Jetzt - sofort - gleich. Wenn diese Wörter fallen, was tut der erfahrene TV-Seher? Richtig, er wendet sich wichtigeren Dingen zu. Die nächsten sechs bis acht Minuten folgt mit Sicherheit ein Werbeblock. Das ist ein ähnliches „Gleich“ wie das vom Kind auf die Frage: „Wann räumst du endlich dein Zimmer auf?“ Dort dauert die Frist lediglich sechs bis acht Tage.
In der Wirtschaft haben sich die Streifen- und Nieten-Manager den Terminus „Wir sind sehr gut aufgestellt“, ausgedacht, was bedeutet, es dauert noch maximal drei Monate bis zur Insolvenz. Die gibt es im Profifußball trotz permanenter Wettskandale nicht, vermutlich sind die Vereine auch „System relevant“, allerdings heißt es dort auch eher: „Wir müssen einfach nur mal wieder unsere Leistung abrufen.“ Was mich zu der Frage führt, wer ist denn verantwortlich für das Abrufen der eigenen Leistung? Halt! „Wir“ meint in diesem Fall gar nicht „ich“. Sondern das entspricht dem neutraleren „man“, das immer dann ein „wir“ oder „ich“ ersetzt, solange es transportieren soll „mich geht das alles nichts an!“ Im Beispiel klingt das dann so. Chef: „Meier, was könnten wir tun, damit Ihre Verkaufszahlen wieder steigen?“ - Meier: „Ja, also, man könnte mehr Werbung fahren“, oder "Wir im Vertrieb müssen nur mal wieder unsere Leistung abrufen." Der erfahrene Zwischen-den-Zeilen-Leser hat auch das „ja, also“ sofort identifiziert. Das wiederum entspricht dem in Interviews voraus geschicktem „Nun gut“ oder „Ich sach mal“. Mit dieser Redewendung werden Plattitüden eingeleitet. Auf deutsch: Keine Ahnung und es interessiert mich auch nicht! Das ist auch die richtige Antwort zur Frage: Was hören deutsche Lehrer von ihren Schülern am häufigsten?
Der legendäre Blüm’sche Klassiker „Unsere Renten sind sicher!“ meint von je her ausschließlich die Renten der regierenden Oberklasse. Selbst Schuld, sollte sich das gemeine Prekariat und Volk mit einem „Uns“ eingeschlossen gefühlt haben, gell! „Uns“ geht es doch gut. Meint in diesem Fall natürlich „mir“, also „ich“! Das zeigt jetzt auch der eiserne Hans mit seiner Klage vor den Verfassungsgerichten, um doppelte und dreifache Versorgung einzuklagen. Wenn der Vorstand davon spricht, dass es „unserem“ Unternehmen gut geht, hat er „sich“ den Jahresbonus verdoppelt. Aber immer noch besser als ein „Wir sind sehr gut aufgestellt!“ Höchste Vorsicht Ihrerseits verlangt auch die Anmutung Ihres Vermögensberaters, der Sie vom Kauf eines derivativen Subprime Stock Bonds mit den einleitenden Worten überzeugen will: „Jetzt mal ganz ehrlich“, weil es bedeutet, ab hier wird gelogen.
Beginnt Ihre Ehefrau, Freundin, Geliebte oder alle drei zusammen ihren Satz mit „Wir müssen reden“, dann haben Sie es wenigstens überstanden. Was im übrigen auch gilt, sollte Ihr Abteilungsleiter ein Meeting entsprechend anberaumen.
Ein „Nur für Mitglieder“ an der Disko-Tür lässt für viele Teenager eine Welt zusammen brechen, meint aber nur „Du sieht scheiße aus.“ Das entspricht dann später dem „Haben Sie reserviert?“ oder dem Einleitungssatz bei Bewerbungsgesprächen, Castings und sonstigen Beurteilungen „Ihr Auftreten war wirklich ansprechend.“ Woran auch ein Verkäufer sicher erkennt, dass er den Kunden verloren hat, ist das Wörtchen "trotzdem“. - “Ich bedanke mich trotzdem für Ihr Angebot“, bedeutet lediglich: Trotz der Absage sollte sich der Angesprochene einen schönen Tag machen. Wobei die Verabschiedung „Einen schönen Tag noch“ übersetzt heißt: Blas mir den Schuh auf! - in der milderen Variante.
In diesem Sinne wünsche ich heute allen ein schönes Wochenende noch und danke trotzdem für Ihre Aufmerksamkeit.