Freitag, 9. Mai 2008
Da kommt nicht mehr viel
Wer mal einen Spaziergang durch alle kulturellen Erungenschaften macht, dem fällt auf, dass vieles vor ziemlich langer Zeit geboren wurde und dem eigentlich nichts mehr hinzuzufügen ist. Was danach kommt, reicht in den wesentlichen Aspekten nie mehr an diese Qualität heran.
Vieles wurde und wird eben anders gemacht. So oder so oder ganz anders. Aber so eine völlige perfekte Umsetzung gelingt nur noch selten bis gar nicht. Bei so einem Streifzug durch die wirkliche Perfektion menschlichen Schaffens entdeckt man auch die eigentlichen Beweggründe wieder. Worum ging es eigentlich noch mal? Was war das Ziel zum Beispiel von Design?
Die Ziele haben sich verändert. Für viele. An Stellen, an denen früher Aspekte wie Ästhetik, Funktion, Einfachheit, Klarheit bis hin zu Genialität im Vordergrund standen, die einen emotional berührt haben, geben nun andere Ziele den Ton an.
Profit, Gewinn, Ertrag, Shareholder Value, Return of Investment, Deckungsbeitrag, Umsatz und Kurse. Die emotionalen Werte der Vergangenheit mussten den rationalen, numerischen Werten der Gegenwart sukzessive weichen. Deshalb sehen die Dinge so aus, wie sie aussehen und deshalb funktionieren diese auch auf ihre rein numerisch orientierte Wertsteigerung und Wertschöpfung.
Wenn Mozart heute leben würde und er hätte einen Plattenvertrag, gäbe es die kleine Nachtmusik in 1.000 Varianten nicht mehr. Es gäbe sicher keine eine Oper - viel zu teuer, viel zu aufwendig.
Dass man sich Zielen erst mal emotional nähern muss und das über numerische Werte nicht geht, haben die wenigsten dabei mitbekommen. Wenn man heute eine Idee entwickeln soll, muss oder darf, dann sind die bestimmenden Parameter nicht die Zielsetzung, die Wirkung, sondern die Kosten und das Timing.
Somit denkt der Kreative nicht mehr erst kreativ nach sondern erst mal in den numerischen Parametern. Der Business-Plan entscheidet, nicht die Idee. Die niedrigen Produktionskosten überzeugen, nicht die Idee. Die Menge in kurzer Zeit ist entscheidend, nicht die Idee. Somit orientieren sich die wesentlichen Parameter für eine Entscheidung an den falschen Zielen – rein numerischen.
Ich weiß nicht, wie oft das Auto im Foto verkauft wurde. Das ist mir auch egal. Aber es berührt mich emotional. Das machen ca. 99% aller Produkte und Dienstleistungen nicht mehr. Ich nehme sie nicht mehr wahr und habe auch nicht das Bedürfnis, weil ich davon ausgehe, dass dieser Aspekt – der Berührung – mir ohnehin fehlt.
Und das, was ich sehe, auf so gut wie allen kulturellen und wirtschaftlichen Kanälen, bestätigt meine Befürchtung und mein Desinteresse. Somit bewegt mich diese Entwicklung und dieser Status Quo dann doch in eine Richtung, aber eine andere Richtung. Man beginnt, diese bewegenden Momente selbst zu inszenieren. Im Kleinen. Natürlich sind die Ergebnisse bei weitem nicht so beeindruckend wie das, was in der Vergangenheit geleistet wurde, aber im Vergleich zu dem, was einen umgibt, ist alles, was man selbst macht, zumindest von dem persönlichen Erleben umgeben und begleitet.
Die Dinge, die ich selbst mache, orientieren sich nämlich nicht an numerischen Werten sondern an meinem Glücksgefühl. Wie dieser Blog. Wie die Bücher. Und die vielen Dinge, die ich täglich mache. Ich entdecke und erfreue mich an alten emotionalen Zielen, die heute so gut wie keine Rolle mehr spielen bei weitem mehr. Es ist so, als ob man eine Schatztruhe öffnet. Die voller mir noch gänzlich unbekannter Erlebnisse und Begegnungen steckt, die nur darauf warten, von mir erlebt zu werden. Und wenn ich da so drin herumwühle, sehe ich keine Statussymbole, keinen materiellen Luxus, keinen Fernsehen und nichts von alledem.
Viele Ziele unserer Zeit ergeben mit Blick in diese Truhe keinen Sinn mehr. Das ausschließliche Streben nach numerischen Werten verliert an Anziehungskraft. Somit kann mein Ziel nur sein, aus beiden Töpfen die für mein Leben relevanten Werte zu schöpfen und diese möglichst im Gleichgewicht zu leben und zu erleben.
Foto: Peter von Felbert
Geschrieben von Christof Hintze
in Balance Marketing
um
08:58
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