Mittwoch, 7. Mai 2008
Weitverbreitet: Schwellenangst in der Werbung
Das größte Hindernis für gute Werbung ist die jeweilige Schwellenangst. Das ist kein reines Kundenproblem, sondern es beginnt meist schon in der Agentur. Es ist die Befürchtung, dass etwas bis alles nicht verstanden wird und somit die Idee die Wirkung verfehlen muss.
Diesem subjektiven, unbegründeten, haltlosen, unbewiesenen Phänomen begegnet man vor allem immer dann, wenn die Kommunikation kein reiner Monolog ist, sondern zum Dialog mit dem Betrachter auffordert. Wenn die Kommunikation erst durch die Reaktion des Betrachters zielführend ist.
Solche Ideen, die keinerlei Wirkung beim Betrachter entfalten, haben es erheblich schwerer. Ideen, die einfach alles aus Sicht des Absenders sagen, mit der Hoffnung, dass der Adressat es auch genau so aufnimmt. Dieses Aufnehmen ist nur verbunden mit dem angesprochenen Dialog. Denn der Adressat muss es ja lesen, sehen, hören oder was auch immer. Und das muss er wollen. Und dem Wollen muss auch noch eine Verarbeitung folgen, welche die Botschaften abrufbar macht.
Aber dieser wichtige Dialog wird in der Regel aus der Idee gestrichen. Er verkümmert zum reinen Monolog, der natürlich völlig wirkungslos verpufft - egal, wie groß die Werbeaufwendungen auch sind. Auch in der Kommunikation gilt: Null mal Null ist Null. Und zwei Millionen mal Null ist auch Null.
Diese Schwellenangst wird nur von ganz Wenigen bewusst immer und immer wieder überwunden. Man kann es auf einen einfachen Nenner bringen - von den Erfolgreichen. Es ist eben die große Kunst der guten Werbung, seiner Zielgruppe immer und immer wieder etwas zuzumuten, so dass diese die Schwellenangst überwinden muss, um in den so wichtigen Dialog einzutreten.
Es ist ein wenig so wie mit Exportbieren. Die schmecken nicht ohne Grund nach nichts, damit keine Schwellenangst einen Konsumenten abschreckt. Einen, der da sagen könnte, dass ist aber süß, oder herb oder was auch immer. Somit wird mit dem Produkt kein Geschmack mehr verbunden sondern nur noch ein Lebensgefühl. Eines, das gerade zur Hand war, noch nicht belegt oder einem plausibel vorkommt.
Somit ist die meiste Werbung wie geschmackloses Exportbier. Es bleibt nichts hängen. Keine Erinnerung. Nichts.
Aber als Marke muss es das Ziel sein, relevant zu sein, wenn es um die Kaufentscheidung geht. Die Zielgruppe muss sich an etwas erinnern. Sonst verbindet sie mit dem Produkt oder der Dienstleistung keinerlei Wertemodell und nimmt das nächste oder billigste. Somit ist die schönste Frage, die einem in Bezug auf eine Idee in Sachen Werbung begegnen kann: "Versteht man das?" Es ist der Beweis für Dialog, Auseinandersetzung, Begegnung und somit für Wirkung.
Ein Beispiel. Würde ein Fitnessstudio an einer stark befahrenen Straße ein Plakat aufhängen, auf dem sinngemäß steht „We make you feel better“ und man sieht darauf eine dieser wunderbaren Frauen an einem Trainingsgerät. Oder ein Plakat auf dem zum ankreuzen steht: "Heute fühle ich mich beschissen. Heute fühle ich mich ganz gut. Heute fühle ich mich fantastisch." Verbunden mit der Auflösung: fantastic feeling – every day. Und man sieht jemanden, der glücklich vor Erschöpfung nach dem Sport duscht und das Wasser fließt über sein völlig zufriedenes Gesicht - dann lösen wir genau den beschriebenen Effekt aus. Denn die Leute fahren jeden Tag an diesem Tag vorbei und fangen an, sich die Frage zu beantworten: "Ich fühle mich heute..." Somit beginnt der so wichtige Dialog, der genau das auslösen kann, was Kommunikation leisten soll.
Aber was passiert. Auf dem Plakat 1 wird man zunehmend mehr Informationen unterbringen. Auf 400 Quadratmeter. 24 Stunden geöffnet. 3 Monate trainieren nur 2 zahlen....
Und alle Informationen verfehlen ihre Wirkung und mindern zudem noch den Wert des Angebots in Preis und Leistung. Wer seine Zielgruppe kommunikativ involviert und mit ihr in einen Dialog tritt, der schafft die besten Voraussetzungen für eine erwünschte Wirkung. Wer das nicht beherzt und seiner Zielgruppe keinen Dialog zutraut, sondern nur Monologe zumutet, der wird mit der Werbung nichts erzielen. Außer eine Agentur ein wenig reicher gemacht zu haben.
Also keine Angst vor der Begegnung, Überwindung, Schwelle – die kleine Überwindung vom Monolog zum Dialog ist genau der Unterschied zwischen wirkungslos und wirkungsvoll. Probieren Sie es mal. Oder machen Sie weiter so.
Und wenn Ihre Agentur das nicht kann. Ich kenn da einen.