Dienstag, 2. Januar 2007
Hauptsache ist für viele Nebensache
Alles hat einen Wert, eine Ordnung, einen Rang. Somit hat alles eine Priorität. So weit, so gut. Klingt einfacher, als es in Wirklichkeit ist. Denn das Problem liegt in dem kleinen Wörtchen "Jeder" begründet. Es gibt nicht nur ein, mehrere oder viele Rangreihen oder Prioritäten, sondern so viele, wie es Menschen gibt.
Und jeder will seine entweder verfolgt sehen oder bedient die anderer. Dadurch kommt vieles aus dem Gleichgewicht. Denn es gehört zur gesunden Entwicklung einer Persönlichkeit dazu, seine Prioritäten zu entdecken, kennen zu lernen und diesen letztendlich konsequent und kontinuierlich zu folgen.
Aber das bedeutet Anarchie der Persönlichkeiten. Deshalb hat das System verständlicherweise etwas dagegen, wenn sich jeder auf den Weg machen würde, sich selbst zu verwirklichen. Wer verwirklicht dann die Interessen derer, die am berühmten längeren Hebel sitzen? Um hier Nebensachen und Nebenschauplätze in das Zentrum des Interesses aller zu rücken und somit zur Haupsache aller zu machen, gibt es geeignete und sehr gut funktionierende Werkzeuge.
Als da wären der Neid, die Eitelkeit, die Missgunst, der Minderwertigkeitskomplex, das Statussymbol, der Konsum und viele wirksame Instrumente mehr. Diese schaffen es, einen Großteil Nebensachen zur Hauptsache zu machen. Wie Statistiken einwandfrei beweisen. Der Mensch geht sogar so weit, dass sein Unrechtsbewusstsein für das Verfolgen von Nebensachen außer Kraft gesetzt wird. Er lässt sich fast lebenslänglich zu einer Art Beschaffungskriminalität hinreißen. Dabei soll der Zweck den Einsatz der Mittel heiligen.
Somit ist eine ganze Gesellschaft aus dem wichtigen Gleichgewicht geraten. Weil sie die individuellen Hauptsachen nicht berücksichtig, nicht pflegt und verfolgt. Sondern die Nebensachen in den Mittelpunkt des Interesses aller rückt. Würde man ältere Menschen nicht nur fragen, sondern ihnen auch Glauben schenken, dann wären die wesentlichen Werte als die Hauptsachen ihres Lebens gänzlich andere als die des Rests der Gesellschaft. Und die Augen dafür haben sich auch erst in den späteren Jahren geöffnet.
Aber nun ist es zu spät, ein Menschenleben ist nun schon fast rum. Aber was für ein Glück, dass die meisten Menschen wenigstens mit dem richtigen Bewusstsein das Zeitliche segnen. Wäre doch schlimm, wenn diese Nichtigkeiten der Nebensachen diese bis ins Grab verfolgten. Es reicht doch, dass es gerade diese sind, die viele ins Selbige bringen.
Gleichgewicht heißt nicht, ins andere Extrem überzuschwenken und nun nur die individuellen Hauptsachen in den Fokus zu stellen. Nein. Sondern die angemessene, passende und augewogene Reihenfolge der eigenen Prioritäten zu entdecken und zu verfolgen. Deshalb gilt auch hier nicht das Prinzip: entweder oder, sondern: sowohl als auch.
(Foto: Peter von Felbert)