Freitag, 30. Oktober 2009
Weitergehen, es gibt nichts zu sehen
Wenn Blödheit wehtut
Zum Glück gezwungen
Ganz im Gegensatz zum Pech. Das konnte niemand kommen sehen. Daran trägt keiner die Schuld.
Da es so ist, habe ich versucht, mich darauf zu spezialisieren, wohin die Reise des Glücks denn nun mal wieder geht. Dazu muss man empfänglich für das sein, was man nicht sieht, hört und fühlt. Man darf sich nicht auf das Bewährte stützen, sichnicht auf dem Errungenen ausruhen, sondern man muss versuchen zu erkennen, wohin die Achterbahn des Glücks denn jetzt geht.
Denn vor dem Glück steht immer eine vermeintlich unglückliche Aneinanderreihung von Umständen, die einen zu neuem oder anderem Glück erst treiben. Wie oft hört man das von getrennten Paaren, die so unglücklich über die Trennung scheinen, um dann das Glück fürs Leben zu finden. Wie viele haben geglaubt, nur an einem Ort glücklich werden zu können und dann mussten sie umziehen. Mit dem Ergebnis, an einem anderen Ort um ein vielfaches glücklicher zu sein. Der Job. Der Kunde. Die Katze. Das Auto. Das Restaurant. Ständig wartet hinter dem vermeintlichen Verlust von Glück ein noch größeres.
Wie oft habe ich in hoffnungslose, gedemütigte, geknickte Gesichter gesehen, um einige Zeit später zu hören: Es hätte nicht besser laufen können. Oder wie Oma sagen würde: „Wer weiß, wofür es gut ist?“ Und so halte ich es auch. Denn ich bin es leid, das vordergründige Unglück maßlos überzubewerten. Sondern ich versuche, sofort hinter die Kulissen zu blicken, wohin das Glück denn nun unterwegs ist.
Da ich nichts ohne Grund schreibe, hat auch dieses seinen triftigen. Es gibt da die Szene in Herr der Ringe, als die Jungs durch so Höhlen müssen und da plötzlich gewaltige Monster auftauchen. Alle bekommen es höllisch mit der Angst zu tun und rennen um ihr Leben. Dann ist da die Brücke, über die alle müssen. Die Brücke zum rettenden Ufer. Das Unglück im Rücken und das rettende Ufer, das Glück zum greifen nahe, falls die Beine schnell genug sind.
Alle kommen rüber. Nicht alle. Gandalf schafft es so gut wie. Die Brücke stürzt hinter ihm ein und er krallt sich am rettenden Vorsprung fest. Eines der Monster hat er in die Flucht geschlagen, es fällt in die Tiefe unter der Brücke. Und in dem Moment, als alles Glück zusammenzukommen scheint, unternimmt das listige Monster einen letzten ebenso hinterlistigen Versuch, Gandalf doch noch die Kerzen auszublasen. So wickelt sich ein Lasso aus Feuer um sein Fußgelenk und mit dem höllisch schweren Gewicht der Monsters stürzt Gandalf in die Tiefe.
Die Geschichte könnte hier aufhören, tut sie aber nicht. Zum Glück taucht Gandalf einige Zeit später überraschend wieder in das Geschehen ein. Und er wird einer der Helden der ganzen Geschichte sein. Zur Zeit fühle ich mich wie Gandalf.
Auch ich muss rennen, um das Glück ergreifen zu können. Und der größte Antrieb ist das Pech, das einen verfolgt. Und es geht nicht nur mir so. Vielen Menschen geht es so. Es liegt in der Natur der Sache, dass man den Menschen zum Glück fast zwingen muss. Obwohl viele sich mit ihrem vom Pech verfolgen Schicksal abgefunden haben und zufrieden geben. Die machen es sich gemütlich und breit in einem Leben voller Pech, an dem immer andere Schuld sind. Ich habe das nie so gesehen und empfunden. Sondern jedes Pech, was mir widerfährt, ist ein Wegweiser zum Glück.
Man muss ihn nur sehen und verstehen können. Erst das erlebte Pech macht das erzielte Glück doch so kostbar. Und die Brücken, die hinter mir gerade einstürzen, sind der direkte Weg zum neuen anderen Glück. Ich bin schon sehr gespannt, was da wieder kommen mag.
Mittwoch, 28. Oktober 2009
Lebensphilosophien, die völlig bescheuert sind
Lebe so, als ob es dein letzter Tag wäre.
Meine Fresse, wer das behauptet hat, hat im entferntesten keine Ahnung, was das bedeutet, noch welche Konsequenzen das mit sich bringt. Das kann doch nur so ein Buddhist behauptet haben, der sein ganzes Leben damit fristet zu meditieren. Denn wenn der aus meinen bzw. unseren Breitengraden kommen würde, gäbe das Katastrophen von biblischem Ausmaß.
Was würden die Menschen denn wohl so tun, wenn es der letzte Tag wäre. Die würden reihenweise all denjenigen, die es wirklich verdient hätten, mal eins auf die zwölf geben. Dann würden die das ganze Geld, das noch geblieben ist, verprassen. Denn das letze Hemd hat zwar einen Kragen, aber keine Taschen. Die würden eventuell noch mal ein Etablisment der freizügigen Art aufsuchen.
Das letzte Mal in voller Lautstärke Beethovens 5tes Klavierkonzert hören, oder Queen - The show must go on. Dann würde ich einem dieser Auto-Verkehrsdrängler einfach mal voll in die Seite ballern. Ist doch eh egal. Schwarz fahren. Falsch parken. Im stehen... [Ihr wisst schon!] Mit dem Rauchen wieder anfangen - für einen Tag. Die besten Weine aus dem Keller noch runterkippen. Lecker Essen gehen. Alle Steuerunterlagen in einem Freudenfeuer verbrennen.
Das Testament optimieren. Mich endlich tätowieren lassen, was ich ein Leben lang verhindert habe, weil ich nicht ein Leben lang damit herumlaufen wollte. Endlich alle E-Mails löschen. Die im Eingangsordner und die im Gesendet-Ordner. Schnell noch den neuen iMac 27 Zoll bestellen, damit ich ihn einmal berührt hätte.
Ganz ehrlich, wenn ich jeden Tag so oder so ähnlich leben würde und der Großteil der Menschheit würde mir das nachmachen, dann wäre hier was los. Somit denke ich, dass dieses Lebensmotto aus einer anderen Welt kommt und auch für eine andere gedacht ist.
Ach so, mein Konto würde ich bis zum Anschlag überziehen. Und volltanken müsste ich nicht mehr. Den Rasen mähen würde ich auch nicht mehr. Die Blätter aus der Dachrinne würde ich auch nicht mehr rausnehmen. Wenn man das alles nicht mehr macht und alles andere machen würde, nur weil es der letzte Tag ist, dann mal prost Mahlzeit.
Der Weg ist das Ziel.
Wer hat sich diesen Bockmist einfallen lassen? Der Weg ist was? Und was ist das Ziel? Und wenn ich auf dem Holzweg bin? Oder ständig im Kreis laufe? Das Ziel ist das Ziel müsste es eigentlich heißen. Und der Weg ist der Weg. Nur klingt das nicht so schlau, darum sagen viele diesen unglaublichen Quatsch.
Man muss echt kapieren und lernen, die Dinge voneinander zu trennen, um sie isoliert bewerten und betrachten zu können, sonst wird man ja verrückt in dieser Welt. Morgens bis du noch theoretisch tödlich krank und eigentlich pleite. Zudem begleitet dich den ganzen Tag dieses unwohle Gefühl, besser die eigentliche Gewissheit, dass dir mal wieder dein ganzen Leben entgleitet, abrutscht, wegrutscht. Eigentlich würde es dich nicht mal wundern, wenn dein Haus ausgeräumt wäre und niemand mehr auf dich wartet. Der Weg? Wer das gesagt hat, der hat offensichtlich einen schönen geraden asphaltierten Weg hinter sich. Es klingt sogar so, als ob er diesen nicht mal selbst beschreiten musste, sondern mitgenommen oder gefahren wurde. Einen schönen, schnellen, bequemen Weg zum Ziel. Dann würde ich das auch sagen. Was für ein bescheuertes Ziel, der Weg war viel schöner. Beim Motorradfahren könnte ich es ja noch verstehen, da ist die eigentliche Fahrt natürlich schöner ist, als das ankommen. Aber das Ziel war ja eine schöne Fahrt, somit stimmt das nicht mal hier.
Mir fallen noch viele völlig hinrissige Lebensphilosophien ein, aber ich will nicht zu lang werden, da haue ich doch lieber eine raus, mit der ich was anfangen kann: Mach was draus.
Montag, 26. Oktober 2009
Die 100.000 Mark Frage
Rhythmusstörungen
20 Jahre später rollte die nächste Krise heran. Die New Economy-Blase zerplatzte. Es war meine erste Krise, die ich miterleben durfte. Um mich herum haben viele sehr viel Geld verloren. So dass sie nicht nur von vorne anfangen mussten, sondern auch mit einem fetten Minus belastet waren. Bis dahin kannte ich keine Krise. Meine Lebensplanung sah ewiges Wachstum voraus, wie bei meinen Eltern.
Wenn die 1978 zur Bank gegangen sind, um ein Haus zu kaufen, dann ging die Rechnung noch auf. Denn sie konnten sicher sein, dass der Kaas bis 1998 gegessen war. Die Zuversicht der Menschen, in 20 Jahren den Kredit wie am ersten Tag bedienen zu können, war groß. Sehr groß.
Krisen gab es nicht und wenn, dann nur alle 20 Jahre. In einem ähnlichen Rhythmus wurde Deutschland ja auch Weltmeister: 1954, 1974, 1990, 2010. So plusminus alle 20 Jahre. Aber nun traten wirtschaftliche Rhythmusstörungen auf, die alle Planungen ad absurdum führten, denn die Phasen zwischen den Krisen wurde immer kürzer. So wurden auch die Phasen des Wachstums und der möglichen Ansparung immer kürzer.
Der New Economy Krise 1998 folgte 2002 die nächste große Krise, ausgelöst durch den 11. September 2001. Damit war der 20-Jahre-Rhythmus durchbrochen. Und siehe da, nur ganze 7 Jahre später, 2009, folgte die nächste große Krise. Diesmal durch Immobilienspekulationen ausgelöst. Die Wirtschaft wurde von jeder Krise schwer getroffen. Insolvenzen über Insolvenzen folgten. Und die Phasen, um diese Krisen zu kompensieren, waren einfach zu kurz.
Die Unternehmen zerrten ihre Liquidität völlig auf. Die Banken trugen bekannterweise durch ihr „Nichts tun“ ihren Teil dazu bei. Ein System ohne Liquidität. Mit Krisen, die in immer kürzeren Intervallen kamen und jedesmal aus Ecken, die keiner vorhersehen konnte. Was bedeutet das in den Köpfen von Unternehmern? Wie verändert eine solche Situation das Denken und das Handeln?
Eins ist mal klar, die Kosten werden an allen Ecken und Enden so tief nach unten geschraubt, wie es nur geht. Und was übrig bliebt, sind flexible Kosten, so dass man sich binnen kürzester Zeit davon trennen kann. Die ganze Wirtschaft hat sich zu einem Warentermingeschäft gewandelt. Eine Wirtschaft ohne Sicherheiten. Eine Wirtschaft mit allen Freiheiten, die aber nichts nützen, wenn man nicht agieren kann, wenn man nicht planen kann, wenn man nicht vertrauen kann.
Die Parameter für Nachhaltigkeit sind nicht mehr gegeben. Niemand weiß, was in drei Jahren sein wird. Und drei große Krisen in nur zehn Jahren geben die Richtung vor. Es scheint so, dass wir uns komplett von der liebgewonnenen Vergangenheit der „Sicherheiten und Freiheiten“ verabschieden müssen. Und das aus gutem Grund, denn wir waren nicht in der Lage, diese zu schützen. Alle Errungenschaften stehen auf dem Prüfstand. Jeder Stein müsste eigentlich umgedreht werden, wie es im Mittelstand jeden Tag passiert.
Somit stellen sich Fragen wie: Warum haben wir 17 Umweltminister? Warum haben wir 16 Bundesländer? Warum leisten wir uns eine eigene Armee? Wir könnten die Kosten um das 16-fache in diesem Land verringern. Und wenn wir durchweg auf neue und moderne Technologien und Entwicklungen setzen würden, könnten wir nach sehr schmerzlichen ca. 10 Jahren, besser als alle anderen, auf die Zukunft vorbereitet sein.
Wenn die Politik als moralische und ethische Instanz nicht mit gutem Beispiel voran geht, wer dann? Wir leisten uns einen Apparat, der auf Gesetzmäßigkeiten der 40er und 50er Jahre aufbaut. Die unglaubliche Vergeudung von Ressourcen, die Selbstbedienungsmentalität in diesem Land hat alle Grenzen der Vernunft überschritten. Man ahnt und spürt, dass dieses System vor dem Kollaps steht. Wie das Ökosystem, in dem wir leben.
Wenn es der unglückliche Umstand will, dass beide Systeme gleichzeitig kollabieren, dann werden wir tatenlos zusehen müssen, wie alles, wofür die Generationen vor uns gelebt haben und die nach uns hofften leben zu dürfen, den Bach herunter geht.
Wir müssen in neuen Verhältnissen leben lernen. Verhältnisse, die nicht über unseren sind, sondern in unseren sind. Aber keiner will der Erste sein. Niemand macht bei sich den Anfang. Man muss feststellen, dass der Kapitalismus in der Form ebenso versagt hat wie der Kommunismus, nur dass wir uns nicht daran gewöhnen wollen, daran halten wollen. Wir sind nicht nur nicht reformfähig, sondern auch noch nicht reformwillig. Und das nur aus einem einzigen Grund.
Wir müssen die Rechnung jetzt nicht bezahlen. Das ist Kreditkartenpolitik. Die glauben alle wirklich, nur weil sie jetzt kein Bargeld dafür auf den Tisch legen müssen, sondern mit einer Plastikkarte bezahlt haben, das würde einen Unterschied machen. Bei der Kreditkarte ist der Unterschied optimal 20 Tage später, aber in der Summe kommt dasselbe heraus. Und gerade das Kreditkarten-, Kreditprinzip, dieser Gedanke, erst später für die Zeche aufkommen zu müssen - oder wenn man die Beträge stückelt, stände man besser da - hat Millionen in die private Insolvenz getrieben und noch mehr überschuldet.
Wenn ihr mich fragt, fahren wir das Ding vor die Wand. Weil der Mensch erst zum Handeln fähig und bereit ist, wenn es richtig weh tut. Vorher verfährt er im festen Glauben: Das wird schon gut gehen. Obwohl die letzten zehn Jahre das Gegenteil beweisen. Die Wachstumsphantasien sind ebenso blödsinnig wie Wertschöpfungsstrategien. Die Zeiten haben sich geändert und wir orientieren uns an alten und zugleich falschen Zielen.
Die Lösungen liegen vor uns. Aber wir packen lieber die Probleme an. Wir könnten in Lösungen investieren, stopfen das gute Geld aber lieber in Probleme. Das klingt stark nach der Arroganz derer, die sich überlegen fühlen. So lange es uns besser geht als anderen, darf man ja bekanntlich nicht klagen.
Meine Güte können die alle froh sein, dass ich nichts zu sagen habe und nicht in der Politik bin. Ich würde das ganze System, das offensichtlich auf dem Kopf steht, mal auf die Füße der Tatsachen stellen.
In Vitrinen
Ich stell mir das so vor: Eine Eingangshalle, riesig wie ein Bahnhof. Die zeitlose Architektur einer mehrere Jahrhunderte alten Tradition. Herren im guten Anzug, Damen im eleganten Kostüm. Dezenz, wohin man sieht. In den Wänden aus edlem Holz sind Vitrinen eingelassen - große, geräumige Schaukästen mit Sicherheitsglas verschlossen, von unauffällig bewaffnetem Wachpersonal gesichert. Die Vitrinen sind aufwändig illuminiert, darin stehen samtbeschlagene Podeste, auf denen die hochwertvollen Ausstellungsstücke ruhen, deren Präsentation die ganze Einrichtung dient. Es sind Wörter.
Wörter von unsagbarem Wert, Wörter von tiefer und tief dringender Bedeutung, Wörter von Distinktion und Abstand, die nur selten und nur für ausgesuchte Gelegenheiten verwendet werden. Der Raum ist erfüllt vom Duft frischer Luft, eine vornehme Kühle bestimmt die Atmosphäre. Es ist ein einzigartiges Flair des Selbstbewusstseins aus unzählbaren Erlebnissen eigener Überlegenheit, die durch die zweckbestimmt diensame Nützlichkeitsdemut des Ortes nur noch überhöht wird. Leise klassische Musik perlt von den Wänden und übertönt die unglaublichen Summen, die hier genannt werden, wenn ein Kunde bittet, eines dieser Wörter einmal probehalber in den Mund nehmen zu dürfen. Die Preise sind so hoch, dass nur wenige Kunden auf der ganzen Welt in der Lage sind, sich diese Art der Kommunikation zu leisten. Dabei geht es nicht nur um Geld. Es geht auch um die Fähigkeit, Aussagen aus ihrer plapperhaften Beliebigkeit zu befreien und mit der Bedeutung konsequenten Handelns erfüllen zu können. Nur wenige Unternehmen sind es, die dazu in der Lage sind. Manche mögen bei genauer Bilanz ihrer Ressourcen vielleicht noch die finanzielle Bemitteltheit zusammen kratzen. Doch sie scheitern erbärmlich, wenn es darum geht, die Kraft ihrer Führung für eine gezielte Steuerung ihres Unternehmens und die Befähigung ihrer Mitarbeiter zu einer einheitlichen Haltung aufzubringen. Dieses Fach ihrer Börse ist leer. Beschämt rücken sie ab, wenn sie ihre Nichtswürdigkeit erkennen. Nur auf Empfehlung wurden sie hier eingelassen. Um nun feststellen zu müssen, dass sie bereits tot sind und ihnen nur eines bleibt: Reste des aus der ruhmhaften Vergangenheit gerissenen Kapitals oder aus der schon vor dem absehbaren Absterben noch rasch verteilten Erbschaft zu konsumieren. Heimlich, damit es niemand sieht, werden sie sich noch wenige Jahre mit Werten mästen, die ihnen nicht gehören, denn bald wird nichts mehr sein, wovon sie zehren können.
Geld zählt hier nichts. Auch wenn es Millionen und Milliarden sind, die hier für ein gutes Wort bezahlt werden, ist das nur ein winziger Bruchteil der durch konsequent gelebte Bedeutung erreichten Gewinne.
So stelle ich mir das Nirwana der Werbung vor.
Samstag, 24. Oktober 2009
Samstagsgedanken: Menschenmengen
Ich kenne niemanden, der die BILD liest, sie ist aber die meist verkaufte Tageszeitung. Analog zu den Volksmusiksendungen der Öffentlich-Rechtlichen. Das ist deren Bildungsauftrag für die CDU-Wähler. Weil keiner den Guido in exponenter Stelle wollte, wird er jetzt unser Vizekaiser und nicht Englisch- Sprechen-Wollender-Außenotto. Von Uns-Angela reden wir lieber nicht. Oder gibt es einen, der zugibt, sie persönlich gewählt zu haben?
Wie sich Menschen verhalten, sieht man immer dann, wenn viele dieser Gattung dasselbe zur gleichen Zeit und sehr Ortsnah tun. Schauen wir mal auf das Münchner Oktoberfest, eine volle U-Bahn, ein Kaufhaus in der Rabattschlacht, ein Fußballstadion und eine volle Autobahn. Da wird das sensibelste, intelligenteste und sympathischte Individuum entweder zum Bierseligen, auf der Bank Tanzender und Schunkelnder Frauenheld, zum Ellbogen-Rambo, der die Oma vom letzten Sitzplatz schubst, zur kreischenden Xanthippe, die das letzte blassrosa T-Shirt für 3,99 nie mehr loslassen würde, zum Rowdy, der alles was gelb oder blau ist, inklusive Schiedsrichter niedermachen würde und last but not least, alle die nicht sofort die linke, seine Fahrspur frei machen, mit Recht und Vollgas von der Piste rammen wollte.
Zieht man wahllos einen aus dieser wummernden, blökenden Masse und konfrontiert ihn mit seinem Tun, dann bricht er sofort in sich zusammen und wimmert: Ja, aber das haben alle getan! Genau das ist es! Das haben alle getan. Das war schon immer so. Das haben wir immer schon so gemacht. Merken Sie was? In der Menge, in der Masse, in der Herde wird der Einzelne Gesichtslos. Fühlt sich nicht mehr verantwortlich. Oder wächst alternativ über sich hinaus, wird zum Anheizer, zur Zentralfigur. Mit dem einzelnen Individuum jedenfalls hat eine Massenveranstaltung wenig gemein.
So muss man dann auch die Wahlslogans der Parteien lesen, die Waschmittelwerbung und die dümmliche TV- und Radioreklame. Sie richten sich an die Menge. Da werden andere Parolen gebraucht als in der Einzelansprache. Wer das alles realisiert und seinen Herdentrieb, sollte er künftig auftreten, hinterfragt, wird vermutlich zu anderen Handlungsparametern tendieren. Das macht ihn zwar moralisch auf jeden Fall besser, aber furchtbar unbeliebt und einsam.
Freitag, 23. Oktober 2009
Ritter, Cowboys und Piraten
Aus dieser oder ähnlicher oder anderer Reihenfolge setzt sich mein humanitäres Weltbild zusammen. Eigentlich seltsam, wenn man bedenkt, was diese Bevölkerungsgruppe so alles angerichtet hat. Oder sollte ich besser verbrochen hat sagen?
Aber trotzdem geht es dabei immer um die guten Ritter, Cowboys und Piraten. Die bösen und blöden haben zu meinem gefestigt humanitären Weltbild ebenso viel beigetragen. Wie soll man sonst wissen, was man sicher nicht will, wenn man dem nie begegnet ist. Mein Bild entwickelte sich aus den Helden meiner Kindheit heraus. Alles, was danach kam, hat daran nichts mehr ändern können. Oder wenn, dann nur minimal.
Der Gerechtigkeit dienen. Es mit barer und gleicher Münze zurück zahlen. Zu den Mutigen, Waghalsigen und Unerschrockenen zu gehören. Das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Etwas riskieren. Ach, was sage ich „etwas?“, alles und wenn es sein muss Kopf und Kragen.
Eine Haltung haben, bewahren und zeigen. Die Waffe des Wortes wie die Klinge eines Schwertes zu führen. Mit seinen Jungs das Unmögliche erreichen und erleben. Tief verbundene Freundschaft wie Blutsbrüder. Und das alles miteinander teilen. Vieles aus den Filmen, Büchern und Geschichten meiner Kindheit prägt heute mein Weltbild. Das ist doch seltsam – oder? Alle diese Geschichten und die dazugehörigen Bilder sind da, als wäre es gestern gewesen.
Viele Vorstellungen über das, wie es ist und wie es sein könnte, rühren aus dieser Zeit. Die drei Musketiere, Robin Hood, der Graf von Montecristo, der rote Kosar... und viele mehr. Ich finde das wunderbar. Denn über die Zeit hinweg hat es mir immer das sichere und gute Gefühl verliehen, auf der richtigen Seite meines Lebens zu stehen.
Mittwoch, 21. Oktober 2009
Das ist ja mal wirklich interessant
Mitleid? Oder was? Wenn jemand so offensichtlich keinen blassen Schimmer hat? Bei Knüwer hat in den Kommentaren einer vorgeschlagen, das zur Quizidee zu machen: "Politiker erklären das Internet, und man muss raten, was sie damit meinen." Ach so, und ja, ich glaube auch, dass es nicht um Wave, sondern um Twitter geht. Vielleicht.
Zeitzeichen
Ich weiß nicht mehr wann, aber irgendwann bekam ich meine erste Armbanduhr. Ich denke, es war eine Timex oder eine Seiko. Sie hatte im Dunkeln leuchtende Streifen, daran kann ich mich noch erinnern. Jedenfalls ist der Blick auf die Uhr ein Bewegungsablauf, der sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat. Wie oft und wie lange hat man auf Uhren geschaut, um die Zeit zu erfahren. Manchmal mit triftigem Grund, meistens völlig grundlos.
Überall sind Uhren. Überall steht die Zeit. Ständig begleitet uns unsere Zeitrechnung. Ständig leben wir in dem Gefühl, die genaue Zeit zu kennen. Zudem werden wir ständig nach der Zeit gefragt. Deshalb fragen auch wir ständig nach der Zeit. Wie spät ist es? Wie viel Uhr ist es? Wie lange noch? Es gibt Zeiten, da kommt man an - Ankunftszeiten. Und dann gibt es Zeiten, da reist man ab - Abfahrtszeiten. Dann gibt es Zeiten, da verweilt man für eine bestimmte Zeit an einem Ort - Ortszeiten. Ständig sprechen wir über die Zeit, wie lange diese war oder wie kurz. Wann genau diese war. Wir teilen vieles in Zeit ein - Zeiteinheiten. Man ist 11 Jahre verheiratet. Die Kinder sind x Jahre alt. Man hat 6 Monate keinen Führerschein. Man wartet schon 30 Minuten. Man ist 15 Minuten hinter der Zeit. Der Wecker klingelt zu einer bestimmten Zeit.
Und von Zeit zu Zeit müssen wir uns über die Zeit vergewissern, obwohl es immer dieselbe Zeit ist, denn es ist immer genau jetzt. Ein Film dauert 120 Minuten. Ein Fußballspiel 90 Minuten plus Nachspielzeit. Ein Ei kochen dauert 5 bis 8 Minuten. Das Leben besteht aus Zeiten. Das ganze Leben. Dann gibt es noch die Arbeitszeit und die Freizeit, aber eigentlich ist auch das alles dasselbe, nämlich Lebenszeit.
Männer neigen dazu, sich so teure Zeiteisen, wie es nur geht, um das Handgelenk zu legen, weil der Schmuck, den sie tragen können, ohne dass es ganz peinlich wird, sich eigentlich auf Armbanduhren beschränkt. Teure Zeitzeichen sind ein Zeichen von Wohlstand, Status, Individualität und Geltungsdrang. Es gibt Armbanduhren für 4,99 EUR und für 55.000 EUR. Aber alle können im Prinzip nur dasselbe - die Zeit zeigen. Auch ich bin von diesem Männertrend nicht ganz verschont geblieben. Auch ich hatte eine Zeit, in der ich zeigen wollte, wie gut ich bin. Aber das ging vorbei. Nicht, weil mich teure und schöne Uhren nicht mehr interessieren, aber ich habe meine Eine gefunden und dafür alle anderen liegengelassen oder ihnen keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Ich bin in Sachen Armbanduhren nicht nur monogam, sondern auch fest dazu entschlossen, sollte diese Uhr mal nicht an meinem Armgelenk sein, aus welchen Gründen auch immer, dass diesen Platz nie wieder eine andere einnehmen wird.
Das ist sie, das war sie und somit ist für mich das Kapitel beendet. Denn es erscheint mir ohnehin als ein größeres Privileg, zeitlos zu sein und durchs Leben zu gehen. Gerade Menschen ohne Uhr und ohne Handy bewundere ich auf seltsame und unübersehbare Art und Weise. Weniger scheint auch hier letztendlich spürbar mehr zu sein.
Meine innere Uhr beeindruckt mich ohnehin. Oft wundere ich mich über mein exaktes Zeitgefühl. So wache ich grundsätzlich genau 1 Minute, bevor der Wecker klingelt von selbst auf, um diesen auszuschalten. Mein Zeitgefühl verlässt mich selten. Und falls doch, sind die Gründe dafür nachvollziehbar. Das mit den Stunden, Minuten und Sekunden kann ganz schön anstrengend werden. Deswegen erscheint es auf meinem langen Lebensweg zur Gelassenheit auch nur logisch, dass der Zeitpunkt kommt, da ich nur noch von einer Zeit rede und auch nur noch in einer lebe - im Jetzt.
Sonntag, 18. Oktober 2009
Und jetzt Werbung
Hab mit mir gerungen. Werbung? Iiih! Noch dazu von einem Laden, der sogar in seinen Skandälchen pur mittelmäßig ist, der auf dem absteigenden Ast ist und der längst nur noch von der Substanz lebt. Denen geb ich doch keine Plattform. Noch dazu, wo das Dings eh ein Hype ist.
Aber ich finds einfach zuu nett. "We believe that the easiest way to change people's behaviour for the better is by making it fun to do. We call it The fun theory"
Do you want to know?
Samstag, 17. Oktober 2009
Samstagsgedanken: Berufswahl
Macht sich heute noch jemand Gedanken darum, was er werden will? So beruflich, meine ich. Oder wird man automatisch das, was die Eltern sind: Anwalt, Beamter oder Hartz-IV-ler? Bei uns damals in der Schule war das noch überhaupt kein Thema. Nicht einmal in der Abiturklasse wurden wir auf so etwas Unwichtiges wie eine Berufswahl hingewiesen. Da war es allemal wichtiger, griechische Deklinationen zu lernen oder eine Interpretation zu einem Goethe-Gedicht zu verfassen.
Studiert haben wir dann etwas, wo wir glaubten, da ließe sich später Geld mit machen. Hauptsache, wir mussten noch nicht arbeiten. Aber wie läuft denn das heute ab mit der Berufswahl? Wo doch angeblich schon in der dritten Volksschulklasse der heiße Kampf um den Numerus Clausus beginnt und nur der versetzt wird, der dem Rektor morgentlich aus dem Mantel hilft.
Weil ich das ganz ohne Markus Lanz und Crew wissen wollte, ging ich direkt an die Basis. Ich fragte meine Nichte, bald 20 & Friends. Was wollte ihr denn mal werden?
Die eine antwortete, Modedesignerin. Der andere Fußballprofi. Als ich die angehende Vivian Westwood fragte, was sie denn schon geschneidert habe, kam die Antwort: Nichts. Sie könne noch nicht einmal nähen, geschweige denn mit der Nähmaschine umgehen. Auch Zeichnen sei nicht so ihr Ding, räumte sie freimütig ein. Und Ideen für Klamotten habe sie außer „cool muss es aussehen“ auch keine. Ihr Berufswunsch resultierte lediglich aus ihrer Vorliebe fürs Shoppen.
Auch der zukünftige Lukas Podolski spielte noch immer in der B-Klasse und dachte mit einmal Training die Woche, müsse sein Talent doch voll zur Entfaltung kommen, so dass er beim nächsten Brasilienurlaub als aufstrebendes Jahrhunderttalent aus Rio von der Scouting Abteilung des FC Bayern München entdeckt werden müsste. Ganz krass, Alder!
Die weiteren traurigen Details lasse ich jetzt hier mal weg. Klar wurde mir lediglich, dass durch den allgegenwärtigen Medienkonsum doch inzwischen die meisten Heranwachsenden glauben, Ausbildung, Bildung oder Können, Talent oder Begabung, Begeisterung oder Wille seien unwichtig. Wichtig sei, zur richtigen Zeit beim passenden Casting oder am richtigen Ort zu sein, um entweder von Dieter Bohlen zum Superstar aufgebaut, von Detlef D. zum Popstar gemobbt, von Karl Lagerfeld auf der Kö in Düsseldorf als künftige Muse entdeckt oder wenigstens von Boris B. oder wahlweise Flavio Briatore geschwängert zu werden.
Meine These wurde mit dem gerade vorüber gegangen Oktoberfest erhärtet. Die Münchner Boulevardpresse zelebriert während der Wiesn täglich, welche Leute derzeit hipp sind. Mangels wirklicher Prominenter werden - wie soll ich sagen? - Journalisten-Objekte aufgebaut, über die man schreiben kann und die sich willig im Vollrausch fotografieren lassen.
So ist z.B. ein Wiesnwirt ein mächtiger Prominenter. Früher hieß es einmal, wer nichts wird, wird Wirt. Doch heutzutage wird selbst der Kneipenbesitz gecastet, zudem ist er Herr über die Biertische und die bunten Einlassbandl. Damit entscheidet er, wer morgen in der Zeitung steht und nachlesen darf, wen er oder sie im Suff gebusselt hat.
Auch Fernsehköche sind sehr prominent. Und DJs, also Plattenaufleger. Ebenso gehören Türsteher zur Münchner High Society und natürlich Models. Die heißen entweder Sara oder Giulia und haben mal reich geheiratet oder wenigstens einen reichen Papa. Noch besser natürlich beides. Friseur heißt heute Stylist und ist natürlich auch berühmt. Im Hippodrom oder Käferzelt ist man sogar schon berühmt, wenn man nur drin sitzt. In ist, wer drin ist - oder zumindest Unternehmergattin ist. Und als Normalo rein kommt man nur, wenn man mal mit einem Prominenten liiert war. Wenn sich dann zwei Exen neu liieren, sind sie in der Verbindung gleich mega-hipp. Beliebt sind auch leicht verschwommene Berufsbilder wie Mediengestalter, Schmuckdesignerin, Moderatorin, Event-Manager oder Webdesign-Architekt. Wichtig ist, dass man gerade ein neues Projekt vorbereitet, über das man aber noch nicht reden darf. Meine Lieblingsberufe sind aber TV-Lady und It-Girl. Bei beiden weiß man zwar gleich überhaupt nicht, was das ist oder was die machen, aber es ist - ja, was? It, halt.
Hätte ich damals solche Vorgaben und Vorbilder für meinen zukünftigen Beruf gehabt,mein Gott, ich wäre heute Spielerfrau!
Freitag, 16. Oktober 2009
Beschäftigungstherapie
Zeit kann grausam sein. Muss aber nicht. Wenn man Zeit sinnvoll nutzt. Die Spezies "Mann" kann sich ein Leben lang in einen Keller zurück ziehen und sich dort ausdauernd mit sich selbst und z.B. einer Eisenbahn beschäftigen. Wie sinnvoll oder sinnlos das ist, wage ich nicht zu bewerten. Denn schließlich spielt der Mann eine Art Schöpfungsgeschichte. Niemand, der es nicht selbst schon mal getan hat, kann nachvollziehen, wie es ist, der Gott auf seiner Platte zu sein.
Festzulegen, welcher Baum wo steht und in welchem Winkel Häuser zueinander. Geschweige vom Schienenverlauf zu sprechen. So spielt der Mann irgendwie Gott. Wenn man sich die Wirklichkeit anschaut, erkennt man zwar genau den Unterschied vom Original zur Kopie, aber was soll es . Was sonst hält einen Menschen 50 bis 60 Jahre in einem Keller.
Würde das Frauen passieren, würden wir sicher von einem Verbrechen aus gehen. Und wären empört, in welchen Zu- und Umständen da gelebt werden musste. Für Männer sieht das ganz anders aus. Die gehen da freiwillig runter und rein und bleiben da. Gerne. Freiwillig. Mit Loks, Gleisen und Weichen. Mit Figuren, Bäumen und Zäunen. Häusern, Bergen und Tunneln. Mit Klebstoff und anderem nützlichen Werkzeug.
Mal abgesehen davon, ist das doch ein weiterer Beweis dafür, wie wenig Männer eigentlich wirklich brauchen, um restlos glücklich sein zu können. Der Mann ist von Haus aus genügsam.
Ich würde sagen spartanisch. Erst durch die Gegenwart von Frauen knallt er vollends durch. Was er alles in Bewegung setzt, um Frauen zu beeindrucken - unglaublich. Wie sähe die Welt wohl aus, wenn es dieses Gehabe und Getue nicht gäbe.
Sie wäre sicher ärmer an männlichem Wahnsinn und Größenwahnsinn. An alle dem, was Männer eben so tun und haben, um Frauen zu gefallen. Aber sie wäre sicher reicher an ausgeglichenen Männern, die den Ball wirklich mal flach halten könnten.
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