Freitag, 16. Oktober 2009
Beschäftigungstherapie
Zeit kann grausam sein. Muss aber nicht. Wenn man Zeit sinnvoll nutzt. Die Spezies "Mann" kann sich ein Leben lang in einen Keller zurück ziehen und sich dort ausdauernd mit sich selbst und z.B. einer Eisenbahn beschäftigen. Wie sinnvoll oder sinnlos das ist, wage ich nicht zu bewerten. Denn schließlich spielt der Mann eine Art Schöpfungsgeschichte. Niemand, der es nicht selbst schon mal getan hat, kann nachvollziehen, wie es ist, der Gott auf seiner Platte zu sein.
Festzulegen, welcher Baum wo steht und in welchem Winkel Häuser zueinander. Geschweige vom Schienenverlauf zu sprechen. So spielt der Mann irgendwie Gott. Wenn man sich die Wirklichkeit anschaut, erkennt man zwar genau den Unterschied vom Original zur Kopie, aber was soll es . Was sonst hält einen Menschen 50 bis 60 Jahre in einem Keller.
Würde das Frauen passieren, würden wir sicher von einem Verbrechen aus gehen. Und wären empört, in welchen Zu- und Umständen da gelebt werden musste. Für Männer sieht das ganz anders aus. Die gehen da freiwillig runter und rein und bleiben da. Gerne. Freiwillig. Mit Loks, Gleisen und Weichen. Mit Figuren, Bäumen und Zäunen. Häusern, Bergen und Tunneln. Mit Klebstoff und anderem nützlichen Werkzeug.
Mal abgesehen davon, ist das doch ein weiterer Beweis dafür, wie wenig Männer eigentlich wirklich brauchen, um restlos glücklich sein zu können. Der Mann ist von Haus aus genügsam.
Ich würde sagen spartanisch. Erst durch die Gegenwart von Frauen knallt er vollends durch. Was er alles in Bewegung setzt, um Frauen zu beeindrucken - unglaublich. Wie sähe die Welt wohl aus, wenn es dieses Gehabe und Getue nicht gäbe.
Sie wäre sicher ärmer an männlichem Wahnsinn und Größenwahnsinn. An alle dem, was Männer eben so tun und haben, um Frauen zu gefallen. Aber sie wäre sicher reicher an ausgeglichenen Männern, die den Ball wirklich mal flach halten könnten.
Montag, 23. März 2009
Der Fortschritt: Es fährt ein Zug nach Irgendwo
Freitag, 13. Februar 2009
Du kannst nicht mit Geld umgehen
Es ist so wie mit dem Rot- und Weißwein und dem Fisch und Fleisch. Das ist ebenso ein völliger Blödsinn. Das hat man irgendwann mal eingeführt, damit die Menschen gleichermaßen Rot- und Weißwein trinken. Sonst hat das mit nichts zu tun. Der Mensch braucht Orientierung und diese muss so einfach sein, wie es geht. Damit es auch wirklich der Letzte versteht.
Deshalb sind schöne Menschen auch immer blöd. Obwohl man nicht sagt, dass hässliche Menschen wenigstens schlau sind. Ebenso sind muskulöse Menschen dämlich. Aber dünne Menschen werden deshalb nicht als intelligent tituliert. Sportliche Menschen sind schlecht in Mathematik – angeblich. Dieser „Wenn-Dann“-Blödsinn hat uns wirklich weit gebracht.
So einfach ist es nicht. Und von äußerlichen Merkmalen lässt sich das alles bei weitem schon mal nicht ablesen. Ganz im Gegenteil. Und mit Blick auf unsere gesellschaftliche Situation würde ich mal klar feststellen, dass uns dieses Schubladendenken dahin katapultiert hat, wo wir heute sind.
Also lasst euch das nicht einreden. Das ist alles völliger Blödsinn. Man kann etwas, weil man es kann – fertig. Und man kann etwas nicht, weil man es nicht will. Das muss man akzeptieren. Aber wirklich zu glauben, dass Äußerlichkeiten darüber Aufschluss geben, was Menschen können oder nicht, ist dumm und absurd, und stellt die Realität auf den Kopf. Und spiegelt die Wirklichkeit nicht wieder. Allein der Satz "Du kannst nicht..." sollte einem zu denken geben und Ansporn sein. Wie, ich kann nicht? Das wollen wir ja mal sehen.
Donnerstag, 5. Februar 2009
Und plötzlich
Im Leben wird versucht, alles zu kontrollieren, aber wenn das „plötzlich“ eintritt, dann ist von der Kontrolle nichts mehr zu sehen. Der Teil des Lebens, den wir glauben zu kontrollieren, ist so verschwindend klein, dass es sich eigentlich nicht lohnt, unbedingt zu versuchen, die Kontrolle über alles für sich zu gewinnen. Zudem ist ein Leben unter Kontrolle kein sehr fantasiereiches, spontanes, impulsives, intuitives und lebendiges Leben. Es ist weit mehr ein Leben in Angst, die Kontrolle zu verlieren, die man ohnehin nicht hat.
Diese Angst vor dem Kontrollverlust macht aus Menschen eigenartige Individuen. Die Klaviatur des Lebens ist bei solchen Menschen sehr klein, eingeschränkt und eintönig. Das wenige ist oft begleitet von einer Art Perfektion. Die aber nicht dem Ergebnis in der Sache dient, sondern dem selbst empfundenen Kontrollverlangen. Sich selbst kontrollieren, die Dinge kontrollieren wollen und die schlimmste Form, Menschen kontrollieren zu müssen. Alle Formen sind weit verbreitet in unserer Gesellschaft. Und die meisten selbsternannten Perfektionisten haben wie gesagt mit der Sache nichts am Hut, sondern weitaus mehr mit der Angst, etwas könnte außer Kontrolle geraten.
Es ist eine Frage des Lebensweges, wie man mit diesem Thema umgeht. Wer auf seinem Lebensweg häufig, willkürlich und heftig Begegnungen mit „außer Kontrolle“ gehabt hat, der wird einen gänzlich anderen Umgang damit pflegen als Menschen, für die "außer Kontrolle" jede Kleinigkeit ist, die nicht an ihrem Platz vorzufinden war. Menschen, die jede Änderung und Veränderung an den Rand einer mittelprächtigen Panik bringen.
Der Umgang mit Kontrolle und Kontrollverlust wird einem ja auch nicht beigebracht oder erklärt. Die meisten Menschen gehen mit diesem Gefühl sehr einsam durchs Leben. Dabei wäre eine Veränderung so leicht. Man muss nur das Gegenteil von Kontrolle in sein Leben lassen. Das bringt die falsch verstandene Kontrolle ganz gut ins Gleichgewicht.
Dienstag, 20. Januar 2009
Alle
Ich bin kein „Alle“-Mensch. Nein ganz und gar nicht. Ich bin ein „Ich“-Mensch. Aber ich kenne viele „Alle“-Menschen. Die tagein tagaus und sogar Nachts versuchen, allen und allem gerecht zu werden. Und obwohl sie wissen, dass sie selbst dabei komplett auf der Strecke bleiben, können sie nicht anders.
Der Druck steigt. Die unerfüllten Listen werden länger und länger. Die persönliche Enttäuschung steigt und steigt. Was für ein Leben? Schmerzhaft. Der ständige Versuch allen und allem gerecht zu werden und sich dabei selbst völlig zu vernachlässigen. Nur auf die Zustimmung und Anerkennung der Anderen zu hoffen.
Oftmals geraten solche Menschen in eine grausame Abhängigkeit. Von Menschen, die längst rausbekommen haben, was man bei anderen Menschen mit dem Auslösen eines schlechten Gewissens alles bewirken kann, vor allem für sich selbst, den eigenen Vorteil.
Diese „Alle“-Menschen müsste man eigentlich unter einen besonderen Schutz stellen, denn sie sind prädestiniert dafür, ein Leben lang ausgenutzt zu werden. Und ein Leben lang mit dem Gefühl zu leben, nicht gut genug zu sein. Brutal.
Mittwoch, 19. November 2008
Demokratie
Erinnern Sie sich noch? Alle Gewalt geht vom Volke aus. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Der Abgeordnete ist nur seinem Gewissen verantwortlich. Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Das fällt mir gerade ein, als ich in der Tagesschau sehe, wie ein paar der gerade in Berlin anwesenden politischen Vertreter ausbaldowern, dass sie dem angeschlagenen Autobauer Opel, der zu General Motors gehört, mit meinen Steuergeldern unter die Arme greifen wollen. Hallo? Meine Stimme habt ihr dafür nicht.
Wenn ein amerikanischer Autobauer die Produktlinie in Deutschland bestimmt und jahrelang Autos baut, die der Markt nicht kauft, ist es auch keine Lösung, wenn dies jetzt mit meinen Steuergeldern zwangsweise nachgeholt wird. Das rettet auch keinen der 26.000 verbliebenen Arbeitsplätze in Deutschland. Keinen einzigen. Im Gegenteil. Wie wir gelernt haben, ist es viel sinnvoller die Unternehmen vom Markt gehen zu lassen, die vom Verbraucher nicht angenommen werden. Außer vielleicht es wäre ein meritorisches Gut, was man bei Opel beim besten Willen nicht behaupten kann.
Ich wäre hingegen dafür, dem einzelnen Verbraucher viel mehr Netto von seinem selbst verdienten Brutto zu belassen. Sich stark zu machen für den kleinen Selbstständigen, den mittelständischen Unternehmer, den Handwerksmeister und den so genannten Mittelstand, weil das die sind, die hier den Großteil des Wohlstandes erwirtschaften und die, die die Mehrzahl der Arbeitsplätze schaffen. Das Geld, das jetzt Opel in den Rachen geschleudert wird, landet mit 100%-iger Sicherheit sowieso auf irgendeinem obskuren Konto von GM. Hallo? Meine Stimme habt ihr dafür nicht.
Meine Stimme hättet ihr, würdet ihr euch auf die eigentlichen politischen Aufgaben besinnen und nicht nur auf die Wählerstimmen des nächsten Herbstes schielen. Leider habe ich einen ganz anderen Eindruck.
Was also tun? Mich einreihen in die gute Hälfte der Verweigerer, die sich offensichtlich sagen, da kann man sowieso nichts machen. Was soll ich wählen gehen? Nein. Weil es eine ganz andere Lösung gibt. Eine einfache, eine geniale. Wir in Bayern haben es dieses Jahr rein zufällig entdeckt. Das demokratische Geheimnis.
Stellen Sie sich einfach im nächsten Herbst die Frage: „Fühlen Sie sich von unseren Berliner Vertretern vertreten?“ Wenn ja, machen Sie das, was Sie immer machen. Aber wenn nicht?
Dann wählen Sie einfach eine der Parteien, die bisher noch nicht im Bundestag vertreten waren. Egal, wie sie heißt, Hauptsache, sie hat bisher noch nicht mitgespielt. Ganz plötzlich fangen alle politischen Vertreter ganz hektisch an, uns zu vertreten. Wenn sie merken, es geht an ihre Pfründe, dann interessiert sie plötzlich der Wählerwille und sie fragen sich, was der Souverän denn eigentlich will. Dann beginnt sich in all dem Heulen und Zähneklappern der Ex-Etablierten tatsächlich so etwas, wie ein kleines Pflänzchen Demokratie auszubreiten.
Leute, wenn das sogar in Bayern möglich war, was schaffen wir dann erst nächstes Jahr in Berlin?
Donnerstag, 13. November 2008
Wie Kinderspiele unser Verhalten prägen
Für alle, die sich erinnern können und wollen, denen wird unweigerlich auffallen, wie sich die Art und Weise von Kinderspielen auf die Menschen außerhalb des Kinderalters überträgt. Nichts prägt die Art der Führungskultur mehr als die Spielweise aus den Kinderjahren. Dabei prägen auch die Spiele selbst. Der Umgang mit der Zukunft ist in der Vergangenheit verankert. Der lockere und riskante Umgang mit Geld z.B. beim Monopoly spielen.
Ich bin überzeugt, dass hier oft die Ursache und der Ursprung für Verhaltensweisen der Führungsspitzen liegen. Auch wer offensichtlich zu viel Spielzeug hatte. Keine Spielpartner hatte. Wer allein spielen musste und somit sein eigener Gegner war. Wer viele Geschwister hatte. Wenn die Altersabstände gering oder groß waren. Wer nicht verlieren konnte. Wer einfach nicht gewinnen konnte. Wer schon als Kind alle Register gezogen hat, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Wer im falschen Alter die falschen Spiele gespielt hat.
Wer lieber gepuzzelt hat. Wer lieber Stratego gespielt hat. Wer am liebsten um einen Einsatz gespielt hat. Wer Eisenbahnen aufgebaut hat, um damit nicht zu spielen, wenn sie fertig waren. Wer spielerisch Tätigkeiten nachgegangen ist, die andere als Arbeit beschreiben würden. Wer vorzugshalber mit sich gespielt hat. Wer andere hat gern gewinnen lassen. Wer das gewinnen so liebte, weil er dadurch Wertschätzung und Anerkennung erfuhr. Wer sich um jeden Preis einen Vorteil verschafft hat.
Ich denke, es wäre mehr als schlau, genau da anzusetzen, wenn wir uns eine andere Qualität von Führungskräften wünschen. Spielkultur als Umgangskultur mit Werten und Tugenden betrachten würden, nicht nur als Überbrückung oder füllen von Zeit. Ich bin mal gespannt, was für eine Führungskultur aus den Display-Guckern wird. Die Jahre ihres Lebens immer am Rande saßen mit einem Spielgerät in der Hand und ausschließlich mit sich selbst und völlig fremden Welten beschäftigt waren.
Was können wir von diesen Menschen erwarten? Oder anders gesagt, was müssen wir erwarten? Auflösung folgt.
Donnerstag, 14. August 2008
Qualitätsmerkmal: Faulheit der Kategorie 2
Vorab: Es gibt für mich 2 Arten von Faulheit. Die eine sind Menschen, die keine Energie aufbringen. Die andere, das ist die Form, die ich meine, sind Menschen, die lieber mit weniger mehr erreichen. Das ist ein riesengroßer Unterschied. Ob man einfach nur keinen Bock hat oder ob man möglichst schnell ans Ziel kommen will, weil man einfach zu faul ist, Umwege zu gehen.
Also wäre das schon mal geklärt. Ich bin nämlich „faul“, Kategorie 2. Was zur Folge hat, dass ich immer möglichst schnell, direkt, komfortabel, angenehm und gut an ein Ziel kommen will. Im Laufe der Zeit habe ich mir zum Beispiel Mitarbeiter ausgewählt, welche derselben Faulheits-Kategorie entspringen wie ich. Denn dann unterstützen sie mich noch mehr in meinem Bemühen, auf dem besten Weg an die besten Ziele zu gelangen.
Diese Menschen sind in der Sache unglaublich gut organisiert, denn sie haben keine Lust, einen Weg zweimal zu gehen. Wenn ich Soßen aus dem Kühlschrank zum Grillen nach draußen bringe, dann erkennt man schon den Unterschied. Ich nehme einen großen Korb und ich nehme alle Soßen mit. Auch diejenigen, die überhaupt nicht zu dem passen, was auf dem Grill liegt.
Der Faule Kategorie 1 grillt nicht. Der bestellt Pizza. Und Menschen, die nicht-faul sind, die gehen 6-mal hin und her mit verschiedenen Soßen in beiden oder sogar nur einer Hand. Die fragen, welche Soßen man mit raus nimmt. Welche man empfehlen kann. Welche gut zum Essen passen. Um dann beim Grillen festzustellen, dass die eine oder andere Soße doch fehlt und was am schlimmsten ist, bei dem ganzen Gerede über Soßen, haben nicht-faule Menschen Salz und Pfeffer vergessen.
Wir in der Agentur sind also deshalb so schnell, weil wir keine unnötigen Wege gehen wollen. Und nun kommt das Allerbeste bei faulen Menschen der Kategorie 2. Nicht-faule Menschen stopfen in die Zeit, welche man sich mühevoll mit viel Stress und Arbeit frei geschaufelt hat, gleich noch mehr rein. Das machen faule Menschen der Kategorie 2 nicht. Um beim Beispiel mit den Grillsoßen zu bleiben, die trinken dann schon mal ein Glas Rosé, während der nicht-faule Mensch in die frei gewordene Zeit direkt was anderes reingestopft hat.
Somit sind faule Menschen der Kategorie 2 Menschen, die immer gleichzeitig von zwei Dingen profitieren wollen: materieller rationaler Gewinn und immaterieller emotionaler Gewinn. Und das möglichst gleichmäßig. Im Gleichgewicht. Und wenn eins von beidem mal ausbleibt, hat man wenigstens das Andere gewonnen. Alle anderen stehen mit leeren Händen da.
Mittwoch, 11. Juni 2008
Zeit der Unverbindlichkeit
Ein Wort ist ein Wort. Auf mein Wort können Sie zählen. Hand drauf. Gesagt – getan. Worauf Sie sich verlassen können. Ach waren das schöne Zeiten. Nichts wurde relativiert, verschoben, verzögert und vergessen. Wir sind angekommen in einer Zeit der totalen Unverbindlichkeit. Alles könnte nur noch so sein, wie es scheint. Man verabredet sich ganz unverbindlich und kann dieses Treffen sausen lassen, ohne den anderen darüber zu informieren.
Man holt sich ganz unverbindlich Angebote rein und muss sich nie mehr dazu äußern, geschweige denn sich melden. Nichts erzielt mehr den Status von absoluter Sicherheit und Zuverlässigkeit. Alles ist und bleibt offen.
Woher kommt diese Welle der Unverbindlichkeit? Irgendwoher muss diese ja kommen. Die Menschen machen nichts von selbst, sondern aus einer Entwicklung heraus, weil sich das Bewusstsein geändert hat oder sie machen es einfach nach.
Man fühlt sich einfach nicht mehr verantwortlich und hat dabei nicht mal ein schlechtes Gewissen. Ist das eine gute oder eine schlechte Entwicklung? Wenn sich keiner mehr verantwortlich fühlt, dann ist doch niemand mehr zuständig. Oder? Wer heute versucht, einen Termin zu machen, der trägt diesen mit derselben Unverbindlichkeit ein. Ich ertappe mich des öfteren dabei, dass ich Termine mehrfach belege. Weil ich locker davon ausgehen kann, dass sich ohnehin alle verschieben oder in Selbstgefallen auflösen.
Es liegt an der Parallelität der Ereignisse, denke ich. Wir kommen nicht daran vorbei, dass unsere Wahrnehmung zunehmend oberflächlicher wird. Denn wir haben ein Ohr beim Handy, ein Ohr beim Telefon, wir werfen ein Auge auf den Posteingang unseres Computers und dann lauschen wir auch noch nach dem Faxgerät, weil wir einen unterschriebenen Auftrag erwarten.
Gegen 11.00 Uhr müsste die Post kommen. Unsere Sinne sind nicht mehr bei einer Sache. Wir können die Dinge nicht mehr hintereinander ordnen, sondern sie verlaufen parallel. Und diese parallelen Ereignisse werden mehr und sie beschleunigen sich auch noch. Somit wird unsere Wahrnehmung immer oberflächlicher, was zur Folge hat, dass wir unverbindlicher werden.
Wenn ich am Computer sitze, wie gerade jetzt, und jemand mich anspricht, dann sage ich, nur um meine Ruhe zu haben, zu allem „Ja“ und „Amen“ Oder da meine Konzentration gerade auf diesem Blogbeitrag beruht, habe ich alles, was gesagt wurde, innerhalb kürzester Zeit schon wieder vergessen. Wenn ich morgens die Mails checke und einige schnell beantworte und meine Frau mir aufträgt, etwas zu besorgen, habe ich das innerhalb von zehn Minuten vergessen.
Wir sind nicht mehr an einem Ort. Wir sind nicht mehr bei einer Sache. Sondern wir sind im selben Moment an vielen Orten und an vielen Dingen gleichzeitig. Das muss unweigerlich zu dieser unerträglichen Unverbindlichkeit führen.
Donnerstag, 5. Juni 2008
Einbildung

Einbildung ist bekanntlich auch eine Form von Bildung. Dies setzt natürlich voraus, dass man eine Wahrheit so verändert, dass diese in der eigenen Wirklichkeit ganz anders erscheint, als für alle anderen in Wahrheit zu erkennen ist. Und auch in Wirklichkeit.
Es war in Wahrheit ein Grottenkick. Mit Hilfe der Einbildung behauptet jemand nun einfach, es war in seiner Wahrheit ein gutes Fußballspiel. In Wirklichkeit bleibt es aber ein Grottenkick. Das haben ja alle gesehen, die es angeschaut haben. Somit kann die Einbildung die Wahrheit verändern, zum Guten und zum Schlechten.
Aber in Wirklichkeit bleibt es so, wie es ist. Doch die Wahrnehmung beeinflusst mit Hilfe der Einbildung die Wirklichkeit. Wenn Sie das verstanden haben, dann können sie auch verstehen, warum in Wirklichkeit Werbung oft so schlecht ist und in Wahrheit für diejenigen, die es zu verantworten haben, ganz anders aussieht.
Woher die große Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung von Wahrheit und Wirklichkeit? Einige wollen es einfach nicht wahrhaben. Und damit dies gelingt, setzen sie das Hilfsmittel der Einbildung ein. Unter dem Einfluss der Einbildung kann man alles so darstellen, wie man es sich wünscht, dass alle es in Wirklichkeit auch wahrnehmen sollen. Ohne dass dies so ist.
Denn die Einbildung ist schlau. Sonst wäre es ja keine Bildung. Diese tut sich nur bei Personen rückversichern, die der Einbildung folgen, aus welchen Gründen auch immer. Und die Einbildung ist nicht so dämlich, sich da rückzuversichern, wo jemand ihrer selbst auf die Spur kommen könnte.
Somit leben einige nicht ganz unwichtige Menschen einen Großteil ihres Lebens in der eigenen Einbildung, ohne mit der Wirklichkeit in Berührung zu kommen. Obwohl sich die Frage aufdrängt: Verdrängt die Einbildung, die eigentliche Bildung? Das wäre übel, würde aber vieles bis hin zu allem erklären.
Das ist so, als ob man etwas würzt. Und zwar so scharf würzt, dass vom eigentlichen Geschmack nichts mehr übrig bleibt. Somit hat Einbildung etwas von sehr vielen Chilischoten in einem und demselben Essen.
Die Auswüchse der Einbildung und möglichen Verdrängung von Bildung sind mit Verlaub gesagt – überall zu sehen. Die Einbildungspolitik steht somit auch der Bildungspolitik schwer im Weg. Unausweichlich würde ich mal salopp formulieren: Wenn man etwas gegen die Einbildung macht, macht man automatisch etwas für die Bildung. Will das überhaupt jemand - fragt man sich da. Man kann es kaum glauben bei der ganzen Einbildungspolitik.
Man könnte ja mal einen Anfang machen und z.B. Politikern das Werben mit dem eigenen Konterfei verbieten und nur das Zitieren und Argumentieren aus dem Programm erlauben. Das wäre ein großer Schritt gegen die Einbildung von Politikern. Und ein erster. Gut wären auch Pflicht-Angaben, wie bei Nahrungsmitteln: 1.62 cm, 93 Kilo, gefärbte Haare....
Foto: Peter von Felbert
Mittwoch, 21. Mai 2008
Und fast alle wundern sich
Dinge passieren. Ständig und überall. Jedem und allen. Normales, Seltsames, Überraschendes, Freudiges, Langweiliges, Wunderbares, Unerwartetes bis hin zu Unvorstellbarem. Und wenn es wieder und wieder passiert, dann wundern sich die meisten. Wie konnte das nur passieren? Uns, mir, ihm, ihnen und denen.
Die Dinge laufen nicht nach Plan und man wundert sich. Die Dinge laufen aus dem Ruder und man wundert sich. Die Dinge laufen ganz anders als erwartet und alle wundern sich. Damit hat niemand gerechnet. Damit konnte auch niemand rechnen. Und das allgemeine Wundern tritt ein. Warum ich? Warum wir? Warum die? Warum da? Warum jetzt? Warum erst dann?
Das Wundern nimmt einen immer größer werdenden Teil in unserer Gesellschaft ein. Es gibt immer Gründe und Anlässe, sich wirklich zu wundern. Früher war das nicht so, wen wundert's? In Zukunft werden wir einen Großteil unserer gedanklichen Kraft auf das Wundern verwenden. Denn immer groteskere, absurdere und unnormalere Dinge passieren. Wir entdecken immer Gründe und Abgründe, uns zu wundern.
Das verwunderte Kopfschütteln wird zu einem Zeichen unserer Zeit. Wie konnte nur? Hätte man nicht? Das Unglaubliche tritt über zur Tagesordnung. Man wundert sich von einem Ereignis zum anderen. Aber auch im Kleinen wundert man sich. Über sich selbst wundert man sich auch immer mehr.
Und dann wundert man sich, wie schnell etwas geht. Oder wie weit. Oder wie hoch. Immer mehr Türen werden geöffnet, durch die wir alle schreiten, ob wir wollen oder nicht, um dahinter wieder etwas zu entdecken, über das wir uns wirklich wundern.
Wussten Sie eigentlich? Haben Sie schon gehört? Das Normale an unserer Welt haben wir förmlich gefressen. Es scheint uns zu langweilen. Wir werden nur noch mit Dingen konfrontiert, die uns wundern – sollen. Und auch wir fangen an, nur noch Geschichten zu erzählen, über die sich andere wundern – sollen.
Also ich wundere mich immer mehr über das, was alles so passiert. Aber im Gegensatz zu früher möchte ich über das meiste nicht mehr wissen, als das, was ich weiß und das mich wundert. Mein Interesse, vielen Dingen auf den Grund zu gehen, nimmt rapide ab. Es sind einfach auch zu viele Aspekte, die mich plötzlich wundern. Somit bleibt mir oft nicht mehr als mich nur zu wundern, um es dann einfach abzuhaken.
Ich erfreue mich zunehmend an allem, was wenigstens normal läuft und oder ist. Normalität erscheint mir in einem ganz neuen Licht. Sich nicht wundern müssen, ist doch auch mal schön. Ein gutes Gefühl.
Mittwoch, 16. April 2008
Gefangen im "Laberinth"
Die Summe interessanter, wesentlicher, wichtiger, notwendiger Informationen und Nachrichten ist leider begrenzt. Aber immer mehr Informationen/Nachrichten müssen an den Mann gebracht werden. Ob Informationen zu Produkten und Dienstleistungen. Informationen zur Lage der Welt und Mecklenburg-Vorpommern. Information zu Trends und Entwicklungen. Informationen von Interessengemeinschaften, Institutionen und Parteien. Informationen zum linken Knöchel eines beliebigen Fußballers. Zur Adoption eines Kindes. Alles, was sich bewegt oder auch nicht, ist im Prinzip eine Information.
Ähnlich wie unser vegetatives Nervensystem durchdringen immer mehr Informationen, quellen immer mehr Informationen, fluten immer mehr Informationen den Erdball. Wo früher eine einfache Information genügte – wie Hunger – und daraus ein Verhalten abgeleitet wurde – Essen – wird diese Information nun in alle Bestandteile aufgelöst. Und diesen werden noch Unmengen an Bestandteilen hinzugefügt, die man hinter der Information Hunger sicher nicht erwartet hätte.
Aus einer einfachen Information werden so ca. 34.890.000 Informationen und wir reden gerade nur über Hunger. Da gibt es noch ein paar weitere wichtige Informationen, die sich explosionsartig in Milliarden weiterer Informationen aufgegliedert haben.
Dabei hat sich auch noch die Informationsgeschwindigkeit so extrem vom Schneckentempo zur Lichtgeschwindigkeit gesteigert, dass die eigentliche Katastrophe nicht nur die Masse ist, sondern dass diese Masse auch noch mit Lichtgeschwindigkeit um den Erdball rast.
Und das ist immer noch nicht alles. Die Träger, Verbreiter, Erfinder, Macher von Informationen haben sich im Zuge dieser Entwicklung auch explosionsartig vermehrt. Somit müssen auch noch ständig Informationen nachkommen – in der beschriebenen Masse und Geschwindigkeit – was zu neuen Verhaltensauffälligkeiten und Formen im Umgang mit Informationen führt, führen muss. Hinzu gesellen sich noch die Informationen zu Produkten und Dienstleistungen, deren Lebenszyklen immer kürzer werden und dass immer mehr Produktgenerationen in immer kürzeren Abständen aufeinander folgen.
Die Absichten und Versprechen werden ständig anders und neu formuliert. Ein Brot. Ein Bio Brot. Ein Bio Mehrkornbrot. Ein tagesfrisches Bio Mehrkornbrot. Ein hausgemachtes tagesfrisches Bio Mehrkornbrot. Ein tagesfrisches hausgemachtes und nur aus natürlichen Zutaten aus dem unmittelbaren Umland bestehendes Bio Brot mit gesunden Ballaststoffen und vitaminreichem handgeschroteten Mehrkorn. Im Angebot – Brot des Tages: Das tagesfrische hausgemachte und nur aus natürlichen Zutaten aus dem unmittelbaren Umland bestehende Bio Brot mit gesunden Ballaststoffen und vitaminreichem handgeschroteten Mehrkorn....
Somit stellt sich schon lange nicht mehr die Frage, welche 50% der Werbung funktioniert. Denn diese These beruht auf einer ganz anderen Voraussetzung, dem ruhigen fast besinnlichen Fluss von Informationen. Die Frage, die sich heute stellt, lautet, welche 0,5% der Werbung funktionieren überhaupt noch. Ist das Erhöhen und Vermehren von Informationen, so wie es alle machen, überhaupt noch zielführend.
Die Redensart lautet ja auch: Affen machen alles nach. Von Menschen ist da nicht die Rede. Noch nicht. Somit komme ich für mich immer mehr zum Entschluss, dass mir die Marken, Informationen, Produkte und Dienstleistungen am sympathischsten erscheinen, die mir am wenigsten auf die Pelle rücken. Die weniger präsent, weniger laut sind, mit denen andere schon gute Erfahrungen gemacht haben.
Ich behaupte mal, wenn eine Partei beim nächsten Bundestagswahlkampf hingehen würde – Und komplett auf Wahlwerbung verzichten würde. Die Informationsflut selbst eindämmen würde und das Geld in 1.000 sinnvolle Projekte aus deren Parteisicht investieren würde. Und im Internet alle weiteren Informationen für den Interessierten zur Verfügung stellen würde und nur das Projekt 1.000 bessere Ideen für eine bessere Zukunft dokumentieren würde. Und die Ideen alle relevanten gesellschaftlichen Bereiche tangieren würden, so dass aus der reinen Behauptung die sichtbare und erlebbare Umsetzung folgen würde – Ich denke, ich meine, diese Partei würde im 2-stelligen Bereich Zuwachszahlen erzielen. Und zwar mit Recht.
Was hier nur ein Beispiel für die Politik ist, ist auf alle anderen Bereiche ebenso übertragbar. Einer muss nur den Anfang machen, dann werden die Affen alles nachmachen und die Menschen natürlich auch.
Das wäre ein Weg raus aus dem Laberinth. Und für viele Firmen eine gute Chance.
Freitag, 28. März 2008
Werbung mit Kultur?! Paradox – Unmöglich – Wahnsinnig – verlorene Liebesmüh?
Mir ist bei meiner Arbeit aufgefallen, dass ich ziemlich zwischen den Stühlen sitze. Und zwar genau zwischen Kunst und Werbung. Für die wahre Kunst reicht es nicht. Niemals oder noch nicht. Aber für die reine Werbung reicht es auch nicht. Niemals oder noch nie.
In der Zusammenarbeit mit Peter von Felbert, meinem Haus-und-Hof-Fotografen, wird mir das immer bewusster. Wir wollen nicht nur Werbung machen, sondern immer auch ein gutes Stück Kunst. Wir können aber nicht nur Kunst machen, deshalb machen wir ein gutes Stück auch Werbung.
Also, Werbung mit Kultur. Besonders aufgefallen ist es mir anhand des Aufwandes, den wir betreiben. Für eine gute Idee stehen wir drei Tage 16 Meter unter der Erde. Oder rasen mit einem VW Bus parallel zu einem A 340. Um das eine Foto heraus zu kitzeln.
Das Schlimme ist: Wir können nicht anders. Für eine gute Idee - und das ist eine mit Kultur - brennt bei uns die Sicherung durch. Hin und wieder beneide ich dann schon ein wenig die vielen Werber, die das alles mit Stockfotos und ambitionierten Headlines machen. Unternehmerisch gesehen ist das sicherlich sinnvoller und erfolgreicher.
Warum? Ja, warum nur? Ich weiß es nicht. Außer der einfachen Antwort: "Ich will und ich kann nicht anders". Ständig bin ich darum bemüht, das jede noch so winzige Idee, einem das Gefühl vermittelt, dass sie ein Stück weit zu einer verbesserten Kulturlandschaft beiträgt. Lächerlich, oder? Zum Totlachen!
Aber was will man machen, wenn man nicht anders kann, will. Und mittlerweile auf besonderen Kundenwunsch auch soll. Kein Detail ist zu klein, dass es nicht seinen Teil dazu beitragen könnte. Und ich freue mich wie ein Kind und ein Schneekönig zugleich, wenn mir diese Art von Kultur in der Werbung begegnet.
Das passiert nicht oft. Dafür sind diese Art von Begegnungen umso schöner. Wer weiß, vielleicht lohnt es sich ja mal? Eventuell kommt der eine oder andere Kunde ja auch noch dahinter, dass Werbung nicht so platt und stumpfsinnig, einsilbig, eintönig, laut und einfältig sein muss. Sondern das sie ein gutes Stück mehr leisten kann, wenn sie diesen besonderen Esprit von Kultur in sich trägt.
Sonntag, 6. Januar 2008
Die Flipper-Strategie

Wer kennt das nicht – einiges zu tun, viel noch nicht erledigt und noch mehr kommt auf einen zu. Berge von Problemen, die man in Neudeutsch Herausforderungen nennt. Es wird so viel, zu viel, so dass man nicht mehr weiß, wo man anfangen soll. Denn jeder Anfang frustriert unendlich beim Gedanken daran, was noch alles vor einem liegt. Dann lieber alles liegen lassen und hoffen, dass sich vieles von selbst erledigt. Was es aber in der Regel nicht tut. Man verliert die Übersicht und ist mehr damit beschäftigt, sich das nicht anmerken zu lassen, als etwas dagegen zu tun.
Der psychische Stress steigt und steigt, bis er sich auch körperlich auswirkt. Wie soll man diese Mengen bewältigen? Wie soll man in diesem Tempo mithalten? Ganz einfach – die Flipper-Strategie.
Jeder kennt hoffentlich einen Flipper, diesen Spielautomaten. Man schießt die Kugel los und reagiert auf das, was kommt. So lange bis die Kugel aus dem Spiel ist. Dann schießt man die nächste Kugel ins Spiel. Also völlig ungeordnet, völlig zufällig.
Man fängt einfach an, ohne Regeln, ohne Ordnung, ohne Prioritäten, ohne bewerten und am besten ohne groß nachzudenken. Man stürzt einfach auf das Erste, was einem begegnet und dabei begegnet man dem nächsten und so weiter und so weiter.
Das gute an der Taktik ist, dass man nicht ständig die Fülle der Dinge vor Augen hat, sondern gar nicht merkt, wie man ein Problem nach dem anderen hinter sich lässt. Erst diese Art von Chaosprinzip lässt uns eine neutrale Einstellung zu den Dingen finden. Wir begegnen allem und allen zufällig. Das macht die Begegnung mit den Problemen so einfach. Und die Lösung ebenso.
Denn wenn man plant, überdenkt man auch die Thematik, die Tragweite der Aufgaben, die da vor einem liegen. Und dieser Berg kann zu einem unüberwindbaren Gebirge werden. Da bleibt man doch lieber im Tal sitzen.
Ich habe diese Strategie selbst ausprobiert. Zuerst im privaten Umfeld. Flipper-Aufräumen. Das heißt, einfach irgendwo anfangen und alles erledigen, was einem begegnet. Wo es einen hintreibt. Was einem ins Auge sticht, über was man stolpert. So schießt man wie die Flipperkugel so lange durch die eigenen vier Wände, bis die Kugel auf nichts mehr trifft, was man aufräumen könnte. Fertig.
Es geht auch schneller. Und ich glaube sogar besser. Die Systematik und die Planung an sich kostet Energie und Zeit und wie gesagt, hält einem die Größe der zu bewältigenden Probleme ständig vor Augen. Wer will das sehen, das zieht total runter. Aber das kann man ja mit der Flipper-Strategie umgehen.
Die Flipper Strategie ist eine intuitive und emotionale Steuerung. Das locker zu bewältigen, was einem ständig zu viel wird. Probiert es mal selbst aus, Ihr werdet begeistert sein. Zusätzlich unterstützen kann man diese Strategie durch laute und coole Musik, die einen wie auf Händen trägt.
Dienstag, 4. Dezember 2007
Das Ereignisprinzip - mit dem Unterbewusstsein auf dem Holzweg

Der Mensch sucht immer nach Systemen. Alles muss eine Verbindung und einen Sinn ergeben. Nichts ist einfach nur so. Immer verknüpft er Zusammenhänge.
Ein Beispiel. Ich stehe mit meinem Auto an einer Ausfahrt. Ich kann rechts und links so gut wie nichts sehen. Somit muss ich mich langsam vortasten. Mein Gefühl sagt mir, umso länger ich warte und kein Auto kommt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass nun eins kommt.
Die Befürchtung steigt mit dem warten an. Wäre ich zügig losgefahren, wäre meine Befürchtung, es könnte zu einem Zusammenstoß kommen, wesentlich geringer. Statistisch gesehen ist das Blödsinn. Denn das Zufallsprinzip berechnet Vorfälle linear. Somit können an dieser Kreuzung genau aus dem von mir beschriebenen Grund zehn Unfälle passiert sein. Nur wann diese stattgefunden haben, weiß ich nicht.
Somit können es vor vier Jahren acht Unfälle in zwei Tagen gewesen sein. Oder der letzte war vor acht Jahren. Oder zwei erst gestern. Was macht mein Unterbewusstsein? Es stellt eine falsche Verbindung her, denn mathematisch gesehen, müssen beide PKWs zum exakt gleichen Zeitpunkt so zusammenkommen, dass ein Unfall unvermeintlich ist.
Warum steigt also meine Angst mit der längeren Wartezeit, wenn diese das Prinzip Zufall überhaupt nicht beeinflusst? Unser Unterbewusstsein stellt eine unlogische Verbindung, Verkettung der negativen Art her.
Sind wir lange nicht krank, befürchten wir, wenn wir krank werden, sehr krank zu werden. Haben wir Pech, gehen wir davon aus, das nächste Ereignis wird von ähnlicher wenn nicht sogar schlimmerer Ausprägung sein. Warum?
Wer kennt das nicht beim Glücksspiel. Schlechte Würfel sagen einem klar, das geht sicher so weiter, wird wenn überhaupt noch schlimmer. Dasselbe gilt natürlich auch anders herum. Hat man Würfelglück, geht man ganz selbstverständlich davon aus, dass dieses Glück einem mindestens treu bleibt, wenn nicht sich sogar steigern lässt.
Somit setzen wir mental im positiven wie im negativen Ereignisse linear fort, immer verbunden mit einer eventuellen Steigerung im positiven wie im negativen Fall. Wir stellen Verbindungen her und glauben, uns den Fortgang vorstellen zu können. Wir sind uns sicher, es muss in dieser Richtung weiterlaufen, obwohl es für das nächste folgende Ereignis ohne Einfluss bleibt. Ist es die Fortsetzung, fühlen wir uns sogar bestärkt. Ist es die Unterbrechung, beginnen wir eine neue falsche Verbindung herzustellen.
Dabei hat diese Vorahnung nichts mit der Realität zu tun. Die Ereignisse sind völlig unabhängig voneinander. Daher auch das Sprichwort: Was nur gut anfängt, wird schlimm enden. Was schlimm anfängt, wird grausam enden. Man kann dieses Phänomen überall betrachten. Verliert eine Mannschaft, so gehen alle davon aus, dass diese weiterhin verlieren wird. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Auch so ein Quatsch.
Alles ist immer offen. Alles kann immer anders sein. Somit empfinden wir nicht nach der Realität sondern nach einer unlogischen Emotion oder einer falschen Überlegung. Was unweigerlich dazu führt, dass wir uns auf Grund dieses Phänomens auch dementsprechend falsch verhalten und falsch entscheiden. In der festen Annahme, dass wir das nächste Ereignis in seiner Ausprägung vorausbestimmen können, verhalten wir uns auch dementsprechend. Wir begegnen somit überwiegend dem nächsten Ereignis nicht neutral sondern tendenziell, was den Ausgang nicht unerheblich beeinflusst. Wir sind so gut wie nicht fähig und bereit, eine „Nullstellung“ einzunehmen oder eine Objektivität und Neutralität walten zu lassen. Wir sind geistig gesteuert und geprägt von unseren falschen Vorahnungen.
Somit begegnen wir der Realität voreingenommen. Wir haben eine falsche Einstellung. In den meisten Fällen.
Überträgt man das auf Unternehmen, so stellt man fest, dass hier identisch agiert wird.
Falsche Verbindungen führen zu falschen Überlegungen und Entscheidungen. Im negativen wird in der Regel immer überreagiert und im positiven setzt man mit einer großen Selbstverständlichkeit voraus, dass es genau so weiter geht. Immer besser.
Es geht also darum, die Fähigkeit zu entwickeln, Ereignisse neutral und objektiv betrachten zu lernen. Diese zuerst isoliert zu betrachten. Das Ereignis erst als Einzelfall zu begreifen. Und dann, wenn es nötig und sinnvoll erscheint, diese in Verbindung oder andere logische Zusammenhänge zu stellen.
Ein einfaches Beispiel: Ein Mitarbeiter kommt zu spät zur Arbeit. Bedeutet dies etwa, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit ein unpünktlicher Mensch ist? Oder dass dies der Anfang davon ist, dass er häufig zu spät kommt? Was die Moral der ganzen Mannschaft untergräbt? Ist das der Anfang von einem Problem?
Würde man das "zu spät kommen" isoliert betrachten, dann würde man zu dem Mitarbeiter gehen und einfach fragen: Was war los? Und er würde einem eine Antwort geben. Diese lässt dann darauf schließen, ob es wirklich eine Ausnahme darstellt oder nicht. Oder der Mitarbeiter würde von selbst eine plausible Erklärung liefern und damit ist das Ereignis abgeschlossen.
Aber genau das tritt in den meisten Fällen nicht ein. Sondern hier beginnt im kleinen, was dann zu einem großen – falschen – Problem führen kann. Das zeigt, wie wichtig die Kommunikation ist, wie wichtig eine isolierte Betrachtung eines Ereignisses ist.
Wir multiplizieren sogar fälschlicherweise Vorahnungen in ihrer Ausprägung. In unserer Vorstellung fällt nicht nur ein Flugzeug vom Himmel, sondern ab diesem Ereignis fallen ständig welche vom Himmel.
Dieses Phänomen machen sich ganze Industrien und Branchen zu eigen. Sie wissen genau, welche Bedürfniskette losgetreten wird, wenn der entsprechende Vorfall eintritt. Und bedienen diese.
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