Sonntag, 11. Mai 2008
Teil 2. Das Spiel. La partie. [Das Buch]
Teil 2. Das Spiel. La partie. [Das Buch]
Dafür musste Claude Monet hinhalten. Er war der Mittelpunkt meines Kunstreferats. Mit dem Ergebnis 1+. In dem ich über epische Breite, mit der Schreibmaschine über 80 Seiten verfasste. Die meinen schwulen und tollen Kunstlehrer völlig aus der Fassung brachte. Im positiven Sinne. Denn eigentlich habe ich ein Buch über Claude Monet und den Impressionismus geschrieben. Ich habe recherchiert und studiert wie nie davor und nie mehr danach in meiner Schulzeit. Mit diesem Gesamtwerk habe meine schulische Spitze erklommen. Mal ehrlich 1+. Was soll da noch kommen. Aber auch hier wie gesagt der Auslöser, ganz offensichtlich die Frankophilie. Denn musste es denn Monet sein? Es gibt 100 andere Länder mit anderen Malern. Aber ich musste mal wieder einen Franzosen wählen. Monet hat mich auch noch zu meiner Studienzeit ein wenig begleitet. Im Museum Ludwig in Köln, hing und hängt sicher noch immer ein Seerosenteich. Ein Bild, zu dem ich immer wieder pilgerte. Das hieß, ich zahlte Studententarif für die gesamte Sammlung, ging aber schnurstracks nach oben zum Seerosenteich. Und ließ alle anderen Bilder links liegen. Denn in einem Abstand von ca. 9 Metern stand eine Ledersitzgelegenheit. An einem guten Tag war diese frei. An einem nicht so guten musste ich warten. An einem schlechten hockte da so ein irrer und starrte länger als eine halbe Stunde auf ein und das selbe Bild. Meistens war ich der Irre und hatten einen gute Tag. Ich saß da und saugte die Energie dieses Bildes in mich auf. Rückblickend kann die Stiftung froh sein, dass noch Farbe auf dem Bild ist.
Aber dieser Monet, war mein Blick aufs Meer. Mein Blick vom Gipfel eines Berges. Und das mitten in Köln. Zurück zur Körperhaltung beim Boulespielen, die auch ein wenig an Jaques Tatis erinnert. Eigentlich haben die und zu erwähnen wären noch Asterix und Obelix, Fantomas, die drei Musketiere und Jean Paul Belmondo mein Menschenbild vom Franzosen an sich, maßgeblich geprägt. Immer wenn ich französische Polizisten sah, musste ich unweigerlich an Louis de Funes denken. Obwohl die französische Polizei weit aus strenger ist als die Deutsche. Trotzdem habe ich bei jeder Begegnung einen Lachanfall immer gerade noch vermeiden können. Aber das grinsen war nicht zu verstecken. Asterix und Obelix vermittelten mir das Selbstverständnis der Grand Nation. Die ihren Hochmut wahrt. Egal was auch geschieht. Mit einer solchen Überzeugung das man getrost davon ausgehen kann und muss, dass ganz Frankreich wirklich im Besitz eines Zaubertrankes ist. Meine Lieblingsszene war immer, wenn die Galliere auf die Piraten getroffen sind. Und der Schwarze im Ausguck nur noch stammeln konnte: die ga.. Ga.. Und dann schwammen alle nur noch auf Planken und Kisten im Meer. So stellen sich Franzosen das vor. Wenn sie mal loslegen. Dachte ich mir. Aber zurück zum Spiel. Nun wirft der erste Spieler seine erste Boule. So nah wie möglich an das Schweinchen. Werfen. Was für ein einfaches Wort für einen hochkomplexen Vorgang. Die Kunst des Bogenschießens nimmt auch ca. 400 Seiten ein. Beim perfekten Boulewurfes ist das ähnlich. Der über Jahre heranreifen muss. Stunden um stunden. Wurf um Wurf. Ähnlich wie beim Bogenschießen - schießen. Als ob man schon deshalb treffen würde, nur weil man den Pfeil losläßt. Die meisten würden nicht mal die Scheibe treffen und sich mit der sehne verletzen. Beim Boule ist das identisch. Es sieht so leicht aus, aber ein guten Wurf nicht nur einmal aus einer glücklichen hand geworfen, ist eine Kunst für sich. Alles was leicht aussieht, ist viel komplexere und schwieriger als man im allgemeinen annimmt. Beim Boule ist das wie beim Golf.
Jeder hat mal einen guten Schlag, aber es geht nicht darum mal eine Kugel ordentlich zu legen, sondern einen möglichst hohen Prozentsatz ideal zu spielen. Beim Golf wird ein Fehlschlag gleich böse bestraft. Beim Boule ist das nicht so dramatisch. Aber die es wirkt sich auf die Statistik im kopf aus. Denn jeder wird von 100 würfen einige sehr nah an das Schweinchen bringen. Aber die guten bringen immer 80 % nah ran und die sehr guten über 90%. Deshalb ist der kürzeste Golfwitz, auch gleichzeitig der kürzeste Boulewitz: „ich kann´s jetzt!“ Boule spielen kann man auch mit der des Filme machen von Jaques Tatis gut vergleichen. Der hat Jahre an seinen filmen gefeilt. Der hat endlose Einstellungen immer wieder ins Visier genommen. Der hat solange an allen Parameter geschraubt, bis die Szene seiner Vorstellung entsprach. So ist es auch beim Boule man hat eine Vorstellung aber man spürt oder sieht, dass die Ausführung damit nicht im Einklang ist. Und genau das verbessert man, verändert man. Ständig und stetig. Deshalb ist es nur logisch das ein Filmemacher wie Tatis aus dem Land des Boulespieles kommt. Wer gibt sich schon so viel Mühe für solche Kleinigkeiten? Aber genau das macht die Qualität seines Lebenswerkes aus. Das macht auch die Qualität eines Boulspielers aus. Er berücksichtigt immer alle möglichen Parameter. Das Wetter, das Licht, der Boden, die Entfernung, den Mitspieler, den Gegner, die Temperatur, den Spielstand, die Spielsituation, die Tagesform, alles einfach alles muss im Einklang sein. Eine klare Vorstellung von dem was zu tun ist und sich nie mit Weniger zufrieden geben. Witzig dabei ist zu beobachten, dass alle Boulespieler Rituale haben. Die sie vor jedem Wurf exakt wiederholen. Einige sind wirklich sehr amüsant zu beobachten. Andere kann man mit dem bloßen Auge kaum erkennen. Das Scharren mit den Füßen. Das Richten der Mütze. Das Polieren der Kugel. Das Drehen der Kugel in der Hand. Das Kratzen im Nacken. Das Hinknien und wieder aufstehen und wieder hinknien und wieder aufstehen. Der perfekte Boule Wurf wird also folgendermaßen ausgeführt. Immer wieder. Vor allem immer mindestens einmal mehr als der Gegner. Man wirft gegen seine eigene innere Statistik. Heute 80% super gelegt und 60% getroffen.
Aber man braucht lange Zeit um das in Fleisch und Blut übergehen zu lassen. Von der idealen Wurftechnik gibt es aber eine Reihe von Abweichungen, die ebenso gut funktionieren. So schleichen sich bei den meisten Spielern Ticks ein. Diese lassen aber das Individuum Mensch zum Vorschein kommen. Man erkennt Menschen am Wurf, wie an ihrem Gesicht. Der Wurf ist so individuell, wie der Fingerabdruck. Die Körperbewegung ist manchmal alles andere als rund und harmonisch. Aber wenn das Ergebnis stimmt, ist das okay. Daran sollte man nichts ändern. Stimmt das Ergebnis nicht, sollte man seine Wurftechnik überdenken. Obwohl es offensichtlich ist, dass umso verwirrter und absurder die Wurftechnik wird, auch die schlechte Statistik das deutlich zum Ausdruck bringen würde. Aber die hat jeder Spieler ja nur selbst im Kopf. Und nicht jeder ist ehrlich zu sich selbst. Man legt die Kugel eigentlich ruhig in die Handinnenfläche. Die natürlich in Richtung Himmel geöffnet ist. Die Hand ist flach und ausgestreckt. Die Kugel ruht wie ein kleiner See im Handteller. Dann schließt man die Hand, sanft. Als ob ein Vogel darin sitzen würde. So das er nicht weg fliegen kann, aber erdrücken will man ihn ja auch nicht. Also, langsam und behutsam. Und zwar so, dass die Fingerspitzen beim Schließen eine gerade Linie bilden und der Daumen die Kugel nicht berührt. Wenn man den Arm jetzt gerade ausstrecken würde, bilden Mittelfinger und Ringfinger Kimme und Korn. Der Daumen wird locker abgespreizt. Er würde nur die gerade und direkte Wurflinie beeinflussen. Deshalb sollte er die Kugel nicht tangieren. Viele greifen die Kugel mit dem Daumen, dass geht in der Summe der Würfe aber auf Kosten der Präzision. Der Druck der Finger muss angemessen sein, nicht zu hoch, das verzieht den Wurf in eine zu hohe Flugbahn und nicht zu locker, dass läßt die Kugel frühzeitig aus der Hand nach unten entwischen. Beides Nebenwirkungen die der Annäherung an das Schweinchen hinderlich sind. Aber im Prinzip ist Boule ein sehr einfaches Spiel. Die große Kugel muss in die nähe der kleinen Kugel. Appropos Nähe. Was auch ein Spiegel der Liebes- & Leidensbeziehung zwischen Deutschland und Frankreich ist, ist die Tatsache der Marktanteile im Automobilmarkt.
Der zeigt eines deutlich. Das geht hier nicht mit rechten Dingen zu. Also, mit Fakten kann das nichts zu tun haben. Wenn sie zum Beispiel ins Saarland fahren, haben die Franzosen ein ziemlich großes Stück vom Kuchen. In Frankreich natürlich den größten Brocken vom Markt. Aber sie müssen nur einen Schritt über die deutsch-französische Grenze machen und schon glaubt der eine, dass der andere keine Autos bauen kann. Wir reden hier nicht von ein paar Prozent, wir reden hier von erdrutschartigen Verschiebungen der Marktanteile. Wie kommts? Sehen sie, so weit sind wir eben noch nicht. Dabei kann man getrost davon ausgehen, das die Produkte in ihren technischen Qualität bei weitem nicht so weit auseinander liegen, wie die Marktanteile den Anschein machen. Die Emotionen. Ja, die Emotionen. Da kann man bauen was man will, wenn die Emotionen im Spiel sind, kann man alle Argumente in die Tonne hauen. Auch ein Merkmal des Boulespieles. Die Emotionen zuzulassen, als beeinflussendes Merkmal, ist enorm wichtig Aspekt. Wer sauer, gereizt und provoziert wirft, wirft schlechter. Wer mit Unlust, gelangweilt und desinteressiert wirft, wird ebenfalls schlechter werfen. Das Spiel braucht die Konzentration und Emotionalität, die es braucht. Nicht mehr nicht weniger. Das gilt es in der Waage zu halten. Schwer, für viele zu schwer. Für die wirklich sehr Guten, kein Problem. Im Wurfkreis fixiert man nun ausschließlich den Punkt, auf dem die Kugel landen soll. Und von wo diese dann sich auf machen soll zum Schweinchen. Hat man diesen fixiert mit den Augen. Dann lässt man diesen fixierten Punkt am besten nicht mehr aus den Augen. Justieren nennt man das. Der Visionär kann sich den Wurf vorstellen. In Gedanken wirft er genau auf den anvisierten Punkt und sieht sich den Verlauf der Boule an. Stimmt die Vorstellung mit seinem ausgewählten Wurf überein, wirft er. Der gedachte und der wirklich gemachte Wurf sind zwei unterschiedlichen Wurfwelten. So tun viele Spieler so, als sei der gute Wurf, der ihnen gerade gelungen ist, auch so gedacht wäre. Dem ist bei weitem oft nicht so. Glück gehabt. Der wirklich gute Spieler, orientiert sich nur an der Übereinstimmung von gedachtem und gemachtem Wurf.
Ist das Glück mal auf seiner Seite, sieht man ihm das sofort im Gesicht an. Vom Pech lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen. Wenn alle Spieler vorher sagen müssten, welchen Wurf sie machen wollen, würde man den großen Unterschied zwischen gedacht und gemacht sichtbar machen können. Darum werden einige nie besser. Weil sie auf das Glück vertrauen. Das ihnen einige zur Seite steht, dem großen Rest nicht. Denn das Glück darf man nicht immer auf seiner Seite wähnen. Mit dem Glück macht man langfristig keinen Deal. Mit dem Können schon eher. Was man einmal anvisiert hat, muss man genau im Blick behalten. Man winkelt beide Füsse leicht seitlich ab. So das diese nicht mehr frontal zum Schweinchen stehen. Sondern ein wenig versetzt. Dann beugt man die Knie locker und leicht durch. So, das man ein wenig federt. Das Bein auf der Wurfseite wird nun noch weiter abgewinkelt. Also ans Standbein heran und aus der Wurflinie heraus. So das der Arm frei schwingen kann, und vor allem gerade, wie ein Pendel, ohne einen Bogen um das Bein machen zu müssen. Das wäre ungut für die Wurfausbeute. Der Arm muss frei schwingen können. Deshalb steht man - kurze Zeit - in etwa so da, als ob man ganz dringend pinkeln müsste. Genau genommen steht so nur das eine Bein da. Aber wir wollen es nicht komplizierter machen, als es ist. Denn wie gesagt, es ist ein einfaches Spiel. Die große Kugel muss in die Nähe der kleinen. Mehr ist es eigentlich nicht. Nun dreht man die fixierte Eisenkugel im Handteller, um 180 Grad mit dem Handrücken nach oben. Konzentriert sich dabei immer auf den Punkt auf dem die Kugel landen soll. Wobei die Fingerkuppen weiterhin eine Linie bilden. Sollte die Kugel jetzt schon auf den Boden fallen. Direkt vor die Füße, zum Glück davor, dann war der Griff viel zu locker. Der Arm ist nun um 45 Grad nach vorne gestreckt, nicht zu weit. Nicht nur das 90 grad einem Hitlergruss ähneln würde, sondern es wäre auch unnatürlich. Der Blick auf die Kugel ist unwesentlich. Der Blick auf den Landepunkt ist ausschlaggebend. Der Arm deutet in die entsprechend richtige Richtung. Die Hand mit der Kugel natürlich auch. Als ob man sagen würde, da sitzt ein schöner Schmetterling auf dem Boden. Wo?
Na da! Also auch nur so weit ausholen wie es eines natürlichen lockeren Schwunges bedarf. Ohne Kraft und ohne Umwege. Beim eigentlichen Wurf schaut man nicht auf den Arm, die Hand, die Kugel, sondern nur auf den Punkt, auf dem die Kugel das erste Mal Bodenkontakt haben soll. Des Weitern soll die Kugel gut ausgestattet fliegen. Mit dem nötigen Rückdrall. Oder ohne. Man kann der Kugel jeden gewünschten Effet mitgeben. Damit die Kugel wenig, viel, schnell oder langsam geradeaus, oder nach links wie rechts rollt. Man kann auch so werfen, dass die Kugel auf dem Aufschlagpunkt liegen bleibt. Kommt darauf an wie weit, oder wie schnell sie rollen soll. Die Flughöhe und der Effet sind maßgeblich verantwortlich für das Rollverhalten. Die Flugkurve gibt ebenfalls Aufschluss über die Art des Wurfzieles. Das kann man in allen erdenklichen Ausrichtungen beeinflussen. Denken sie an das Bein. Der Aufschlagpunkt am Boden noch immer fest im Visier. Der Schmetterling am Boden. Nun schwingt der Arm wie ein Pendel ganz behutsam und entspannt durch nach hinten. Die Augen auf den Punkt gerichtet. Um dann wieder nach vorne zu kommen und beim idealen Auslasspunkt gleitet die Kugel nun über die Fingerkuppen, die nun ausgestreckt sind, auf dem direktesten und geradesten Weg zum Aufschlagplatz. Die Länge des Schwungs entscheidet über die Flughöhe oder -tiefe. Verlässt die Kugel zu einem späten Zeitpunkt die Hand wird die Kugel eine hohe Flugkurve annehmen. Mit einem Rückdrall versehen wird die Rollbahn sehr kurz werden. Würde die Kugel früher als auf oder unteren Hüfthöhe die Hand verlassen und ohne Rückdrall, dann würde die Kugel eine lange Rollbahn nehmen. Somit gibt es immer einen optimalen Wurf. Immer. Einen richtig guten. Den gilt es zu erkennen und immer wieder zu versuchen. Bis er immer wieder und immer häufiger gelingt. Gedacht – getan. Die Beine und der ganze Körper schwingen dabei rhythmisch leicht mit. Und unterstützen die Kugel so auf ihrem Weg zu dem Ort, an dem der Schmetterling sitzt. Bei der ganzen Prozedur gilt die Konzentration nur dem Punkt, an dem die Kugel landen soll.
Alles andere geht automatisch mit der Zeit ins Blut über. Als ob man etwas aus einigen Metern Entfernung in den Papierkorb werfen wollte. Nun ist die Sekunde der Wahrheit gekommen. Der Moment des immer währenden Lernens. Was uns Menschen von den Tieren maßgeblich unterscheidet. Von dem wir aber nur ungern oder zu selten Gebrauch machen. Denn der Boulespieler kann aus jedem Wurf, den er selber macht etwas lernen. Zu hoch, zu kurz, zu lang, zu schnell, zu langsam, zu weit rechts, zu weit links. Auch aus allen anderen Würfen die er bei anderen Spielern aufmerksam verfolgt, kann er immer etwas lernen. Denn wenn jemand vor ihm wirft, kann er aus diesem Wurf wichtige Schlüsse für seinen eigenen Wurf ziehen. Auch aus schlechten Würfen lernt man, wie es nicht geht. Schlechte Würfe bestätigen die Annahme – so nicht. Man muss vor dem eigenen Wurf sich für einen entscheiden. Das ist wie beim Elfmeter. Man sucht sich vorher die Ecke aus. Nicht während des Schusses. Das geht in die Hose beziehungsweise in der Regel am Tor vorbei. So auch beim Boule. Wer im Wurfablauf erst nachdenkt, wohin die Reise gehen soll. Der hat keine wirkliche Kontrolle. Wer im Wurf korrigieren will, dem wird das nicht gelingen, sondern der gesamte Wurf wird vollends misslingen. Fragen über Fragen, die im Wurf nicht auftauchen dürfen. War dieser Wurf richtig oder falsch gewählt? Geschweige. Hat das ganze Wurfszenario überhaupt dazu geführt, diesen Aufschlagpunkt auch erreicht zu haben? Wobei so nah wie möglich nicht immer gut sein muss. Denn wenn der Gegner einen guten Schiesser sprich „tireur „ hat, dann sollte man nur so nah an das Schweinchen legen, dass der Schiesser denkt, ach da kommen wir noch näher mit dem Legen ran. Ab jetzt beginnt die Strategie. Alles zuvor ist nur werfen. Kann man werfen, beginnt man in die zweite Ebene der Strategie einzutauchen. Denn das werfen der Boule besteht aus legen oder schießen. Davor rollen, raus rollen, Schweinchen ziehen. Blockieren. Einen Punkt hergeben, statt vier zu riskieren. Und viele Szenarien mehr.
Man legt entweder heran, oder schießt eine nahe Kugel weg. Mal ganz einfach erklärt. Das alles um am Ende zum einen am nächsten am Schweinchen zu sein. Zum anderen mit so viel Boule wie möglich. Das Spiel geht bis 13 Punkte. Wann man die Punkte mach ist egal. Man muss nur um zu gewinnen 13 machen. Deshalb sollte man seinen Wurf nicht beeinflussen lassen vom Punktestand. Jede Kugel am nächsten zum Schweinchen, vor der ersten Kugel des Gegners am nächsten zum Schweinchen, zählt als Punkt. Habe ich es nicht gesagt, das ist ein ganz einfaches Spiel. Die jeweiligen Spielkugeln dürfen während des Spiels nicht gewechselt werden. Ohne das die Zustimmung des Gegners eingeholt wurde. Aber dafür muss ein triftiger Grund vorliegen. Das Schweinchen muss einen Meter von allen unbeweglichen Hindernissen entfernt liegen. Außer, der Gegner und man selbst legt fest, dass der Gegenstand akzeptiert wird und seine Berührung zum Spiel dazu gehört, also die Kugel nicht tot – das heißt „aus“ , ist. Man darf beim Abwurf nicht übertreten. Warum sonst auch der Wurfkreis. Nach einem Spiel verwischt man mit dem Fuss den alten Abwurfkreis. Damit kein Chaos entsteht. Welcher Kreis? Der oder der? Oder der? Und man darf nicht näher als zwei Meter in der Wurflinie eines Spielers stehen. Das gilt als Behinderung des Gegners. Die eigenen Mitspieler dürfen stehen, wo sie wollen. Beim Boule lernt man an der Art, wie die Spieler spielen, viel über die Menschen an sich kennen. Eigentlich alles. Die Sturheit. Die Offenheit. Die Verbissenheit. Die Geselligkeit. Die Ehrlichkeit. Die Genauigkeit. Die Teamfähigkeit. Die Lernfähigkeit. Alles. Ich behaupte ich kann nach 10 Minuten Boule spielen, mit Boulespielern, also keinen Anfängern, mehr über die Person erzählen, als jede Familienaufstellung, aber ähnliches. Aber mich fragt ja keiner. Da gibt es zum Beispiel die totalen Sturköpfe, die niemals ihren Wurf den Bodenverhältnissen anpassen würden. Die mit biegen und brechen, die Realität verbiegen wollen. Die immer den gleichen falschen Wurf machen.
Und je nach Bodenbeschaffenheit spielen diese miserabel oder ganz passabel. Auch der Wurfstil sagt viel aus. Es gibt Spieler, die einen so schlechten Wurfstil haben. Das nur jede 20igste Kugel mal in die Nähe des Schweinchens kommt. Aber die haben sich daran gewöhnt und können den Stil einfach nicht mehr umstellen. Aber auch im Boule ist es wie im wirklichen Leben. Ich kann nicht, heißt ich will nicht. Dann gibt es die, die immer die letzte Kugel im Team haben müssen. Aber eigentlich damit nur Unfug anrichten. Die sich einen unkopierbaren Wurfstil angewöhnt haben. Die, die immer reden beim Spiel – dazu gehöre ich. Die mit der großen Klappe – dazu auch. Und die, die immer überrascht tun. Obwohl sie den Wurf genau so gewollt haben und schon tausendmal exakt getan haben. Die sich im tripplet immer so postieren, dass ihre Kugeln erst zum Schluss ins Spiel eingreifen. Dann gibt es die Spieler, die ganz überraschende Dinge tun. Im Team. Man denkt, der legt. Weil nur legen schlimmeres verhindert und schwupp wird doch – vorbei – geschossen. Dieser Typ räuspert sich dann so, als ob er eine geniale Idee hatte, die aber keiner versteht. Dann gibt es Spieler, die sind so zurückhaltend das man die eigentlichen Qualitäten nicht erkennt. Vor allem Frauen. Sie sind oft die besseren Boulespieler, aber drängen sich nicht so auf. Dann gibt es die nur Boul mit dem Mund spielen. Die wollen zwar immer. Reden so, als ob sie spielen könnten. Aber es kommt immer was dazwischen. Dann gibt es die wirklich gestörten. Die unglaublich unübersehbar schlecht spielen, aber immer alles andere dafür verantwortlich machen, sogar die Mitspieler, den Boden, die Kugeln, den Stein. Dann gibt es die Leger. Die mit ruhiger Hand 95 % der Kugeln dahin rollen, wohin sie diese haben wollen. Und natürlich gibt es auch die Schießer. Die ebenfalls über 90% aller Kugeln weg katapultieren. Dann gibt es die nervigen Spieler. Die ewig den Boden betrachten, immer die letzten Löcher mit dem Fuß wieder glätten. Es gibt die lustigen. Die listigen. Und sogar die bösartigen. Es gibt im Boul alles, was es im wirklichen Leben auch gibt. Aber vor allem gibt es die guten und die schlechten. Die schlechten tun aber auch nichts, um wirklich besser zu werden.
Betrunkene. Fleißige. Faule. Dicke. Talentierte. Pessimisten. Glückliche. Optimisten. Ängstliche. Übermutige. Könnte es sein, dass man in Frankreich zu einem Einstellungsgespräch seine Kugeln mitbringen muss? Oder wenn man beim Schwiegervater vorstellig wird. Aus dem Boulespiel eines Boulespielers kann man alles lesen. Wie andere aus dem Kaffee, oder aus den Karten, der Hand oder allem anderen. Keiner kann seinen Charakter verbergen. Das Spiel deckt alles auf. Die guten Seiten und die nicht so guten. So sehr man sichauch anziehen und verstellen mag. Das Spiel legt den Charakter frei. Es gibt glatte Kugeln. Die haben kein Muster. Auf denen kann man nur den Hersteller, den Härtegrad, das Gewicht nach lesen. Alles Angaben, die eingraviert sind. Gute Boulekugelsätze haben Nummern. Somit hat ein Satz 3 Kugeln, seine eigene 3 Nummern. Unverwechselbar und einzigartig eingraviert ins Eisen. Und es gibt Kugeln mit verschiedenen Mustern. Ein Satz Boulekugeln, also 3 Kugeln, kostet um die 120 Euro. Es gibt aber auch Kisten bei Ikea, die kosten viel weniger. Sind aber 3 x 2 Kugeln. Also hat eine Kugel immer ein anderes Muster. Und es sind billige Kugeln, die unglaublich glänzen und schlechte Laufeigenschaften haben. Also schlechte Kugeln, die auch noch jeder sofort erkennt. Der routinierte Boulespieler hat Kugeln die so aussehen, als ob damit schon aus Kanonen auf Piratenschiffe geschossen wurde. Der Schiesser hat in der Regel glatte Kugeln ohne Muster. Die aber voller Macken von unzähligen Treffern sind. Der Leger hat welche mit Muster. Muss aber nicht sein. Ist aber öfter so. Wenn man nicht weiß, wer näher ist, darf man ein Zentimetermaß zu Hilfe nehmen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine der Kugeln bewegt wird. Es wirft immer die Mannschaft die weiter weg ist vom Schweinchen, so lange bis sie näher dran ist. Oder leer ist. Also keine Boule mehr hat. Dann wirft die andere Mannschaft. Entweder zuvor, weil eine andere näher ist, oder der Gegner leer ist. Es ist ratsam, das Spiel genau zu lesen. Damit nichts Unerwartetes geschehen kann. So sollte man immer eine Kugel lang haben. Das heißt ein stück hinter dem Schweinchen. Eine Kugel in der Wurflinie vor dem Schweinchen ist auch ratsam.
Das ist oft eine unterschätzte Kugel. Die ganz unerwartet plötzlich Karriere macht. Weil jemand diese unachtsam oder gewollt noch näher ans Schweinchen bringt. Für den Fall, das Schweinchen wird getroffen und fliegt nach hinten, hat man ja eine Kugel lang gespielt. Man sollte immer möglichst nah und vor dem Schweinchen bleiben. Alles hinter dem Schweinchen ist nicht so gut. Man sollte beim Gegner gute Leger zum Schiessen bringen und gute Schiesser zum legen. Man sollte immer ein trockenes Tuch dabei haben, um die Kugeln nach jedem Spiel säubern zu können. Die Hände bleiben so auch sauber und trocken. Das Kugelgefühl sollte nicht beeinträchtigt werden. Nicht durch Wasser, Staub oder anderen Dreck vom Boden. Trifft jemand das Schweinchen so sehr, dass dieses aus dem Spielfeld gerät und aus ist, dann zählt das Spiel null für den Fall, dass beide Parteien noch Boules haben. Sollte eine Partei leer sein, zählen die Punkte so viele Kugeln noch bei der anderen Mannschaft mit Kugeln sind. Man sollte sich den Untergrund immer so genau ansehen, bis man das Gefühl hat, einen guten Wurf machen zu können. Das darf aber nicht mehr als zwei Minuten ab dem Abwurf der Kugel zuvor bedeuten. Außer bei der ersten Kugel, darf man etwas länger den Untergrund betrachten. Einige schauen sehr viel und sehr lange. Das machen sie aus zwei Gründen, um den Untergrund wirklich zu studieren und den Gegner aus der Ruhe zu bringen. Einige sehen auch immer ihre Kugel näher am Schweinchen. Obwohl es offensichtlich nicht so ist. Deshalb muss man bei diesen Gegnern, sich immer selbst vergewissern. Denn was der Gegner sagt, ist nicht von Belang und kann nach Abwurf nicht widerrufen werden. Man kann das Schweinchen ohne Angabe von Gründen maximal 3 mal neu auswerfen. Wenn dann die Kugel nicht zwischen 6 und 10 Metern liegt, wirft der Gegner. Wie schon gesagt, ein einfaches Spiel. Man sollte lernen, das Spiel zu variieren. Also nah und fern zu spielen. Denn viele spielen lieber nah oder lieber fern. So ist es ratsam raus zu bekommen, wo die Schwächen des Gegners liegen. Man sollte auch darauf achten ob der Gegner linke oder rechte Hand wirft. Für den Fall, dass man den Rollweg zustellen will. Ständiges Nachmessen macht den Gegner in der Regel auch verrückt.
Gute Spieler unterlassen das aber und lassen besser die Kugel für sich sprechen. Auch lange Besprechungen gehen tierisch auf die Nerven. Was den Gegner auch völlig aus der Kontrolle bringt, ist ein „übertreten“ mal ein zu werfen. Denn das kann er letztendlich nicht wirklich kontrollieren. Auch wenn der Gegner weiß, dass man bereit ist zu bescheißen, kann ihm das den letzten Nerv, bzw. die Konzentration rauben. Auch sehr aus dem Konzept bringt die leise Behauptung „das war die letzte Kugel“. Mit der Gewissheit selbst noch eine zu haben. Hebt der Gegner nun eine seiner Kugeln auf, wird das Spiel andersherum gewertet, oder wiederholt. Denn man darf keine Boule bewegen, bis die letzte ruht. Die guten Spieler unterscheidet von den nicht so guten, dass diese keinerlei Spielchen treiben, sondern einfach immer besser sind. Die nicht so guten Spieler versuchen so mit zu halten. Verlieren aber in der Regel trotzdem. Deshalb könnte man sich den ganzen Beschiss eigentlich sparen. Aber der Schlechtere träumt immer davon, den Besseren zu besiegen. Einigen ist dafür eben jedes Mittel recht. Der gute Spieler läßt das hin und wieder zu, bei Spielen in denen es um nichts geht. Um wenn es um etwas geht, den Spieß locker wieder herum zu drehen. Das Spiel wird, wenn man technisch sauber spielt zu 80% im Kopf gewonnen und gespielt. Und zu 80% im Kopf verloren. Das wissen die Guten. Die nicht so Guten glauben es liegt an den Kugeln, dem Licht, dem Boden oder dem Biorhythmus. Es liegt an allem anderen nur nicht an ihnen selbst. Deshalb machen sie im Kopf auch alles andere dafür verantwortlich. Das ist nicht gut. Weil damit das „dazu lernen“ blockiert wird. Der gute Spieler weiß, dass dies alles Blödsinn ist. Wenn der Kopf frei ist und der Arm nicht gebrochen, dann kann man einen guten Spieler mit sportlichen Mitteln nicht schlagen. Es ist trotzdem ratsam, viel zu spielen und mit oder gegen viele bessere Spieler zu spielen. Denn die Guten sind gut, weil sie besser sind als die Anderen. Also lernt man am besten und schnellsten von den Guten. Denn der gute Spieler erklärt gerne das Spiel und seine Spielweise. Man kann beim Spielen seine Bewegungsabläufe betrachten, studieren, verinnerlichen bis hin zu kopieren. Auch er sehnt sich nach stärkeren Gegnern, gegen die er auch verlieren kann oder sicherlich wird. Denn der gute Spieler erkennt den Abstand.
Ob dieser klein ist, groß ist, kleiner geworden oder größer geworden. Die meisten Spiele im Boule werden deshalb im Kopf gewonnen oder verloren. Weil man es zum einen noch nicht so gut kann, traut man sich zum anderen auch weniger zu. Das drückt sich im Spielverlauf immer aus. Deshalb ist es ratsam, im Spiel den Gegner nicht als Herausforderung zu sehen, sondern die Entwicklung des eigenen Spiels. Man spielt immer für oder gegen die eigene Statistik. Zudem spielen die Menschen lieber mit oder gegen einen, wenn sie Spaß an einem haben. Wer bescheißt, ist immer der letzte der aufgefordert wird. Wenn wirklich sonst kein Schwein zu finden ist. In Frankreich sind alle immer sehr nett und sympathisch, dass bringt einen ständig in die Situation, das Spiel und den Gegner nicht so ernst zu nehmen. Weil er so nett ist. Das führt so weit, dass man gegen so freundliche Menschen fast nicht wirklich gewinnen will. Das machen die Franzosen absichtlich. Freundlichkeit ist im Spiel gut eingesetzt eine sehr wirkungsvolle Waffe. Man kann den nötigen inneren Druck nicht aufbauen, die Spannung nicht halten, wenn der Gegner einem wie ein Mitspieler vorkommt. Freundlichkeit ist eine sehr gute Taktik. Kostet nichts, außer ein Lächeln. Deutschen fällt das schon schwerer. Schon deshalb sind Sie emotional Franzosen gegenüber unterlegen. Denn sie wissen, dass es besser ist den Gegner nicht zu provozieren. Das erhöht nur die Konzentration und die nötige Aggression. Franzosen lassen bildlich gesprochen einfach die Luft beim Gegner raus. Entschuldigen sich. Sind höflich. Fragen nach. Sind großzügig. Denn im Prinzip ist das Spiel für alle das gleiche und deshalb ja prinzipiell ganz leicht. Man wirft die große Kugel nah an die Kleine. Das versteht doch jedes Kind. Wer am Ende näher dran ist hat den Punkt. Wer zu erst 13 Punkte hat, hat den Satz gewonnen. Aber genau in der Einfachheit liegt die Schwere der Erkenntnis an dem Spiel. Wenn Deutsche noch über den Boden schimpfen, oder die eigenen Kugeln in die Verantwortung nehmen, analysiert der Franzose schon, was gut am Wurf war, woran der Ausgang lag und was er besser machen kann. Deshalb ist es auch sehr schlau, sich immer die Würfe des Gegners an zu sehen.
Denn aus denen kann man schon sehr viele gute Schlüsse ziehen. In der Musik ist es ähnlich. Da sind es auch die einfachen Kompositionen, die so schwer zu komponieren sind. Weil man fähig sein muss, alles wegzulassen, was nicht der Melodie dient. Vielen ist es fast peinlich, so einfache Noten auf das Notenblatt zu bringen. Weil sie sich einfach nicht vom Komplizierten trennen können. Mein Lieblingssong und ich erwähne den nicht ohne Grund, heißt „Autumn Leaves“. Was so viel bedeutet, dass einem die Frau im Herbst abgehauen ist und das Wetter zur seelischen Stimmung passt. Autumn Leaves ist eine Jazz-Komposition, glaubt man. Es gibt eine lange Reihe unglaublicher Interpretationen von diesem Jazz Standard. Unter anderem von Bill Evans, Cannonball Adderley, Dejohnette, Earl Klugh, Joe Pass, Keith Jarrett, Miles Davis, Nat King Cole, Wynton Marsalis und viele phantastische mehr. Deshalb bitte ich schon mal an dieser Stelle um Entschuldigung für alle die ich vergessen habe. Aber auch bei diesem Jazz Klassiker gibt es eine Interpretation die über allen steht, die von Old Blue Eyes Frank Sinatra. Aber wenn man genau recherchiert, entdeckt man eine Urfassung in Form einer Aufnahme von Yves Montand. Dem wohl größten männlichen Chancon Sänger Frankreichs. Ohne Anderen zu nahe zu treten. Aber der trällert da ein Lied, mit dem Namen „Les feullies mortes“. Das es einem eiskalt den Rücken herunter läuft. Und wer noch genau nachschaut entdeckt auch die Edith Piaf mit dem gleichen Chancon. Ein Jazz Standard, dessen Ursprung in Frankreich liegt. Komponiert hat mein Lieblingslied, wie soll es auch anders sein ein Franzose. Kosma heißt dieser. Dann gibt es plötzlich in den 50er ein Jazz Arrangement von diesem Chancon, der zum Jazz Standard und somit zu einem der Jazz Klassiker wurde. Somit ist für mich Autumn Leaves die musikalische Verbindung zwischen dem Spiel und somit Frankreich und dem Jazz und somit Amerika. Das Beste aus beiden Ländern ist, ohne das ich die Herkunft kannte, zu meinem Lieblingslied geworden.
Kein Wunder, wenn man die Geschichte hinter dem Song kennt. Aber wer kennt die schon? Ich habe über ein Jahr im Alter von 23 Jahren in Südfrankreich jeden Abend ab 17.00 Uhr auf einem Dorfplatz im Boule verloren. In allen Konstellationen. Meistens in der ersten Runde, des all abendlichen Dorf Turniers. Bei dem jeder 20 France einzahlt. Das war damals durch 3 etwa 7 Mark und entspricht heute 3 EURO. Was bekommt man an alkoholischen Getränken heute noch für 3 EURO. In der Gastronomie. Da ist ein angenehmer Rausch in weiter Ferne. Da bekommt man ja nicht mal einen Schwipps. Die Cotes Azur war schon damals ein teures Pflaster. Daher meine Taktik, für 3 EURO verlieren, für viel mehr Trinken. Denn das Sieger Team hat am Ende alles bekommen. K.O-System. Und ungehend mit den übrig gebliebenen die Siegerprämie in der Bar de la Post versoffen. So ein Sieg musste doch sofort gefeiert werden. Ich war immer noch dabei. So günstig kommt man nicht an 5 bis 10 Pastis. Ich habe mit einem Luxemburger oft zusammen gespielt. Wir waren sicher das schlechteste Team Frankreichs. Aber immer das lustigste und das angeheiterteste. Wir durften aber immer mitspielen, weil wir fleißig 20 France einbezahlt haben. Leicht verdientes Geld, dachte sich da der Franzose. Aber der hat nicht mit unserer durchdachten Taktik gerechnet. Die Geschichte hat kein Happy End und keinen Höhepunkt. Außer, dass die Franzosen nicht hinter unsere Alkohol-Boule-strategie gekommen sind. Der Sieg über Deutschland und Luxemburg war dann doch zu wertvoll. Das war denen 20 Franc oder eine Reihe Pastis wert. Und wir kamen zudem jeden Abend sehr günstig an eine Reihe von alkoholischen Kaltgetränken. Diese Niederlagenstrategie ging sehr gut auf. Wir haben natürlich immer verloren. Meist in der ersten Runde, manchmal in der zweiten, selten in der dritten. Weil wir selten so weit gekommen sind. Aber wir waren jeden Abend da. Mit einem Lächeln bereit uns wieder 20 Franc abnehmen zu lassen und wieder raus zu fliegen. Wir kamen wieder und wieder und wieder. Auch weil wir hier die Kontakte knüpfen konnten und wollten, die uns alle wichtigen Türen in dem Dorf geöffnet haben. Mit meiner Abreise habe ich die Kugeln in Deutschland lange nicht mehr angefasst.
Warum auch. Bis zu einem Zeitpunkt in Düsseldorf. Jahre später. Als auf einem kleinen Platz „Marienplatz“ sich regelmäßig Frankophile trafen und häufig Boule spielten. Mit Baskenmütze, Edit Piaff aus dem Ghetto-Blaster und süffigem Rotwein. Ein guter Freund überredete mich mal mit zu spielen. Das ist derselbe Freund, mit dem ich zuvor einen Urlaub in St. Maxime verbrachte. St.Maxime liegt in der Bucht von St. Tropez und es ist derselbe Ort, an dem ich Jahre zuvor als Surflehrer beschäftigt gewesen war. Es war nach dem Abitur. Meine Freunde mussten oder wollten alle zur Bundeswehr. Leider bin ich ausgemustert worden. Wegen eines schweren Knieleidens. Da ich mein Studium der Betriebswirtschaft aber nicht alleine beginnen wollte, habe ich mich dazu durchgerungen, eine Zeit als Surflehrer in Südfrankreich zu arbeiten. Daraus wurde etwas mehr als ein Jahr. Eben die Länge der Bundeswehrzeit. Der Ort meiner Wahl, wie schon erwähnt und wie soll es auch anders sein - Frankreich. Mein damaliger Sportlehrer hatte mich vermittelt. Es war ein Jugendclub für deutsch –französische Begegnung. Wieder so ein Versuch mit der Kollektivschuld oder Unschuld in Form der Konfrontation umzugehen. Club 7. Also die eine Hälfte waren deutsche Kinder und die andere Franzosen im Alter von 14 bis 20 Jahren. Aber auch deutsche Schulen kamen häufig zu Abschlussfahrten. Der Club gehörte exakt zu der Hotelgruppe, bei der ich Jahre zuvor selbst meine Abschlussreise gemacht hatte, nach St. Raphael. So trifft man sich wieder. Nun war ich 22 Jahre jung. Und hatte 3 bis 4 mal am Tag eine Gruppe Surfanfänger vor mir. Am Strand. Es war eine gute Zeit. Jede Zeit ist gut. Aber das war rückblickend eine besonders gute Zeit. Denn sie war voller Boule voller Liebe. Und voller Erkenntnisse, die ich bis heute in meinem Rucksack fürs weitere Leben aufbewahre. Jedenfalls genau an diesen Ort der schönen Erinnerungen und Erlebnisse kehre ich, Jahre später mit einem guten Freund zurück. In der Zwischenzeit bin ich in der Werbung gelandet, als Texter. Er ist Kundenberater in der gleichen Agentur. Wir hatten uns ein schönes Appartement am Meer gemietet. Ich muss die Geschichte erzählen, weil ich hier Jahre zuvor über ein Jahr so gut wie täglich Boule gespielt habe. Und weil genau an diesem Ort jetzt ein paar Dinge plötzlich übereinkommen. Das Erste war das Boule spielen. Ich packte wieder meine Kugeln aus.
Und Thomas kaufte sich auch welche. Thomas und ich gingen jeden Nachmittag zum Boule spielen auf dem Dorfplatz. Wir nahmen aber an keinen Turnieren teil, sondern ich brachte ihm das Spiel bei. Falsch, ich vermittelte ihm Kultur des Spieles. Dabei lernte er zudem das Spiel. Denn den Pastis konnten wir uns auch so leisten. Zudem wusste ich ja, dass kein Franzose wirklich darauf erpicht war mit oder gegen uns Deutsche Boule zu spielen. Zum Ausgleich hatte er mich in der Mittagsonne am Tischkicker ständig geschlagen und zugleich geschult. Somit hatte mich das Spiel und seine Kultur kurze Zeit wieder. Thomas selbst war gerade in einer Sinnkrise in Sachen Beziehungen zu Frauen. Somit lag es an mir, ihm die Krise aus dem Kopf zu schlagen. Wir waren jung, das Leben lag noch vor uns. Somit lag kein triftiger Grund für eine ernst zunehmende Krise vor. So saßen wir in einer Bar, direkt im Ortskern, am Hafen, die jeden Abend proppenvoll war. Weil mir sein Gejammer über die Frauengeschichten so auf die Nerven ging, stellte ich die kühne Behauptung in den Raum, dass man im Prinzip jede Frau haben kann. Das hat Frankreich mir beigebracht. Du musst es nur wirklich wollen und alles dafür tun. Die stille Hoffnung auf Erwiderung der Gefühle reicht da oft nicht aus. Das Glück muss man schon selbst anschieben. Als Beweis für diese auch in seinen Augen kühne These, setzte ich noch einen oben drauf. Er solle sich jetzt sofort zwei beliebige Frauen im Café aussuchen. Damit ich ihm beweisen kann, dass wir innerhalb von 12 Stunden mit diesen alles das gemacht hätten, was andere gerne mit den Mädchen tun würden. Das gefiel ihm. Das brachte ihn auf andere Gedanken. Das lenkte ihn von seinem Seelenschmerz ab. Was ihm noch nicht schwante war, dass wenn diese Theorie sich in die Wirklichkeit umsetzen lassen würde, seine Einstellung völlig untergraben würde. Somit war er eher auf eine weitere Lehre in Form einer Abfuhr eingestellt. Nur mit dem schönen Beigeschmack, dass ich sie mir abholen würde. Er suchte sich die zwei hübschesten Mädchen aus. Die ganz vorne in der ersten Reihe saßen. Direkt da, wo sich die Massen jeden abend aufgebrezelt lang zwängten. Zudem wurden die beiden Hübschen, von einem Rudel Jungs belagert. Die alle mit der guten Absicht angetreten waren, zum Zuge zu kommen. Es waren zufälligerweise zwei Deutsche. Frankreich liebt mich dachte ich mir.
Da kann nichts mehr schief gehen. Um die Geschichte abzukürzen, es dauerte nicht mal 5 Stunden, da lagen wir mit den Mädels in den Betten. Thomas war so gut wie geheilt. Also auf dem besten Wege. Das Problem war nur, dass er den Feldversuch über den ganzen Urlaub ausweiten wollte. Ich aber nicht. Sondern tags darauf wieder zu unserer erholsamen Tagesordnung übergehen wollte. Frühstück. Strand. Kickern. Boule. Essen. Schlafen. Mehr nicht. Was heißt mehr. Ich empfand diese Art der aktiven Erholung als sehr viel. Es sollte ja auch ein Erholungsurlaub sein. Da Mädchen aber beschäftigt werden wollen, ging mir der Alternativplan der aktiven Urlaubsbekanntschaft völlig gegen den Strich. Es dauerte drei ganze Tage bis ich ihn davon überzeugt hatte, den Feldversuch bitte einzustellen und nicht auszuweiten. Es viel ihm nicht leicht. Aber er tat es dann doch. Mir zu liebe. Wir spielten wieder Boule. So entspannt man diesem Spiel nur nachgehen kann. Genau mit diesem Thomas passierte es dann auch in Düsseldorf, das wir an dem besagten Bouleplatz zu unseren Kugeln griffen. Was sehr schnell zu einem Turnier führte. Mit Pokalen und Preisen. Bei dem wir auf Anhieb zweiter wurden. Wenn man bedenkt, dass Thomas eigentlich Anfänger war, war das für die Boulegemeinde ein Schock. Für mich auch. Denn ich war zu dem Zeitpunkt ja eigentlich nur das Verlieren gewöhnt und einen Pokal kann man nicht trinken. Typisch deutsch dachte ich mir. Pokale. Am besten noch Orden oder ein Zertifikat. Warum keinen Rotwein als Preis? Etwas, womit man was anfangen kann. Die mir bekannte Gelassenheit des Spiels war auf einen Schlag vorbei. Von der von mir geliebten Kultur blieb auch nichts mehr übrig. Nichts mehr von Entspannung. Plötzlich sollte und musste ich bzw. wir an allen möglichen Orten gegen alle möglichen Menschen antreten. Bei schlechtem Wetter. Auf langweiligen Plätzen. Mit schlechtgelaunten Menschen. Was mir natürlich gar nicht behagte. Zeitgleich war ich in den Genuß gekommen als Werber für einen französischen Automobilkonzern mein bestes geben zu dürfen.
Nennen wir ihn Peunout. Eigentlich am Ziel meiner Träume wachte ich aber in einem Albtraum auf. Bis dato konnte ich mir von dem Begriff Ressentiments keine Vorstellung machen. Nach meiner Peunout Zeit dafür umso besser. Französische Autos in Deutschland verkaufen,war eigentlich unser Job, den wir aber so nicht ausüben durften. Weil Deutschland, obwohl der größte europäische Binnenmarkt Europas, Franzosen auf eine ganz eigene Art und Weise handhaben. Was ich damit sagen will kann man an einem einfachen Bild besser erklären. Wir waren mal wieder von Peunout zu einem internationalen Meeting der Agenturen eingeladen. Hier haben und werden Deutsche nie einen Preis gewinnen. Weil Deutsche an dieser Stelle nicht gewinnen sollen. Aber es kommt noch härter. Das treffen war in Versailles, bei Paris. Und die deutsche Delegation sollte und musste an einem Tisch Platz nehmen. Der direkt unter einer Gedenktafel platziert war. Und zwar der für die Kapitulation nach dem ersten Weltkrieg. Zufall? Bei Nichten! Franzosen liebten es, am längeren ....??deutscher verhungerten. Wir haben uns an die offizielle Demütigungsprozedur nur langsam gewöhnt. Aber es ging immer besser, weil man zum einen sehr gut dafür bezahlt wird. Und weil man zum anderen, irgendwie Mitleid mit ihnen bekommt. Denn Franzosen lassen nichts aus, um Deutschen in die prade ??u fahren. Wir konnten international präsentieren was wir wollen. Es haben immer die Frankreich nahen Länder den Zuschlag bekommen. Als mich dann mal ein Herr Peunout persönlich fragte, warum die Marktanteile für Peunout in Deutschland so klein sind und offensichtlich bleiben, habe ich einfach und ehrlich geantwortet: weil ihr die Liebe nicht erwidert. Niemand will ein Auto kaufen, von jemandem, der einem unübersehbar zu verstehen gibt, dass er ihn nicht mag, sondern nur sein Geld will. Wir haben dann nie mehr ein Wort gewechselt. Franzosen im Geschäftsleben sind ein Buch für sich wert. Haben sie mal Franzosen auf englisch präsentieren hören. Das müssen sie aufnehmen und nachher rückwärts ablaufen lassen, was sie dann hören klingt mehr nach englisch.
Schön ist auch, dass es regelmäßig internationale Meetings gab, bei denen die Vorgabe für alle englisch sprechen hieß. Für alle? Nicht ganz! Natürlich nicht für die Franzosen, die sprachen französisch. Denen war das völlig egal. Le roy est moi. Hunderte Meetings mit Kopfschütteln habe ich überlebt. Immer „Neins“ abgeholt. Wie andere Mannschaften Gegentore bei Bayern München. Non! Non! Das geht so nicht! Wir waren dazu verdammt eine Art Nichtkommunikation umzusetzen. Von den sicherlich 50 Peunout Promotion bei über 1000 Händlern, gibt es nichts, was sich hätte irgendeiner merken können. Da würde ich drauf wetten. Wir haben unsichtbare und wirkungslose Werbung machen müssen. Die Marketingleiter wurden gewechselt wie Stürmer, die nicht treffen in der Bundesliga. Dabei waren wir verdammt dazu. Und wurden dafür gut bezahlt. Und geprügelt, warum diese Aktionen wieder und wieder nicht funktionierten. Ich beendete meine kurze Düsseldorf Boule Karriere umgehend. Das Spiel war mir als Kulturgut zu wertvoll, zu sehr ans Herz gewachsen um es mir auf die deutsche Weise vermiesen zu lassen. Die Deutschen, besser gesagt wir Deutschen, deutschen alles ein. Wir übernehmen die Regeln, aber nicht die Kultur. Wir spielen ausschließlich um zu gewinnen, oder wenigstens nicht zu verlieren. Das deutsche Dominieren steht über allem. Es ist uns auch egal ob wir dafür rutschen, grätschen, Fouls spielen. Unverdient Elfmeter bekommen. Oder Gegenspieler unsportlich aus dem Spiel nehmen. Der Sieg. Der Sieg geht uns über alles. Nichts ist uns peinlich wenn wir am Ende bloß siegen. Kampfkraft. Siegeswille. Bis zum Schluss, das sind unserer Tugenden. Mit denen wir sogar Boule spielen. Die deutsche Art ist selten die leichte, Überzeugende, die spielerische, sympathische, die beliebte, die künstlerische, die begeisternde. Wenn wir mal wieder etwas gewinnen, schüttelt der Rest der Welt den Kopf. Wenige freuen sich mit uns. Denn wir erzwingen Siege, wir spielen nicht Fußball, sondern wir kämpfen Fußball.
Das ist ein anderes Spiel. Eine andere Kultur. Man sollte das trennen. Man sollte nicht nur in Amateure und Profis, in sauber und gedopt, sondern auch in spielerisch und kämpferisch unterteilen. Wie beim Eiskunstlaufen A- und B-Note. Das würde bedeuten, wir wären zum Beispiel 74 nicht Weltmeister geworden. Und es wäre gerecht gewesen. Zwar ein Tor mehr, aber die anderen waren um so vieles besser und wir haben um so vieles Spielerisches vermissen lassen, das die B-Note Holland mit 2 zu 4 zum Weltmeister gemacht hätte. Wir Deutschen glauben, nein, wir sind überzeugt, dass nur der Sieg zählt. Das wie, diese Frage taucht in unserem Wesen nicht auf. Das verdirbt vielen das Spiel. Und beim Boule ist das identisch. Beim Spielen, mal einen Scherz machen. Mal etwas Witziges. Etwas probieren. Etwas anders machen. Da trifft einen sofort der Ernst der Sache. Man spielt doch nicht zum Spaß, sondern zum Gewinnen. Natürlich gewinne ich lieber als ich verliere. Aber ich will schön gewinnen. Spielerisch. Und dazu benötige ich keine anderen Mittel. Die aber in der deutschen Ausübung des Spieles einfach dazu gehören. Das nervt mich dann dermaßen, dass ich die Konzentration und dann die Lust verliere. Und so kann man kein Spiel spielen. Das man nachher völlig verärgert nach Hause kommt. Wieder Jahre später ereilte mich ein ähnliches Boule-Begegnungs-Ereignis. Nun in den Jahren etwas gereift, aber immer noch mit Pepe im Herzen. Am Ammersee bei München. Ein Spiel bei dem ich in Summe emotional und rechnerisch nur auf das Verlieren programmiert war, schenkte mir einen süßen Sieg nach dem anderen. Eigentlich wollte ich nicht spielen. Aber die Boulebahn, nur Meter von meinem zu Hause entfernt. Hat mich 3 Jahre angelacht. Als, die Bahn dann vergrößert wurde, war mein Bann gebrochen. Die Versuchung war doch größer. Die Hoffung ebenso. Gegen den halben See, das Halbe Umfeld habe ich gespielt. Und nur selten verloren. Die Qualität meines Spiels war mir nicht bewusst. Am Maßstab Frankreichs sicherlich auch noch als miserabel einzustufen. Weil ich weiß, wenn ich morgen nach Südfrankreich fahre, werde ich wieder der Serienverlierer sein. Aber wir hatten immer Spaß. Hier bin ich zwar der Seriensieger, aber man hat nicht immer Spaß. Weil der Ehrgeiz anderer, vor allem Schlechterer einem gehörig auf die Nerven gehen kann. Die meisten spielen es dann doch deutsch.
Die Kultur des Spieles, ist am Stacheldrahtzaun der Grenze hängen geblieben. Hier wird mit allen Mitteln versucht, das Spiel für sich zu entscheiden. Anstatt über den Spaß und die Lust am Spiel langsam besser und besser zu werden. Nicht den, das Bescheißen zu verbessern, sondern das eigene Spiel. Aber ich bin mit diesem Spiel nun mal in Deutschland angekommen. Es verfolgt mich. Es kommt immer wieder zu mir zurück. Also dachte ich mir, dann lasse ich es auch zu. Hier gehen Regeln zwar vor dem Spielspaß. Aber ich spiele es französisch. Was sicherlich häufig zur Verwirrung führt. 80 % der Regeln, die ich bis hier schon erläutert habe, kannte ich bis dahin noch gar nicht. Ich verliere noch immer gerne gegen gute Spieler. Weil es immer noch ein Genuß ist, guten beim Spiel zusehen zu dürfen. Mit Guten überhaupt spielen zu dürfen. Das ist der Respekt, denn einem das Spiel lehrt. Denn Boule lehrt einem etwas fürs Leben. Man spielt immer gegen die eigene Statistik. Man versucht immer möglichst viele gute Kugeln zu werfen. Am Ende eines Tages, spürt man, ob man seine Wurfstatistik bestätigt hat, drüber oder drunter war. Man verliert im Boule nicht gegen Gegner. Man gewinnt auch nicht gegen Gegner. Sondern man verliert und gewinnt gegen den eigenen Anspruch am Spiel. Also, wenn ich mein bestes Boule spiele und das Spiel gewinne, bin ich trotzdem hoch zufrieden. Wenn ich mein schlechtestes Boule spiele und trotzdem gewinne, bin ich sehr unzufrieden. Die Selbsteinschätzung ist wichtiger. Als das nackte Ergebnis. Egal was man im Leben macht, man muss das was man tut immer mit dem eigenen Anspruch an die Dinge und die Werte beurteilen. Viel heißt nicht immer gut. Und wenig nicht immer schlecht. Diese Botschaft trage ich mit mir. Diese Botschaft steckt im Spiel. Mut, Risiko, Chancen, Glück, Zufall, Konzentration, abgelenkt, Begabung, Talent, Fleiß, Angst alles was das Leben beeinflusst, beeinflusst auch das Spiel. Deshalb ist jede Boule Partie eine Art Meditation. Sie gibt mir Aufschluss darüber wie ich bin. In welchem Gleichgewicht oder Übergewicht. Wie sehr der Tag noch an mir hängt, oder ob ich los lassen kann. Ein schlechter Wurf. Ist der dafür verantwortlich das noch ein schlechter folgt.
Oder kann ich das trennen. Das Spiel ist voller Lebensweisheit. Nicht so in Deutschland. Da besteht das Spiel nur aus Siegern und Verlierern. Die Spieler werden sogar abgeschottet oder schotten sich selber ab. Viele wollen gerade nicht gegen die Guten spielen. Weil sie nicht verlieren wollen. Die Guten wollen nicht so gerne gegen Schlechtere spielen. Und heben sich die Ebenbürtigen für Turniere auf. Ich spiele gegen jeden und mit jedem, der Spaß am Spiel hat oder haben will. Das sind oft dieselben Personen. Weil nur wenige mit der Weisheit des Spieles beseelt sind. Meistens haben diese Menschen nicht durch das Spiel diese Einstellung erlangt, sondern durch andere Lebensumstände. Auch gut. Die deutsche Art des Spieles bleibt mir suspekt. Denn es ist ein Spiel. In meiner kostbaren Lebenszeit. In meiner noch kostbareren Freizeit. Warum sollte ich mir da selbst Stress antun? In Frankreich würde keiner so ein Theater um das Spiel machen. Weil die alle zu gut sind. Das Spiel lieben. Und weil die alle die Kultur des Spieles gleich mitpflegen. Sie sind damit geboren und aufgewachsen. Die Zusammengehörigkeit, die Gemeinschaft. Man spielt einfach und genießt ausschließlich das Spiel. Man freut sich aufrichtig über gelungene Würfe auch des Gegners. Komplizierte Kugelstellungen erfreuen einen, weil man die Chance hat eine seltene Lösung zu spielen. Das einfache Spiel, aber auf unglaublichem hohem – emotionalen - Niveau. Denn was keiner weiß, wer dieses Spiel beherrscht, der beherrscht sich selbst. Denn die Konzentration und die Leichtigkeit machen wie gesagt 80 % aus. Nur 20 % machen die technischen Fähigkeiten aus. Die erste Idee ist immer die richtige. Die richtige Entscheidung treffen ist so wichtig. Die umgehende Umsetzung ebenso. Die Korrektur der Entscheidung. Aber, die Bestätigung. Schnell, das Richtig tun. Das ist Boule. Denn es ist ein einfaches Spiel. Große Kugel neben kleiner Kugel, nicht mehr, nicht weniger. Aber alles was einfach klingt ist, wenn man es richtig gut machen will, in der Regel sehr schwer. Das vergessen die meisten, wenn sie ein paar Eisenkugeln im Dreck liegen sehen. So ist es auch beim Boule. Aber gut wird man nur über den Spaß. Das Lustprinzip. Weil das einem beibringt, den Kopf frei zu bekommen und locker zu bleiben. So hat das Boule in Deutschland mir doch was beigebracht. Was ich zwar nicht beim Boule einsetzen kann, aber bei allem anderen. Kopf frei. Rücken frei. Und locker bleiben.
Geschrieben 2004. Autor Christof Hintze. Entstanden aus einer Laune. Nie wirklich zu Ende gedacht. Nie wirklich Korrektur gelesen. Aber es ist wie es ist. Mein unvollkommenes Buch. Voila.