Sonntag, 5. Juli 2009
Königsplatz
Damals haben wir Latein gelernt, ohne zu wissen, dass wir später dadurch das große Latinum unser eigen nennen könnten und Griechisch? Na ja, das gehörte halt dazu damals. Als Humanist. <Maenin aeide thea> „Den Wahnsinn besingen wir, Göttin!“ mussten wir mit Homers Odysee auswendig lernen. Aber so wahnsinnig, dass wir später die Glyptothek aufsuchen würden? Nein, so verrückt sind wir dann doch nicht geworden.
Bis gestern. Gestern früh waren wir eingeladen zu einer Rosenhochzeit. In der Glyptothek. Wenn ihr durch die Propyläen fahrt, das linke Gebäude. Rechts ist die Antikensammlung, wo gerade die Ausstellung „Starke Frauen“ läuft. Na,servus! Ihr müsst durch den Haupteingang zum Cafe. Wie?
Wenn die Eintritt verlangen, sagt der sei schon bezahlt von der Rosenhochzeit.
Ein Cafe mit Eintritt? In der Glyptothek? Wenn du da mal nicht den Wahnsinn besingst? Aber tatsächlich. Wir wenden uns nach den Propyläen - waren die jetzt dorisch oder korintisch? - nach links in den Haupteingang und dürfen glatt in den Innenhof, wo hinten das Cafe liegt. Wunderbar, herrlich. Eine Oase der Ruhe. Wer da auch mal hin will, muss bloß einen Euro Eintritt zahlen. Dann darf er rein. Aber nicht nach links oder rechts gucken, wo die Statuen stehen, die Köpfe und Satyre vergangener Epochen. Es gibt auch eine Jahreskarte für die Stammgäste für 2,50. Im Jahr. Meckern kann man da nicht, höchstens den Wahnsinn staatlicher Subvention, eine Art moderner Göttin, besingen.
Wir saßen da also unter Sonnenschirmen bei Kuchen, Torte, Milchkaffe, Sekt und Wein im Atrium. Und Mineralwasser für mich. Auch einen Blick in die ersten Hallen durfte ich schon wagen. Bis dann eine Frau Doktor Archäologin kam, um uns zu führen. Das war Bestandteil der Feier. Wir Münchener bildeten also eine Touristengruppe für 13 Hallen und Säle. Thematisch gehalten durch Dionysos den Gott des Weins und des Spiels. Dargestellt in diversen Statuen und Fresken. Anschaulich erzählt und längst vergangene Geschichten in Erinnerung bringend. Auch wenn der Aphaiatempel in Ägina damals oder natürlich die Akropolis in Athen irgendwie imposanter aussahen als im Modell. Aber schlecht war es nicht dieses kulturelle Aha-Erlebnis.
Ab dem 17. Juli findet übrigens in diesem herrlichen Innenhof der Glyptothek der Theatersommer statt. Zur Aufführung kommt unter freiem Himmel eine Satire von Aristophanes, ein 2.500 Jahre alter Comedian, der heutzutage sein Dasein bei SAT 1 fristen müsste. Mit gedecktem Tische im Dionysischem Sinne, also zum Spiel gibt es Wein und Brot. Das ist ja das Gute an dieser Kultur: Man kann saufen wie ein Elch und gilt dabei noch als Bohemien. Ich gestehe: Ich habe heute zwei Karten gekauft.
Dienstag, 23. Juni 2009
Tag des öffentlichen Dienstes
Jedenfalls musste ich letzte Woche ins Kreisverwaltungsreferat. Das ist in München so ein typischer Never-Come-Back-Bau, als säße Friedrich Nietzsche persönlich vorm Eingang und warte vergeblich auf Einlass beim jüngsten Gericht oder hätte George Orwell dieses Gebäude vor Augen gehabt, als er das Ministerium für Gutsprech 1984 beschrieb.
Bei meinem ersten Besuch in dieser Sache kam ich gegen 20 Minuten vor 08:00 Uhr, in der Meinung, es sei noch nicht so voll. Irrtum. Es war voll. Allerdings nicht drinnen, sondern schon draußen vor den Toren. Die öffnen nämlich erst um 08:00. Eine Behörde in einer Großstadt, die erst um 08:00 Uhr öffnet? Da heißt es ja gleich Urlaub nehmen für jeden Gang nach Canossa. Auch die Tiefgarage wurde von einer bis an die Zähne bewaffneten Uniformierten verteidigt als ich um 07:34 Uhr einfahren wollte. Da könnte ja jeder kommen und den kostbaren Parkbeton schon vor 08:00 Uhr abnutzen und in der kalkulierten Lebensdauer deutlich ramponieren. Jedenfalls wurden die Tore um Punkt 8 geöffnet, so dass die 10.000 Wartenden sich gemütlich Tsunami-gleich ins Gebäude stürzen und verteilen konnten. Drinnen fallen die vielen Leute kaum auf. Es ist riesig dieses Dingens. Nur der Info-Point, zu dem man gehen muss, um eine Nummer und ein Formular oder mehrere zu ziehen, wird umlagert als würde die Hofpfisterei ihre Brotpreise schon morgens halbieren.
Jedenfalls, ich schweife ab, sollte ich beim nächsten Besuch nur an der Kasse den fertigen Ausweis abholen kommen.
Jetzt mein nächster Besuch. Direkt schon schlau kam ich so, dass ich um 08:01 ins Parkhaus einfahren konnte und direkt in den 1. Stock durchmarschierte. Komisch, es kam mir so leer vor plötzlich. Also nicht leer, sondern leer, still, mucksmäuschen. Aber meine Uhr zeigte 08:05 Uhr, morgens, MEZ. Der erste Info-Point war geschlossen. Auch der nächste. Keine Leute! Himmel, was ist passiert? Da, die Kasse! Tatsächlich drinnen sitzt eine gelangweilte junge Frau mit gelbrotenlila Haaren. Aber keine Leute. Ich sage also, dass ich meinen Ausweis abholen möchte. Antwort: Da brauchen Sie einen Laufzettel. Ich: Ich wollte nur meinen Ausweis abholen. Da brauchen Sie einen Laufzettel. Ich: Was ist das? Ich möchte nur meinen Ausweis abholen. Es hieß, ich brauche nur zur Kasse zu kommen. Antwort: Einen Laufzettel, den bekommen Sie bei den Kollegen hinter dem Info-Point. Aber heute ist zu, versetzte sie mir den Todesstoß. Heute ist für den öffentlichen Verkehr geschlossen. Ich: Wie? Zu? Es ist Mittwoch. Morgens. 08:15 Uhr MEZ. In München. Weltstadt mit Herz.
Mit zu allem entschlossenen Schritt ging ich um die Ecke zu meinem geschlossenen Info-Point. Tatsächlich. Ganz hinten, in einer Reihe Formulare, unsere Öffnungszeiten, mittwochs für den Publikumsverkehr geschlossen. Todesmutig ging ich an die Tür, vor der ich schon vor vier Wochen auf Einlass hoffte. Sie war offen. Drinnen saß ein Mann, ein Mensch. Jemand, der arbeitet.
Ich denke, er erkannte mich, obwohl ich bei seiner Kollegin gewesen war. Jedenfalls interpretierte ich so seinen überraschten Ausdruck am Mittwochmorgen mit plötzlichem Publikumsverkehr. Er hatte wohl vergessen, seine Tür von innen abzusperren.
Bevor er etwas sagen konnte, fragte ich ihn, ob es stimmt, dass hier tatsächlich zu ist an einem Mittwoch. Ja, meinte er, schon immer. Für interne Zwecke. Postverkehr und so. Wie früher der Friseusenmontag scherzte ich. Er fragte, was ich hier wolle. Jetzt kommt’s dachte ich. Na, ja. Meinen Ausweis abholen. Leider, sagte er. Ob ich morgen um 08:00 nochmals kommen könne. Ich kann dann gleich bei ihm reinkommen, ohne zu warten. Als ich überlegte (ich war mir nicht sicher, ob ich morgen Zeit haben würde), meinte er noch. Moment Mal. Ich schau mal, ob ich da reinkomme. Am Mittwoch. Er gab verschieden Adressen in seinen PC ein. Ich bin drin, triumphierte er. Jetzt muss ich schauen, ob Ihr Antrag durch ist und dann einen Barcode drucken. Damit bekomme ich Ihren Laufzettel und dann…
Ehrgeiz hatte ihn gepackt. Jetzt lag es an mir, still zu sein. Die Magie des Augenblicks nicht zu zerstören. Nach einigen Minuten, hörte ich ein: So! Und ein Drucker sprang an. Er strahlte: Hier ist Ihr Laufzettel. Gehen Sie zur Kasse und holen Ihren Ausweis ab. Jetzt!
Die Rotgelblilane gibt mir keinen Ausweis, wandte ich ein. Er rief dort an: Gleich
kommt Herr F. Gibst Du ihm seinen Ausweis? Bitte sehr.
Ich ging zurück zur Kasse, schob meinen Laufzettel durchs Panzerglas und erntete eisige Blicke und einen neuen Ausweis. Ungläubig ging ich zurück, um mich bei Herrn - ich nenne ihn jetzt einfach mal: Engel - zu bedanken. Er meinte nur: Gern geschehen.
Ganz betäubt von diesem Erlebnis schwebte ich hinunter durch Menschen leere Korridore in die ebenso leere Tiefgarage. Ab sofort lasse ich nie wieder irgend etwas auf den öffentlichen Dienst kommen. Der hat ab sofort wieder was gut bei mir. Kurz überlegte ich noch, meinen Parkplatz zu kehren. Was soll man dazu sagen? Ich plädiere ab sofort für den „Tag des öffentlichen Verkehrs“. Aber nicht, dass jetzt alle nur noch am Mittwoch kommen.
Samstag, 4. April 2009
Ostersamstag
Verheißung. Auch Obama ist Stil sicher nach Deutschland gejettet. Gemeinsam Chancen nutzen, die gestern noch Krisen hießen. Vorbei die düsteren Zeiten hängender Mecklenburger Mundwinkel. Jubiliert, jubiliert, Kinder! Eure schönsten Zeiten kommen erst noch. Aber nur, wenn ihr viel Geld verdient, Minister oder Lichtgestalt werdet. Doch vorbei mit allen schlechten Gedanken. Es ist die Zeit der Höhenflüge, der Gipfel, des Fliegens. Wer will da schon am Boden zurück bleiben? Heute brechen wir auf! In die Zukunft, in den Urlaub, auf die Zugspitze oder nach Wolfsburg,nicht wahr Poldi?
Samstag, 28. März 2009
Tschakka
Jedenfalls folgte auf den irgendwie angenehmen, wenn auch glücklosen Vertreter Marco Kurz, der großmäulige Trainer Uwe Wolf, er möge es mir verzeihen. Schaffte er es jedenfalls in seinen ersten vier Spielen als Cheftrainer gleich zweimal wegen Reklamierens auf die Tribüne verbannt zu werden. Doch auch das Unglaubliche ist eingetreten. Gleich vom ersten Spiel weg forderte er sein Team lautstark auf, jedes Spiel gewinnen zu wollen. Und was geschah? Zwei Spiele hintereinander wurden gewonnen, das nächste ging remis und das Letzte gar ganz unglücklich aus. Gleichwohl aber spielte Wolfs Team plötzlich Fußball und wollte gewinnen.
Sollte das wirklich so einfach sein? Können Rumpelfüßler nur wegen der anderen
Ansprache plötzlich dribbeln wie Messi, einnetzen wie Toni und Eier haben wie Kahn?
Ja, denke ich. So einfach ist das. Wenn ich mal unterstelle, dass Fußballer in der 2. Liga grundsätzlich Fußball spielen wollen und Kondition für 90 Minuten hätten. Dann ist es die Aufgabe des Trainers, sic des Managements alles von den Mitarbeitern fernzuhalten, was deren intrinsischer Motivation zuwider läuft, gute Leistungen abzurufen, um in der Fußballersprache zu bleiben. Am Ende des Tages muss man sehen, was rauskommt.
Im Prinzip liegt es in der Natur des Menschen, das was er tut, so gut wie möglich zu tun. Ein Management, sei es Trainer, Abteilungsleiter oder Unternehmer muss dieses Grundbedürfnis lediglich durch bestmögliche Bedingungen fördern, mit fairen Zielvorgaben kanalisieren, durch eigenes Vorleben glaubhaft machen und mit planvollem Teambuilding optimieren. Es geht darum, Hindernisse bei der Selbstverwirklichung aus dem Weg zu räumen. Es geht darum, dem Einzelnen ein Weiterkommen zu ermöglichen und der Mannschaft dabei eine glaubhafte Aufgabe, Philosophie oder Vision mitzugeben, die sie wachsen lässt. Auch wenn Spötter meinen, wer Visionen hat, solle besser zum Arzt gehen.
Wenn man Menschen so einsetzt, wenn man ihnen vertraut, wenn man sie respektiert und wenn man sie fordert, dann kann es passieren, dass ganz großartige Dinge entstehen. Wenn jenseits von plattem Tschakka, Incentives oder Negativdruck die Freude und der Stolz am eigenen Tun zugelassen werden, dann kann es passieren, dass man zwar immer noch Spiele verliert, weil die anderen schlicht den besseren Tag erwischt haben. Aber zum einen hat man dann die Hemden wenigstens ordentlich durchgeschwitzt und zum anderen hat man dem Gegner zumindest den Rasen zertreten. In diesem Sinne: Ein kräftiges Tschakka!
Mittwoch, 25. März 2009
AIG
Ob man es der American International Group nachmachen sollte, kürzlich noch der Welt größte Versicherer und heute ungefähr so populär wie Al-Qaida wie die SZ süffisant vermutet, bleibt zu überlegen. Zumindest wird hier die Negativwerbung auf die Spitze getrieben: Kein Mitarbeiter der AIG würde heutzutage auf die Idee kommen, sein Mitwirken über Firmenlogo oder Schriftzug bekannt zu machen, kein Yellow Cab würde seine schön lackierte Droschke der Gefahr aussetzen, AIG-Aufkleber aufzubringen. Dann doch lieber nachts um 03:00 nach Queens. Hoffentlich schwappt diese Welle nicht zu uns - auch wenn die Erfahrung Gegenteiliges vermuten lässt.
Ich stelle mir gerade vor, dass unser allseits seit Kindertagen beliebte Herr Kaiser mit dem Aktenköfferchen nicht mehr mit einem blitzenden Familienlächeln begrüßt wird, sondern von einem glänzenden Stern aus Untertürkheim, nicht geparkt sondern geschleudert. Dass wir bei dem Kaufhauserpresser Arno Funke formally known as Dagobert nicht mehr an den irgendwie sympathischen Berliner Ganoven denken, sondern an den feinen Herrn Funke aus dem Münchner Stadtteil Lehel. Dessen Hypo Real Estate zwar mit vorerst über 100 Milliarden Steuergeld über Wasser gehalten wird, der sich dennoch weiterhin als Dagobert sieht und weiterhin in seinen Millionenboni schwimmen will, wie der andere Dagobert aus Entenhausen.
Hoffentlich lässt er sich seine Boni und Renti nicht auch auf einmal auszahlen wie Onkel Dagobert Zumwinkel von der Post, der sich quasi aus unserer Portokasse eine mittelalterliche Burg am Gardasee als Raubritternest geleistet hat. Ein schönes Bild. Sonst weiß Häuptling Steinbrück letztlich gar nicht mehr, welche Kavallerie er den diversen Indianern schicken soll, ihre liechtensteinschen Goldnuggets einzutauschen. Von denen Oberindianer Alois allerdings beteuert, dass sie alle im Schweiße ehrlicher Arbeit geschürft wurden - sozusagen im Tageslicht und nicht im Dunkel irgendwelcher Bankgeheimnisse.
Was soll man heute davon halten, wenn der Sohn sagt, er will einen seriösen Beruf ergreifen: Ich will Banker werden! - Um Himmels willen, dann doch lieber Castingjuror, Germanys übernext Topheidi oder Prä-Dschungelbewohner, also irgendwas mit Fernsehen. Ja, da soll er doch lieber was Gescheites lernen, Jura zum Beispiel. Aber dann, oh je, wird er noch plötzlich wie KT aus heiterem Himmel zum Loddarmaddäus des Wirtschaftsministeriums berufen und ist plötzlich noch unbeliebter als jeder AIG-Azubi, auch wenn der bei seiner Wegrationalisierung keine Boni bekommt, sondern weiter Soli zahlen muss. Das ist der Beitrag, der vor 20 Jahren für höchstens ein Jahr eingeführt wurde, ehrlich!
Jetzt aber zurück. Also, das mit der Negativwerbung, das haben sie richtig gut hingekriegt. Respekt! Nur wollte der Tscharli damals doch etwas Gutes bewirken mit der Nennung ungeschminkter, aber unschöner Wahrheit. Also ehrlich, Tscharli, so unschön hätte es jetzt gar nicht sein müssen, oder?
Mittwoch, 14. Januar 2009
Ohne Worte
Mittwoch, 19. November 2008
Demokratie
Erinnern Sie sich noch? Alle Gewalt geht vom Volke aus. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Der Abgeordnete ist nur seinem Gewissen verantwortlich. Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Das fällt mir gerade ein, als ich in der Tagesschau sehe, wie ein paar der gerade in Berlin anwesenden politischen Vertreter ausbaldowern, dass sie dem angeschlagenen Autobauer Opel, der zu General Motors gehört, mit meinen Steuergeldern unter die Arme greifen wollen. Hallo? Meine Stimme habt ihr dafür nicht.
Wenn ein amerikanischer Autobauer die Produktlinie in Deutschland bestimmt und jahrelang Autos baut, die der Markt nicht kauft, ist es auch keine Lösung, wenn dies jetzt mit meinen Steuergeldern zwangsweise nachgeholt wird. Das rettet auch keinen der 26.000 verbliebenen Arbeitsplätze in Deutschland. Keinen einzigen. Im Gegenteil. Wie wir gelernt haben, ist es viel sinnvoller die Unternehmen vom Markt gehen zu lassen, die vom Verbraucher nicht angenommen werden. Außer vielleicht es wäre ein meritorisches Gut, was man bei Opel beim besten Willen nicht behaupten kann.
Ich wäre hingegen dafür, dem einzelnen Verbraucher viel mehr Netto von seinem selbst verdienten Brutto zu belassen. Sich stark zu machen für den kleinen Selbstständigen, den mittelständischen Unternehmer, den Handwerksmeister und den so genannten Mittelstand, weil das die sind, die hier den Großteil des Wohlstandes erwirtschaften und die, die die Mehrzahl der Arbeitsplätze schaffen. Das Geld, das jetzt Opel in den Rachen geschleudert wird, landet mit 100%-iger Sicherheit sowieso auf irgendeinem obskuren Konto von GM. Hallo? Meine Stimme habt ihr dafür nicht.
Meine Stimme hättet ihr, würdet ihr euch auf die eigentlichen politischen Aufgaben besinnen und nicht nur auf die Wählerstimmen des nächsten Herbstes schielen. Leider habe ich einen ganz anderen Eindruck.
Was also tun? Mich einreihen in die gute Hälfte der Verweigerer, die sich offensichtlich sagen, da kann man sowieso nichts machen. Was soll ich wählen gehen? Nein. Weil es eine ganz andere Lösung gibt. Eine einfache, eine geniale. Wir in Bayern haben es dieses Jahr rein zufällig entdeckt. Das demokratische Geheimnis.
Stellen Sie sich einfach im nächsten Herbst die Frage: „Fühlen Sie sich von unseren Berliner Vertretern vertreten?“ Wenn ja, machen Sie das, was Sie immer machen. Aber wenn nicht?
Dann wählen Sie einfach eine der Parteien, die bisher noch nicht im Bundestag vertreten waren. Egal, wie sie heißt, Hauptsache, sie hat bisher noch nicht mitgespielt. Ganz plötzlich fangen alle politischen Vertreter ganz hektisch an, uns zu vertreten. Wenn sie merken, es geht an ihre Pfründe, dann interessiert sie plötzlich der Wählerwille und sie fragen sich, was der Souverän denn eigentlich will. Dann beginnt sich in all dem Heulen und Zähneklappern der Ex-Etablierten tatsächlich so etwas, wie ein kleines Pflänzchen Demokratie auszubreiten.
Leute, wenn das sogar in Bayern möglich war, was schaffen wir dann erst nächstes Jahr in Berlin?
Sonntag, 16. November 2008
Minimalprinzip
Ich bin Kapitalist - wenn ich so darüber nachdenke, was ich sein könnte. Sozialist bin ich nicht, auch kein Kommunist oder Royalist oder gar Nihilist, denke ich. Nein, am ehesten also Kapitalist. Allerdings bin ich dabei auch Realist. Was heißt das? Ich schaue nicht nur, dass ich mit gegebenen Mitteln das Bestmögliche raushole. Das nennt man das „Maximalprinzip“.
Oder ich schaue nicht nur, dass ich ein gegebenes Ziel mit dem geringsten Mitteleinsatz erreichen kann. Das ist das „Minimalprinzip“. Wenn das Ziel dabei lautete, die Rendite solle 25% betragen, hieße das „Größenwahn“.
Realist bin ich dabei nämlich v.a. deswegen, weil ich das immanente Prinzip in den genannten Prinzipien berücksichtige. Das setzt nämlich voraus, der Mensch würde sich in diesen kapitalistischen Grundsätzen „vernünftig“ verhalten. Und genau das ist es, woran es derzeit bedauerlicherweise am meisten mangelt: Vernunft.
Oder ist es vernünftig, diejenigen vom Gewinn auszuschließen, die ihn erwirtschaften? Diejenigen in den Ruin zu treiben, die die Waren konsumieren sollen? Oder klingt es vernünftig, dass bei einer Bankenpleite die Ersparnisse der Anleger weg sind, die Schulden aber nicht? Ist es vernünftig, dass man mit Spekulation mehr zu verdienen können glaubt, als mit seinem Kerngeschäft? Ist es vernünftig, dass Löhne gezahlt werden, von denen der Empfänger nicht mehr leben kann- geschweige denn konsumieren kann? Und wäre es vernünftig, diejenigen übers Weiterkommen entscheiden zu lassen, die gerade vorgesungen haben?
Es ist nicht vernünftig, auf Dauer seine Gewinne privatisieren zu wollen und seine Verluste zu sozialisieren. Es ist auch nicht vernünftig, seine Steuern dank der Globalisierung nicht bezahlen zu wollen, aber im Krisenfall nach der heimatlichen Gemeinschaft zu rufen.
Wir lernen alle in der Kindheit, dass man den Ast, auf dem man sitzt, nicht absägt. Dass der Krug nur solange zum Brunnen geht, bis er bricht und dass man die Kuh nicht schlachtet, die goldene Eier legt. Nur wenn wir dann später die Gelegenheit haben, zu zeigen, was wir gelernt haben, denken wir, es wird schon gut gehen. Oft sägen wir dann nicht nur am Ast, auf dem wir sitzen, sondern gleich am ganzen Baum.
Warum das so ist? Ich denke, das hat ursächlich mit der Abwesenheit von Vernunft zu tun. Einfach weil es so scheint, dass man keine Verantwortung für sein Tun übernehmen müsse.
Aber wer hat denn das Ziel, das erreicht werden soll, ausgegeben? Wer hat das Bestmöglich zu Erreichende denn definiert? Vielleicht benennen wir die falschen Ziele und stellen irgendwann mit Schrecken fest, dass wir nur einem vergoldetem Kalb nach gelaufen sind.
Es scheint ja so einfach: Ich spekuliere ein bisschen mit fremden Eigentum. Wenn es gut geht, sind alle zufrieden. Und wenn nicht? Ja, dann müssen mir eben die Eigentümer helfen. Ich habe es ja nur gut gemeint. Ich wollte doch nur 25% erwirtschaften. Und, was soll’s, Leute? - Es war ja nicht
mein Baum!
Mittwoch, 5. November 2008
Can we?
Ein Supertag, ein tolles Gefühl. Nach acht endlos langen Bush Jahren, wurden Ypsilantis Lügengeschichten kurz vor knapp gestoppt. Und der Sohn eines kenianischen Einwanderers fand Kennedys Schuhe und stürmte darin mit Siebenmeilenschritten auf den höchsten Gipfel.
Warum ich diese Ereignisse in einem Atemzug nenne? Weil sie mir etwas deutlich machen. Während in den USA noch immer mit Pathos, mit Seele und mit Herz das große Ganze beschworen wird, geht es in unseren fortschrittlichen Bundesländern doch immer nur um den Sesselerhalt eines kleinen Provinzfürsten, sei es in Hessen, in Bayern oder demnächst in einem anderen Theater.
Als Hubertus Heil, der war mal so etwas wie SPD Generalsekretär - oder ist er es immer noch? - egal, als er kürzlich auf einem Parteitag „Yes, we can!“ in den konsternierten Saal rief, da wurde doch die ganze Peinlichkeit deutlich. Wir können eben nicht.
Jeder, der bei uns seine Position mit etwas mehr Begeisterung als eine gehämmerte Büroklammer vertritt, wird doch mehr als argwöhnisch angesehen. Wer eine Idee entwickeln will, sollte gleich seinen Kulturbeutel packen, den er in der Isolation braucht und wer gar eine Vision an eine Wand malen will, wird bestenfalls als Graffitisprayer eingebuchtet.
Heimlich haben wir natürlich überwiegend mit Obama mitgefiebert. Aber öffentlich frohlocken? “Bei uns am Tisch werd’ fei ned g’redt oder g’lacht!“wird dem beschieden, der fragt, ob da noch ein Platz frei sei.
Nein, ein Platz ist bei uns selten frei - und wenn nur ungern. Und können? Können tun wir schon gleich gar nichts.
Was uns fehlt, ist schlicht die Euphorie, das Träumen und das Schwärmen!
Und diejenigen, die uns träumen und schwärmen lassen.
Sonntag, 19. Oktober 2008
POS
Am Freitag gehe ich bei strahlend stahlblauem Oktoberhimmel vom Parkhaus aus in den ersten Stock eines Bauhauses, um durch das Treppenhaus nach unten zu gelangen. Da gerate ich vor Schreck fast ins Stolpern. Sind hier oben im sanften Halbdunkel doch normalerweise etliche, harmlose Kaminöfen ausgestellt. Aber heute? Heute blinken mich kitschig bunte Lämpchen aus weißem Kunstschnee von Plastiktannen so surreal an, dass ich kurz die Orientierung verliere.
Draußen, nicht vom Walde her kommend, sondern aus Nymphenburg, wo die herrlichsten Oktoberkastanien, Ahornbäume und Eschen in allen Farben des Bavarian Summers leuchten, dass das Herz lacht und die Kinder aufgeregt ihre gesammelten Kastanien heim schleppen, um daraus Männchen, Schiffe oder Tiere zu basteln. Und jetzt das?!
Fassungslos stehe ich vor dieser unsagbar geschmacklos und viel zu früh auf Weihnachtskonsumrausch gebürsteten Marketingstrategie und hätte nur den Wunsch, selbst wenn ich zum Überleben den letzten Kaminofen seiner Art hier bekommen hätte, diesen Ort grauenvoller Vermarktung so schnell wie möglich hinter mir zu lassen und nie wieder betreten zu müssen.
Dabei lehrt es doch alle Theorie: Da der Konsument seine Kaufentscheidungen überwiegend aus dem Bauch heraus trifft, wenn er nur erst am Point of Sales eingetroffen ist, müssen wir lediglich seine Rezeptoren subtil reizen und er wird das tun, wozu er da ist: Konsumieren.
“Subtil reizen“, lehrt das Neuromarketing. Nicht mit dem Vorschlaghammer kämmen, auch wenn für manche Marketingleute jedes Problem wie ein Nagel auszusehen scheint, weil sie nur diesen zur Verfügung haben. Ich habe bisher die Meinung vertreten, meine Kunden schreie ich nicht an. Heute wird dem Lead sogar absichtlich mit dem Hinterteil ins Gesicht gesprungen. Warum tun die das? Tragen die Besucher jetzt die Kaminöfen weg wie die berühmten warmen Semmeln? Das werde ich beobachten.
Auch in den verschiedenen Supermärkten stehen bereits seit gefühlten einundeinhalb Monaten Paletten mit Spekulatien, Lebkuchen und Nikoläusen im Weg und zeugen vom schlechten Geschmack der Marketingabteilung und der missverstandenen Theorie des verführbaren Verbrauchers. Aber sie stehen wenigstens nur im Weg und springen mich nicht an. Wenn auch Weihnachtsmänner an einem warmen Septemberabend, den ich im Biergarten zu verbringen gedenke, meine Rezeptoren nicht wirklich anregen können.
Ich achte mal darauf, ab welchem Tag ganz subtil "Jingle Bells“ zugeschaltet wird. Das sagt zwar nichts aus über den Verbraucher, eine Menge allerdings über den, der den Knopf drückt. Also, wenn schon antizyklisch, dann richtig. Warum nicht jetzt mit den lieben kleinen Osterhasis dem Verbraucher Frühlingsgefühle vermitteln und dafür das Lametta im Juli aus dem Speicher holen? Das wäre doch wenigstens mal eine Aussage.
Ich werde mir morgen eines dieser hoffentlich nicht zu sehr verstaubten, ausgestellten Lebkuchenpakete mitnehmen und es dann Heiligabend öffnen, nur um zu testen, ob die Dinger dann wirklich noch essbar sind. Zahnarztrechnungen darf ich dann wohin schicken? In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten zusammen!
Mittwoch, 3. September 2008
Niveau
Spät komme ich aus dem Büro nach Hause und schalte den Fernseher ein, um ein paar News mitzubekommen. Leider geht das Ding nicht dort wieder an, wo man es ausgeschaltet hat, sondern immer beim Ersten. Was die wohl dafür bezahlt haben? Jedenfalls wird gerade so unerträglich reißerisch ein Trailer beworben, dass ich denke, ich sei bei den Privaten.
Nein, es stimmt, das gute, alte Erste, die ARD, die Absolut Rückständigen Direktorate, der Sender mit dem Bildungsauftrag, wofür er die GEZ kassiert, der mit mehr Anstalten als Bundesländer, sendet jetzt wirklich Werbetrailer powered by Marktschreier. Und das nach 20:00 Uhr in der werbefreien Zone.
So ist das mit der Vielfalt. Wenn wir nur lange genug warten, passen sich die verschiedenen Ausprägungen immer mehr einander an. Und das leider immer von der höheren Ebene zu einer niedrigeren. Ein Naturgesetz. Blanke Physik. In diesem Fall z.B. ARD folgt seinem Vorbild SAT1 im Irrglauben in deren Kernzielgruppe wildern zu können.
Beim Ermitteln der Quoten, dem modernen Fallbeil, das über Leben (online) oder Tod (offline) entscheidet, sollten mal die Wechselseher ermittelt werden. Dann sähen die Theoretiker ganze Heerscharen von bildungswütigen ARD-Sehern frustriert über Sat1 zu RTL 2 wandern, bis sie nachts um 03:00 beim Sportquiz im Telefonfernsehen landen.
Noch schlimmer im wirklichen Leben: Kommen wir mit Menschen verschiedenster Entwicklungsstufen zusammen, werden sich auf Dauer immer diejenigen durchsetzen, vor deren Umgang uns unsere Eltern immer gewarnt haben. Ganz nach Groucho Marx, der über die P1-Türen seiner Zeit spottete: „ In einem Club, die mich als Mitglied aufnehmen, möchte ich kein Mitglied sein.“
Doch es gibt Abhilfe. Wir können uns gegen diesen System immanenten Verfall wehren. Das bedeutet, Fernseher aus, Buch auf. Auto in die Garage, raus aufs Fahrrad. Nicht warten, tun. Aktiv sein, statt passiv, etwas unternehmen, statt zu chillen und sich v.a. mit den Leuten zu umgeben, die einem gut tun, die einen voran bringen. Dafür sich von denen zu trennen, die einen runterziehen, die einem schlechte Schwingungen bereiten. Und wer genau in sich hinein hört, weiß auch, wer das ist.
In Beziehungen beispielsweise hilft auch kein „Ich werde mich ändern“. Denn dann ist es bereits zu spät. Viel zu spät. Wer sich wirklich ändern will, seinen Partner, seine Freunde, seine Mitmenschen voranbringen will, hat keinen Gesprächsbedarf. Er tut es einfach. Permanent, merklich, einfach.
Dann und nur dann kann man nicht nur sich, sondern auch andere auf ein höheres Niveau bringen. Durch Anstrengung (Aktivität), durch Arbeit (Tun), durch Altruismus (Fürsorge).
Das ist ja das Schöne an unserer neuen Welt. Wir bekommen den magischen Spiegel vorgehalten. Sind wir wirklich schon so tief gesunken, wie uns die Sender bedienen? So dämlich, wie uns der geile Geiz glauben macht? Ja, so ist es. Die Masse ist dumm. Der Durchschnitt bewegt sich auf einer Spirale mit Gefälle. Nur der Einzelne ist ein freies Individuum. Fähig zu allem Guten, aber auch Schlechten dieser Welt. Also überlegen Sie gut, welchen Sender Sie demnächst einschalten.
Donnerstag, 28. August 2008
Knut
Jetzt hat es Knut also noch einmal in die Schlagzeilen geschafft. Indirekt zwar, weil
eben kein kleiner, weißer Knuddelbär mehr, aber immerhin. Wie das? Da hat sich
letzten Sommer unser kleiner, runder Umweltminister herbe ins Bild gedrängt,
ließ sogar das Eintritt zahlende Publikum aussperren, um als Sponsor und
Förderer von Knut medienwirksam mit eben diesem vor den klickenden Kameras zu
grienen, was ihm besser gelang als dem gelangweilten Knut. Da kommt das dicke
Ende jetzt nach, wie so oft, wenn einer der Berliner Protagonisten eine Aktion
gestartet hat.
11.900,- Euro ist jetzt die Rechnung für die Verpflegung des letzten Jahres.
Nein, nicht für den Umweltminister, das dürfte kaum reichen, wenn man bedenkt,
welch wichtige Repräsentationspflichten unser aller Vertreter jeden Abend in
den kulinarischen Schmankerlshops zu verdauen haben. Sondern es geht um das
Futter für Knut. Wer mal nachrechnen will. Das sind ganz schön viele Heringe.
Aber, sei’s drum. Auch Rechnen ist keine absolute Stärke, die einem einfällt,
wenn man an eine Behörde denkt.
Ein kleiner Einschub: 11.900 Euro im Jahr entsprechen rund 991,66 Euro im
Monat. Ich finde, das sollte man einem kleinen, süßen Eisbären zugestehen.
Diejenigen, die nur 345,- Euro im Monat bekommen, sind auch weder klein, noch
süß, noch medienwirksam.
Aber hier noch mal der Überblick: Gabriel sponsert Knut. Knut frisst für
11.900,- Euro Heringe und andere Leckereien. Gabriel zahlt. Gabriel zahlt?
Nein! Wir zahlen. Wir Steuerzahler!
Aha. Na, ja. Wir haben ja auch den Hubschrauberflug von Frau Schavan (Schavan
wer?) für 26.000 Euro von Stuttgart nach Zürich bezahlt, die sich für so
wichtig hält, dass sie zu einem Zeitungsinterview nicht zu spät kommen wollte. Das
muss man ja verstehen, wenn schon mal eine Zeitung ein Interview..
Jetzt bin ich aber ganz von Knut abgekommen. Gab es nicht diese Regel? Wer die
Musik bestellt, der bezahlt die Musik? Oder verstehe ich da was falsch? Klar, völlig
falsch. Wir leben in einer Parteiokratie, die sich in permanentem Wahlkampf um
ihre Versorgungsposten befindet. Da ist es doch selbstverständlich, dass man
sich seinen Wahlkampf bezahlen lässt. Für wen macht man das denn? Doch für den
Steuerzahler nicht für sich selbst. Man opfert sich doch auf für den Wähler.
Was ich eigentlich sagen wollte. Gut, dass es weder dem Gabriel, noch dem Huber
eingefallen ist, den FC Bayern München zu sponsern. Das wäre teuer.
Mittwoch, 27. August 2008
Borg
Für die, die mit diesem Namen nichts anfangen können. In der Star Trek Serie sind die Borg unheimliche, grauenhaft anzusehende Maschinenmenschen mit Kollektivbewusstsein, die fremde Galaxien entweder auslöschen oder in ihr Kollektiv assimilieren. „Wir sind die Borg. Widerstand ist zwecklos. Sie werden assimiliert werden.“ Nur Captain Jean-Luc Picard, ein edler Raumschiff-Kommandant der Enterprise schafft es immer irgendwie, der Übermacht zu entkommen und die Erde zu retten. Ähnlichkeiten mit der anstehenden Landtagswahl in Bayern sind jetzt wirklich rein zufällig.
Als ich am Samstagabend 20:15 das Erste einschaltete, wurde ich nicht enttäuscht. Ein grauenhaft anzusehender, unheimlicher Maschinenmensch führte mich in ein Kollektivbewusstsein außerirdischer Assimilanten, die frenetisch jede Äußerung bejubelten, wohl um mich auch zu assimilieren. Als dann noch ein noch grauenhafterer, ganz aus silbernem Eisen gefertigter Maschinenmensch mit blonder Perücke ins Bild kam, hielt ich es nicht mehr aus und schaltete schnell aus. Das war doch mehr Grauen als ich zu ertragen gewillt war. Außerdem war nicht ein klitzekleiner, edler Kapitän in Sicht, der die Erde oder wenigstens mich hätte retten können. Das Grauen war einzig und allgegenwärtig.
Als ich mich am nächsten Tag von den Albträumen etwas frei gemacht hatte, blätterte ich noch einmal in einer TV-Zeitschrift nach, um den Filmtitel zu finden und zu schauen, ob dieser Film auch wirklich erst ab 18 Jahren Freigabe hatte. Weit gefehlt. Es ging gar nicht um „Die Borg“, sondern um „Andy Borg und das Festival der Volksmusik“.
Freitag, 22. August 2008
Außenwirkung
Egal, wie viel Corporate Identity die Werbestrategen und Manager Ihren Unternehmen
verordnen, es sind immer wieder diese Menschen und Mitarbeiter, die die
Bemühungen um ein Social-Marketing verträgliches Auftreten konterkarieren.
Ich möchte das mal an einem leider allgemein gültigen Phänomen verdeutlichen. Unter
Deutschlands Autofahrern gibt es einige verbindliche Verkehrsregeln, die vermutlich
niemals als gültig angesehen werden. So z.B. das beliebte
Reißverschluss-Roulette. Eine zweispurige Fahrbahn wird durch einen
ausliefernden bzw. McDonald’s besuchenden DHL-Laster blockiert. Bei DHL gebe
ich kein Paket mehr auf, wäre die normale Reaktion. Doch jetzt kommt’s. Ich
will von der blockierten Spur im vorgeschriebenen Reißverschlussverfahren zügig
nach links einfädeln, als ich von einem Telekom-Servicewagen rüde und hupend
ihn die Bremsen gezwungen werde. Wir kommen beide gerade so zum Stehen und
jetzt werde ich auch noch beschimpft. Natürlich erliegt inzwischen der gesamte
morgendliche Berufsverkehr. Es gibt halt immer Momente, die man so erleben
darf.
Also an dieser Stelle eine kurze Zusammenfassung geltender StVO. Reduzieren
sich zwei Fahrspuren zu einer, ist das Reißverschlussverfahren vorgeschrieben.
Das bedeutet, zügig bis zum Hindernis vorfahren und dann links, rechts, links
rechts usw. Der Blinker beim Abbiegen soll den anderen Verkehrsteilnehmern eine
Ahnung des künftigen Fahrweges unseres PS-Helden vermitteln. Fahrzeuge im
Kreisverkehr haben Vorfahrt und blinken beim Verlassen des Kreises, nicht beim
Hineinfahren. Sollten Fußgänger oder Fahrradfahrer einen Zebrastreifen
betreten, müssen sie nicht vor Ihnen weg springen, was auch beim Rechtsabbiegen
gilt. Dort müssen Sie auch warten. Außer Sie sind LKW-Fahrer. Dann empfiehlt es
sich für Alle - unabhängig aller Regeln - eine Pause einzulegen.
Und noch ein letzter Tipp: Die Aufschrift auf Ihrem Firmenwagen kann man lesen.
Das bedeutet, dass Ihr sportlicher Fahrstil nicht auf Sie persönlich
zurückfällt, sondern auf das Unternehmen, das Sie repräsentieren. Aber
vermutlich gehören Sie sowieso zu den 85% der statistisch relevanten
Mitarbeiter, die weder auf das Unternehmen, von dem sie ihr Gehalt beziehen,
noch auf deren Produkte oder Dienstleistungen besonders stolz wären.
Leider wird immer noch sehr viel Geld in die Hand genommen, um sich eine
günstige PR zu verschaffen, aber sehr wenig, um das, was ein Unternehmen
wirklich ausmacht zu fördern: Die eigenen Mitarbeiter und die eigenen Kunden.
Mittwoch, 20. August 2008
sommerlöcher
Der August ist die Prime Time der politischen Hinterwäldler und -bänkler. Das
Parlament ruht, was wie nicht nur Spötter sagen, die bessere Alternative wäre. Jetzt
kommt man aber schnell mit absurden Wirtshausparolen in die Schlagzeilen, was
allerorten prächtig genutzt wird.
Sei es kürzlich unser Verkehrsminister Tiefensee, Insider sprechen eher von „Flachwasser“,
mit dem Vorschlag des Überholverbots für LKW oder die Bayernpartei, die sich
gegen alle Rauchverbote aufstellt bei gleichzeitigem Schutz der Nichtraucher
und jetzt ein Berliner Innenpolitiker, der auf den Autokennzeichen die
Ortskennung abschaffen will. Angeblich würden deshalb zu viele Autofahrer diskriminiert
und Probleme im Straßenverkehr haben.
Ja, das ist richtig, dass viele Autofahrer z.B. in München Probleme haben, wenn
die ganzen FFB-ler, DAH-auer und STA-berger Hausfrauen gleichzeitig mit ihren
Landboliden zum SSV einfallen. Da haben es die Berliner jedenfalls deutlich
besser. Da gibt es zwischen Land- und Stadtbevölkerung wenigstens keine
Unterschiede in der fahrerischen Ausprägung. Da fahren alle vogelwild.
Doch Provinz bleibt Provinz. Zu kurz gedacht, Herr Trapp. Was ist denn mit den
ganzen Italienern, die in Kürze zum Oktoberfest mit ihren Vans die gesamte
Theresienwiese zuparken? Oder mit den allseits beliebten Holländern, die im
Sommer auf den deutschen Autobahnen mit ihren Wohnwagen die rechte Spur so
blockieren, dass Herr Tiefensee sofort nach einem LKW Überholverbot schreien
kann und die im Winter den ganzen Schnee aus der frisch gespurten Piste
schieben? Wäre da ein Fahrverbot für bewohnwagte Niederländer nicht aussichtsreicher?
Also auch weg mit den Länderkennungen. Doch was machen wir jetzt mit den
Dialekten, Sprachen oder - noch schlimmer - der Optik? Dürfen die Berliner
nicht mehr berlinern, Italiener nicht mehr Italiano parlieren und die Bayern keinen
Trachtenhut mehr tragen?
Also, wenn wir schon konsequent sind, dann bitte auch keinen Wackeldackel oder gehäkelte
Klorollen auf der Hutablage mehr, keinen Hut mehr auf im roten Auto und vor
allem keine Sommerlochparolen aus Berlin mehr. Quak.
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