Donnerstag, 17. April 2008
Abstand – Die unselige und unnötige stetig wachsende Distanz
Abstand halten. Es mausert sich zu einem immer größeren, negativen Einfluss zwischen den Menschen. Der zunehmende Abstand. Man distanziert sich, um nicht tangiert zu werden. Dabei ist dieses Tangieren, die Berührung mit der Wirklichkeit anderer Menschen eigentlich ziemlich wichtig. Denn wenn man das Leben der Anderen nur noch aus Beschreibungen, vom Lesen, oder aus dem Fernsehen kennt, dann kennt man eigentlich nicht viel.
Die Begegnung mit einem Menschen kann das eigene Leben verändern. Die Begegnung mit anderen Meinungen, die eigene Meinung revidieren. Aber wenn Distanz da ist, ist der Abstand zu groß, um eine Erkenntnis aus der Begegnung zu gewinnen. Das übersehen die Menschen und lassen die Distanz weiter anwachsen.
Mir fällt das auf, wenn ich mich Flugzeug, im Restaurant oder in anderen öffentlichen Räumen bewege. Die Menschen schotten sich voneinander ab. Man unterhält sich nicht mit einem Unbekannten. Sondern man verhält sich so, dass man auch bloß nicht gestört wird. Man hat Kopfhörer auf. Ist versunken in sein Handy, oder einen Lesestoff. Man starrt in die Ferne.
Anstatt ein angeregtes Gespräch mit einem Unbekannten zu führen, grenzt man sich ab. Um komischerweise kurz nach der Landung, noch im Bus vom Flugzeug zum Terminal, gleich zu Hause anzurufen und zu sagen: „Schatz, ich bin gelandet“. Dabei bewegt alle Menschen so viel, dass gerade aus der Begegnung mit dem Unbekannten ganz neue Sichtweisen und Ansichten entstehen könnten. Unlängst wartete ich auf einen Freund in einem Café. Am Nebentisch saß jemand auch alleine. Ich habe ihn gefragt, ob wir uns einfach mal so unterhalten sollen, oder ob er mir den Sportteil aus der Tageszeitung gibt. Er nahm das erste Angebot an. Und wir unterhielten uns über 30 Minuten sehr interessant. Er stellte aber fest, dass ihm so was noch nicht passiert sei und er selbst den Mut nicht aufbringen würde. Einfach jemanden anzusprechen. Ohne Vorder- oder Hintergründiges.
Auch im Flieger oder im Zug mache ich häufig die Erfahrung, dass die Menschen darüber irritiert sind, dass sich jemand einfach nur so mit ihnen unterhalten will. Ich für meinen Teil habe gelernt, dass jede Begegnung die Chance mit sich bringt, von der Sichtweise eines Anderen zu profitieren. Und nichts ist interessanter als die Lebensgeschichten von Menschen, die man vorher noch nie getroffen hat und zu 99% nie mehr wieder sehen wird. Das verändert die Kultur und die Gestaltung des Gespräches enorm.
Probiert es mal. Man trifft auf so interessante Geschichten, die einem selbst nie einfallen würden. Wenn ich meiner Frau davon erzähle, lacht sie immer und sagt: „Wen hast du denn da wieder kennen gelernt?“
Wer es schafft, die wachsende Distanzierung zu überwinden und anderen Menschen auch nur für 30 Minuten näher zu kommen, ich bin überzeugt, der erfährt auch Nützliches für sein eigenes Leben.
Geschrieben von Christof Hintze
in blue notes
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07:23
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