Dienstag, 6. Februar 2007
Brief an die Angst
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Liebe Angst,
Du machst es einem wirklich nicht leicht. Irgendwie bist Du immer allgegenwärtig, aber wenn man sich Dir stellen will, dann bist Du wie vom Erdboden verschwunden. Fast so, als ob Du es mit Dir selbst zu tun bekämst. Bekanntermaßen bist Du ein schlechter Berater, aber totzdem sind viele Entscheidungen maßgeblich durch Dich beeinflusst. Auf der einen Seite beschützt Du einen. Denn durch Dich lernt man die Vorsicht. Und überwindet den Leichtsinn. Du warnst. Und wenn es ein muss, setzt Du Kräfte frei, an die man selbst nicht gegelaubt hätte. Erst durch Dich ist unser Überleben so sicher geworden. Aber dann hast Du Dich ins Gegenteil verkehrt. Oder besser gesagt, wir Menschen haben Dich verdreht. Du hast Dich verselbstständigt. An Stellen, an denen es niemand erwartet hätte. Eventuell, weil es keine berechtigten Ängste mehr so richtig gibt? Ich weiß es nicht. Aber wir haben Dich instrumentalisiert. Du bist zu einer Wirtschaftsmacht aufgestiegen. Auf Grund Deiner Fähigkeiten gibt es ganze Märkte und Branchen. Es gibt sogar Produkte, die Dich hervorrufen sollen. Und dann wiederum gibt es Produkte, die sollen Dich vergessen machen. Eventuell haben wir es mit Dir zu leicht genommen. Dich unterschätzt. Darum bist Du jetzt allgegenwärtig. Das ist nicht gut. Und wenn man es genau betrachtet, hast Du das nicht verdient. Denn wie gesagt, auf der einen Seite bist Du lebensnotwendig. Aber nicht so. Man müsste zurückkehren können zu Deinen Ursprüngen. So eine Art Bio-Angst. Oder Angst-Light. Man müsste Dich relativieren können. Um Dich wieder auf ein gesundes Maß zurückzustufen. Das tät allen gut. Ich glaube sogar, Dir stünde das besser zu Gesicht. Aber das ist nur meine Meinung.
Hochachtungsvoll
Christof Hintze