Freitag, 18. April 2008
Web 2.0 Demokratie
Gerade ist es mir wieder aufgefallen! Da beklagt sich in einem Diskussionsforum ein Teilnehmer, dass er es nicht gewöhnt sei, dass seiner Aussage widersprochen werde, weil normalerweise für seine Statements viel Geld bezahlt würden. Ja hallo? Das ist doch genau die Stärke des web 2.0. Hier werden Statements nach dem beurteilt, was sie aussagen, nicht nach dem, von welcher Position sie kommen. Was wäre denn demokratischer als das?
Das bringt mich doch wirklich mal zum Nachdenken über das aktuelle Kommunikationsklima in durchschnittlichen deutschen Unternehmen.
These 1: Die Person mit der jeweils höheren Position in einer Hierarchie bekommt das „ius primae linguae“, das Recht der ersten - und meist auch langen - Rede.
These 2: Unterstellt wird zudem, dass das, was vom Erstrhetoriker gesagt wird, richtig sei.
These 3: Untere Hierarchiestufen dürfen nur Statements abgeben, die das bestätigen, was zuvor vom Alpharedner gesagt wurde.
These 4: Sagen Niedrighierarchierer etwas anderes, wozu sie der Vorturner generell auffordert („Ihre Meinung ist uns wichtig!“) müssen sie in Kürze schauen, dass sie in einer anderen Hierarchie klar kommen.
These 5: Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Rede von Numero Uno falsch war, hat er das so nicht gesagt, gemeint oder in einem anderen Zusammenhang gesprochen. Außerdem muss man sein Statement wahlweise „pauschaler“ oder „individueller“ betrachten. Auf jeden Fall muss die nächst niedrigere Hierachie-Ebene schauen, dass sie bald ein neues Angebot annimmt.
These 6: So ausgebildet, nimmt sich der durchschnittliche Verkäufer eines solchen Unternehmens im Kundenkontakt ebenfalls das „ius primae linguae“, mit dem Ergebnis, dass sich der Interessent als ungeeignet für das Unternehmen erweist.
Reine Satire? Beobachten Sie mal Ihr eigenes Kommunikationsverhalten. Checken Sie Ihre Umwelt. Analysieren Sie unsere Medien, unsere Foren und die immanenten Multiplikatoren.
Mein Vorschlag dazu: Machen wir uns auf die Reise, echtes Interesse am Mitmenschen zu erlernen.
Fangen wir an, wirklich zu zuhören, wenn ein anderer spricht. Versuchen wir, dessen Meinung zu verstehen, ohne sie sofort mit unserer Auffassung kommentieren, widerlegen oder bestätigen zu müssen. Unterstellen wir einfach mal, dass unser Mitmensch in seinem Wahrnehmungshorizont Recht hat, in dem was er sagt. Und - last but not least - nehmen wir uns selbst nicht mehr so wichtig, sei es als Numero Uno oder als Red Candle.
Reine Satire?
Geschrieben von Kai Falkenberg
in 03 .Marketing, Management, Werbung, Kommunikation
um
07:54
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Tags für diesen Artikel: hierarchie, kommunikation, Marketing, Management, Werbung, Kommunikation, meinungsäußerung, redefreiheit
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