Dienstag, 28. Juli 2009
7:0, 3:0, 1:0 und Finale 2:0
Mein Sohn hat sein erstes Fußballturnier gespielt. Den Zahlen nach überaus erfolgreich. Aber darum geht es mir eigentlich nicht, sondern was man dabei erlebt, mitmacht und durchmacht. Der Leistungsdruck schon auf den Kleinsten ist nicht ohne. Unglaublich, wie Trainer auf 6jährige einbrüllen und hysterische Mütter kreischend ihre Zöglinge versuchen nach vorne zu peitschen.
Das Habitus der Menschen, die ein Fußballspiel der G-Jugend begleiten, ist wie bei einem Weltmeisterschaftsspiel. Richtig Freunde macht man sich mit dem Satz: Ist doch nur ein Spiel. Jedenfalls wurde ich bei einem Spiel gebeten, nicht hinter dem gegnerischen Tor zu stehen und Fotos zu machen. Es würde den Torwart verunsichern. Nun gut, dachte ich mir. Ob Oli Kahn auch so dünnhäutig gewesen sei, ging mir durch den Kopf. Und als mein Sohn ihm einen einschänkte, fing der kleine Torwart auch gleich an, Rotz und Wasser zu heulen. Das machte mich nachdenklich. Hat das noch was mit dem Spiel zu tun? Oder zerbricht dieser kleine Mensch unter dem Erwartungsdruck - der Großen? Also, meinen Sohn hat das auch tief beeindruckt, so dass ihm das Tore schießen in diesem Spiel nicht so viel Spaß machte. Aber einem seiner Mitspieler um so mehr. Egal.
Was mir brutal ins Auge fiel, war die schlechte Ernährung während eines Kinder-Fußballturniers. Anstatt Bewegung mit gesunder Ernährung zu verbinden, wurde diese Chance mal wieder kläglich vergeben. Ich kann das Nahrungsmittelangebot an dieser Stelle nicht beschreiben, ohne dass die Leser eventuell einen Herpes bekommen, deshalb lassen wir das. Aber es zeigt, dass es hier nur um Gewinner und Verlierer auf dem Platz und im Leben zu gehen scheint.
Ich habe vorsorglich dem Bewegungsport dienliche Nahrungsmittel und Getränke eingepackt. Das nur am Rande bemerkt. Die Schiedsrichter haben einen schweren Stand, denn sie waren einige der Wenigen, die das Spiel mit dem Spaß verbinden wollten. Somit schauten sie wirklich darauf, dass der Spaß im Vordergrund stand. Was einige Eltern natürlich ganz anders sahen. Sie forderten ständig Strafstöße, Freistöße, reklamierten Abseits [Anmerkung: Erst ab der D-Jugend wird mit Abseits gespielt], auch Rückpässe zum Torwart wurden lautstark reklamiert.
Aber den Schiedsrichtern wich das Lächeln nicht aus dem Gesicht und sie bauten immer eine sehr sympathische Nähe zu den Kindern auf. Wir spielen Fussball, vermittelten sie allen. Nun gut. Wir kommen aus einem ganz kleinen Dorf, deshalb war die Hoffnung nicht groß, hier was zu reißen. Daher konnten wir die ganze Sache auch sehr locker angehen. Was natürlich dazu führte, dass die Jungs viel Spaß hatten, lockere Beine und mit der Gewissheit auf den Platz gingen, 'mal sehen wie es läuft'.
Die Einstellung, das Spiel im Vordergrund zu sehen, macht das möglich, was ich meinen Kunden jeden Tag versuche zu erklären und beizubringen. Sie eilten von einem souveränen Sieg zum anderen. Jedes Spiel war ein isoliertes Ereignis für sich. Somit ging man in jedes Spiel, als ob es das Erste und Letzte wäre. Zudem war die Erwartungshaltung nicht an das Ergebnis unmittelbar gebunden, sondern an das emotionale Erlebnis. Was in der Regel auch zu außerordentlichen Ergebnissen führt.
Alles in allem hat mir dieses kleine Fußballturnier mal wieder vor Augen geführt, was das Problem der Großen ist. Was die Kleinen noch nicht haben, bis die Großen es ihnen eintrichtern.