Wilde Zeiten: die Schweinegrippe, die Taliban, die Wahlkampfspots. Viele fragen sich jetzt, wo der Adel ist; in der stillen Hoffnung, hier noch Zivilisation zu finden. Ich kanns euch sagen: Der Adel sitzt gerade im Restaurant. Er speist.
Den weiblichen Adel erkennt man am langen Hals. Ausgesprochen langer Hals! Wenig Schmuck. Einheitsalter: Zwischen 19 und 99 sehen alle wie 32 aus. Den männlichen Adel erkennt man auch am Hals. Das Hals ist fett oder fehlt, was aufs Gleiche raus läuft. Der weibliche Adel bestellt Getränke in kleinen Mengen: einen Fingerhut Sancerre, ein Tröpfchen Likör. Der männliche Adel bestellt Getränke schmetternd und laut. Wenn einer von uns das so machen würde, würden wir schmunzeln, denn bei uns wäre das heiterkeitstrunkene Ausgelassenheit. Nicht so beim Adel. Der Adel, zumindest der deutsche Adel, kennt keinen Humor. Es ist die astreine, muttermilchtradierte Herrenmensch-Attitüde. Der Adel will nicht witzig sein, sondern ernst genommen werden. Was der jugendliche Adel in der Phase des Hörner-Abstossens alles treibt, soll hier nicht Thema sein.
Mal sehen. Drücken wir uns die Daumen. Vielleicht, wenn der Adel mit dem Dessert fertig ist und nichts anderes zu tun hat, kümmert er sich um alles. Ich bin gespannt. Hab extra ein gutes Hemd angezogen.