Montag, 21. Dezember 2009
Wut
Wie beschreibt man Wut? Zur Wut gehört eine gehörige Portion Kontrollverlust. Die Fähigkeit, sich über Dinge aufregen zu können, die man unmöglich beeinflussen kann. Und sich in das Gefühl tiefer und tiefer reinzubohren. Wenn Ärger sich zur Wut auftürmt.
Menschen wie ich, die Wut empfinden können und in einer Art, dass sie sich besser für 24 Stunden wegschließen sollten, leiden letztendlich unter dieser Wut. Denn sie kann nicht nur kaputtmachen, sondern geradezu zerstören. In der Wut ist man zu allem bereit. Alles zu opfern. In der Wut geht man nicht einen Schritt zu weit, sondern tausende, bis es keinen Weg mehr zurück gibt.
Richtige Wut ist extrem körperlich und psychisch. Es ist so, als ob man einen bleiernen Mantel tragen würde. Der drückt auf den ganzen Körper. Zudem geht es im Kopf zu wie im Büro, wenn alle Fenster und Türen beim Sturm aufspringen und alles durcheinander wirbelt. Die Atmung wird schwerer. Und man hat so einen Druck auf dem Brustkorb, als ob jemand dagegen drückt. Die Körperhaltung verändert sich und ein Bewegungsdrang bricht aus einem heraus. Wie diese Tiger, die im Zoo immer am Gitter hin und her laufen.
Und der Kopf spielt Szenarien durch. Immer wieder. Immer lauter. Immer gewalttätiger. Immer zerstörerischer. Der Kopf opfert. Der Kopf richtet hin. Klagt an. Stellt zur Rede, schreit an. Pöbelt. Der Kopf sucht den Fluchtweg in einer Einbahnstraße. Man weiß, dass die Gedanken einen nicht weiterbringen, sondern nur noch mehr aufregen. Aber die Wut will weiter und weiter.
Wer seine Wut kennt, der hat einen Vorteil. Den belastet zwar die Wut, aber sie überrascht einen nicht mehr. Somit versucht man, sie rauszulassen, um sie los zu werden, aber an Orten, wo so wenig Menschen wie nur möglich in Mitleidenschaft gezogen werden. Dummerweise leiden am meisten die Menschen unter der Wut anderer, die aber auch gar nichts dafür können. Um so näher einem Menschen sind, um so gefährdeter sind sie, von der Wut getroffen zu werden.
Ich mag meine Wut nicht. Denn ich wäre lieber gelassen. Aber was soll man machen. Man kann ja nicht sagen – ICH BIN NICHT WÜTEND, VERDAMMT NOCH MAL. So einfach geht das nicht. Das ist ja so wie bei kleinen Kindern, die sich die Hände vor die Augen halten und glauben, dass sie nun niemand mehr sieht. So einfach wird man nicht unsichtbar. Und so einfach überwindet man Wut nicht.
Zur Zeit bin ich sehr wütend. Sehr. Aber ich wollte mit diesem Text meiner Wut ein Schnippchen schlagen. Denn nichts hasst die Wut mehr, als wenn der Wütende einen Weg findet, diese zu bändigen und zu kontrollieren. Es gibt keine kontrollierte Wut, das nennt man ärgern. Ärgern ist was völlig anderes. Ärgern, lächerlich. Ärgern? Kann ich mich überhaupt ärgern? Oder lasse ich diese Phase der Emotion aus und gehe lieber gleich zur Wut über. Wenn man wütend ist, kann man das nicht beurteilen. Da muss ich mal in einem ruhigeren Moment drüber nachdenken. Es ist 17.35 Uhr Freitag, der 18. Dezember 2009. Und meine Wut ist immer noch nicht vorbei.
Bis der Text online ist, weil da noch Korretur gelesen werden muss ist meine Wut hoffentlich vorbei. Es ist Montag die Wut hat sich erst in Ärger, dann in ärgerlich verwandelt.
Freitag, 18. Dezember 2009
Könnte das ganze Leben eine große Therapie zu sein?
Mein gesunder Menschenverstand sagt mir, wenn ein Leiden sich stark verbreitet und vergrößert, dann ist das kein Zufall, sondern dafür gibt es offensichtlich schlechte Gründe.
Die Gründe sind oft gleich. Als es an allen Ecken und Ende an Hygiene fehlte, litten die Menschen an Infektionskrankheiten. Als die Menschen sich immer weniger bewegten, litten sie immer mehr unter Herz-Kreislauf-Krankheiten. Also geht immer ein Mangel vorweg. Immer hat das „weniger“ diese Massenkrankheiten ausgelöst. Mangel an Nahrung, Mangel an Vitaminen, Mangel an Insulin. Mangel an Mangel gab es somit nie.
Die Diskussion, die in der Öffentlichkeit aber geführt wird, beruht nicht auf der Mangel-Theorie, sondern auch einer „zuv iel, zu schnell Annahme". Es scheint, als ob Menschen lange Zeit zu viel von etwas bekommen zu haben, was diese in die Therapie treibt. Zu viel Arbeit, zu viel Stress, zu viel von zu viel.
Somit soll der Weg aus der Therapie daraus bestehen, dass man sich über das zu viel klar wird und es in weniger umstellt. Ich glaube das nicht. Ich glaube an die Mangel-Theorie. Es scheint es in der Psyche vieler Menschen einen Mangel zu geben. Und dieser Mangel hat seine guten bzw. schlechten Gründe.
Die biochemischen Gründe liegen darin, dass eine Noradrenalin- bzw. Serotonin-Regulationsstörung am Rezeptor vorliegt. Ein Mangel an diesen so genanten Transmitter scheint die Ursache. Somit hat man nun zwei Möglichkeiten, entweder diesen Transmitter-Haushalt wieder in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen, in dem man diese von außen hinzu führt – diese Art scheint mir eine Kompensation, statt einer wirklichen Lösung. Oder, was mir sinnvoller erscheinen würde, man behebt die Ursache.
Und da kommt zum Beispiel die Therapie ins Spiel. Es scheint offensichtlich, dass die Ursachen Umwelteinflüsse sind oder angeboren sind. Allerdings: Wenn die Zahlen so sprunghaft ansteigen, scheint der Aspekt Umwelt der zentrale zu sein. Nun können wir nicht die ganze Umwelt und unsere Sozialisierung verändern, doch wir können die Ursachen erforschen. Was passiert, dass daraus ein Mangel entsteht, der Menschen in Massen in die Therapien treibt. Seltsam ist, dass Millionen in Therapie sind, aber es noch keine funktionierenden Selbstanalysen gibt, die einem die Richtung vorgeben könnten.
Es muss doch möglich sein, dass man selbst dahinter kommt. Die Fälle werden sich doch sicherlich zu 80% gleichen. Wir leben doch alle in derselben Umwelt und die jeweiligen Sozialisierungen sind sicher unterschiedlich, aber die Einflussfaktoren sind auch hier sicherlich zu 80% dieselben.
Die Selbst-Reflexion scheint ein wichtiger Aspekt zu sein. Und zwar nicht ab dem Zeitpunkt, wenn es einen erwischt hat, sondern so früh wie möglich, so lange wie möglich, so intensiv und so genau wie möglich. Wir lassen das ganze Leben an uns vorüber ziehen und wundern uns, wenn es passiert.
Allen Mangelerscheinungen kann man nämlich erfolgreich entgegen wirken. Vor allem mit Bewegung. Und wenn die Krankheit bei den Menschen im Kopf angekommen ist, scheint es auch hier an der notwenigen Bewegung zu fehlen. Aber wie bewegt man den Kopf? Genau das müssen wir lernen. Wir müssen unsere Psyche verstehen lernen und ihr die Bewegung zuteil werden lassen, der es Bedarf um die Symptome in den Griff zu bekommen – und um den Mangel abzuschaffen.
Donnerstag, 17. Dezember 2009
Eine kleine 64er Zeitreiese
Mittwoch, 16. Dezember 2009
Das verstehe sogar ich – Prost. Die einfache Erklärung für das Unfassbare
Der Sinn des Sammelns
Die emotionalen Primärbedürfnisse sind und bleiben dieselben: Wohlstand, Freiheit, Sicherheit, Unabhängigkeit, Anerkennung, Bewunderung, Glück, Harmonie, Geborgenheit, Erfolg, Stärke, Schönheit, Überlegenheit, Liebe ...
Nach einer Katastrophe wie dem 2. Weltkrieg werden diese Primärbedürfnisse in ein anderes Licht gesetzt. Der Mensch findet Formen, sie trotz gesellschaftlichem Nichts zu erfüllen. Auch wenn die Menschen nichts hatten, werden sie uns 40 Jahre danach davon erzählen, dass die Primärbedürfnisse nicht zu kurz kamen. Nur die Formen, mit denen man diese befriedigt hat, waren völlig andere.
So entstanden seltsame Formen des Sammeln. Das Sammeln befriedigt gleichzeitig zwei Primärbedürfnisse: die des Glücks, wenn man seiner Sammlung ein Teil hinzufügen kann und die des Wohlstandes, denn der ideelle Wert einer Sammlung ist für den Sammler enorm hoch. Diese Kultur des Sammelns kann man während der ganzen 50er, 60er bis in die 70er und noch am Anfang der 80er Jahre beobachten.
Dann wurde es weniger und weniger, weil der Wohlstand und das Glück zurückgekehrt waren. Mein Vater hat Schallplatten gesammelt. Meine Mutter hat Mocca-Tassen, Brigitte-Rezepte und Karaffen gesammelt. Ich haben Briefmarken und Eierbecher gesammelt. Aus heutiger Sicht kommt mir das eher lustig und lächerlich vor, doch meine Briefmarkenalben waren für mich damals von unschätzbarem Wert.
Das Sammeln hat sich geändert. Heute sammeln mein Sohn und ich Panini Bundesliga Bildchen. Mir ist dabei aufgefallen, dass auch dieses Sammeln in mir ein altes Gefühl wieder aufkommen lässt. Es kommt der Zeitpunkt, da macht man Tüte für Tüte auf und man findet nur noch doppelte. Das müsste eigentlich sehr frustrierend sein. Ist es aber komischer Weise nicht. Die Hoffnung, in jeder Tüte oder wenigsten in jeder dritten ein weiteres Bild zu finden, ist groß. Wenn nach unzähligen doppelten Bildchen mal ein Treffer dabei ist, ist das Glücksgefühl um so vieles größer, als der Frust der vielen Nieten, die man gezogen hat, dass der Ansporn weiter zu machen weiter steigt.
Bis hin, dass es offensichtlich sinnlos wird, denn die letzten 10 bis 40 Bilder sucht man vergeblich. Doch dann kann man tauschen, mit anderen, die ebenfalls hunderte von Dopplern haben. Und siehe da, das Happy-End eines vollkommenden Sammelalbum ist da.
Interessant an dieser menschlichen Eigenschaft ist es, dass es nicht um den tatsächlichen Wert geht, sondern um das Gefühl das damit verbunden ist. Man kann das Gefühl des Wohlstandes und Glücks auch in schweren Zeiten erzielen, wenn man eben die kleinen Dinge des Lebens sammelt. Somit ist bewiesen, dass diese beiden Aspekte nicht zwingend mit viel Geld zu tun haben müssen. Ganz im Gegenteil: Wer zu viel Geld hat, dem bescheren diese Kleinigkeiten keine Glücksgefühle. Der geht in den Kiosk und kauft einfach drei volle Packungen Panini Bilder, lässt diese einkleben und wenn welche fehlen, lässt er sie über seine Assistentin direkt bei Panini einkaufen.
Samstag, 12. Dezember 2009
Aufgaben – Ziele – Vision
Vision heißt nichts anderes, als erlebte Zukunft. Man wandelt in Gedanken durch sein Leben, wie es dann sein sollte, wenn alles geklappt hat. Also, wie viel arbeitet man dann noch, womit verbringt man seine Zeit, was umgibt einen, vor allem welche Menschen. Man kann und darf sich alles ausmalen und wünschen. Sogar Unerreichbares. Denn auch wenn man nur einen Teil dieses Weges schafft, hat man es sicher weit gebracht.
Also macht man sich ein Bild von seiner eigenen Vision und dann beantwortet man sich die Frage, wann soll diese in Erfüllung gehen? Und von diesem Zeitpunkt schreibt man sich die wichtigsten Ziele rückwärts bis zum heute auf. Was muss alles erreicht werden, verändert werden, gemacht werden, angepackt werden, losgelassen werden und das Schritt für Schritt. Diese jeweiligen Schritte nennen wir Ziele. Es sind die Etappenziele rückwärts gedacht von der Vision aus gesehen bis ins jetzt. Hier und heute.
Nun betrachtet man die einzelnen Etappenziele und beantwortet sich die Frage nach den jeweiligen Aufgaben, die sich stellen, um diese Etappenziele auch zu erreichen. Denn Ziele erreicht man, wenn man die betreffenden Aufgaben erfüllt. Somit bedingt jedes Ziel Aufgaben, die es umzusetzen gilt.
Somit stellen sich dann im „jetzt“ Aufgaben, die zum ersten Ziel führen und das macht man dann. Währenddessen kontrolliert man immer wieder den Weg ausgehend von der Vision. Man checkt die Ziele und die Aufgaben. Somit begibt man sich auf die Reise zu seiner eigenen Vision.
So einfach kann einfach sein. Führt dieser Weg denn zur Vision? In den meisten Fällen nicht. Aber in einigen wenigen. Aber verhält man sich anders herum, kommt man zu keiner Vision. Es geht auch nicht wirklich darum, unbedingt in 10 oder 20 Jahren irgendwo anzukommen, was man sich vor 10 oder 20 Jahren ausgedacht hat. Die Welt ändert sich. Somit unsere Visionen auch.
Es geht viel mehr um die Möglichkeit, die ehrliche Option, Großartiges zu erzielen. Diese Chance darf man sich nicht nehmen lassen. Und wie gesagt, auch wenn man woanders herauskommt, ist die Chance groß, dass dieses anders ebenso großartig ist. Es geht nur um die Art, wie man seinen Lebensweg beschreiten kann.
Samstag, 5. Dezember 2009
Samstagsgedanken: Nikolaus
“Was’n das?“ nölt die heutige Jugend, die nicht mehr weiß, was Mandeln und Nüsse sind. „Keine Playstation, Aldär? Was’n das für’n Scheiss?“
Eigentlich schade, dass wir für morgen keinen Knecht Ruprecht bestellt haben. Obwohl, ich kann mir nicht vorstellen, das der Krampus heute noch viel Angst und Schrecken verbreiten würde. Vermutlich wäre das eher anders herum, wollte der verweichlichte Soziologiestudent, der mit der Ruprecht Rolle sein Taschengeld aufbessert, den heutigen Lausbuben quer kommen. Da bräuchte es dann schon mehr als einen Rentierschlitten, um schnell Land zu gewinnen.
So ist das mit den Bräuchen. Die, die sich nicht aufpimpen lassen, geraten allzu schnell in Vergessenheit und verlieren ihren eigentlichen Sinn. Oder weiß heute noch einer unter 20, dass Halloween mal Erntedankfest hieß, dass der 3. Oktober gefeiert wird, weil es weiter östlich mal so eine Mauer gab, oder dass man einen Beruf ergreifen kann, ohne von Dieter Bohlen oder Bruce Darnell gecastet worden zu sein. An solch old fashioned Brauchtum hat niemand mehr Interesse. Lässt sich doch mit ein paar blöden Mandeln und Nüssen keine Kohle machen. Da müssen schon noch ein paar iPhones, Smartbooks und Nintendo wii in den Stiefel.
Während sich unsere Jugend heute Abend wieder ins Koma säuft und mancher Daddy und Opa aus Solidarität mitmacht, suggeriert uns die Industrie, nein, sie knallt es uns an den Kopf: „An Nikolaus nach Hawaii! Gönnen Sie ihren Liebsten ein paar Tage Sonne!“ Und dazu gibt es ein paar Schnappschüsse einer drallen Blondine im roten Bademantel, der entfernt an den guten, alten Nikolaus erinnert.
Früher hat es oft geschneit am 6. Dezember. Wir machten einen langen Waldspaziergang im Schnee und tranken danach selbst gemachten Glühwein, bevor es ans Plätzchenbacken ging. Doch heute macht die Klimaerwärmung, die natürlich nichts mit den Menschen zu tun hat, Schnee in den Alpen und gar im Voralpenland zu einem winterlichen Weihnachtsmärchen aus alter Zeit.
Zwar ficht das unsere wackere Politik nicht an, sich um die Olympischen Winterspiele 2020 in Garmisch zu bewerben. Nur Schnee in Garmisch? „Es war einmal“ wird 2020 zum Thema Schnee verlautbart, nicht ohne mit mehreren tausend Schneekanonen den letzten Naturschutzfleckchen den allerletzten Tropfen Wasser abzudrehen. Aber mir ist das alles sowieso egal, weil ich am 6. Dezember 2020 mit einer roten Nikolausmütze in Waikiki Beach sitze und mir von einer drallen Blondine im roten Bademantel einen kühlen Pina Colada kredenzen lasse. Aber das ist dann wieder ein anderes Weihnachtsmärchen.
PS: Diesen Text schrieb ich hier in der Urfassung vor genau zwei Jahren. Aber, hey was soll’s? „Last Christmas“ wird ja auch wieder jedes Jahr gespielt.
Mein neues Implantat
Freitag, 4. Dezember 2009
Praktikantenwirtschaft
Somit entstehen unglaubliche Einsparpotentiale. Gerade bei Konzernen wie der Post, der Bahn, der Telekom und vielen anderen ist die Handlungsfreiheit der Vorstände so stark eingeschränkt und durch Aufsichtsräte bestimmt, dass sich hier wirklich die Frage stellt: „Wann kommt der erste Vorstandspraktikant?“
Wenn Geschäftsführer in großen Konzernen und Unternehmen ohnehin nichts mehr ohne die Zustimmung von Beteiligungsgesellschaften dürfen, warum dann diese Gehälter? Da würde ein Praktikant doch völlig ausreichen. Und den Shareholder sehr erfreuen. Jahresvorstandspraktikanten gehört die Zukunft. Viele Unternehmen werden ohnehin nur noch durch Praktikanten und Vorstände zusammengehalten. Das wäre es doch nur der nächste logische Schritt, der ein unglaubliches Einsparpotential entfaltet.
So ein Herr Ackermann, Hand aufs Herz, was kann der selbstständig denn noch machen? In der Politik und in den Medien sieht es nicht anders aus. Wenn man Filme für 15.000 Dollar drehen kann, die 100.000 Millionen Dollar einspielen und noch kein Ende in Sicht ist. Ja, Hallo! Was machen die Anderen denn da mit ihrem teuren Personal?
Ich glaube, man sollte da mal ansetzen. Die meisten Zitronen sind gepresst, aber da geht noch richtig was.
Donnerstag, 3. Dezember 2009
Kunstschuss: Alle 1.000 Bilder und wenn Glück dazu kommt
Starnberger See. Bernried. Dampfersteg. Mittwoch 2. Dezember 2009. Wenn man Peter von Felbert zu seinen Freunden zählen darf, dann erscheinen Fotos einem auf eine ganz andere Weise. Dieses ist mal wieder so eins. 1.000 mal fotografiert und 1.000 mal ist nichts passiert. Und dann das. Manchmal bin ich ein Stück weit stolz auf mich. Ach so, was da über das Wasser zu schweben scheint ist eine Ente, glaube ich.
Mittwoch, 2. Dezember 2009
Darf ich vorstellen: Die Dildenburger Frackfrotzen. In 14 Minuten aus dem Nichts in die Ewigkeit des Internets.
Jetzt fragt sich der Leser, wer oder was ist das? Geht mir genau so. Diese Wortkombination kam mir plötzlich in den Sinn. Dann habe ich mich erst mal fünf Minuten kaputtgelacht und den Menschen ein weiteres Indiz dafür geliefert, dass ich nicht alle Tassen im Schrank habe. Wie sieht das auch aus, wenn da jemand läuft und offensichtlich Selbstgespräche führt und sich dabei schüttelt vor lachen. Ich weiß.
Mir ging dabei zuerst durch den Kopf, dass es klingt, wie eine dieser Volksmusikantengruppen. Dann wiederum kam mir aber in den Sinn, dass es eine kulinarische geografische Spezialität sein könnte oder auch ein ganz seltenes Naturschauspiel, das in der Mitte eines Waldes zu bewundern ist. Dann habe ich mir die Wegweiser vorgestellt, noch 25 Minuten/4,5 Km zu den Dildenburger Frackfrotzen und wieder schüttelte ich mich vor lachen. Was für ein Logo haben die wohl? Was für einen Schriftzug?
Und was für eine Erklärung wohl auf dem großen Schild steht, das direkt vor dem Objekt aufgestellt steht. Und wie wohl die Souvenirs aussehen in der Auslage. Die Dildenburger Frackfrotzen aus Holz, Glas und in einer Schneekugel. Oder als Bild, Tischuntersetzer und auf einer Kaffeetasse. Wo man auch hinsieht, über all Dildenburger Frackfrotzen. Und man kann sich natürlich mit ihnen auch fotografieren lassen.
Und Nachts gibt es sie beleuchtet. Aber der Gedanke, es wäre eine Volksmusik Combo ist auch nicht von der Hand zu weisen. Es sind sicher vier oder fünf Männer in Trachten, mit Schnauzbärten und die Haare vorne kurz und hinten lang – Vokuhila eben. Und Sie haben so Hammersongs drauf wie: „Mädel i ruf di o“ oder „Bur, geh weider“. Auch schön ist „Isch hör nie auf“. Und dann gibt es Fanclubs und T-Shirts und CDs. Und Sie spielen auf allen diesen Volskmusikfesten in Bierzelten und wo man so was noch erwarten muss. „Und jetzt meine lieben Gäste – live und nur für Euch – die Dildenburger Frackfrotzen mit ihrer neuen Single „Koaner könt den wöäg“. Wunderbar.
Aber wenn man beim Metzger in Dildenburg an der Mösel einkehrt, dann gibt es hier die wahren und echten und originalen Dildenburger Frackfrotzen. Es ist eine köstliche und besondere Spezialität. Diese wird aus den Innereien einiger Tiere gebacken und ist so eine Art Wurst im Brotteig mit Speckmantel, aber hauchdünn geschnitten. Eben wie gesagt, köstliche Dildenburger Frackfrotzen zu 2,99 Euronen je 100 Gramm. Aber diese gibt es nur im Herbst und nur für kurze Zeit.
Mir würden sicher noch einige Anwendungen für den Begriff Dildenburger Frackfrotzen einfallen. Könnte auch aus dem Heimwerkerbereich sein, gib mir mal zwei 9er Dildenburger Frackfrotzen. Oder ein Teil für Angler. Ich geh ohne meine Dildenburger Frackfrotzen nicht zum Angeln. Aber es könnten auch zwei komische Gesellen aus Dildenburger sein, über die man viele witzige Geschichten erzählt.
Die gute Nachricht, ich habe mir den Begriff nicht schützen lassen. Die schlechte, mal sehen wer bis in alle Ewigkeit unter dem Begriff Dildenburger Frackfrotzen am besten da steht?
Mittwoch der 2. Dezember 17:58 Uhr. Keine Spur von den Dildenburger Frackfrotzen. Noch. Suchmaschinen suchen.
Mittwoch der 2. Dezember 18:11 Uhr. Eine Spur von den Dildenburger Frackfrotzen. Jetzt. Suchmaschinen finden. In 14 Minuten aus dem Nichts.
In Wirklichkeit waren es 5 Minuten, aber so schnell bin ich nicht mit Screenshot einbauen und verlinken. In 5 Minuten aus dem Nichts geboren. Dem einen sagt das was, anderen nichts. So ist das im Leben.
Weil...
Die eine oder andere muss man mal angleichen, aber in der Regel war es das. Wenn ich alle sage, meine ich natürlich nicht alle bezogen auf alles, sondern alles, was weitgehend in meinen Bereich fällt.
Gibt es ein Thema, gehe ich meine Bilderwelten in Gedanken durch und suche mir die passendste aus. Hier und da wird mein Archiv ständig angereichert und weiter ausgebaut.
Aber wie gesagt, gemacht habe ich es und ich mache das auch bis auf weiteres, weil ich mir echt nichts merken konnte. Schon in der Schule war das so. Also habe ich meine Fantasie benutzt und die Informationen, die ich mir nicht merken konnte, an Stories gehängt. Und siehe da, die konnte ich mir leicht merken und somit auch die Information dazu.
Wenn ich keine Story zu etwas habe, dann vergesse ich es auch. Ein Grund, warum ich mir keine Witze merken kann, denn der Witz ist die Information und ich finde keine Story, an welche ich einen Witz hängen könnte. Somit vergesse ich zum Glück so gut wie alle Witze. Namen, Nummern und so weiter, alles gerät in Vergessenheit außer, ja außer, ich habe mir dazu eine Geschichte einfallen lassen.
Hier und da reicht ein Reim oder eine Eselsbrücke. Aber wenn es komplizierter wird, dann muss eine passende Geschichte her. Dadurch und daraus ist auch mein Schreiben entstanden und auch meine Art zu sprechen.
Was man nicht alles macht, damit nicht alles vergisst. Somit ist mein Kopf kein Ort der Informationen, sondern ein Ort der Geschichten.
Montag, 30. November 2009
Der Ratschlag
Nun versteh doch mal. Verstehst Du das? So ist das. Ich kann dir sagen.
Der Ratschlag scheint eine Schwäche für Subjektivität zu haben, denn er bezieht sich in der Regel nur auf einen einzigen Blickwinkel. Und dieser kann bekanntlich ein völlig anderer sein, als der Blickwinkel desjenigen, der diesen Ratschlag befolgen soll.
Zudem hat der Ratschlag noch eine Schwäche. Er bezieht sich in der Regel auf die Schwäche des anderen und der Ratgeber liebt es, sich überlegen zu fühlen. Und dann fühlen sich zudem bestimmte Menschen geradezu dazu aufgerufen, Ratschläge zu erteilen. In der Regel sind es Menschen, die glauben, Recht zu haben, weil sie Geld haben oder weil sie Macht haben. Oft kommt alles drei zusammen. Wenn das passiert, erklärt einem einer ständig das Leben und was man selbst alles falsch macht.
Der Ratschlag hat somit etwas anmaßendes und etwas weltfremdes zugleich. Zudem hat er eine kleine, sehr eingeschränkten Sicht auf die Dinge. Der Ratschlag ist oft vorlaut und einfach zu schnell bei der Hand. Kluge Menschen zeichnen sich deshalb vor allem dadurch aus, dass sie keine Ratschläge erteilen. Obwohl man sich oft gerade von diesen Menschen Ratschläge wünschen würde. Aber kluge Menschen wissen um die Wirkungslosigkeit von Ratschlägen und darum ersparen sie sich und anderen diese.
Denn am Ende muss jeder für sich entscheiden, was er macht oder was er lässt. Das Stützen auf Ratschläge ist wie auf Sand bauen. Es bringt einem selbst vor allem nichts. Das Wundersame an Ratschlägen ist, dass sie nie ausgehen. Auch wenn von derselben Person schon eine Vielzahl von Ratschlägen nicht funktioniert haben, da ist immer noch ein guter oder besserer.
Anderen einen Ratschlag zu geben, heißt, das Verhalten von anderen zu verändern und/oder zu beeinflussen, ohne selbst etwas dafür tun zu müssen. Hör mit dem Rauchen auf. Fang mit dem Joggen an. Alle Ratschläge fordern demjenigen, der sie erteilt, nichts ab. Er muss nichts dafür tun, nur die Lippen bewegen. Ach ist das schön, Konsequenzen nur sagen zu können, ohne diese selbst durchleben zu müssen.
Ich kann nur jedem raten, hüte dich vor dem Ratschlag. Aber höre genau zu und sehe genau hin, wenn andere etwas machen, was dich nicht betrifft, aber die in derselben Situation sind. Der Mensch lernt durch das Machen. Das Selbsterlebte. Kein Ratschlag kann die Qualität des Selbermachens je ersetzen. Er kommt nicht mal im entferntesten daran. Deshalb gibt es nur einen Ratschlag: es gibt keinen Ratschlag.
Wenn jemand wissen will, wie es weiter geht oder was zu tun ist, dann muss er nicht fragen, sondern es einfach tun. Das Schöne daran ist, dass man super vorankommt und sich die vielen Ratschläge erspart. Die sind einem zudem beim Gutvorankommen ganz schön hinderlich. Ich glaube, glückliche und erfolgreiche Menschen haben eines gemeinsam: sie hören nicht auf Ratschläge, sondern auf ihre Intuition.
Der schöne Tod
Er ist der einzige wirkliche Beweis dafür, dass man gelebt hat. Und es ist das Einzige, was allen Menschen gleichermaßen widerfährt. Allen. Früher oder später. Somit ist er ein fester Bestandteil unseres Lebens. Vor 150 Jahren waren Leben und Tod ständiger Begleiter der Menschen. Viele Kinder starben und die Menschen starben auch früher. Mütter starben bei der Geburt. Somit war der Tod früher ein Teil des Alltags. Heute nicht mehr.
Heute ist der Tod das, wovor die Menschen am meisten Angst haben. Und die Rituale um den Tod steuern gehörige Portionen zur Angst bei. Wer schon das Grab eines Kindes gesehen hat und diesen ein Meter kurzen weißen Sarg, der dann in die Erde niedergelassen wird, der kann nachfühlen, was ich meine. Ich hasse dieses Ritual. Diese Art der Verabschiedung vom Leben.
Es räumt dem Tod einen Platz in unserem Denken ein, der ihm zu Lebzeiten eigentlich nicht zusteht. Unser Umgang mit dem Tod ist bedenklich, denn er ist nicht natürlich. Der Schmerz und die Trauer, die Menschen erfüllt, die einen Toten zu beklagen haben, ist so groß wie unnatürlich. Er ist Spiegelbild einer Gesellschaft, die nicht loslassen kann. Die sich von Altem nicht trennen will. Das Natürlichste, was dem Menschen widerfahren kann und muss, erscheint uns wie die größte Ungerechtigkeit auf Erden. Da stimmt doch was nicht. Da stimmt doch was mit unserem Umgang, unseren Emotionen und unserer Einstellung nicht.
Wenn der Sohn eines Popstars sich aus dem Hotelzimmer zu Tode stürzt, werden wir emotional so berührt, wie zuvor von vielen seiner Lieder nicht. Herbert Grönemeyer widerfährt dasselbe. Die Anteilname an seiner Trauer entspricht nicht einem normalen Umgang mit dem Tod. Und so rückt der Tod als das zentrale Ereignis, bei dem der Mensch zu Emotionen fähig ist, zu Gemeinschaft, zu Toleranz, zu Verständnis und zu Mitgefühl, immer mehr in den Fokus. Hier empfinden wir für einem Moment das, was wir unter Lebenden aber nicht leben können.
Erst im Tod kommen sich Menschen so nah wie sonst selten oder nie. Das ist eine traurige Entwicklung und somit wird der Tod völlig überbewertet. Mir ist das bei Robert Enke aufgefallen. Ich habe mich von dem Gemeinschaftsgefühl mitreißen lassen und es war ein schönes gemeinsames Gefühl und Erlebnis. Nur habe ich mich gefragt, warum die Menschen nicht immer so miteinander umgehen. Muss erst eine WM im eigenen Land sein oder jemand auf diese Weise sterben.
Wir scheinen uns in eine Gesellschaft gewandelt zu haben, die mehr in den Emotionen anderer lebt, als in den eigenen. Wir leben unser nichterfülltes Leben in diesen Menschen, die oft Menschen des öffentlichen Interesses sind. Wir kochen toll mit Fernsehköchen, ohne selbst zu kochen. Wir unterhalten uns toll in Talkshows, ohne uns selbst zu unterhalten. Wir werden gesund in Krankenhausserien, ohne selbst krank gewesen zu sein. Wir werden vor Gericht freigesprochen, ohne selbst nur angeklagt gewesen zu sein.
Den Menschen scheint es zu genügen, nur so etwas wie zu leben, anstatt es selbst zu erleben. Das ist offensichtlich und klar. Wir leiden mehr mit anderen, als mit uns selbst. Und am deutlichsten merkt man das beim Tod. Wir sind fasziniert von den Emotionen, die wir durchleben und glücklich, dass es nicht uns selbst getroffen hat.
Somit streben wir zwar weiterhin nach Glück, aber wir leben gerne im Unglück anderer. Natürlich ohne uns das offen einzugestehen. Wäre der Tod, das Leid, der Schmerz, die Krankheit weiterhin ein ständiger Bestandteil unseres Leben, hätten wir diese Sehnsucht, uns im Leiden anderer wohlzufühlen, sicher nicht. Somit befriedigt der Mensch seine Sehnsucht nach Unglück im Unglück anderer. Das befriedigt offensichtlich die Sehnsucht. Aber es muss auch regelmäßig einen da draußen treffen. Somit trauern wir nicht, sondern wir fühlen mit. Und dieses Gefühl löst Emotionen in uns aus, die wir offensichtlich wollen. Deshalb ist das Leiden mit anderen und in anderen zum festen Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Die Medien bedienen dieses Bedürfnis immer mehr und immer intensiver.
Der unnatürliche Tod ist ein Geschenk Gottes für die Medien geworden. Es gibt nur ein Problem: dafür gibt es noch keine Werbepartner. Somit erreicht man zwar traumhafte Einschaltquoten, aber mehr noch nicht.
Denn jeder dieser Schicksalsschläge anderer heizt unser Bedürfnis emotional auf und wir wollen auf diese Weise mehr und mehr berührt werden. Es klingt nicht nur krank, es ist es auch. Um auf die Eingangsgeschichte mit dem toten Kind zurückzukommen: Ich konnte nach dem Begräbnis wegfahren und das Problem somit hinter mir lassen. Und mit jedem Kilometer, den ich wegfuhr nach Hause, wurde mir klarer, dass die Betroffenen dem Problem nicht so einfach enteilen können. Ich war nur froh, dass mir das nicht passiert ist. Heil froh.
Somit ist mir klar geworden, dass wir unsere Gefühle ganz gerne in anderen Menschen ausleben. Ist praktisch. Man muss beim Fernsehkoch nachher nicht spülen. Man muss nicht ins Gericht und man muss nach einem Begräbnis keine Briefe mit Danksagungen rausschicken. Nennen wir es man Gefühle Light.
Samstag, 28. November 2009
Ruhe
Man gewinnt Respekt vor dem Leben wenn einen Friedhof betrachtet. Und diese Ruhe beeindruckt mich. Diese vielen Geschichten die hier enden. Die Trauer erreicht mich nicht, denn ich kenne niemanden hier. Aber ein Spur von Leiden. Und Hoffnung. Man steht in einem Teil der Geschichte. Das berührt. Ruhe.
kommentare