Das schöne an Vorwürfen ist, natürlich nur, wenn man auf seinem Lebensweg etwas dazu gelernt hat, dass diese im nicht unerheblichen Maße an einen selbst gerichtet sind. Und nur augenscheinlich an den Gegenüber.
Ein kleines Beispiel, das dieses verdeutlicht. Es gibt nur 2 Stück Kuchen, aber 4 Personen am Tisch. Einer nimmt sich ein Stück Kuchen. Ein anderer wirft ihm nun Egoismus vor. Was bedeutet das? Ganz einfach, weil er seinen eigenen Egoismus nicht befriedigen konnte, richtet er den Vorwurf an den anderen. Also, wer ist nun der Egoist?
So verhält es sich mit fast allen Vorwürfen. Vorwürfe sollte man erst anfangen ernst zu nehmen, wenn der Gegenüber die Reife erreicht hat, überhaupt einen Vorwurf zu formulieren. Das komische ist nur, wenn Menschen diese Reife erreicht haben, formulieren sie keine Vorwürfe mehr.
Somit hilft auf Dauer dann doch nur die Selbstreflexion. Was aber voraussetzt, dass man wenigstens sich selbst gegenüber aufrichtig ist. Somit kann man Vorwürfen gelassen begegnen. Diese sind nur deshalb so interessant, weil sie mehr über denjenigen aussagen, der sie formuliert, als über denjenigen, den sie eigentlich treffen sollen.
Der Vorwurf an sich ist auch eine Angriffsvariante, die nie zur Einsicht führt. „Oh, ich bin ein Egoist sagst du. Dann ändere ich jetzt mein Leben.“ Sondern der Vorwurf wird in der Regel nur erwidert, um eine angemessene Steigerung in der Wortwahl: „Aber du, du musst reden Du bist ja total...!“ Und so geht es dann hin und her. Bis der Köcher der Vorwurfspfeile und alle anderen Waffen ihre Magazine geleert haben. Zurück bleibt nichts, außer zwei gekränkten Menschen, die das nicht verstehen können. Der Vorwurf ist somit nichts anderes, als verbal jemanden anzurempeln. Somit unterscheidet sich der Mensch mit einer hohen sozialen Intelligenz von dem Rest dadurch, dass er auf den Vorwurf gänzlich verzichtet oder anstatt diesem die konstruktive Kritik wählt. Und diese so formuliert, dass sie auch nicht als Vorwurf verstanden werden kann.