Freitag, 26. Januar 2007
Der kleine Dieb
Es war einmal vor nicht all zu langer Zeit, da trug sich folgende Geschichte zu: Zum Oktoberfest in München versammeln sich alle Schausteller an einem Platz, um das wohl größte Fest abzuhalten, in anderen Gebieten auch als Kirmes bezeichnet. An diesem besonderen Platz ist es guter Brauch, dass der Duft von Süßem in der Luft liegt, Musik aus allen Ecken ertönt und ein buntes Lichtermeer alles in eine verwunschene Traumwelt verwandelt. Wer den Fuß auf den Boden eines solchen Platzes setzt, der betritt sofort eine andere, schönere Welt. Die Menschen kommen in Massen und feiern gemeinsam das Leben. An allen Ecken und Ende blitzen und blinken die Verführungen. Vor allem für Kinder ist das ein Platz, der diese magisch anzieht und nicht mehr los lässt. Wer hat nicht diese wunderbaren Kindheitsfantasien, die sich auf diesen Plätzen abspielen? Träume aus Zuckerwatte, kandierten Äpfeln, Schießbuden und dem Autoscooter. Im Laufe der Zeit hat sich diese Welt der Träume weiter und weiter entwickelt. Aber der Autoscooter ist ein ganz besonderer zwischen alle den besonderen Orten. Hier arbeiteten und rangierten meine ersten Helden. Die Autoscooter-Einparker. Der kleine Traum vom Auto und dem Fahren hat hier tiefe Wurzeln geschlagen. So fiel vor einigen Jahren eine Meldung in der SZ auf. Da stand, dass ein gerade mal 10-Jähriger einen Einbruch verübt hätte. Auf der Wies'n. Und zwar genau in der Kasse vom Autosooter-Schausteller. Dabei hat er so viele Chips entwendet, wie er nur tragen konnte... (Dieser Beitag geht beim nachfolgenden Link weiter)
zurückgekehrt. Ich weiß nicht, nach wie vielen Fahrten es war, aber
irgendwann zählte einer 1 und 1 zusammen. Der Kleine, der immer und
immer wieder seiner Kreise drehte. Somit fiel der Diebstahl auf. Der
Junge wurde gefasst. Was mit ihm dann passierte, entzieht sich meiner
Kenntnis. Aber als ich die Zeilen las, lief mir ein kalter Schauer den
Rücken runter. Wie gut konnte ich den Kleinen verstehen. Für mich war
er ein Held für einen Moment. Denn er hat etwas getan, was sich alle
wünschen, aber keiner traut zu tun. Endlos Chips zu haben für den
Autoscooter. Alle, die aus gut betuchten Elternhäusern stammen,
entziehen sich sicher meine Bewunderung. Aber alle, die jemals erlebt
haben, wie es ist, wenn man Stunde um Stunde da steht, Tag für Tag, und
nicht mitfahren kann, weil die Hosentaschen längst leer sind. Für alle
die ist der Kleine ein Held. Bitte versteht mich nicht falsch. Nicht
dass jemand glaubt, ich verherrliche an dieser Stelle eine Straftat.
Nein, das verurteile ich natürlich zutiefst. Nein, aber er war 10
Jahre. Somit noch nicht strafmündig. Das nennt man einen
Lausbubenstreich, auf den ich damals nie gekommen wäre.
(Foto: Peter von Felbert Motiv: Oktoberfest München)