Als alter Humanist reicht es mir jetzt! Immer öfter lese ich in offensichtlich sinnfreien
Zusammenhängen vom schönen Begriff „proaktiv“. Sogar die Windows
Rechtschreibprüfung ist damit überfordert.
Alles scheint plötzlich proaktiv angegangen werden zu müssen. Die
Kundengewinnung, der Job, die Beziehung. Sogar der Joghurt im Supermarkt ist
plötzlich nicht nur probiotisch, sondern auch noch proaktiv.
Heute schaue ich im „Ich weiß alles“ - Wikipedia nach und bin erstaunt. Dieses Wort
soll es bereits seit 2003 sogar im Duden geben und bedeute soviel wie
vorausschauendes, strategisches und initiatives Handeln. Zumindest wie ich den
Eintrag interpretiere.
Sofort stelle ich zwei Dinge fest: Erstens handele ich - nolens volens -
sozusagen intuitiv proaktiv. Zweitens ist meine aktuelle Dudenausgabe von 1991
und damit quasi obsolet, ganz sicher aber nicht proaktiv. Oder doch? Weil,
vielleicht gibt es ja wieder mal eine Reform der Reform..?
Aber was soll dieses proaktiv denn ausdrücken? Der Joghurt ist besonders
gesund, indem er praktisch aktiv alle Schadstoffe eliminiert? Die Beziehung
soll ich nicht mehr nur leben, sondern täglich neu und herausfordernd
gestalten? Der Jobsuchende soll nicht nur jung, dynamisch, billig und schön,
sondern jetzt auch noch Mauern einreißend und im högsden Maße Gewinn bringend
sein? Ja, warum sagt ihr es dann nicht?
Oder setzt ihr da draußen das Wort nur ein, weil es neu ist und - wie ich stark
vermute - vermeintlich so dynamisch und cool auf euch abfärbt?
Also jetzt mal ganz proaktiv unter uns: Der Wortschatz färbt wirklich ganz
stark auf den Sender ab. Vor allem dann, wenn offensichtlicher Unsinn gesendet
wird. Und, meine Lieben, das ist in den allermeisten Fällen tatsächlich - ganz
proaktiv oder antiaktiv - ausgemachter Unsinn.