Montag, 23. April 2007
Frankfurt ist keine Reise wert
Einen Teil meiner Kindheit habe ich am Taunus verbracht. Es ist der schönste Teil meiner Kindheit. Aber in sicherer Entfernung von Frankfurt. Eine Stadt, bei der die Gegensätze so nah beieinander liegen, dass einem offensichtlich klar wird, dass dies keine Gegensätze sind. Man muss schon aus einem besonderen Gas geformt sein, um in der unmittelbaren Nähe von Frankfurt-Höchst seinen Lebensmittelpunkt zu bestreiten. Und Apfelwein als sein Lieblingsgetränk zu bewerten. Zudem sich in einer Sprache zu unterhalten, die daraus besteht, dass man einfach alle Endungen weglässt. Kann man das überhaupt als Dialekt bezeichnen, oder sollte man das mehr als Sprachfehler sehen? Frankfurt hat meinen Bruder geschluckt. Und er hat es gut gemeint mit der Stadt, aber sie nicht mit ihm. Mein Vorurteile und negativen Urteile über Frankfurt sind sehr lang und gehen sehr tief. Wenn ich nicht unbedingt muss, dann meide ich diese Stadt.
Aber manchmal kommt es eben anders, als man will. So musste ich vor nicht all zu langer Zeit nach Frankfurt. Meine Versuche, nach Wiesbaden auszuweichen, scheiterten am Veto anderer. Somit landeten wir in Höchst. In der ersten Nacht wurden wir durch einen Giftgasalarm aus den Betten gerissen. Ein Feuer ist in einer Chemiefabrik ausgebrochen. Wir sollten vorsichtshalber die Fenster schließen. In unmittelbarer Nähe begannen schon die Vorbereitungen zur Evakuierung. Aber man konnte die Gefahr noch in den Griff bekommen und Herr der Lage werden. Wäre auch schon übel gewesen, wenn meine Mutter in ein und derselben Stadt zwei Söhne verlieren müsste.
Am dritte Tag wurde ins Auto eingebrochen. Beschaffungskriminalität. "Das passiert hier öfters", bekamen wir dann zu hören. Das hätten die mir nicht sagen müssen. Mein Weg nach Frankfurt dauerte mit dem Auto fast 6 Stunden. Zurück bin ich mit dem Auto in 3 Stunden 40 geflohen. Auch das ist ein Zeichen meiner Liebe zu Frankfurt. Aber man muss ja nicht jeden und alles in sein Herz schließen. Es ist auch in Ordnung, wenn man einiges aus dem Herzen verbannt. Denke ich. Jedenfalls habe ich immer ein ungutes Gefühl, wenn es um Frankfurt geht. Tut mir echt leid, Frankfurt, aber Du hast deine Chance gehabt. Wir werden nie Freunde. Und ich nie Ehrenbürger deiner Stadt. Aber ich denke, damit können wir beide leben. Aber meine Befürchtung, dass dein Hunger, Leben zu zerstören, unersättlich ist, ist mir dann doch zu groß. Und ausprobieren will ich es auch nicht.
Donnerstag, 19. April 2007
Jeder mit seinen Mitteln
Alle schütteln verwundert den Kopf, wenn nach außen dringt, was drinnen wirklich abgeht. Dabei möchte ich mal eine Lanze für die brechen, die sich einiger Praktiken bedienen, die einer ganze Republik übel aufstoßen. Zum einen schaut dieselbe Republik auf jeden Medaillenspiegel, aber Doping ist eine Todsünde? Beim internationalen Fußball geht es bei einigen Vereinen offensichtlich mit unlauterem Wettbewerb zu und trotzdem wird man national daran gemessen. Unter dem ständig steigenden Druck immer höher, weiter, breiter, größer, mehr zu erzielen, gehen jedem normalen Mensch schon mal die Mittel aus. Aber hinterherschauen will man auch nicht. Und Jahrhundertalente wachsen nicht an Bäumen. Somit ist der Versuchung, sich unlauterer Mittel zu bedienen, Tür und Tor geöffnet. Und es geht noch weiter, es gilt innerhalb dieser Kreise als völlig normal. Die Frage beim Doping ist nur, wie intelligent ist die Gestaltung, dass niemand dahinter kommt.
Ich möchte mal sehen, was passieren würde, wenn die deutschen Vereins-Fußballmannschaften so lange nicht mehr an Turnieren teilnehmen, bis die betriebswirtschaftlichen Regeln für alle dieselben sind. Oder aus den Börsen dieser Welt sich alle deutschen Konzerne verabschieden, bis auch da für alle Unternehmen dieselben Gesetzmäßigkeiten gelten. Denn in anderen Ländern, so wie auch bei uns, wird der Leistungssport sicherlich ebenso unterstützt, wie die großen Konzerne. Die sogenannten Aushängeschilder. Und wer da die Nase vorne haben will, der muss zu allen Mitteln greifen, die ihm diesen Vorsprung verschaffen. Nur erwischen lassen darf man sich dabei nicht. Das darf um Gottes Willen nicht passieren. Das schlägt schwer in das Kontor des Vertrauens ein.
Aber was soll man machen? Wir können uns die Situationen nicht vorstellen. Da kaufen ständig Konzerne andere. So muss man darauf achten, nicht plötzlich gekauft worden zu sein. Die Börse will immer Spitzenwerte. Sonst wird man empfindlich abgestraft. Somit müssen gute Nachrichten produziert werden und das jedes Quartal. Und dann auch noch der politische und gesellschaftliche Druck. Die einen drängen einen dazu, immer mehr Personal einzustellen. Der Wettbewerb baut aber schadlos und unbeobachtet von der Öffentlichkeit Arbeitsplätz ab. Dann sollen natürlich historische Investitionen am Standort Deutschland getätigt werden. Der Wettbewerb hat längst die Landesgrenzen verlassen und kann andersorten noch besser wirtschaften. Somit geht der Druck, die Erwartung völlig an der Realität vorbei. Weil die Spielregeln völlig aufgeweicht sind. Keiner hält sich mehr dran und wir sollen päpstlicher sein als der Papst, aber ohne unangenehme Nebenwirkungen. Das nennt man, glaub ich, Doppelmoral.
Nicht, dass ich nicht diese Praktiken verachte und verurteile, aber was hilft das? Wenn die Ziele falsch sind, die diese Menschen erzielen sollen. Und die Spielregeln alles andere als sinnvoll sind. Dann kommt das raus, was wir jetzt entsetzt betrachten. Da wird der Krieg gegen die Drogenkartelle eröffnet und was passiert? Den ärmsten Bauern wird die Lebensgrundlage genommen. Und mal ehrlich, wer kauft denn die Drogen? Und so geht es weiter und weiter, tiefer und tiefer in den Schlamassel der falschen Ziele hinein. Dabei müsste man nur die Ziele ändern und die Spielregeln für alle festzurren. Dann würde wir viel mehr mit dem Kopf nicken als schütteln. Aber wem sag ich das?
Mittwoch, 18. April 2007
Eine gigantische Vorwurfsmaschine
Ein nicht geringer Teil oder Anteil bzw. eventuell ein Großteil der geschäftlichen und manchmal auch der privaten zwischenmenschlichen, aber auch immer wieder an ganz und gar nicht menschliche Aspekte, wie Geräte oder Umstände aller Art gerichtete Kommunikation besteht ausschließlich aus Vorwürfen.
Man kann sagen, eine regelrechte, von gigantischem Ausmaß, ständige wachsende Vorwurfsmaschine rollt über uns hinweg. Und reißt uns alle mit. Wer ohne Vorwürfe ist, möge mit dem ersten Kommentar nach mir schmeißen. Eigentlich hat man das Gefühl, dass nichts richtig ist. Dass man es den Menschen aber auch gar nicht Recht machen kann. Egal, was man macht, sagt oder behauptet, zurück bekommt man mit absoluter und großer wahrscheinlichen Sicherheit einen Vorwurf.
Den man dann schon fast erwartet hat. Diesen schmettert man dann gekonnt zurück. Entweder mit einen noch größeren Vorwurf, oder in dem man den ankommenden Vorwurf barsch mit voller Wucht zurückkatapultiert. Das geht dann so eine Weile hin und her, her und hin. Bis man meist völlig vergessen hat, was eigentlich der Auslöser war, oder was vor dem Vorwurf stand .
Einen Vorwurf anzunehmen, heißt zugleich auch die Schuld auf sich zu nehmen. Welche, das bleibt oft unerkannt und im Dunkeln. Aber irgendetwas ist immer dran an so einem Vorwurf. Das ist wie Nudeln mit Tomatensoße essen und dabei ein weißes Hemd tragen. Da findet sich schon ein klitzekleiner roter Klecks.
Das Austauschen von Vorwürfen ist zu einer regelrechten Hoch-Un-Kultur aufgestiegen. Es gibt ganze Institutionen, die den lieben langen Tag nichts anderes machen, als anderen Vorwürfe zu machen. Und auf Vorwürfe mit modernsten Mitteln und Formulierungen zu reagieren. Es gibt eine regelrechte Vorwurfsindustrie, die von den täglichen, stündlichen, ach, was schreibe ich, von den minutigen Vorwürfen lebt.
Der Vorwurf hat, wie die Bedenken, den großen Vorteil, dass dieser aus der Luft gegriffen sein kann, darf und muss. Umso haltloser und unverfrorener der Vorwurf, umso bestechender seine Wirkung. Vorwürfe entstehen wie Gremlins, man muss nur einen gießen, dann entstehen aus dem Vorwurf viele neue wunderbare Vorwürfe.
Ruft man jemanden an, was hört man zuerst? Einen Vorwurf! Öffnet man einen Brief, oder lässt den Blick über eine Mail schweifen, was kann das Auge zuerst erkennen? Einen Vorwurf! Egal, wohin man sieht, wohin man hört oder wo man ist, was einem todsicher in rauhen Mengen immer begegnet, sind Vorwürfe.
Man stelle sich mal vor, man würde das 6. Gebot "Du sollst nicht töten" umformulieren in "Du sollt keine Vorwürfe machen, anderen nicht und dir selbst auch nicht." Denn das mit dem Töten, mal ehrlich, das schaue ich mir jetzt seit über 2000 Jahren an, dass klappt nicht. Obwohl man auch das mit dem Stehlen, oder Begehren austauschen könnte. Obwohl, eine vorwurfsfreie Welt ist ebenso undenkbar wie eine ohne Töten, somit könnte man es als 11. Gebot einfügen, aber vor "Du sollst nicht töten", also als neue Nummer 6 der Gebote, töten fällt dann auf Platz 7 zurück. Und insgesamt gibt es dann eben 11. Wie beim Werbegott, der hat doch auch 10 + 1 Gebote. Als ob er es gewusst hätte.
Mein Appell, mein Gebot der Zeit, mein Aufruf: Die absolut vorwurfsfreie Kommunikation allen und allem gegenüber. Geldstrafe gegen Vorwürfe verhängen. Einen Vorwurfskatalog erstellen, der alle Vorwürfe umfasst, die unter Geldstrafe stehen. Die erste vorwurfsfreie Gesellschaft werden. Was für eine brilliante Idee. Denkt mal darüber nach.
Dienstag, 17. April 2007
Man müsste mal
Man hätte wissen können. Man sollte einfach. Kann jemand nicht mal? Man hat einfach nicht bedacht. Der dritte "Man", in der dritten Person. Da sitzen sie alle zusammen. Alle. Aber nur einer ist immer für alles verantwortlich. Nur einem kann man alles immer in die Schuhe schieben. Nur einer ist immer dran, Schuld und verantwortlich. Der unbekannte "man". Aber "man" ist nicht alleine, er hat einen Mitwisser, Mitmacher mit dem seltsamen Namen "Jemand". Jemand müsste da mal anrufen. Oder jemand sollte das mal runtertragen. Jemand hat dies oder das genommen. Also, dieser "Jemand" kann ganz schön einstecken. Was der alles getan und verbockt hat, geht auf keine Kuhhaut.
Wir stehlen uns aus der Verantwortung und der Pflicht und wir entziehen uns dem Handeln, was dem Denken auf dem Fuße folgen sollten, wenn wir alles an Menschen deligieren, die noch nie jemand gesehen hat. Die keiner kennt. Vor allem machen die das alles, ohne einen Cent dafür zu bekommen. Sind nie krank und nie im Urlaub. Diese beiden unverwüstlichen Wegstecker kann man zwar immer und immer wieder ans Kreuz nageln, aber passieren wird doch nichts. Deshalb mein Tipp: Schmeißen Sie "Man" und " Jemand" sofort fristlos raus. Stellen sie die beiden umgehend frei. Und ersetzen diese durch "Ich" und "Du" bzw. "Sie/ Ihr". Sie werden sehen, es passieren Zeiten und Wunder, was dann alles plötzlich geht.
Mittwoch, 11. April 2007
Das haben wir nun davon - Angsthasenland
Seit über 2000 Jahren wird das Individuum Mensch in Mitteleuropa auf Angst programmiert. Keine Zeitschrift, keine Nachrichtensendung schürt nicht neue Ängste. Von allen Seiten werden neue Fronten der Angst eröffnet. Es werden sogar Ängste erfunden, um die Lenkungsfunktion der Massen weiter im Griff zu haben. Fällt ein Kind in den Pool und ertrinkt, dann wird jede Pfütze zum Todesbringer. Krankheiten werden erfunden. Angstmelder, wohin man sieht. Mit der Angst ist eben am besten Geld zu machen.
Die Kirche hat dieses Prinzip 2000 Jahre sehr erfolgreich in Szene gesetzt. Die Politik hat sich ebenso daran gehalten. Warum soll dieses beste aller Erfolgsrezepte vor der Wirtschaft halt machen? Somit wird nie eine Tagesschau mit 35 Neugeborenen in Berlin beginnen und den glücklichen Eltern, sondern immer mit 5 Toten am anderen Ende der Welt. Sogar im Radio wird jede Gerichtsverhandlung eines Kinderschänders bis in Detail live vor Ort erörtert.
Angst hat keine Grenzen. Und wenn, dann wird man auch diese einreißen. Wie haben Angst vor allem, was uns umgibt. Alles kann unser Leben negativ beeinflussen. Bis hin zu beenden. Die Gasheizung? Das Auto? Die Medikamente? Der Alkohol? Das Essen? Die Arbeit? Das Flugzeug? Der Strom? Sogar herabstürzende Äste können uns gefärden. Wir sind umgeben von Gefahrenquellen. Wir sind alle in Gefahr. In Lebensgefahr. Und für die gibt es unendlich viele Produkte und Dienstleistungen. Nicht, um die Ängste zu bewältigen, nein, um sie zu nähren.
Erst der Anblick von 25 Rauchmeldern macht uns klar, dass wir in Lebensgefahr sind. Erst die ganzen Videoüberwachungskameras, die uns auf Schritt und Tritt begleiten, machen uns klar, dass wir gerade noch mal davon gekommen sind. Der Check-In macht jeden Flug zum Todesflug, den wir um Haaresbreite gerade noch überlebt haben. Ängste, wohin man tritt und wohin man blickt.
Wer sich diesen Ängsten entzieht, lebt nicht in der Realität. Wird selbst zur Gefahr für andere. Nur wer alle Ängste kontrolliert, hat die Chance, ein voll akzeptiertes Mitglied unserer Gesellschaft zu sein. Man stelle sich mal vor: Ein Auto aus den 60ern, ohne jegliche Sicherheitsmerkmale. Ein Bauernhaus ohne jeglichen Brandschutz. Keine Angst, den Job zu verlieren. Keine Angst vor Krankheiten. Keine einzige Versicherung. Keine FI-Schalter im Haus. Keine Sicherheitsschlösser. Alle Attribute der Angst einfach zu übergehen und zu übersehen. Diese Menschen sind doch in großer Gefahr. Und eine große Gefahr.
Ich denke, diese ganze Konditionierung und Programmierungen der Massen von Ängsten hat aus uns ein Heer von Angsthasen gemacht. Wir zittern schon, wenn der Wind stärker wird. Wenn der Regen stärker wird. Wenn ein Gewitter aufzieht. Wenn es zu schneien beginnt. Wie haben Ängste beigebracht bekommen, von denen wir noch gar nicht wissen, ob die Gefahr überhaupt existiert. Wie schauen wir auf Nahrungsmittel? Wie auf unsere Mitmenschen? In allem steckt die Gefahr und aus der lässt sich ein Produkt oder eine Dienstleistung ableiten.
Angst fressen Seele auf. Werden wir zu einem Volk ohne Seele? Und wie sehr sind wir auf Dauer Völkern unterlegen, die diese Ängste nicht haben? Und vor allem, was ist das für eine Lebensqualität, wenn man eigentlich ständig mit Ängsten umgehen muss? Das Schlimmste an diesen instrumentalisierten Ängsten ist, dass wir das Gefühl für die echten Gefahren verloren haben. Und dass die Instrumente gegen die instrumentalisierten Ängste stumpf und sinnlos sind.
Dienstag, 10. April 2007
Die teure Überheblichkeit
Es ist eine Unart in unserer Gesellschaft, dass derjenige, der zahlt, oder sich in der überlegeneren Position glaubt, meint, auch über ein besseres Wissen zu verfügen. So kommen Privatpatienten in Krankenhäuser gestürmt, mit 20 Seiten Ausdrucken aus dem Internet, und unterweisen den Arzt mit ihrem Halbwissen. Kennen ist eben nicht können.
Aber das ist den Mensch völlig egal. Die Kompetenz, die sich Menschen angeeignet haben, wird einfach übergangen. Man selbst weiß eben alles besser. Wie demütigend muss das auf die Wissenden wirken. Warum über Jahre einen Erfahrungsschatz anhäufen, wenn man den Deckel getrost zulassen kann? Anmaßend ist das. Und vor allem respektlos. Da spielen sich Menschen als alles mögliche auf, als Arzt, Architekt, Anwalt, Therapeut, Fotograf, Texter uns so weiter. Andere haben, um diesen Titel würdig vertreten zu können, Jahre ihres Leben investiert. Mit dem Ergebnis, dass der Markt mit Halbwissen, Geschmacklosigkeit und Unvernunft überhäuft wird.
Einbildung ist zur höchsten Form der Bildung aufgestiegen. Wer es sich leisten kann und/oder die entsprechende Position inne hat, glaubt, alles zu können. Obwohl er im großen und ganzen nur einen winzigen Ausschnitt kennt. Das sind Entscheidungen auf niedrigstem Niveau. Das sind alles Entscheidungen, die uns teuer zu stehen kommen. Woher soll er nur kommen, der Respekt vor der Leistung anderer? Woher nur?
Montag, 2. April 2007
Jeder ist sich der Wichtigste
Man kann es keinem wirklich verübeln, dass er sich selbst als ziemlich wichtig ansieht. Allein für das Selbstwertgefühl ist das nur allzu verständlich. Wann darf und kommt man denn auch mal ausgiebig dazu, anderen Menschen zu veranschaulichen, wie wichtig diese Person vor ihnen ist? Zu selten. Aber wenn alle wirklich den Größten haben, dann geht diese Theorie schon physikalisch um Längen voll in die Hose. Denn die Ausmaße sind zwar unterschiedlich, aber doch in einem Rahmen begrenzt. Somit irritiert schon, dass viele einem nur klar machen wollen, wie viel wichtiger sie unter den Wichtigen sind. Also, am wichtigsten. Somit ist auch jedes Anliegen dieser Personen absolut vorrangig und natürlich immer am allerwichtigsten. Schon Franz Josef Strauß stellte deshalb fest: "Man kann mich doch nicht wie eine Marktfrau behandeln!" Oder der kleine Rummenigge stellte vor Jahren ebenso überzeugend fest, dass man ihn doch nicht mit einem einfachen Handwerker vergleichen könnte. In der Formulierungs- und Ausgestaltungskunst dieser obersten Wichtigkeit entgeht diesen Menschen nur völlig, was wirklich wichtig ist. Sie leben in einer anderen, nur der eigenen Welt. In der alles andere, außer man selbst, als unwichtig eingestuft werden muss. Wie soll man sonst den Überblick behalten? Somit hat man sich alle schlechten Angewohnheiten angelernt, den wichtigen Unterschied zwischen wichtig und wichtiger deutlich rüberzubringen. Bei genauer Betrachtung denke ich mir, was man mit der ganzen Energie erreichen könnte, wenn sich alle nicht so wichtig nehmen würden. Aber diese Theorie behalte ich besser für mich, nicht das sich ein Wichtigerer noch auf den Schlips getreten fühlt. Das war sicher nicht meine Absicht. Ganz und gar nicht.
Freitag, 16. März 2007
Abschaffung der Präsenzkultur
Die Präsenzkultur ist ein Überbleibsel der Wohlstandswirtschaft der Vergangenheit. In der Unternehmen sich vor allem über die große Mitarbeiterzahl positionierten. Und nicht zu vergessen: über den Umsatz. Da möglichst viele Mitarbeiter für die Selbstdarstellung gut waren, wurden oft auch viel zu viele eingestellt. Man konnte sich das leisten. Daraus resultiert diese Präsenzkultur. Man sollte am besten der Erste sein, der morgens kommt, und der Letzte, der abends geht. Man versucht, an allen Meeting teilzunehmen. Und auch sonst an allem, um über die Darbietung der eigenen Präsenz Wichtigkeit zu dokumentieren. Am besten, man fährt gar nicht in Urlaub. Schleppt sich krank ins Büro. Diese Präsenzkultur trieb dann ihre ganz eigenen Stilblüten. Das Problem an dieser Überflusskultur ist, dass man sie nur schwer wieder los wird. Und dass sie unglaublich viel Zeit, Produktivität und Geld kostet. Aber lösen können sich viele nur schwer davon. Somit ist diese unsägliche Präsenzkultur auch ein Problem für Familien. Die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit scheitert vor allem daran, dass die Zeit sinnlos für Präsenz vergeudet werden muss. Dabei könnte man vieles in wesentlich weniger Zeit erledigen. Wenn alle mitspielen würden. Aber das tun sie nicht. Weil somit sich auch viele ihre Daseinsberechtigung nehmen. Da sitzen Menschen in Büros, weil es eine mögliche Wahrscheinlichkeit gibt, dass ein Kunden anruft. Anstatt mit dem Kunden feste Termine zu vereinbaren. Da kommen Menschen ins Büro für ein Meeting von 10.30 Uhr bis 12.00 Uhr. Den Rest hätten sie was anderes tun können. Mit Blick auf materielle und emotionale Werte scheint hier ein kostbarer Schatz vergraben zu sein. Den es zu heben gilt. Denn wenn Unternehmen schon nicht mehr Gekd zahlen können, sondern eigentlich das Gegenteil fordern, warum beseitigt man dann nicht diese Präsenzkultur der Vergangenheit und gibt den Menschen einen anderen Wert: Lebenzeit. Das wird sich sicher positiv auf die Arbeitsqualität auswirken. Denn dieses Absitzen und Vergeuden von Zeit wird zunehmend zu einem Problem. Der Mensch muss sich nämlich bei steigenden Anforderungen um andere und wesentliche Dinge kümmern. Die Gesundheit, die Familie und die Zufriedenheit. Alles Faktoren, die durch die Präsenzkultur in der Wirtschaft immer weiter in Schieflage geraten. Wann soll man das denn noch machen?
Montag, 12. März 2007
Design fucks function
Es ist schon Jahre her, dass ich eine folgenschwere Entscheidung leichtsinnig mitgetragen habe, die mich noch immer und bis auf weiteres an die Tragweite erinnert. Und zwar täglich. Es geht um das Ceranfeld mit Touchscreen. Das heißt, nach Drehelementen zum An- und Ausmachen, die man anpacken kann und in die gewünchte Richtung einfach hin und her dreht, sucht man an diesem Ceranfeld mit Touchscreen lange. Diese Technik war damals ganz neu und in aller Munde. Das musste man haben. So haben auch wir ein Ceranfeld mit Touchscreen. Dieser besondere Touchscreen befindet sich in der rechten unteren Ecke des Ceranfeldes. Es ist eigentlich und in Wirklichkeit verschwindend klein. Und es hat einen eigenen Sturkopf, dieser Touchscreen. Von wegen einmal mit dem Finger drauftippen und los geht's. Nein, nein, das geht ganz anderes. Wenn die Fingerspitzen zu kalt oder zu warm sind, dann geht da gar nichts. Dann tippt man auf dem Touchscreen herum wie beim Tetris Spielen auf der Tastatur. Das Schöne: Es passiert nichts. Dann steht man da und wärmt seine Fingerkuppen im Mund, oder macht das Gegenteil, pustet sie an, damit sie abkühlen. Zur Sicherheit noch die Kuppe reinigen. Denn wenn da nur ein Futzel irgendwo zwischen Finger und Touchscreen ist, dann geht gar nichts. Was das Ceranfeld mit Touchscreen auch gerne macht: Es macht auf einen Schlag alles aus, wenn man aus Versehen beim Kochen mal drüber hinweggleitet. Was ungeübten Ceranfeldbesitzern mit Touchscreen schon mal passiert. Dann ist schluss mit kochen. Alle Platten gehen dann aus. In diesem Fall, würde man denken, macht man einfach schnell wieder alle an. Da erinnere ich nur an die Einleitung, so einfach ist das nicht. Denn wenn alle Platten ausfallen, dann macht sich eine innere Unruhe breit und die Fingerspitzen könnten nervös sein. Oder warm, oder kalt. Und dann geht da nichts an. Dann müssen sie erst wieder pusten, oder in den Munde nehmen, oder reiben an der Hose, oder was auch immer, um das zickige Ceranfeld mit Touchscreen wieder für sich zu gewinnen. Denn das ist es - zickig. Absolut zickig. Ceranfelder mit Touchscreen sind megazickig. Und einer Zicke kommt man nicht quer, sondern da muss man nach deren Pfeife tanzen, sonst geht da nichts. Und genau das macht dieses Ceranfeld mit Touchscreen seit Jahren mit mir und meiner Frau. Wir hassen es, aber wir haben uns nun mal dafür entschieden, darum ertragen wir es auch. Wir sind auf diesen modernen Blödsinn reingefallen, jetzt müssen wir das auch durchstehen. Und diese Dinger gehen nie kaputt. Nie. Die halten bis zur letzten Griessuppe. Wie oft dachte ich, wenn ich die Küche sauber gemacht hatte: Mensch, du Ceranfeld mit Touchscreen, warum gehst du eigentlich nicht mal kaputt? Und ich weiß, was ein Ceranfeld mit Touchscreen auf eine solche Frage antwortet: Dich Junge, Dich Kleiner, Dich habe ich noch lange nicht weich gekocht. Das ist erst der Anfang!
Dienstag, 27. Februar 2007
Guerilla Marketing muss man wirklich wollen
Guerilla Marketing, die Komplett-Auflösung für kleine Budgetbeutel. Für alle, die viel, viel mehr wollen, als es der Blick in den Budgetbeutel zulässt. Die Gangart um die Aufmerksamkeit wird härter, vor allem auf der Straße. Jetzt zahlen die Budgets nicht mehr die Kunden, sondern die Versicherungen. Das ist das Guerilla-Modell: Ups. Wie konnte das passieren?
Mittwoch, 14. Februar 2007
Elitäriat
Sich über alles aufregen zu dürfen, was nicht passend erscheint, ist die höchste Stufe des Verschwendungswahns. Es gibt Menschen, denen ist schon die Gegenwart von anderen Menschen unerträglich. In ihrer großen Allwissenheit erscheint der Rest der Menschheit ihnen einfach nur dumm und primitiv. Zudem ist alles, was sie nicht kennen, oder sie nicht ihr Eigen nennen, einfach nur unpassend, stillos bis hin zu spießig. Alles, was man nicht weiß, ist uninteressant. Im Gegensatz zu allem, was man selbst besitzt und beansprucht. Das ist natürlich ausnahmslos vom Feinsten. Dem Pöbel weichen sie weiträumig aus. Sogar im Auto empfindet das Elitäriat die Gegenwart dieser ganzen Unterklassenautos als eine Zumutung. Es müsste Staus nur für die Oberklasse geben. 10 Kilometer Richtung Salzburg nur PKWs ab 100.000 € aufwärts. Wohl fühlt man sich nur unter Gleichen. In der Oper. Im Edelrestaurant. Bei Wempe und in Hotels mit 5 Sternen und mehr. Man hat es verdient, das bessere Leben, also warum spielen sich darin Szenen ab, die nicht zum eigenen Spielplan gehören? Das Neueste und vom Feinsten muss es sein. Und alles andere ist einfach nur peinlich. Die Wohngegend spielt ebenso eine wichtige Rolle. Wenn nicht sogar die wichtigste. Das Elitäriat legt höchsten Wert auf die Etikette. Böse Zungen behaupten, die pupsen nicht mal und wenn, dann absolut geruchlos. Entstanden ist das Elitäriat aus dem Überfluss und der Wohlstandsgesellschaft, die nun eine Wohlabstandsgesellschaft geworden ist. Man ist und bleibt unter sich. Alles andere ist einfach nicht zu ertragen. Im Golf-Club. Im Yacht-Club. Im Business-Club. Eigentlich lebt das Elitäriat eingepfercht in dem goldenen Käfig voller Narren, den es sich selbst gebaut hat. Aber man bemerkt es nicht. Die nächste OP steht an. Eine kleine Korrektur hier, eine kleine Anpassung und Begleichung da. Man hat keine Zeit, über den Sinn nachzudenken, wenn man so viel Wichtigeres zu erledigen hat. Aber das Elitäriat kann einem auch Leid tun. Lebt es nicht in einem selbst geschaffenen Ghetto? Der Schönheits- und Jugendwahn treibt hier sein Unwesen. Und immer up to date sein ist anstrengender als man glaubt. Die vielen Anlässe, zu denen man muss und zu denen man will. Zudem das viele Engagement für die Kunst und die Kultur, um sich wenigstens das Gefühl zu kaufen, ein Teil von etwas Wertvollem zu sein. Und dann die Spenden, ja das Gewissen. Wenn vor 50 Jahren noch der Sperrmüll Auskunft über den Grad des Reichtums gab, dann sind es heute die Spenden. Und dann lebt man in einer Welt voller Menschen, auf die man sich bedauerlicherweise verlassen muss, aber natürlich nie kann. Da hilft auch kein Geld. Alle, aber auch alle haben die falsche Einstellung. So ist man als eine Art Genie umgeben von Stümpern und Diletanten. Das ist schwer nur zu ertragen. Das Elitäriat ist der Barock der freien Marktwirtschaft. Es unternimmt alles, um seinem Leben einen teureren Sinn zu verleihen. Dabei unterliegt diese Schicht einem großen Irrtum: Wert ist nicht gleichbedeutend mit Werte.
Donnerstag, 11. Januar 2007
auch das muss mal gesagt werden.
und wir freuen uns auch aufs iphone wie doof. waere da nicht die kleinigkeit mit dem namen.
das trademark iphone gehoert seit dem jahr 2000 zu cisco systems.
wir alle leben von ideen und geistigen eigentum. bilder stehlen ist nicht gut, texte stehlen ist nicht gut, und namen stehlen auch nicht. "iphone" gehoert nicht apple, und alle versuche des eigentuemers mit apple zu cooperieren ignorierte apple.
aber lest selbst. hier eine stellungnahme aus dem cisco blog von mark chandler, cisco's svp and general counsel
Montag, 8. Januar 2007
You have to pay, just to make it today
In Anlehnung an den sicher schon in Vergessenheit geratenden HC Hammer Song, in dem man noch unbedingt beten sollte, damit alles auch wirklich so wird, wie man es sich wünscht, möchte ich gerne eine kleine Änderung anbringen: Pay. Zahlen, löhnen, berappen.
Einige der schönsten Dinge können mit dem nötigen Kleingeld wirklich Wirklichkeit werden. So liegt zwischen Vorstellung und Realität oft einfach nur ein Betrag X. Für viele nicht der Rede wert, die haben Träumen, aber in der Regel diese Art der Träume nicht. Und für die vielen anderen unerreichbar und unerschwinglich.
Man stelle sich mal vor, nicht wir wären die Auserwählten, sondern alles Voraussetzungen, die wir lieber ungenutzt lassen, stünden zum Beispiel den Indern in vollem Umfang zur Verfügung. Also, 50 Millionen Mitglieder im IFB. Indian Football Bund. Und so weiter. Was glauben wir eigentlich, in welcher Statistik wir überhaupt noch auftauchen würden. Länder wie uns würde man nur noch liebevoll "die roten Laternen" nennen.
Somit ist das, was wir vorfinden, ein außerordentliches Privileg. Was wir aber als solches nicht betrachten. Somit stellt sich zunehmend weniger die Glaubensfrage, sondern die immer lauter werdende Finanzierungsfrage. Und in Ländern wie Indien verhält es sich genau anders herum. Da werden die Glaubensfragen zunehmend besinnlicher gestellt, weil man sich alles mehr und mehr leisten kann.
Schon seltsam. Aber ich prophezeihe, dass zum Beispiel viele Inder an Positionen auftauchen werden, die für uns heute noch unvorstellbar sind. Skispringer, Eisschnellläufer und Synchronschwimmerinnen. Uns bleibt dann zum Glück noch das Beten, den das Zahlen haben andere fest im Griff.
Foto: Peter von Felbert
Mittwoch, 3. Januar 2007
Diplomatie
Auch dieser Begriff wird von vielen völlig falsch verstanden und interpretiert. Nicht der Kleinere und Schwächere und Ärmere muss sich leider mit den Mitteln der Diplomatie begnügen. Weil er nicht die Wahl der Waffen hat. Sondern die Mittel der Diplomatie stehen allen gleich gut zu Gesicht. Denn das Ziel der Diplomatie ist es aus einer Mücke keinen Elefanten zu machen. Oder die Kirche im Dorf zu lassen. Auf jeden Fall immer das kleinere Übel zu wählen und in Kauf zu nehmen, statt eine Lawine loszutreten. Diplomatie ist im wahrsten Sinne des Wortes aber eigentlich auch eine Waffe, mit der man Konflikte lösen kann. Ebenso wie ein Großteil der asiatischen Kampfkunst in der Regel darauf beruht, in erster Linie den Kampf zu meiden, in zweiter die Kunst der Verteidigung zu beherrschen und erst zum Schluss gibt es die Option des Angriffs. Wenn alles andere zuvor versagt hat. Und das drohende Übel weitaus größer ist, als es mit einem entschlossenen Eingreifen zu beenden.
Wie ich in den letzten Tagen schmerzlich erfahren musste, haben auch viele Blogger diese Reihenfolge falsch herum in ihrem Kopf. Da wird sofort angegriffen, aufgerüstet und zurückgeschlagen. Danach werden obligatorisch mit dem Blick auf die Verwüstung Entschuldigungen, Verteidigungen und Rückzugsoptionen in Betracht gezogen. Und ganz am Schluss, wenn das berühmte Kind im Brunnen liegt, wird nach der Diplomatie gerufen.
Ich kann Herrn Koffi Annan sehr gut verstehen, wenn er sich über diesen Missbrauch erregt und die Verdrehung der Reihenfolge immer und immer wieder anklagt. Aber in den Köpfen der Menschen herrscht noch ein verdrehtes Bild. Und so können wir täglich in der Tagesschau bewundern, zu welchen herausragend dummen Entwicklungen das führt. Für meinen Teil beginnen alle Nachrichtensendungen, seit dem meine Augen das Licht des Fernsehers erblickt haben, mit der grausamen Aufzählung und Darstellung genau dieser verdrehten Welt.
Vielleicht wird sie deshalb als richtig empfunden? Vielleicht hat unsere Gesellschaft nicht nur Probleme mit Gewalt in Spielen, sondern auch in der Tagesschau? Denn anstatt die richtige Reihenfolge zu befolgen, fordern alle sofort immer das Gegenteil.
Und dabei bitte ich zu beachten, dass nicht nur fast jeder Krieg mit einer Lüge begonnen hat. Sondern fast alle anderen Konflikte beruhen auf dem selben Umstand, dass sich viele vor den Karren von wenigen spannen lassen, um die eigenen Interessen umsetzen zu können. Auch das müsste eigentlich vielen klar sein, trotzdem tappen sie immer und immer wieder in dieselbe Falle der verdrehten Tatsachen.
Die Diplomatie scheint für viele die Waffe der Schwächlinge zu sein. Für alle, die keine echten Waffen besitzen, nutzen oder einsetzen können. Diplomatie ist so eine Art Weicheier-Fraktion, die ständig diskutieren und das Problem aus der Welt reden will. Dabei ist Diplomatie das genaue Gegenteil. Sie ist die höchste Form der Kampfkunst. Sie ist der Sieg ohne Schwert. Sie ist die Niederlage ohne Blutvergießen. Die Diplomatie ist das Höchste, was der Mensch mit dem Geiste zu leisten im Stande ist.
Denn die Diplomatie ist die einzige Form, die sich immer der Gefahr bewusst ist, was passiert, wenn sie nicht funktioniert. Die Gewalt macht sich keine Gedanke darüber. Deshalb beherrschen auch so wenige die Diplomatie. Weil sie den Kopf einsetzt und nicht das Adrenalin oder das Testosteron. Der Mensch neigt aber leider dazu, immer die letzte Option als erstes zu benutzen.
Freitag, 22. Dezember 2006
Das Agentur-Taxi bitte!
Früher. Viel früher. Sehr, sehr viel früher. Waren Agenturen wie Leasingautos. Schöne, große, komfortable Leasingautos. Heute sind Agenturen in der Regel Taxis. Der Unterschied ist frappierend. Denn die Agentur wird in der Neuzeit nur noch genau für den Zeitpunkt bezahlt, wie man ein Taxi bezahlt. Bitte kommunizieren sie uns von A nach B. Das war's. In der Zwischenzeit steht die Agentur dumm herum. Und hofft, dass ein Kunde einsteigt. Wie diese Massen von Taxis an Flughäfen. Um den nächsten Gast dann nur bis zum Hotel um die Ecke chauffieren zu dürfen. 7,50 € für 4 Stunden Wartezeit. Berufsrisko werden da die Nutznießer sagen. Berufskrankheit meine ich.
Denn es kommt noch schlimmer. Dass eine Taxifahrt 70 € kostet, das hat jeder akzeptiert. Die werbungtreibenden Kunden treiben es aber noch bunter. Die wollen nicht mal mehr das Agentur-Taxi zahlen, sondern rechnen sich aus, was die Strecke wirklich netto kostet. Und siehe da, die kommen auf einen viel niedrigeren Preis. Benzin für 100 Kilometer, das muss reichen. Also gibt es für Agentur-Taxis 12,50 € für eine Strecke, die eigentlich 70 € kosten würde. Würde?!
Selber schuld sagen die Nutznießer, wenn ihr eure Leistung nicht besser verkaufen könnt. Selber schuld sage ich. Denn so wie es aussieht, sind auf Dauer nicht die Agenturen die Verlierer, sondern vor allem die Werbungtreibenden. Denn mal ehrlich, was glauben die, was die bekommen für 12,50 €? Nur weil man keine Ahnung von Wein hat, glauben ja auch viele, dass sie für 4,90 € einen super Bordeaux trinken. Glauben. Andere wissen es besser.
Die Frage ist nur, wie schafft man es vom Agentur-Taxi zum normal bezahlten Agentur-Taxi zu werden oder sogar wieder den Status eines Agentur-LeasingAutos zu erreichen? Antwort: Geduld! Die Zitronen sind gepresst. Die Controller drücken gerade die letzten Tropfen aus bestehenden Ressourcen. Und dann ist schluss. Wer nichts säht, kann nichts ernten. Das Angebot lüftet sich. Die Nachfrage erholt sich. Dann kommt der erste zu seinem Agentur-Taxi und fragt: Bringen Sie mich bitte für 12,50 € zum Kommunikationsziel B? Und der Agenturmensch antwortet: Entschuldigung, kein Interesse. Das ist kein Taxi das ist ein Leasingfahrzeug und ich warte auf meine Kunden, da kann ich Sie unmöglich weiter bringen. Das müssen Sie einfach verstehen. Die Zeiten ändern sich. Auch für Sie.
(Foto: Peter von Felbert)
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