Ich weiß, wie Jamie Oliver sich fühlt, wenn er in Schulen, Kindergärten und Universitäten diesen schrecklichen Fraß vorgesetzt bekommt. Oder wenn Helmut Schmidt aus Versehen an einem Vormittag die Fernbedienung vom Fernseher in Gang setzt und er schockiert wahrnimmt, was sich da auf dem Bildschirm abspielt. Oder was Sir Simon Rattle durch den Kopf geht, wenn er das Gedusel im Supermarkt oder im Fahrstuhl hört.
Entschuldigung, wenn der Eindruck entsteht, ich würde mich mit diesen Personen auf eine Stufe stellen oder vergleichen wollen. Nein, das wollte ich nicht. Ich wollte nur eine Analogie schaffen zu dem, was mich täglich beschäftigt. Ich bin ein Qualitätsromantiker unterwegs in Sachen Kommunikation. Ich mag eigentlich Werbemittel und -maßnahmen nicht, aber ich liebe es, wenn Kommunikation funktioniert und seine Wirkung entfaltet. Wenn man mit so wenig wie nötig, so viel wie möglich erreicht. Wenn das reduzieren, konzentrieren zur Manie wird. Wenn man an einer Idee festhält und diese konsequent umsetzt.
Wenn man die Fähigkeit und Bereitschaft und Leidenschaft mitbringt, durchzuhalten, abwarten zu können. Wenn man in erster Linie in Wirkung denkt und nicht in Machbar, Verkaufbar. Wenn man nicht in Mundgerecht und DIN Formaten denkt sondern ausschließlich in Wirkungsfeldern. Mit welchem Mittel der Kommunikation kann man eine Botschaft transportieren. Und zwar zu den Richtigen und so, dass es auch im Sinne einer gewünschten Wirkung eine Handlungskette auslöst. Oder zumindest eine Bewusstseinsreaktion. Die dann zu einer Handlungskette führt.
Oft sitze ich vor meinem A3 Block und skizziere Ideen mit dem Bleistift. Meine Ideen entstehen noch ausschließlich in meinem Kopf und mir genügt ein weißes Blatt Papier und ein Bleistift. Der Moment, in dem alle Überlegungen und Informationen sich ineinander verschlingen und daraus plötzlich ein Gedanke entsteht, der anfängt alle anderen Gedanken zu überstrahlen und sich somit als Idee zu erkennen gibt. Und dann über meinen Kopf, die rechte Schulter hinunter in meine Fingerspitzen fließt und sich in einem Gekritzel erstmals Ausdruck verleiht auf diesem Blatt Papier. Einfach wunderbar und erhaben.
Für diese Momente lebe ich diesem Beruf. Wenn alle nicht wissen, wie es weiter geht, wie es aussieht, wie es sein soll und ich mit ein paar Strichen Entspannung in die Gesichter zaubern kann. Es ist immer wieder überwältigend für mich. Mit wie wenig man wie viel erreichen kann. Von diesen Momenten kann ich nicht genug bekommen. Am liebsten würde ich nur an meinem Schreibtisch sitzen mit meinem A3 Block und meinem Bleistift und Anspitzer und für komplexe Aufgaben eine Idee nach der anderen meinen Fingerspitzen entlocken. Und dann mit der Umsetzung nichts weiter zu tun zu haben. Aber der Wunsch wird wohl nie in Erfüllung gehen. Denn eines musste ich schmerzlich lernen, die Idee ist nur so gut wie ihre Umsetzung. Auch wenn es eine gute ist. Gerade dann hat sie es verdient, angemessen realisiert zu werden. Und dafür kann man nur selbst verantwortlich sein. Das ist der Nachteil. Das begrenzt mein Wirken sehr. Denn die Menge ist dadurch begrenzt. Ich spüre, wenn es zu viel wird und wenn es zu wenig ist. Und das ideale Maß begleitet mich nur ab und zu. So ist das nun mal, wenn man Qualitätsromantiker ist. Was man anfängt, muss man auch zu Ende bringen.
Alle, die nicht mit der Leidenschaft an die Sache gehen, die können natürlich fast endlos reproduzieren, das ist wie Pizza auftauen. Oder die Pour Elise im Fahrstuhl.