Mittwoch, 12. November 2008
Change
Der Wandel von der numerisch orientierten Wirtschaft zur gleichermaßen emotional orientierten Wirtschaft
Wie vieler Beweise bedarf es denn noch? Wohin man schaut, fahren die numerischen Wirtschaftssysteme an die Wand. Zahlen geben eben nur Recht, wenn Sie gut sind. Gibt die Zahl mal nicht mehr Recht, dann kostet das zugleich den Kopf. Und der Glaube an das ewige Wachstum ist auch längst widerlegt. Wir haben ewiges Wachstum, weil wir alle paar Jahre so viel zerlegen, dass es danach nur noch bergauf gehen kann.
Somit ist ein rein numerisches Wirtschaftssystem so etwas wie ein Kartenhaussystem. Immer mehr Karten wachsen immer höher in den Himmel und das immer schneller mit immer neuen Mitteln – bis es letztendlich einstürzt. Und dann beginnt das Spiel von vorne.
Für ein von sich selbst sehr überzeugtes Wirtschaftssystem ist das ein ziemlich erbärmliches Fazit. Das Maß der Dinge, die "erste Welt", ist nicht mehr, als der Wahnsinn im Kartenhäuser bauen. Ohne Sinn und Verstand und ohne Zweck. Nur, damit wenige sich persönlich so bereichern können, dass für den Rest nicht mehr viel bleibt. Es ist eine Art Duldungsdemokratie. Man duldet diese Umstände, weil sie einem immer wieder versprechen, unglaublich erfolgreich sein zu können, ohne etwas wirklich leisten zu müssen.
Somit ist das Grundverständnis von Wirtschaft, in Frage zu stellen. Welchen Sinn, welche Aufgaben haben Unternehmen, haben Börsen? Warum das Ganze? Welchem Zweck dienen Unternehmen? In welchem gesellschaftlichen Kontext stehen Unternehmen? Welcher Kultur fühlen sich Unternehmen verschrieben? Länder schaffen die Rahmenbedingungen für Unternehmen, politisch und wirtschaftlich. Aber wo bleiben alle anderen Aspekte? Alle emotionalen, gesellschaftspolitischen und kulturellen Aspekte?
Man einigt sich nur auf der Basis von Zahlen. Alle Entscheidungen basieren auf Zahlen. Numerische Werte aller Art geben den Ton und die Richtung an. Was sich nicht in Zahlen ausdrücken lässt, gibt es nicht und behindert nur eine Entscheidung. Unserem Wirtschaftssystem, den Medien und der Politik, fehlt die zweite Gehirnhälfte, das andere Bein und der andere Arm. Das, was ist und was man trifft, stellt nur die Hälfte der ganzen Wirklichkeit da. Aber mit diesem Umstand kann keiner etwas anfangen. Er macht Angst. Man stelle sich mal vor, Unternehmen würden nach Sympathie bewertet in einem Index und wenn der Wert unter ein bestimmtes Maß fällt, dann hätte das ebenso Konsequenzen, wie ein schlechtes betriebswirtschaftliches Ergebnis. Oder der relevante Nutzen würde bewertet und wenn Produkte oder ganze Unternehmen unter einen gewissen Wert fallen, dann werden diese zur Konsequenz gezogen.
Das Leben und die Wirtschaft besteht eben nicht nur aus einem Datum, einer Uhrzeit, einem Alter, einer Temperatur, einem Längen- und Breitengrad und einem Börsenkurs, sondern das ist nur die halbe Wirklichkeit. Wenn wir es schaffen würden, die andere Hälfte, also die emotionale, der numerischen hinzufügen und ins Gleichgewicht zu bringen, dann hätten wir eine Reihe von Problemen weniger. Und hätten uns den Titel "erste Welt" wirklich verdient. Die erste Welt, die als Vorbild für alle weiteren anzusehen ist.
Also, für welche emotionalen Aspekte stehen Ihr Unternehmen, Ihre Produkte und Dienstleistungen? Und was tun Sie dafür, dass genau diese sichtbar, spürbar und erlebbar sind? Und nicht nur irgendwo niedergeschrieben sind? Wie fühlen sich Ihre Kunden, Ihre Mitarbeiter, Zulieferer und alle anderen, die mit Ihnen in Kontakt kommen. Respektieren, schätzen und bewundern diese Sie. Und gilt dasselbe auch andersherum? Welches Klima herrscht in Ihrem Unternehmen? Oder ist es darum ebenso bestellt, wie um das Klima auf unserem Planten?
Viele haben sich entfernt. Entfernt von dem, worauf es eigentlich wirklich ankommt. Und sie finden den Weg nicht mehr zurück. Deshalb gehen sie immer weiter in die falsche Richtung. Worum geht es jedem Einzelnen wirklich? Und warum orientieren sich die Ziele der Politik, Medien und Wirtschaft nicht daran? Warum kennen wir mehr, was uns unterscheidet und trennt, als das was uns verbindet?
Warum bewerten und vergleichen wir ständig alles Mögliche, als es so zu akzeptieren, wie es ist. Und nutzen die Kraft und Energie, die wir für sinnloses bewerten und vergleichen vergeuden, nicht dazu, alles das zu verbessern, wo es sich lohnt, etwas zu verbessern.
Wir können also Banken retten. Gut. Aber was ist mit den vielen Tieren, die wir nicht retten konnten? Was ist mit den vielen Leben, die wir nicht retten können? Was ist mit den vielen wichtigeren Aspekten, für die wir nur so wenig bis gar nichts tun konnten?
Können wir wirklich nicht? Oder verhindert das System es? Mein Gefühl sagt mir, dass es an der Zeit ist, dass wir uns die Welt mit anderen Augen ansehen, mit denen der Emotionalität, Sensibilität, Einfühlungsvermögen und der Intuition. Wir müssen fühlen lernen, wo und wie es weiter geht. Wir müssen wieder lernen, auf unsere innere Stimme zu hören.
Wir dürfen keine Kartenhäuser mehr bauen oder Luftschlösser, sondern wir müssen anfangen, echte Gebäude zu errichten, die ein Zuhause, ein richtiges Dach für eine Gesellschaft schaffen.
Geschrieben von Christof Hintze
in Human Marketing
um
07:59
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