Viele Unternehmen betreiben eine sehr seltsame Kundengewinnungsstrategie. Man kann diese einfach auf einen Nenner bringen: Die Neuen werden unglaublich umworben und die Alten werden unglaublich verarscht. Somit verlassen die, die sich verarscht fühlen, das Angebotsschiff durch den Hinterausgang. Und über die prachtvoll geschmückte Neukunden-Gangway kommen die Neuen auf das Angebotsschiff.
Das ist ein Kommen und Gehen. Und weil sich viele verarscht vorkommen, verlassen viele die Unternehmen. Deshalb müssen die Lockangebote für die Neuen noch größer und pompöser klingen. Was das Gefühl des Verarschtwerdens deutlich vergrößert und so weiter und so weiter.
Jetzt könnte man glauben, dass da kleine, dumme Unternehmen am Werke sind. Die den Blick für die Realität noch nicht haben. Weit gefehlt. Umso größer die Unternehmen, um so dümmer das Agieren.
Wenn man über 10 Jahre bei Premiere ist, über 10 Jahre bei Vodafone, über 10 Jahre eine Tageszeitung abonniert hat, über 10 Jahre bei der Telekom war, bei großen Banken und sich alle paar Jahre ein neues Auto zugelegt hat, dann weiß man, wovon man spricht. Dann weiß man ganz sicher, dass man von vorne bis hinten von allen verarscht wird.
Warum in aller Welt hat es noch keiner mal anders herum versucht? Es gibt doch ein einziges tolles Beispiel: die KFZ Versicherungen. Wenn man lange keinen Unfall baut, zahlt man weniger. Oder wie ich gerne meinen Kunden empfehle, sich zu verhalten: Lassen Sie es den Guten gut gehen, und allen anderen gegenüber ist man höflich. Es muss einen Wert darstellen, lange geschätzt zu werden. Dann bleiben die Kunden bis zum Ende. Denn sie fühlen sich nicht verarscht. Und alle Neuen sind nicht nur Neukunden, sondern Mehrkunden. Denn Neukundengewinnung hat das Attribut nicht verdient, wenn man damit zugleich Bestandskunden verliert.
Es geht um Mehrkunden. Nur darum.