Dienstag, 24. Juni 2008
Hornisse – Wie Angst verfliegen kann
Noch vor ca. zwei Jahren hatte ich tierisches Muffensausen vor Hornissen. Obwohl ich nicht mal weiß, ob mir je eine begegnet ist. Doch da war eine vor Jahren mal in der Wohnung. Jedenfalls habe ich damals einen riesigen Aufwand betrieben, um das Tier aus meiner Umwelt zu verbannen.
Ich dachte damals, dass Hornissen unter Naturschutz stehen. Und dass der Stich einer Hornisse um ein vielfaches gefährlicher, brutaler und schmerzhafter als der einer Wespe sei. Eigentlich sofort tödlich. Mein Angst vor Hornissen kann man also als besonders groß be- und umschreiben.
Seit geraumer Zeit lebe ich nun in einem Umfeld, wo es Hornissen gibt, die einem fast täglich begegnen. Und auch nicht nur eine. Manchmal auch zwei, drei und vier. Am Anfang dachte ich, das ist das Ende. Aber schnell begriff ich, dass in diesem Ort noch niemand den Tod durch eine Hornisse gefunden hatte. Niemand hatte auch nur eine Story des Grauens über Hornissen auf Lager. Nichts. Wenn ich mich mal auf das Thema zu bewegen wollte, erntete ich nur müdes lächeln.
So dass mir nichts anderes übrig blieb, als mich mit diesen Hornissen auseinander zu setzen. Also beobachtete ich Hornissen in meinem direkten Umfeld. Erst aus der Distanz. Einer ziemlich großen. Und dann schmolz die Distanz immer mehr dahin. Zuerst verriet mir das Internet, dass der Stich der Hornisse ebenso sei wie der einer Wespe. Und dort stand sehr viel beruhigendes über Hornissen.
Meine Beobachtungen lehrten mich, dass Hornissen eher keine guten Flugkünstler sind. Dabei machten sie auch den Eindruck, dass sie träge seien. Und wenn sie schon mal aus Versehen in einen Wohnraum gelangen, versuchen sie eigentlich alles, um wieder raus zu kommen. Dabei stellen sie sich ziemlich blöde an, denn sie fliegen unentwegt gegen die Scheibe. Und das mit aller Kraft.
Sie legen dann Pausen ein. Immer mehr. Und immer längere. Bis sie irgendwann völlig fertig am Boden herumkriechen, wie ein Boxer nach 15 Runden. Hornissen, also denen ich begegne – täglich, sind keine Spur aggressiv. Wovon ich bislang überzeugt war. Meiner Fantasie entsprungen war eine fliegende Killermaschine. Aber so mit der Zeit taten mir die Hornissen richtig leid, bei ihrem Kampf wieder in die Freiheit zu gelangen. So entschloss ich mich ab einem Zeitpunkt, den ermüdeten Hornissen auf dem Weg in die Freiheit zu helfen.
Keine Gegenwehr. Nichts. Sondern sie lassen alles über sich ergehen. Mit einer Ruhe, die mich beeindruckt. So setze ich Hornissen einfach wieder vor die Tür. Und das war es. Meine Angst ist einer Fürsorge gewichen. Was für ein Wandel. Und den Wandel habe nur ich vollzogen. Denn was Hornissen über Menschen denken, welche Vorurteile, welche Unwahrheiten diese glauben, ist nicht übermittelt. Und was mit Hornissen geht, dass müsste doch mit ....
Die Moral von der Geschicht, glaub deinen eigenen Vorurteilen nicht. Und ist die Angst auch noch so groß, es könnte sein, die bist du schnell und für immer los.
Donnerstag, 19. Juni 2008
Denn sie wissen nicht, was sie tun
Ich weiß nicht, was gerade los ist. Aber aus irgendeinem Grund fühlen sich viele Unternehmen dazu aufgerufen und befähigt, ein Unternehmensleitbild aus dem Boden zu stampfen und somit ins wirkliche Leben zu rufen.
Da wird mit großem Aufwand alles formuliert, das leiten soll. Anleiten. Ableiten. Durchleiten. Überleiten. Wir Werbefuzzis werden natürlich nicht mit ins Boot geholt. Wir denken und handeln für ein solches Thema viel zu trivial. Wir dürfen bis auf weiteres mit Krümeln versuchen, Kommunikation zu gestalten. Wenn es aber mal einen Kuchen gibt, bleibt für uns nichts übrig. Hier geht es wirklich um Qualität in der Sache. Da können nur Unternehmensberater zur Seite stehen. Die sich das größte Stück vom Kuchen abschneiden dürfen.
Das Ergebnis ist oft ebenso verblüffend wie erschreckend. Auf einer DIN-A4-Seite ist alles zusammengedampft worden, was leiten soll. In die richtige Richtung. Glaubt mir, gerne würde ich euch ein paar Kostproben kredenzen. Aber das würde mich den einen oder anderen Kunden kosten. Denn in den erlauchten Gremien, die so etwas formulieren, sind auch Leute vertreten, die da keinen Spaß verstehen.
Was auffällt, ist das sinnlose Appellieren an Verhaltensweisen, was so formuliert natürlich wirkungslos verpuffen muss. Oder auch die ganz großen Worthülsen, die überall immer wieder auftauchen. Das Schöne und wirklich Lustige aber ist, dass die Formulierungen so etwas von generisch sind, dass man sie wirklich für alles benutzen und einsetzen kann. Alles.
Machen Sie sich mal den Spaß, nehmen Sie sich ein Leitbild und tauschen Sie den Firmennamen einfach mal aus, mit was Sie wollen. Sie werden sich wundern, das passt immer. Ich frage mich, was soll ein Leitbild überhaupt? Was soll und kann es bewirken. Bei den Mitarbeitern, aber auch in der Außenwirkung bis hin zum Kunden? Was ich da zu lesen bekomme, liest sich immer wie ein Marschbefehl. An Menschen, denen es offensichtlich an gesundem Menschenverstand fehlt. An Orientierung. An Wissen. An Erfahrung. An Gemeinschaftssinn. An allem. Diese Leitbilder entmündigen geradezu die Menschen, an die sie gerichtet sind. Sie degradieren Menschen und reduzieren Menschen auf die reine Funktion.
Ich würde mal gern ein richtiges Leitbild für ein großes Unternehmen machen dürfen. Das sich an alle richtet. Und klar zeigt, wo es lang geht:
Der Titel lautet: The Rock ‘n Roll Company.
Der zentrale Leitgedanke lautet: „We will rock you“
Und dann würde ich nur Zitate aus großen Rock-Songs verwenden. Oder so was wie: "Shut Up 'N Play Yer Guitar" Und ich würde Rock-Konzerte veranstalten. CD-Editionen damit verbinden. Das erste Leitbild das „laut und geil“ ist. Dann würde ich einen fetten Rock-Song komponieren lassen, der das gesamte Leitbild auf den Punkt bringt. Den Vorstand würde ich auf einer Bühne fotografieren lassen, wie bei einem Rock-Konzert vor 80.000 begeisterten Fans rsp. Kunden.
Ach, ich träume wieder. Also, zurück zur Realität. Zurück in die Reihe.
Mittwoch, 11. Juni 2008
Zeit der Unverbindlichkeit
Ein Wort ist ein Wort. Auf mein Wort können Sie zählen. Hand drauf. Gesagt – getan. Worauf Sie sich verlassen können. Ach waren das schöne Zeiten. Nichts wurde relativiert, verschoben, verzögert und vergessen. Wir sind angekommen in einer Zeit der totalen Unverbindlichkeit. Alles könnte nur noch so sein, wie es scheint. Man verabredet sich ganz unverbindlich und kann dieses Treffen sausen lassen, ohne den anderen darüber zu informieren.
Man holt sich ganz unverbindlich Angebote rein und muss sich nie mehr dazu äußern, geschweige denn sich melden. Nichts erzielt mehr den Status von absoluter Sicherheit und Zuverlässigkeit. Alles ist und bleibt offen.
Woher kommt diese Welle der Unverbindlichkeit? Irgendwoher muss diese ja kommen. Die Menschen machen nichts von selbst, sondern aus einer Entwicklung heraus, weil sich das Bewusstsein geändert hat oder sie machen es einfach nach.
Man fühlt sich einfach nicht mehr verantwortlich und hat dabei nicht mal ein schlechtes Gewissen. Ist das eine gute oder eine schlechte Entwicklung? Wenn sich keiner mehr verantwortlich fühlt, dann ist doch niemand mehr zuständig. Oder? Wer heute versucht, einen Termin zu machen, der trägt diesen mit derselben Unverbindlichkeit ein. Ich ertappe mich des öfteren dabei, dass ich Termine mehrfach belege. Weil ich locker davon ausgehen kann, dass sich ohnehin alle verschieben oder in Selbstgefallen auflösen.
Es liegt an der Parallelität der Ereignisse, denke ich. Wir kommen nicht daran vorbei, dass unsere Wahrnehmung zunehmend oberflächlicher wird. Denn wir haben ein Ohr beim Handy, ein Ohr beim Telefon, wir werfen ein Auge auf den Posteingang unseres Computers und dann lauschen wir auch noch nach dem Faxgerät, weil wir einen unterschriebenen Auftrag erwarten.
Gegen 11.00 Uhr müsste die Post kommen. Unsere Sinne sind nicht mehr bei einer Sache. Wir können die Dinge nicht mehr hintereinander ordnen, sondern sie verlaufen parallel. Und diese parallelen Ereignisse werden mehr und sie beschleunigen sich auch noch. Somit wird unsere Wahrnehmung immer oberflächlicher, was zur Folge hat, dass wir unverbindlicher werden.
Wenn ich am Computer sitze, wie gerade jetzt, und jemand mich anspricht, dann sage ich, nur um meine Ruhe zu haben, zu allem „Ja“ und „Amen“ Oder da meine Konzentration gerade auf diesem Blogbeitrag beruht, habe ich alles, was gesagt wurde, innerhalb kürzester Zeit schon wieder vergessen. Wenn ich morgens die Mails checke und einige schnell beantworte und meine Frau mir aufträgt, etwas zu besorgen, habe ich das innerhalb von zehn Minuten vergessen.
Wir sind nicht mehr an einem Ort. Wir sind nicht mehr bei einer Sache. Sondern wir sind im selben Moment an vielen Orten und an vielen Dingen gleichzeitig. Das muss unweigerlich zu dieser unerträglichen Unverbindlichkeit führen.
Montag, 9. Juni 2008
EM
Das ist die wohl kürzeste Überschrift bis dato in meinem Blog. Es geht noch kürzer, aber nicht mehr viel. Das unglaubliche daran ist, was zwei Buchstaben für eine Kommunikationswirkung haben, haben können.
EM. WM. DM. H&M. IM. KM. MM. PM. SM. TM. Das sind nur die mit einem M am Ende. Da soll mal einer sagen, dass man mit wenig nicht viel aussagen kann. CL. BL. PL. CH. VG. LG. KZ. TZ. BZ. SZ. Es gibt eine unglaubliche Menge von 2-Buchstaben-Kombinationen, welche es in sich haben.
Aber eigentlich wollte ich nur was über und zur EM sagen. Einer wird gewinnen. Alle anderen werden mehr oder weniger traurig sein, dass sie es nicht gewonnen haben. So ist nun mal der Modus. Alle wollen, aber nur einer kann. Wer? Das weiß keiner so richtig zuvor. Aber nachher haben es alle kommen sehen.
Wie haben mal wieder unglaubliches Losglück. Als Beweis würde ich mal einen Blick auf die Gruppe C werfen: Niederlande, Frankreich, Italien und Rumänien. Bis zum Finale drohen uns die Schweiz, Tschechien, Türkei, Portugal. Genau. Wo sind die ganzen Kracher? Die eliminieren sich alle zuvor gegenseitig.
Meine Hoffnung liegen und wiegen schwer auf den Schultern von Michael Ballack. Spielt er ein großes Turnier, dann kann es weit gehen. Fällt er aus oder ist gesperrt oder was auch immer, dann schrumpft meine Hoffnung auf die Größe einer getrockneten Rosine. Noch nie habe ich persönlich den Mannschaftssport Fußball so abhängig von einer Person gesehen. Noch nie. Es ist ja ein Mannschaftssport. Aber. Ja aber. Es fällt auf, dass ab einem bestimmen Niveau, welches nur Ballack überhaupt auf den Rasen bekommt, ein, zwei oder drei Situationen ein Spiel entschieden. Denn laufen können die alle. Hinten drin stehen auch.
Den Unterschied macht der eine Spieler in einer Mannschaft. Wir haben nur den Einen. Andere haben mehr, mehrere, viel mehr. Wenn ich nur an Gruppe C und D denke. Oh mein Gott.
Somit freue ich mich auf ein paar wunderbare Spiele. Auf diese wenigen herausragenden Spieler. Und am Ende muss eben einer gewinnen. Mein Wunsch sind nur viele schöne, mitreißende Spiele. Dann ist es mir [fast] egal, wer gewinnt. Nur bitte nicht Italien. Und nicht Holland. Und wenn es geht, lieber Fußballgott, kein Mitleid mit Österreich. Wünschen würde ich es den Türken oder Otto zum Zweiten. Aber am liebsten würde ich es sehen, dass er die Trophäe in den Himmel streckt. Er. Der Eine. Der Einzige, den wir haben.
Aber wenn nicht, ist auch nicht so schlimm. Wir waren ja erst 1996 Europameister. Und auch schon insgesamt 3-mal Europameister. Aber schön wäre es schon. Man darf ja mal träumen, so von Werbegott zu Fußballgott.
Foto: Peter von Felbert
Donnerstag, 5. Juni 2008
Einbildung
Einbildung ist bekanntlich auch eine Form von Bildung. Dies setzt natürlich voraus, dass man eine Wahrheit so verändert, dass diese in der eigenen Wirklichkeit ganz anders erscheint, als für alle anderen in Wahrheit zu erkennen ist. Und auch in Wirklichkeit.
Es war in Wahrheit ein Grottenkick. Mit Hilfe der Einbildung behauptet jemand nun einfach, es war in seiner Wahrheit ein gutes Fußballspiel. In Wirklichkeit bleibt es aber ein Grottenkick. Das haben ja alle gesehen, die es angeschaut haben. Somit kann die Einbildung die Wahrheit verändern, zum Guten und zum Schlechten.
Aber in Wirklichkeit bleibt es so, wie es ist. Doch die Wahrnehmung beeinflusst mit Hilfe der Einbildung die Wirklichkeit. Wenn Sie das verstanden haben, dann können sie auch verstehen, warum in Wirklichkeit Werbung oft so schlecht ist und in Wahrheit für diejenigen, die es zu verantworten haben, ganz anders aussieht.
Woher die große Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung von Wahrheit und Wirklichkeit? Einige wollen es einfach nicht wahrhaben. Und damit dies gelingt, setzen sie das Hilfsmittel der Einbildung ein. Unter dem Einfluss der Einbildung kann man alles so darstellen, wie man es sich wünscht, dass alle es in Wirklichkeit auch wahrnehmen sollen. Ohne dass dies so ist.
Denn die Einbildung ist schlau. Sonst wäre es ja keine Bildung. Diese tut sich nur bei Personen rückversichern, die der Einbildung folgen, aus welchen Gründen auch immer. Und die Einbildung ist nicht so dämlich, sich da rückzuversichern, wo jemand ihrer selbst auf die Spur kommen könnte.
Somit leben einige nicht ganz unwichtige Menschen einen Großteil ihres Lebens in der eigenen Einbildung, ohne mit der Wirklichkeit in Berührung zu kommen. Obwohl sich die Frage aufdrängt: Verdrängt die Einbildung, die eigentliche Bildung? Das wäre übel, würde aber vieles bis hin zu allem erklären.
Das ist so, als ob man etwas würzt. Und zwar so scharf würzt, dass vom eigentlichen Geschmack nichts mehr übrig bleibt. Somit hat Einbildung etwas von sehr vielen Chilischoten in einem und demselben Essen.
Die Auswüchse der Einbildung und möglichen Verdrängung von Bildung sind mit Verlaub gesagt – überall zu sehen. Die Einbildungspolitik steht somit auch der Bildungspolitik schwer im Weg. Unausweichlich würde ich mal salopp formulieren: Wenn man etwas gegen die Einbildung macht, macht man automatisch etwas für die Bildung. Will das überhaupt jemand - fragt man sich da. Man kann es kaum glauben bei der ganzen Einbildungspolitik.
Man könnte ja mal einen Anfang machen und z.B. Politikern das Werben mit dem eigenen Konterfei verbieten und nur das Zitieren und Argumentieren aus dem Programm erlauben. Das wäre ein großer Schritt gegen die Einbildung von Politikern. Und ein erster. Gut wären auch Pflicht-Angaben, wie bei Nahrungsmitteln: 1.62 cm, 93 Kilo, gefärbte Haare....
Foto: Peter von Felbert
Mittwoch, 4. Juni 2008
Nächste Runde
Das Leben hat was von einem Boxkampf. Die gute Nachricht, wenn es gut läuft mit ca. 90 Runden, die schlechte, man bekommt bis zum Schluss was auf die Mütze. Dieses ständige Austeilen und Einstecken in allen Varianten. Die überraschenden Treffer und die geglückten Ausweichmanöver, Gegenangriffe, Konter. Alles das kommt mir manchmal vor wie bei einem Boxkampf.
Eigentlich ist die Grundlage des Boxens nicht das Niederschlagen, sondern das nicht getroffen werden. Die Verteidigung ist die solideste Grundlage auch auf dem Lebensweg. Und das Einstecken können. Und das immer wieder Aufstehen wollen.
Der Gegner ist nicht immer derselbe, sondern es sind eine Vielzahl bis sehr viele. Aber sie versuchen immer dieselben Stellen zu treffen. Da, wo die vermeintlichen Schwächen sitzen oder da, wo man eine Stelle aus fehlender Aufmerksamkeit anbietet.
Wichtig ist auch, wer in meiner Ringecke steht und welche Absichten sie verfolgen. Ob sie an einen glauben oder besser noch von einem überzeugt sind. Es ist okay, immer im Ring zu stehen. Aber man muss vor allem wissen, wofür man da steht, einsteckt und austeilt, ausweicht und angreift.
Es gibt im wirklichen Leben leider nicht die Regelung mit den Gewichtsklassen. So kann es einem passieren, dass einem ein Übergewicht gegenüber steht. Die Ringpausen sind auch wichtig. Vieles von dem, was sich im Ring und drumherum abspielt, kommt mir oftmals vor wie im wirklichen Leben.
Die schmerzlichen Erfahrungen und die freudigen bis euphorischen. Das Lernen aus Niederlagen, aber die wichtigen Kämpfe auf keinen Fall zu verlieren. Der Wunsch, die Handschuhe an den Nagel zu hängen, aber es nicht tun zu können, weil damit ein Lebensabschnitt beendet ist. Falsche Freunde. Falscher Ehrgeiz. Falsche Taktik. Das ganze Falsche auf der einen Seite. Aber dann die richtigen Freunde, der richtige Ehrgeiz, die richtige Taktik auf der anderen Seite. Und beide voneinander unterscheiden lernen.
Das Falsche für einen selbst erkennen lernen. Wie das Richtige für einen selbst zu entdecken. Seinen Stil zu finden in seiner Gewichtsklasse. Über die Runden kommen. Ein Boxkampf ist das ganze Leben im Zeitraffer. Im übertragenen Sinne natürlich nur. Vielleicht mag ich das Boxen deshalb, weil hinter dem vordergründigen „Schlagen“ das Tiefgründige über die Runden kommen steht – in Würde. Beim Boxen kann man die Haltung eines Menschen sehen. Jeder. Man kann sich nicht verstecken.
Trotz aller Schieberei, welche die eigentliche Idee vom Boxen als Metapher ad absurdum führt. Aber auch das passt zu unserer Welt. Da gibt es welche, die werden in den Ring gestellt und dürfen gewinnen. Und andere müssen verlieren. Somit schließt sich der Kreis aus Gier und Neid auch beim Boxen.
Ich selbst habe nie geboxt. Weil ich nur das Boxen erlernen wollte, aber auf keinen Fall in den Ring steigen. Die Kunst der Verteidigung hat mich viel mehr angesprochen, als andere niederzustrecken. Wenn es irgendwie ging, bin ich jeder gewaltsamen Auseinandersetzung aus dem Weg gegangen. Auch das ist ein Spiegelbild meines Lebens. Ich steige nicht in einen Ring, um andere zu besiegen. Der Kampf interessiert mich nicht. Darum bin ich diesen Ringseilen bei der Arbeit und auch im Privaten immer so gut es ging ausgewichen.
Es gibt genug, die sich mit aller Gewalt und allen anderen Mitteln, ob erlaubt oder nicht, durchboxen. In solchen Ringen und Ringschlachten wäre ich sicher der falsche Mann am Platz. Ich bin eher der Typ, der ein Leben lang um den Sandsack tänzelt, die Beinarbeit verbessert, die Kondition und Beweglichkeit trainiert. Nicht um zu boxen, sondern nur um zu wissen, dass ich boxen könnte, wenn ich wollte, aber ich will nicht.
Mein Wunsch nach Harmonie und Gemeinschaft geht dann doch ein Stück zu weit, als dass ich bereit wäre, mein täglich Brot damit zu verdienen, Tiefschläge einzustecken und nicht zu wissen, ob ich überhaupt gewinnen darf. Die Interessen der anderen könnten immer wieder gegen meine verlaufen. Somit habe ich meine Boxhandschuhe für die großen und unwichtigen Kämpfe schon früh an den Nagel gehängt. Und ich erlebe mit, wie andere darunter leiden, daran kaputt gehen. Jeden Tag in diesen Ring der großen Ungerechtigkeit zu steigen. Jeden Tag die Marionette eines Promotors zu sein.
Es sind schon besondere Menschen, die das aushalten und sich in einer solchen Welt behaupten können, wollen, sollen und dürfen. Besonders ....
Foto: Nicole Kengyel
Dienstag, 3. Juni 2008
Die Neukundenakquise – Das üble Geschäft mit der Verzweiflung
Irgendwann erwischt es fast alle. Entweder am Anfang, am Ende, mitten drin oder immer wieder mal. Die zwei schlimmen „K's“ sind ausreichend bis hin zum Überfluss da: Kosten und Kapazitäten. Aber es fehlt an Kunden und Aufträgen. Wie konnte das nur passieren. Und plötzlich muss alles ganz schnell gehen - die Neukundenakquise.
Alles was man weiß, bekommt man noch mal und noch mal vorgesetzt. Geistiges wiederkäuen. Und warum man nicht konstant, kontinuierlich, konsequent und kreativ seine Neugeschäftsaktivitäten verfolgt hat. Ja dann. Ja dann – was dann?
Kopfschütteln. Schulterzucken. Die Tage ziehen ins Land. Und wieder passiert eigentlich nichts, außer dass die beiden schlimmen „K's“ Gesellschaft bekommen haben und zwar teure, die auch noch völlig unproduktiv Kapazitäten verschlingt.
Eine Datenbank muss her. Ein professionelles Akquisemanagement. Eine Positionierung. Eine Strategie. Ein USP. Ein Flyer. Ein Internetauftritt. Eine Idee mit Pfiff. Und viele Werbemittel und -maßnahmen. Dreistufiges Mailing mit Nachfassaktion und E-Mail Newsletter und Angeboten, dass sich die Balken biegen.
Zu teuer. Zu langsam. Zu wenig innovativ. Zu eingefahren. Oh mein Gott, wie ist man nur so weit gekommen. Und wenn alles nicht funktioniert hat, dann lag es da dran, dass man einfach zu spät reagiert hat. Wir haben zwar alles richtig gemacht, aber wir sind zu spät dran. Und dann zieht die Karawane weiter und hinterlässt einen fassungslosen Kunden.
Der nun in seiner Verzweiflung, verbunden mit einer ordentlichen Existenzangst, das Heft selbst in die Hand nimmt. Und das macht, was er kann, was er ist, was man ihm abnimmt, was er versteht, was er will....
Und siehe da, einige Zeit später hat man wieder keine Zeit für Akquise, weil einfach zu viel zu tun ist. Und dann denkt man mal nach, was da eigentlich so passiert ist, woran das lag und es macht sich der Gedanke bereit, dass es eventuell ein normaler wirtschaftlicher Zyklus war. Die kommen und gehen, werfen einen um und dann muss man eben wieder aufstehen. Oder man bleibt eben liegen.
Aber diese Krisenparasiten sind schon was Furchtbares. Das hätte man sich wirklich ersparen können. New Business Manager, dass ich nicht lache. Da geht es einem schon schlecht und die machen die Lage noch dunkler und finsterer. Womit man alles sein Geld verdienen kann.
Also, wenn Sie keine Kunden haben, dann besorgen „SIE“ sich welche. Und wenn die Kosten zu hoch sind, dann senken „SIE“ diese eben. Und wenn einer mit viel Geld wenig für sie tun will, dann geben „SIE“ ihm einen Tritt – von „MIR“. Danke!
Foto: Peter von Felbert
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