn viele dieser Gattung dasselbe zur gleichen Zeit und sehr Ortsnah tun. Schauen wir mal auf das Münchner Oktoberfest, eine volle U-Bahn, ein Kaufhaus in der Rabattschlacht, ein Fußballstadion und eine volle Autobahn. Da wird das sensibelste, intelligenteste und sympathischte Individuum entweder zum Bierseligen, auf der Bank Tanzender und Schunkelnder Frauenheld, zum Ellbogen-Rambo, der die Oma vom letzten Sitzplatz schubst, zur kreischenden Xanthippe, die das letzte blassrosa T-Shirt für 3,99 nie mehr loslassen würde, zum Rowdy, der alles was gelb oder blau ist, inklusive Schiedsrichter niedermachen würde und last but not least, alle die nicht sofort die linke, seine Fahrspur frei machen, mit Recht und Vollgas von der Piste rammen wollte.
Zieht man wahllos einen aus dieser wummernden, blökenden Masse und konfrontiert ihn mit seinem Tun, dann bricht er sofort in sich zusammen und wimmert: Ja, aber das haben alle getan! Genau das ist es! Das haben alle getan. Das war schon immer so. Das haben wir immer schon so gemacht. Merken Sie was? In der Menge, in der Masse, in der Herde wird der Einzelne Gesichtslos. Fühlt sich nicht mehr verantwortlich. Oder wächst alternativ über sich hinaus, wird zum Anheizer, zur Zentralfigur. Mit dem einzelnen Individuum jedenfalls hat eine Massenveranstaltung wenig gemein.
So muss man dann auch die Wahlslogans der Parteien lesen, die Waschmittelwerbung und die dümmliche TV- und Radioreklame. Sie richten sich an die Menge. Da werden andere Parolen gebraucht als in der Einzelansprache. Wer das alles realisiert und seinen Herdentrieb, sollte er künftig auftreten, hinterfragt, wird vermutlich zu anderen Handlungsparametern tendieren. Das macht ihn zwar moralisch auf jeden Fall besser, aber furchtbar unbeliebt und einsam.
Samstag, 17. Oktober 2009
Samstagsgedanken: Berufswahl
Macht sich heute noch jemand Gedanken darum, was er werden will? So beruflich, meine ich. Oder wird man automatisch das, was die Eltern sind: Anwalt, Beamter oder Hartz-IV-ler? Bei uns damals in der Schule war das noch überhaupt kein Thema. Nicht einmal in der Abiturklasse wurden wir auf so etwas Unwichtiges wie eine Berufswahl hingewiesen. Da war es allemal wichtiger, griechische Deklinationen zu lernen oder eine Interpretation zu einem Goethe-Gedicht zu verfassen.
Studiert haben wir dann etwas, wo wir glaubten, da ließe sich später Geld mit machen. Hauptsache, wir mussten noch nicht arbeiten. Aber wie läuft denn das heute ab mit der Berufswahl? Wo doch angeblich schon in der dritten Volksschulklasse der heiße Kampf um den Numerus Clausus beginnt und nur der versetzt wird, der dem Rektor morgentlich aus dem Mantel hilft.
Weil ich das ganz ohne Markus Lanz und Crew wissen wollte, ging ich direkt an die Basis. Ich fragte meine Nichte, bald 20 & Friends. Was wollte ihr denn mal werden?
Die eine antwortete, Modedesignerin. Der andere Fußballprofi. Als ich die angehende Vivian Westwood fragte, was sie denn schon geschneidert habe, kam die Antwort: Nichts. Sie könne noch nicht einmal nähen, geschweige denn mit der Nähmaschine umgehen. Auch Zeichnen sei nicht so ihr Ding, räumte sie freimütig ein. Und Ideen für Klamotten habe sie außer „cool muss es aussehen“ auch keine. Ihr Berufswunsch resultierte lediglich aus ihrer Vorliebe fürs Shoppen.
Auch der zukünftige Lukas Podolski spielte noch immer in der B-Klasse und dachte mit einmal Training die Woche, müsse sein Talent doch voll zur Entfaltung kommen, so dass er beim nächsten Brasilienurlaub als aufstrebendes Jahrhunderttalent aus Rio von der Scouting Abteilung des FC Bayern München entdeckt werden müsste. Ganz krass, Alder!
Die weiteren traurigen Details lasse ich jetzt hier mal weg. Klar wurde mir lediglich, dass durch den allgegenwärtigen Medienkonsum doch inzwischen die meisten Heranwachsenden glauben, Ausbildung, Bildung oder Können, Talent oder Begabung, Begeisterung oder Wille seien unwichtig. Wichtig sei, zur richtigen Zeit beim passenden Casting oder am richtigen Ort zu sein, um entweder von Dieter Bohlen zum Superstar aufgebaut, von Detlef D. zum Popstar gemobbt, von Karl Lagerfeld auf der Kö in Düsseldorf als künftige Muse entdeckt oder wenigstens von Boris B. oder wahlweise Flavio Briatore geschwängert zu werden.
Meine These wurde mit dem gerade vorüber gegangen Oktoberfest erhärtet. Die Münchner Boulevardpresse zelebriert während der Wiesn täglich, welche Leute derzeit hipp sind. Mangels wirklicher Prominenter werden - wie soll ich sagen? - Journalisten-Objekte aufgebaut, über die man schreiben kann und die sich willig im Vollrausch fotografieren lassen.
So ist z.B. ein Wiesnwirt ein mächtiger Prominenter. Früher hieß es einmal, wer nichts wird, wird Wirt. Doch heutzutage wird selbst der Kneipenbesitz gecastet, zudem ist er Herr über die Biertische und die bunten Einlassbandl. Damit entscheidet er, wer morgen in der Zeitung steht und nachlesen darf, wen er oder sie im Suff gebusselt hat.
Auch Fernsehköche sind sehr prominent. Und DJs, also Plattenaufleger. Ebenso gehören Türsteher zur Münchner High Society und natürlich Models. Die heißen entweder Sara oder Giulia und haben mal reich geheiratet oder wenigstens einen reichen Papa. Noch besser natürlich beides. Friseur heißt heute Stylist und ist natürlich auch berühmt. Im Hippodrom oder Käferzelt ist man sogar schon berühmt, wenn man nur drin sitzt. In ist, wer drin ist - oder zumindest Unternehmergattin ist. Und als Normalo rein kommt man nur, wenn man mal mit einem Prominenten liiert war. Wenn sich dann zwei Exen neu liieren, sind sie in der Verbindung gleich mega-hipp. Beliebt sind auch leicht verschwommene Berufsbilder wie Mediengestalter, Schmuckdesignerin, Moderatorin, Event-Manager oder Webdesign-Architekt. Wichtig ist, dass man gerade ein neues Projekt vorbereitet, über das man aber noch nicht reden darf. Meine Lieblingsberufe sind aber TV-Lady und It-Girl. Bei beiden weiß man zwar gleich überhaupt nicht, was das ist oder was die machen, aber es ist - ja, was? It, halt.
Hätte ich damals solche Vorgaben und Vorbilder für meinen zukünftigen Beruf gehabt,mein Gott, ich wäre heute Spielerfrau!
Samstag, 10. Oktober 2009
Markenbildung
Nach wie vor ist eine Marke Milliarden schwer. Warum ist das so? Weil wir Menschen faul sind. Wir lernen so lange, dass Papiertaschentücher Tempos heißen, Gummibären vom Hans Riegel in Bonn gemacht werden und Weißwürscht das 12-Uhr-Läuten nicht erleben dürfen, bis wir glauben, dass alle Kühe lila sind.
Haben wir diesen Aha-Effekt erst mal internalisiert, also verinnerlicht, läuft der gesamte Rest wie von den wahnsinnig cleveren Werbeagenturfuzzis vorgeplant, vollautomatisch ab. Weil ich Milch brauche, gehe ich in den nächsten Supermarkt. Dort werde ich zunächst rechts herum geführt, um meine normale Orientierung zu schwächen. Am Eingang suggeriert mir grünlila Licht in der Obst- und Gemüseabteilung frisch geerntetes Obst vom Bauern, gepaart mit dem Aroma frisch gebackener Semmeln, die Bäcker Müller aber leider nur in der Mikrowelle auftaut.
Aber das Ziel ist erreicht. Wie mit der Pawlowschen Klingel werden meine Appetit Rezeptoren angeregt und mein Reptiliengehirn auf Fressen programmiert. Ich schiebe den riesigen, noch leeren Einkaufswagen vor mir her und soll nur noch denken: Beute, Beute machen. Fülle dir diesen Jagdspieß mit köstlicher Beute. Du bist der große, weiße Jäger!
Listig werde ich über die „Frischfleisch“-Abteilung, deren rotes Licht frisches Blut vortäuscht an die Regale mit Rind, Schwein oder Pute geführt. Schade, jetzt hätte ich Hunger auf Mammut. Doch schon links herum im Süßigkeitengang lässt mich das Haribo-Programm zehn Tüten mit Gummibärchen einladen. Jetzt noch 20 Tafeln lila Kuh dazu und mein Jagdtrieb flaut erstmal wieder ab.
Warum bin ich hier? Wer bin ich? Und warum? Ah ja. Zwei Liter Milch brauche ich noch. Auch hier greift eine Konditionierung: Weil der Herr Müller seine Steuern in der Schweiz und Österreich hinterzieht und seine Joghurtbecher zuerst 2.000 km durch Europa kutschiert werden, darf ich von ihm nichts kaufen. Genauso wenig wie von Herrn Schell und Herrn Aral, weil die immer die Benzinpreise vor jedem Wochenende und Ferienbeginn prophylaktisch erhöhen. Dabei wollen sie doch nur von zu viel CO² abschrecken.
Aber wie komme ich jetzt auf den Supermarkt? Ich wollte doch etwas über Markenbildung erzählen? Gestern konnte ich nämlich nicht schnell genug weg zappen, weil ich links eine Tafel lila Kuh und rechts eine Tüte Hans-Riegels in den Händen hatte, fehlte mir der angestammte Platz für die Fernbedienung, die wichtigste Erfindung seit der Fußball-Bundesliga. Jedenfalls hörte ich eine fürchterliche Disharmonie, Jingle genannt, mit dem Slogan „Mein RTL!“ Und sofort danach kam ein Spot, also ein furchtbar langweiliger Reklamebrocken, der mit dem Ausruf endend frohlockte: „Mein Montana! Mehr Energie!“
Jetzt übertreiben sie aber, diese Neurobiologisch-Erkenntnis-psychologisch angehaucht Halbwissenden in den schicken Lofts der 20-jährigen Reklamehelden. Energie?! Da baut ihr keine Marke mit auf. Bei uns kommt der Strom noch immer aus der Steckdose. Egal, ob Angie & Guido die AKWs laufen lassen oder Claudia & Jürgen mit ihren Windrädchen spielen. Ihr glaubt doch nicht, dass ich sofort beim Montana-Spot ans Telefon eile und meinen Stromanbieter kündige. Ich weiß ja nicht einmal, wer das ist.
Und RTL? Ganz ehrlich? Was erwarte ich denn vom Fernsehen? Fußballübertragungen, Sportsendungen und Fußballübertragungen. Ab und zu etwas Politik fürs „Sich-Ärgern-Können“ und abends dann ein Quiz oder Michelle Hunziker. Nur, wer das sendet oder warum, das ist uns großen, weißen Jägern wirklich so vollkommen egal, dass ich dafür sogar meine GEZ-Gebühren zahlen würde
Sonntag, 13. September 2009
Glück
Ich versuche es mal anders. Glück scheint mir ein Gefühl zu sein, das sich
kurzfristig dann einstellt, wenn ich etwas geschafft habe. Stimmt das so
halbwegs? Ist Glück ein Gefühl? So wie Liebe, Zahnweh oder Appetit?
Ist Glück wirklich „kurzfristig“? Gibt es also kein ewig währendes Glück? Stellt sich Glück wirklich ein? Liegt es also ein außerhalb meiner persönlichen Einflussspähre? Muss man diese Wörter jetzt wirklich mit drei „s“ schreiben?
Und stellt sich Glück nur dann ein, wenn ich etwas geschafft habe? Was bedeutet, ich muss etwas getan, verändert, bewegt, gedacht, eine Aktion gestartet haben.
Bisher würde ich immer noch zustimmen. Gefühl? Ja. Kurz? Sicher. Nicht beeinflussbar? Nicht direkt. Zielerreichung? Sieht so aus.
Und zu guter Letzt fällt mir jetzt noch ein Merkmal ein, das Glück zu charakterisieren scheint: Es ist eine Relation, ein Vergleich nötig. Oder anders gefragt, gibt es absolutes Glück? Ich vermute mal nicht.
Also gilt diese These mal vorerst. Wenn das alles so ist, ist es dann stimmig, diesem „Glück“ so nachzujagen wie es oft geschieht? Einem Wild nach zu stellen, das ich nicht sehen, fangen oder halten kann? Oder dessen absolute Existenz mindestens fraglich scheint? Aus Verstandessicht vermutlich nicht. Aber nachdem es offensichtlich aus der Gefühlswelt stammt, lässt sich dann dieses Streben nach Glück überhaupt steuern?
Ich denke, ja. Wenn man sich dies alles nämlich klar macht, dann wird man feststellen, dass es oft gar nicht um Glück geht, sondern oft um ganz profane Dinge wie Besitz, Vorstellungen oder Erwartungen. Wenn ich erst mal in meinem eigenen Haus lebe, ja dann werde ich glücklich. Wenn ich erst 20 Kilo abgenommen habe, ja dann.. Wenn ich….
Was passiert aber in Wirklichkeit? Lebe ich in meinem eigenen Haus, dann möchte ich noch den Swimming Pool dazu. Wenn ich 20 Kilo abgenommen habe, hätte ich auch gern eine bessere Kondition, eine straffere Haut oder erstmal eine komplett neue Garderobe. Steigt mit jeder Wunscherfüllung nicht automatisch ein neuer Wunsch in meinen Erwartungshorizont und verhindert dort nachhaltig das Glücklichsein?
Knüpfe ich meine Vorstellung von Glück an künftige Erwartungen, verhindere ich Glück. Will ich einen Zustand schaffen, in dem mich das Glück treffen kann, sollte ich also weder Erwartungen haben, noch mich mit etwas oder jemanden messen. Oder wie es Ringelnatz formulierte: „Reich willst du werden? Warum bist du’s nicht?“ Das, meine ich, gilt auch fürs Glück.
Samstag, 15. August 2009
Suggestivfragen
Mal 'ne Frage: Wollen Sie das? Wollen Sie das wirklich?
Natürlich nicht- Das war ja jetzt suggestiv!
Aber sind Sie nicht auch der Meinung, dass das nicht so schlimm war?
Nee- das war jetzt auch suggestiv!
Was wollen Sie dann eigentlich wirlich? Mehr Sex?
Ja, klar!
Aber suggestiv war das auch.
Montag, 3. August 2009
Benny & Kenny
Diese unglaublich zähe Zeit, leere Wochenenden und traurige Abende gehen zu Ende. Das Leben hat wieder Sinn, Struktur und Spannung. Auch wenn manche Nichtbajuwaren glauben, die Hauptstadt von Bayern hieße Hofbräuhaus und der Präsident Franz Beckenbauer. Wo doch jeder weiß, die Hauptstadt ist die Allianzarena.
Doch genauso wie das Oktoberfest überwiegend im September stattfindet, genauso keimt im Schatten der Säbenerstraße jedes Jahr wieder ein zartes Pflänzchen Hoffnung, das da lautet: Stark wie noch nie! Der Never-Come-Back-Song des TSV 1860 München.
Während die Bayern Münchnerischen Hoeneßiannas "Forever Number One" grölen und sich lediglich fragen, an welchem Spieltag die nächste Meisterschaft fest steht, hoffen die Blauen von der Grünwalderstraße, die wegen einer früheren Großtat aus dem Mittelalter (1966/67) von Insidern "Löwen" genannt werden, sie wären dieses Jahr endlich so weit, die Schmach der fußballerischen Bedeutungslosigkeit zu verlassen.
Letztes Jahr hätten sie es auch fast geschafft, nämlich den Abstieg aus dieser Bedeutungslosigkeit in die Ebene der Hobbykicker und Beinausreißer, hätte nicht einer der letzten Altlöwen, der leise Benny nämlich, Tor um Tor geschossen und den Supergau gerade so verhindert.
Doch irgendwie könnte es was werden diese Saison. Da haben sich doch die beiden um die Macht im Verein streitenden Fanlager "Weißbierstadl Werinherstraße" und "ARGE Augustinus" bei einem gemeinsamen 4-Promille-Gespräch versöhnt, das ahnungslose Präsidium verzichtet plötzlich auf Ich-will-auch-mal-ins-Fernsehen-Interviews und die Geschäftsführung führt nur noch die Geschäfte. Zusätzlich wurden ein Trainer und ein Manager geholt, die etwas vom Fußball verstehen und das auch ausführen dürfen.
Doch das Wichtigste zum Schluss. Es soll ein amerikanische Stürmer verpflichtet werden, der nicht von Klinsmann jeden Tag besser gemacht wurde und Cooper, Kenny heißt. Richtig! Kenny! Wer ahnt, welch magische Macht von den richtigen Slogans ausgeht, weiß was das bedeutet: Kenny & Benny!
Alleine diese Schlagzeile entwickelt solch eine Eigendynamik, das der Aufstieg in die Bundesliga quasi im Mediensog gelingen wird. Und sollte es wider Erwarten wieder nicht klappen, bleibt ja immer noch der Gang zur Super-Nanny.
Sonntag, 2. August 2009
Benny & Kenny
Diese unglaublich zähe Zeit, leere Wochenenden und traurige Abende gehen zu Ende. Das Leben hat wieder Sinn, Struktur und Spannung. Auch wenn manche Nichtbajuwaren glauben, die Hauptstadt von Bayern hieße Hofbräuhaus und der Präsident Franz Beckenbauer. Wo doch jeder weiß, die Hauptstadt ist die Allianzarena.
Doch genauso wie das Oktoberfest überwiegend im September stattfindet, genauso keimt im Schatten der Säbenerstraße jedes Jahr wieder ein zartes Pflänzchen Hoffnung, das da lautet: Stark wie noch nie! Der Never-Come-Back-Song des TSV 1860 München.
Während die Bayern Münchnerischen Hoeneßiannas "Forever Number One" grölen und sich lediglich fragen, an welchem Spieltag die nächste Meisterschaft fest steht, hoffen die Blauen von der Grünwalderstraße, die wegen einer früheren Großtat aus dem Mittelalter (1966/67) von Insidern "Löwen" genannt werden, sie wären dieses Jahr endlich so weit, die Schmach der fußballerischen Bedeutungslosigkeit zu verlassen.
Letztes Jahr hätten sie es auch fast geschafft, nämlich den Abstieg aus dieser Bedeutungslosigkeit in die Ebene der Hobbykicker und Beinausreißer, hätte nicht einer der letzten Altlöwen, der leise Benny nämlich, Tor um Tor geschossen und den Supergau gerade so verhindert.
Doch irgendwie könnte es was werden diese Saison. Da haben sich doch die beiden um die Macht im Verein streitenden Fanlager "Weißbierstadl Werinherstraße" und "ARGE Augustinus" bei einem gemeinsamen 4-Promille-Gespräch versöhnt, das ahnungslose Präsidium verzichtet plötzlich auf Ich-will-auch-mal-ins-Fernsehen-Interviews und die Geschäftsführung führt nur noch die Geschäfte. Zusätzlich wurden ein Trainer und ein Manager geholt, die etwas vom Fußball verstehen und das auch ausführen dürfen.
Doch das Wichtigste zum Schluss. Es soll ein amerikanische Stürmer verpflichtet werden, der nicht von Klinsmann jeden Tag besser gemacht wurde und Cooper, Kenny heißt. Richtig! Kenny! Wer ahnt, welch magische Macht von den richtigen Slogans ausgeht, weiß was das bedeutet: Kenny & Benny!
Alleine diese Schlagzeile entwickelt solch eine Eigendynamik, das der Aufstieg in die Bundesliga quasi im Mediengewitter gelingen wird. Und sollte es wider Erwarten wieder nicht klappen, bleibt ja immer noch der Gang zur Super-Nanny.
Donnerstag, 23. Juli 2009
Neukundengewinnung
Auf der anderen Seite die Akquisiteure, die darauf verweisen, dass ihre Arbeit viel wert ist. Alleine drei Stunden am Stück Leute anzurufen ist schon eine Riesenleistung. Natürlich können sie auch nicht das unternehmerische Risiko des beauftragenden Unternehmens übernehmen. Außerdem trägt sich die Leistung quasi von selbst - jetzt oder später.
Und so weiter und wieder zurück. Haben beide Seiten Recht? Egal!
Was also tun? Gehen wir mal davon aus, dass es sich im Normalfall nicht um ein System relevantes Unternehmen handelt und gleich Angie mit den Milliarden und der Aufsichtsrat mit dem goldenen Millionenhandschlag um die Ecke kommen. Mein erster Vorschlag wäre: Zusperren! Aufhören! Wenn du als Unternehmer nicht genügend neue Kunden gewinnen kannst, lass es.
Oder du hast es finanziell im Kreuz, dass du dir Leute leisten kannst, die du dafür einstellst und bezahlst. Meinetwegen auch Externe. Oder du hast ein so gutes Konzept und so viel Charisma, dass du Leute findest, die für dich akquirieren mit dem Versprechen auf künftige Gewinne. Oder du hast ein so tolles Produkt, eine so überzeugende Dienstleistung, dass sich die Kunden quasi von selbst einstellen, wenn es dir gelingt, dich nur erst regional (oder webinal) ins Gespräch zu bringen.
Vielleicht könnten sich auch diejenigen zusammentun, die zu wenig Kunden haben und Reih um für die anderen akquirieren, analog der Erkenntnis, dass es um vieles einfacher ist, für jemand anderen zu werben. Im Prinzip eine Genossenschaft dem Gedanken nach.
Dann kannst du noch laut "!Tschakka" rufen und hoffen, dass dir genügend Gutgläubige ihr Erspartes geben. Oder du machst es wie die meisten. Du fängst einfach an, gehst deinen Weg und lebst solange von der Hand in den Mund, bis du es geschafft hast. Weil du gut bist, weil du überzeugt bist, weil du Durchhaltevermögen hast, weil du einfach schon lange da bist.
Im Idealfall kommt alles zusammen. Du machst dich mit einem tollen Produkt und einer überzeugenden Dienstleistung selbstständig, hast genügend Erspartes, um dir genügend Unterstützung zu besorgen, hast Charisma, ein glückliches Händchen und bist absolut magnetisch für Geschäftspartner und Kunden. Da brauchst du nicht einmal einen Elevator Pitch. Auf gut Deutsch: Machen Sie es einfach so wie ich!
Freitag, 17. Juli 2009
Zielgruppe 50 plus
Jetzt schauen wir uns also mal diejenigen an, die für die bunte Fernsehwelt unrelevant sind, die aber zunehmend immer mehr von der Industrie als solvente Käuferschicht entdeckt werden. Dumm nur, dass man sie nicht so ansprechen kann. Wer ist schon gern 50 plus, Silver Server oder Generation Ginseng?
Wäre David Copperfield froh über einen Seniorenteller im Beverly Wilshire? Würde sich Franz Beckenbauer über eine Rentnerermäßigung in der Sauna des Sporthotels "Wilder Kaiser" freuen? Oder habe ich mich bedankt, als eine meiner Versicherungen mir eine Sterbeversicherungspolice zusandte?
Die Banker haben für diese Kunden intern die Bezeichnung AB-Kunden. Alt und blöd. Leider lassen sich inzwischen selbst an die UHUs kaum noch Lehmann Derivate mit doppeltem Zero Bond verkaufen. UHUs sind die "unter 100", die mir immer meine Sterbeversicherung wegkaufen.
Die Herausforderung besteht ja darin, Produkte für eine Zielgrupe zu entwickeln, die diese weder sein will noch haben wollen.
Oder sind Sie scharf auf einen Badewannenlift, Inkontinenzeinlagen, Haftcreme für die Dritten oder eine Behinderten gerechte Weltreise auf dem Traumdampfer "Zur heiligen Maria", wo die jüngste Animateurin aussieht wie Inge Meysel selig?
Super gelöst haben dieses Problem die Autohersteller der Arthritiskutschen. Das sind diese vielen hüfthohen Karossen über zwei Tonnen, die für die Generation "Sieht nix, hört nix und kann sich kaum noch bewegen" gebaut wurden. Der Einstieg ist so hoch, dass selbst Luis Trenker in der Endphase noch ohne Seilmannschaft hinein oder hinaus geklettert wäre. Die Werbung gab diesen Opa-Schaukeln das Image des sportlichen Geländewagens mit dem Hauch von Weite und Marlboro-Country, das inzwischen auch immer mehr Möchtegern-Cowboys mit einem Großstadt-Rodeo verwechseln.
Aber das ist der Weg! Wenn ihr Kunden für etwas gewinnen wollt, das diese gar nicht haben wollen, müsst ihr euer Produkt tarnen (X8iiS), die Realität verschleiern (Hypo Real Estate Original Texas Immobilien Package mit AAA Rating) oder sie gleich anlügen (Die Mehrwertsteuer wird nicht erhöht!). Warum schreibe ich das eigentlich?
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