Freitag, 30. Januar 2009
Der Mann im Zug
Mit der Zeit knüpft man zarte Bekanntschaften auf der immer wiederkehrenden Zugfahrt von zu Hause ins Büro und zurück. Es ergibt sich oder nicht. Man kommt ins Gespräch, mal mehr, mal weniger. Je nach Verfassung weicht man dem Kontakt auch schon mal aus, weil man für sich sein will. Manchmal aber freut man sich umso mehr, neben oder gegenüber einem mehr oder weniger bekannten Gesicht Platz nehmen zu können. Das ist das Schöne am Zugfahren.
So habe ich vor geraumer Zeit Frank kennengelernt, der bei einer Firma arbeitet, die ich nicht kannte und deren Namen ich mir beim besten Willen nicht merken konnte. Klang auch nicht so spannend.
Im Laufe der letzten 10 Monate verdüsterte sich die Stimmung von Frank zunehmend. Seine aus seiner Sicht allgemeingültige Darstellung der Gegenwart und der nahenden Zukunft verfinsterte sich von Woche zu Woche. Und in den zurückliegenden Wochen scheint der Spannungsbogen seinen Höhepunkt erreicht zu haben.
Hinter dem Begriff „Schwarz sehen“ wird man für lange Zeit sein Bild im Lexikon finden, als Centerfold in Farbe zum ausklappen. Nun sitzt er plötzlich nicht mehr im Zug. Somit schwindet auch das Schreckensszenario sichtbar und spürbar.
Vor einiger Zeit verstand ich dann doch, für welche Firma er tätig war - Qimonda. Er hat dort Projekte betreut. Oder sagen wir besser, er hatte Projekte betreut, erst viele, dann weniger, dann keine und dann nur noch völlig schwachsinnige. Wir haben oft die Zugfahrt genutzt, um uns über seine Situation auszutauschen.
Es war ein wenig so, wie wenn einen Freund eine Frau verlässt. Und der einem unentwegt versichert und erklärt, das ist nicht schlimm, er ist drüber weg und wie alle Frauen wirklich ticken und...und...und.
In solchen Augenblicken hört man einfach zu. Und hört einfach zu. Und hört einfach zu. Und so erfährt man inhaltlich zwar nicht viel, aber die Wörter wiederholen sich. Wörter wie Managerfehler, die Spinner, China, Markt kaputt, Subventionen, Taschen voll machen, Realitätsverlust und viele mehr. Nun ist Qimonda wohl pleite. Und von ihm werde ich wohl nicht mehr viel zu Gesicht bekommen. Eigentlich schade, gerne hätte ich miterlebt, dass es bei ihm auf wieder aufwärts geht.
Hin und wieder wollte ich ihn auch mal aufbauen. Und ihm mitteilen, wie gut es mir geht, nach einer schlechten Zeit. Dass man eine solche Situation nicht auf sich beziehen darf. Aber das schien mir sinnlos. Doch irgendwas musste ich ja auch mal erwidern. Er hat auch Familie und nun keinen Job mehr. Andere sind früher von Bord gegangen mit einem goldenen Handschlag. Er wird wohl leer ausgehen.
Er denkt über Selbstständigkeit nach. Okay, dachte ich. Er will Freiheit. Okay, denke ich. Er will was machen, hinter dem er absolut stehen kann. Okay, denke ich noch mal. Und ich Trottel frage, das ist ja alles gut und schön, aber mit was willst Du dein Geld verdienen? Blöde Frage, gebe ich zu. Aber mir fiel nichts anderes ein.
Trotzdem denke ich nun hin und wieder an Frank und seine düsteren Bilder von der Zukunft, die sich so gar nicht mit meiner Weltanschauung decken. Eigentlich wünsche ich mir nur, dass er sein Glück findet. Egal wie. Dass er schnell das Thema abhaken kann. Kraft, Energie und Zuversicht gewinnt. Und dass er irgendwann wieder mit mir in den Zug steigt und er mir freudig erzählt: Hör mal, weißt du, was mir Geiles passiert ist?
So habe ich vor geraumer Zeit Frank kennengelernt, der bei einer Firma arbeitet, die ich nicht kannte und deren Namen ich mir beim besten Willen nicht merken konnte. Klang auch nicht so spannend.
Im Laufe der letzten 10 Monate verdüsterte sich die Stimmung von Frank zunehmend. Seine aus seiner Sicht allgemeingültige Darstellung der Gegenwart und der nahenden Zukunft verfinsterte sich von Woche zu Woche. Und in den zurückliegenden Wochen scheint der Spannungsbogen seinen Höhepunkt erreicht zu haben.
Hinter dem Begriff „Schwarz sehen“ wird man für lange Zeit sein Bild im Lexikon finden, als Centerfold in Farbe zum ausklappen. Nun sitzt er plötzlich nicht mehr im Zug. Somit schwindet auch das Schreckensszenario sichtbar und spürbar.
Vor einiger Zeit verstand ich dann doch, für welche Firma er tätig war - Qimonda. Er hat dort Projekte betreut. Oder sagen wir besser, er hatte Projekte betreut, erst viele, dann weniger, dann keine und dann nur noch völlig schwachsinnige. Wir haben oft die Zugfahrt genutzt, um uns über seine Situation auszutauschen.
Es war ein wenig so, wie wenn einen Freund eine Frau verlässt. Und der einem unentwegt versichert und erklärt, das ist nicht schlimm, er ist drüber weg und wie alle Frauen wirklich ticken und...und...und.
In solchen Augenblicken hört man einfach zu. Und hört einfach zu. Und hört einfach zu. Und so erfährt man inhaltlich zwar nicht viel, aber die Wörter wiederholen sich. Wörter wie Managerfehler, die Spinner, China, Markt kaputt, Subventionen, Taschen voll machen, Realitätsverlust und viele mehr. Nun ist Qimonda wohl pleite. Und von ihm werde ich wohl nicht mehr viel zu Gesicht bekommen. Eigentlich schade, gerne hätte ich miterlebt, dass es bei ihm auf wieder aufwärts geht.
Hin und wieder wollte ich ihn auch mal aufbauen. Und ihm mitteilen, wie gut es mir geht, nach einer schlechten Zeit. Dass man eine solche Situation nicht auf sich beziehen darf. Aber das schien mir sinnlos. Doch irgendwas musste ich ja auch mal erwidern. Er hat auch Familie und nun keinen Job mehr. Andere sind früher von Bord gegangen mit einem goldenen Handschlag. Er wird wohl leer ausgehen.
Er denkt über Selbstständigkeit nach. Okay, dachte ich. Er will Freiheit. Okay, denke ich. Er will was machen, hinter dem er absolut stehen kann. Okay, denke ich noch mal. Und ich Trottel frage, das ist ja alles gut und schön, aber mit was willst Du dein Geld verdienen? Blöde Frage, gebe ich zu. Aber mir fiel nichts anderes ein.
Trotzdem denke ich nun hin und wieder an Frank und seine düsteren Bilder von der Zukunft, die sich so gar nicht mit meiner Weltanschauung decken. Eigentlich wünsche ich mir nur, dass er sein Glück findet. Egal wie. Dass er schnell das Thema abhaken kann. Kraft, Energie und Zuversicht gewinnt. Und dass er irgendwann wieder mit mir in den Zug steigt und er mir freudig erzählt: Hör mal, weißt du, was mir Geiles passiert ist?
Geschrieben von Christof Hintze
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um
07:43
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Montag, 19. Januar 2009
Ich bin eben so
Wie oft habe ich diesen Satz gehört und selbst gesagt. Kommen die Vorwürfe einem zu nah, bleibt einem noch die letzte Patrone im Revolver der Selbstverteidigung: Tut mir leid, ich bin halt so.
Und?! Das Schöne ist, dass man mit diesem Argumentationsgeschoss wieder die Ruhe herstellt, aber das eigentliche Problem nur aufschiebt, nicht aufhebt. Das bemerkt man in der Regel nur kurze Zeit später. Schlauer scheint es, genauer hinzuhören, was da gemeint ist. Und ob es etwas ist, an dem es sich wirklich lohnt fest zu halten. Denn in der Regel geht es bei solchen Begegnungen um Toleranz.
Und es scheint schlau zu sein, Toleranz walten zu lassen. Nicht nur zu sagen, ich bin halt so. Sondern die Bereitschaft zu signalisieren, einer Veränderung aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Denn dieses „Ich bin halt so“ zeugt nicht von einer großen Toleranz. Muss auch nicht, kann aber.
Denn es geht ja schließlich um ein Miteinander und kein Nebeneinander. Und letztendlich geht es um gemeinsam oder einsam. Deshalb plädiere ich für Veränderung, wenn es einen selbst nicht zu sehr stört, auf den Wecker geht oder komplett gegen den Strich geht.
Was soll es, wenn es der Gemeinschaft und des Miteinanders dient, dann ist es das wert.
Und?! Das Schöne ist, dass man mit diesem Argumentationsgeschoss wieder die Ruhe herstellt, aber das eigentliche Problem nur aufschiebt, nicht aufhebt. Das bemerkt man in der Regel nur kurze Zeit später. Schlauer scheint es, genauer hinzuhören, was da gemeint ist. Und ob es etwas ist, an dem es sich wirklich lohnt fest zu halten. Denn in der Regel geht es bei solchen Begegnungen um Toleranz.
Und es scheint schlau zu sein, Toleranz walten zu lassen. Nicht nur zu sagen, ich bin halt so. Sondern die Bereitschaft zu signalisieren, einer Veränderung aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Denn dieses „Ich bin halt so“ zeugt nicht von einer großen Toleranz. Muss auch nicht, kann aber.
Denn es geht ja schließlich um ein Miteinander und kein Nebeneinander. Und letztendlich geht es um gemeinsam oder einsam. Deshalb plädiere ich für Veränderung, wenn es einen selbst nicht zu sehr stört, auf den Wecker geht oder komplett gegen den Strich geht.
Was soll es, wenn es der Gemeinschaft und des Miteinanders dient, dann ist es das wert.
Geschrieben von Christof Hintze
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09:11
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Mittwoch, 14. Januar 2009
Ohne Worte
Ein Blog ohne Worte. Einfach so. Wort ohne. Oder nur mit Bildern. Bilder mit. Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Ein Tagebuch, ein Logbuch, eine Geschichte ohne Worte. Wie ein Musiker ohne Noten? Ein note Blog ohne note? Nicht einmal mit „blue“? Ganz ohne Not. Also im Alltagsgeschäft würde ich mir mitunter wünschen, mein Gesprächspartner hätte weniger Worte. Würde mich einfach mal anschweigen. Zuhören sogar? Oder abends, wenn man nach einem Tag voller Worte ermattet nach Hause kommt und die liebste aller Lebensabschnittspartnerinnen einen mit den warmen Worten empfängt: Wir müssen reden! Müssen wir das? Oder müssten wir nicht viel mehr schweigen? In höchster Gefahr oder wenn einem etwas wirklich Unangenehmes zustößt, wird zuallererst der Mund trocken. So trocken als hätte man einen trockenen Papierkloß im Mund bis hinunter zum Hals. Reden ist das letzte, was einem jetzt einfallen würde. Oder unsere Paragraphen. Wenn es stimmt, was Statistiker errechen, sind über 50% aller weltweit verfassten Paragraphen auf Deutsch erschienen. Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung passt auf ein, zwei Seiten. Die zehn Gebote sagten auf zwei Steintafeln, was gut oder schlecht sein soll. Was gibt es auch noch anzufügen dem „Du sollst nicht töten.“? Außer du bist Jurist, Beamter, Politiker oder Deutscher, wie es scheint. Bei uns sind offensichtlich zu viele alles auf einmal davon. Wenn wir mehr zuhörten als reden, mehr dächten als sagen und mehr handelten als planen, in welcher tollen, altruistischen und erstrebenswerten Welt lebten wir dann? Dieser Gedanke scheint mir unsagbar, also nicht mit Worten auszudrücken. Damit sind das jetzt 266 Wörter, einschließlich dieser. Und ich verbleibe wieder lieber ohne Worte.
Geschrieben von Kai Falkenberg
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um
07:37
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