Bloß keinen Fehler machen. Bloß fehlerfrei bleiben. Wer Fehler macht, macht etwas falsch und ist somit schuldig, einen Fehler gemacht zu haben. Unsere Gesellschaft sucht immer Schuldige, die Fehler gemacht haben. Das beginnt in der Schulzeit. In allen Klassenarbeiten machen vor allem die Fehler den Unterschied. Wer weniger Fehler macht, ist besser. Wer mehr Fehler macht, ist schlechter.
Im Fußball entscheiden die Fehler darüber, wer verliert. Würde keiner einen Fehler machen, würde keiner verlieren. Somit ist unsere gesamte Gesellschaft darauf ausgerichtet, Fehler zu vermeiden und wenn ein Fehler geschieht, dafür einen Schuldigen auszumachen und den für den Fehler zu bestrafen. So versuchen Menschen, fehlerfrei durchs Leben zu kommen. Immer die richtige Entscheidung zu treffen. „Da hast Du einen Fehler gemacht!“ Wie oft musste man das hören. Oder „Pass auf, mach jetzt keinen Fehler!“
Genau dieser Gedankengang ist ein katastrophaler Fehler. Denn der Fehler ist der wichtigste Bestandteil für Entwicklung, Gestaltung, Bewegung, Kreieren. Alles was entsteht, entsteht aus Fehlern und der Erkenntnis, die man aus einem Fehler zieht.
Fehler sind wie Steine, die einen über einen Fluss bringen. Wer nicht von Stein zu Stein springt, also von Fehler zu Fehler, der ist erkenntnislos. Also im wirklichen Leben hilflos. Aber wir prangern den Fehler an und verurteilen diesen. Dabei müssten wir ihn geradezu heraufbeschwören.
Die große Angst vor dem Fehler, vor allem die noch größere Angst, selbst der Schuldige dafür zu sein, lähmt all das, was wir in Wirklichkeit brauchen. Es zeigt, welches Potential in der Spezies Mensch steckt, wenn man mit diesem Handicap ausgestattet, noch alles das erreicht und erzielt, was die Menschheit so auf die Beine gestellt hat.
Die Forschung z.B. besteht zum überwiegenden Teil aus Fehlern. Und das ist gut so. Hier dürfen und können auch welche gemacht werden. Denn wer Neuland betritt, der hat den Vorteil, dass wirklich alle erst hinterher bemerken, dass etwas fehlerhaft war. Aber wenn man sieht, wie weit die Forschung mit diesem wichtigen Mut zum Fehler gekommen ist, dann wundert es, dass diese Vorgehensweise nicht viel tiefer in die Gesellschaft und in das Bewusstsein der Menschen eingedrungen ist.