Dienstag, 14. November 2006
Es ist passiert. Längst passiert.
Witzigerweise, wollen Viele mit mir eine seltsame Diskussion führen, über das Küken "Web 2.0" oder die Reinkarnation der New Economy. Ich muss mich dabei verteidigen und die wollen mich angreifen. Weil ich ja ein Blog habe. Das ist so wie 1962 lange Haare haben. Dabei stellen sie diese kleinen, neuen Triebe dar, als wären sie winzige Pflänzlein, mit denen man behutsam umgehen muss. Die Beatles: "Tja, wie süß, aber wo ist der Business Case?" Mit der Musik kann man doch kein Geld verdienen. Das spielt doch kein Radio. Mit der Frisur kommen die doch nicht weit. Da verbreitet sich eine naive Vorstellung von Anfang-20-Jährigen, die nicht wissen, was sie tun. Und die glauben wirklich, es geht um die Haare, und spüren von dem neuen Lebensgefühl nichts, aber auch gar nichts. Wie auch, wenn man nur Pat Boone hört.
Die Kontrolllenkungsfunktion dieser Menschen hat keine Kontrolle über das, was da draußen wirklich abgeht. Die können natürlich die Entwicklung nur aus ihrem beschränkten Blickwinkel heraus beobachten. Da draußen tobt ein Krieg. Und die reden von süß. Der Krieg lautet: Neue Glaubwürdigkeit gegen alte Manipulation. Und dieser Krieg hat längst Verlierer und Gewinner. Google wird wieder einen Rekordgewinn hinlegen in Milliarden-Höhe und Ford wird wieder einen Rekordverlust hinlegen in Millarden-Höhe. Wie die Beatles hat das neue Lebensgefühl alle Charts der Welt längst erobert. Aber wahrhaben wollen das Viele immer noch nicht. Die sind bald wieder weg. One-Hit-Wonder. Das ist deren letzte Hoffnung.
Es schauen mehr Menschen jeden Tag auf Youtube, was läuft, als irgend ein anderes klassisches Medium. Der Wunsch nach Glaubwürdigkeit ist offensichtlich viel größer, als das Verlangen weiter manipiliert zu werden. Dieser Wunsch nach Glaubwürdigkeit ist aus der Manipulation erst entstanden. Erst möglich geworden. Und die Glaubwürdigkeit muss erst laufen lernen. Was man von der Manipulation nicht sagen kann. Denn die ist mehrere Jahrzehnte in der Welt der Kommunikation geschult. Und hat einen großen Vorsprung. Alles, was wir wahrnehmen, ist manipuliert und soll unser Denken und Handeln für bestimmte Interessen beeinflussen. Zu irgendeinem Zweck: Kaufen, Wählen usw. Wir sollen Arena kaufen, Schuhe, Frau Merkel wählen oder nicht. Dafür denken sich Mensche allerhand Versprechen aus, die in der Regel nicht eingehalten werden, sondern unsere Entscheidung zu deren Gunsten manipulieren sollen.
Wir sind dieser Welt so unheimlich, weil wir ständig Dinge tun, ohne dafür Geld zu bekommen oder zu verlangen. Wir manipulieren mit Glaubwürdikeit und nicht mit Versprechungen. Nicht alle, aber immer mehr. Das muss man erst mal lernen. Das ging sogar mir so. Sich zu verweigern, über bestimmte Themen mehr Leser anzuziehen. Das ist wie Schreiben in einer Zwangsjacke. Man liest über den Traffic auf anderen Seiten. Weiß aber, wie dieser zustande gekommen ist. Und trotzdem will man seiner Linie der Glaubwürdigkeit vor einem selbst unbedingt treu bleiben. Das ist hart am Anfang, wird dann aber zunehmend einfacher bis hin zu angenehm und dann euphorisch. Wir müssen erst lernen, unsere Meinung zu artikulieren. Und uns zu vergewissern, dass dahinter keine minderwertigen manipulatorischen Hintergründe schlummern. Da ist man sich oft nicht sicher. Aber es geht immer besser. Deshalb kann ich nur jeden darin bekräftigen und bestärken: Denk nicht darüber nach was andere hören oder sehen wollen, sondern was du selbst mitteilen willst. Das ist der Weg zu einer neuen Glaubwürdigkeit. Um so authentischer und transparenter deine Darstellungen werden, desto besser fühlst du dich. Und das ist ein sehr gutes Gefühl. Es ist das ehrlichste, was dir begegnen kann. Es entspringt nämlich deinen Gedanken. Also fasse eigene.
Nicht mehr alles unbedingt verkaufen und versprechen wollen, was man in Wirklichkeit ohnehin so nicht einhalten kann. Das ist der größte Antrieb für die neue Webwelle. Die wunderbare, positive Suche nach der Glaubwürdigkeit. Das Verrückte ist, dass genau dieser Bewegung ständig Manipulationsvorwürfe gemacht werden. Schreibt jemand im Blog, wie unzufrieden er mit der Firma T. war. Dann flattert drei Tage später eine Abmahnung ins Haus. Wird das Werbveversprechen der Firma T. nicht eingehalten und der 24-Stunden-Service dauerte mal wieder 72 Stunden, was passiert dann – nichts?
Die manipulierte Welt ringt und kämpft ums Überleben. Und schreibt dabei immer mehr tiefrote Zahlen. Weil Manipulieren immer teurer wird. Die Glaubwürdigkeit verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Der Wandel im Marketing- und Kommunikationsdenken ist längst vollzogen. Die Verlierer und Gewinner stehen schon fest. Glauben und wahrhaben wollen das nur Viele nicht.
Darum führe ich diese Diskussionen nicht mehr. Ich lächle nur noch. Und antworte auf die Fragen der Unwissenden nur mit: Schaun mer mal. Denn es kostet mir zu viel Zeit und Energie, Menschen überzeugen zu wollen, die an alten Vorstellungen hängen. Zudem will ich die Meinung anderer auch nicht manipulieren. Die sollen selbst zu einem Ergebnis kommen. Das Rad der Entwicklung hat noch nie nur eine Sekunde deshalb still gestanden. Und ich muss weiter. ich kann mich nicht ständig um die Ewiggestrigen kümmern.
Der Business-Case neue Glaubwürdigkeit statt alte Manipulation ist in vollem Gange. Und die Unternehmen, die das verinnerlicht haben und darauf angemessen reagieren, werden auch in 10 Jahren noch eine Website haben. Für die anderen kann und will ich nichts mehr tun. In der selben Zeit, kann ich 10 Beiträge schreiben für unser Blog. Oder 10 geile Ideen mir ausdenken und realisieren für Kunden, die das längst geschnallt haben. Und wollen.
Worüber die reden, was die noch in weiter Ferne wähnen, ist längst da und Realität. Über 100.000.000 Websites, über 40.000.000 Blogs. Mit Millarden von Beiträgen jeden Tag. Die alle sich auf den selben Weg gemacht haben, eine bedrückende Welt der Manipulation gegen eine bessere der Glaubwürdigkeit einzutauschen. Was ist schlecht daran? Ich kann nichts Schlechtes daran entdecken.
Was ist schlimm daran, wenn jemand öffentlich ein Produkt wie Bionade positiv bewertet? Oder ein Hotel schlecht darstellt? Wenn das seine Meinung ist. Die Power-Seller bei ebay, die über 99% positive Bewertungen haben und mehrere tausend Transaktionen mit glücklichen Kunden durchgeführt haben. Die haben eine besseren Job gemacht als viele Händler. Denn der Power-Seller konnte unmöglich tausende Meinungen zu seinen Gunsten manipulieren. Aber den Vorwürfen, es könnte so sein, muss er sich erwehren. Unter 1% schwarze Schaafe bei ebay werden in der veröffentlichten Meinung dargestellt wie 80%. Aus gutem Grund. Der Verlust der Kontrolle über die Märkte und Meinungen, der Verlust des wichtigsten Instrumentes – der Manipulation. Das ist, was viele ungemein ärgert. Anstatt sich positiv in diese Entwicklung mit einzubringen.
Peinlich und lächerlich sind nur die Manipulationsvorwürfe. Das ist mehr als kindisch. Da kann ich nur an das bekannte Glashaus erinnern. Die Glaubwürdigkeit erlangt man nur langsam wie das Vertrauen. Aber ist diese einmal hergestellt, dann ist diese gewonnene Glaubwürdigkeit wertvoller als alles andere und man fühlt sich ihr verbundener, als es jeder Manipulationsversuch zu leisten im Stande ist.
Die Regel sind neu. Und da spielen bis auf weiteres viele noch nach den alten. Das ist süß.
Geschrieben von Christof Hintze
in Wilde Thesen
um
11:56
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Tags für diesen Artikel: glaubwürdigkeit, internet, manipulation, unternehmen, veränderung, wandel, web, Wilde Thesen
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