Dienstag, 24. April 2007
Wechselwirkung
Die Welt der rationalen Menschen und deren Beweisführung wirft einige Fragen auf. Wenn ein Urlaub für 500 Mark 3 Wochen in Holland mit Anfang 20 total geil war, warum ist dann ein Urlaub mit Anfang 30 in der Karibik für 8.000 Mark nicht 16 mal geiler? Sondern ganz im Gegenteil, nicht mal halb so gut. Warum hatte ich an meinem ersten VW Käfer für 500 Mark eine viel größere Freude, als an meinem ersten Auto über 100.000 Mark? Müsste meine Freude nicht 200 mal größer sein? Warum erinnere ich mich an kurze Beziehungen besser, als an einige, die von langer Dauer waren? Warum sagen mir meine Geschmacksnerven, dass eines meiner besten je getrunkenen Getränke ein Weißbier auf knapp 2.000 Meter in den Bayerischen Alpen für 2,80 € war, das ich nach 4 Stunden Wanderung zusammen mit meinem besten Freund getrunken habe? Und nicht einer der sündhaft teuren Rotweine, die alle im Schnitt 50 mal mehr gekostet haben? Warum macht ein Monte Blanc Füller den Text nicht besser? Warum ist die Zeit, die man mit einer Rolex am Arm verbringt, nicht gleich kostbarer? Warum fühle ich mich in teuren Restaurants nie so viel wohler, wie in meinem einfachen Lieblingsrestaurant? Warum ziehe ich so gerne genau die Klamotten am häufigsten an, die meine Frau ständig als Putzlappen mir entwenden will? Somit scheint es keinen kausalen Zusammenhang zwischen Wert und Wertvorstellung zu geben. Sondern ganz im Gegenteil, diese beiden Aspekte scheinen diametral auseinander zu laufen. Das Mehr bringt ein Weniger mit sich. Deshalb will man noch mehr, womit einher geht, dass man noch weniger bekommt und so weiter und so weiter und - stopp. Geht es auch anders herum? Könnten wir auch zurück zum Ausgangspunkt unserer Gefühlslage gelangen und von da aus noch mal losgehen?
Alle meine Erlebnisse, die ich sofort aus 43 Lebensjahren als gefühlte Höhepunkte abrufen kann, sind jenseits des Materiellen. Das macht mich mehr als stutzig. Es stellt meine Welt auf den Kopf. Oder eventuell wieder auf die Füße. So gerne ich schöne Dinge mag, und gute. So wichtig ist es auch, diese so genießen zu können, dass man sich dabei in seiner Haut sehr wohl fühlt und vor allem mit den Menschen sich umgibt, mit denen man dieses Gefühl gerne teilen will.
Es ist verteufelt, dass ich in den teuersten Restaurants fast nie mit meinen besten Freunden saß. Dass ich die materiell gesehen wertvollsten Momente mit niemandem, oder mit den falschen Menschen teilen konnte und musste. Und dass ich vermute, dass es den Menschen gegenüber ähnlich erging, wir aber aus diesem System nicht ausbrechen konnten. Meine teuersten Flüge waren Geschäftsflüge, nicht die in den Urlaub. Man muss aus 20:80 einfach 80:20 machen. Dann könnte es gehen.
Montag, 16. April 2007
Strategie
Viele tun so, als ob sie die Strategie geradezu erfunden haben. Dabei ist die Strategie immer nur die Reaktion auf einen Vorgang. Wie reagieren nur. Wir glauben zu agieren. Aber in der Regel reagieren wir nur. Haben wir ein Hungergefühl, dann reagieren wir mit essen. Bei Durst mit trinken. Bei Geldmangel mit arbeiten. Es erfordert ein gehöriges Maß an Demut, für sich festzustellen, dass man eigentlich nur reagiert. Somit stellt das, was ist, genau das dar, auf das wir bereit waren zu reagieren. Großer Hunger, großer Durst? Oder große Wünsche, große Ansprüche, große Komplexe? Der Wunsch, dem Wunsch zuvorzukommen und agieren zu können, der erfüllt sich sehr selten. Aktion - Reaktion. Das war's. Zu mehr sind wir nicht im Stande und nicht fähig. Was uns offensichtlich und signifikant unterscheidet ist das Ausmaß der Aktion, die uns zu einer dem angesessen Reaktion antreibt. Wenn beim Schach keiner die Eröffnung spielen würde, würde auch keiner darauf reagieren können. Somit scheint auch beim Schach die beste Strategie zu sein, immer wieder am besten zu reagieren. Wie oft saß ich selbst da und dachte, meinem Kopf entspringt eine eigenständige Strategie. Um dann festzustellen, durch welche Aktion diese ausgelöst wurden. Man überlegt nicht ständig neue oder andere Strategien, wenn nichts vorgefallen ist. Somit sind wir zur Prävention gänzlich ungeeignet. Wir sind nur zur Reaktion fähig. Das muss einem klar sein.
Bild: Peter von Felbert
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