Samstag, 13. September 2008
Was braucht man wirklich?
Wirklich! Wäre schön. Muss nicht unbedingt sein. Wenn man alles, was man braucht, in diese 3 Kategorien einteilt und die Wichtigkeit dementsprechend festlegt, dann stellen sich viele Dinge anders da. Wenn man die wirklich wichtigen Aspekte des Lebens als oberste Priorität sieht und alles andere dem unterordnet und erst in Kategorie 2 denkt und handelt, wenn 1 erfüllt ist und erst in Kategorie 3 denkt und handelt, wenn 1 und 2 erfüllt sind und bei alldem die Prioritäten immer wieder überprüft und selbst festlegt, dann ist das große Rad, an dem wir täglich drehen, plötzlich gar nicht mehr so groß. Und die Geschwindigkeit, mit der wir allem nacheilen, verlangsamt sich zudem. Und wir leben bewusster, denn alles hat einen Wert, das Wertlose tritt nicht mehr in Erscheinung.
Was wirklich zählt, ist das, was wirklich zählt. Wenn das erfüllt ist, wenn das bewahrt wird, wenn das immer gepflegt wird, dann ist ohnehin nicht viel übrig für „Wäre schön“ und „Muss nicht unbedingt sein“. Das Problem, das meist nicht offenbar ist, ist, dass viele Menschen ständig damit zu tun haben, Kategorie 2 und 3 zu bedienen, weil sie Kategorie 1 nicht genau verfolgen. Was unvermeintlich dazu führt, dass noch weniger für die Kategorie 1 bleibt, was das Engagement in den beiden anderen Kategorien zusätzlich anheizt. Das wirklich Wichtige wird immer mehr in den Hintergrund gedrängt und alles andere nimmt einen immer größer werdenden Raum ein.
Dieses Übersprungverhalten macht viele Menschen, auch viele, die Vieles haben, nicht glücklich, nicht zufrieden. Weil immer etwas fehlt, und nun raten sie mal was. Sie dürfen aber nur einmal raten.
Geschrieben von Christof Hintze
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Montag, 8. September 2008
Business Wechseljahre
In vielen gesellschaftlichen Bereichen kennen wir die Situation, dass die Zeit gekommen ist. Sportler hängen die Schuhe an den Nagel, weil sie ein bestimmtes Alter erreicht haben. Wir können Leistung nicht ewig steigern oder halten. Die Zeit kommt, da muss man mit der Leistung haushalten. Man muss ihr anders begegnen. Man muss anders mit ihr umgehen, sonst sind körperliche und auch geistige Schäden nicht zu verhindern.
Man kann Körper und Geist nicht ewig auf höchstem Niveau beanspruchen. Soll man auch nicht. Steht auch nirgends geschrieben. Trotzdem muten sich die meisten zu viel zu und zu lange. Der nötige Respekt und auch die wichtige Demut gehen verloren. Gut zu erkennen ist das an Menschen, die sich Dinge zutrauen, zu denen sie eigentlich überhaupt nicht fähig sind, wie 7.000er zu besteigen. Und sich dann die Angehörigen wundern, dass diese nicht mit einer goldenen Plakette um den Hals zurückkehren, sondern in einer verschlossenen Holzkiste, wenn es gut läuft. Die meisten bleiben für immer am oder im Berg.
Zu glauben, es gäbe keine Grenzen, dass man alles kann, wenn man nur will und es sich leisten kann, ist eine sehr gefährliche Einstellung, die wie beschrieben tödlich ins Auge gehen kann. Aber dafür muss man nicht am K2 hängen. Dafür genügt weitaus weniger. Wer unter Mobbing leidet. Wer lange schlaflose Nächte hat. Wer sich ungesund ernährt. Wer zu viel negativem Stress ausgesetzt ist. Wer sich einfach zu viel zugemutet hat. Wer große körperliche und physische Angst empfindet und diese nicht kompensieren bzw. abbauen kann. Wer zu viele Schuldgefühle aufkommen lässt. Wer sich täglich Menschen ausliefert, die zu viel Energie und Nerven kosten. Wer Panikattacken hat. Wer über einen längeren Zeitraum zu ungesunden Hilfsmitteln greift.
Wer sich einer oder mehrerer dieser Situationen lange aussetzt, der hängt im übertragenen Sinn schon an der Eiger Nordwand und benötigt dringend einen Bergführer, der ihn da schnell raus holt. Aber diese Menschen rufen nicht nach Hilfe sondern klammern sich verzweifelt an den Fels und versuchen, selbst mit der Situation fertig zu werden. Was gelingen kann. Theoretisch. Praktisch ist das so gut wie aussichtslos. Zum Absturz verdammt.
Nach all den Jahren habe ich einen Blick für solche Menschen bekommen. Nicht weil ich besondere Fähigkeiten habe, sondern weil ich diese Gefühle, Situationen und die damit verbundenen Gesichtsausdrücke und Köperhaltungen und Köpersprache selber kenne. Aber ich verliere in der Gegenwart solcher Menschen kein Sterbenswörtchen darüber. Denn das würde die Tarnung herunterreißen, die sich Menschen mühsam aufgebaut haben. Und es ist nicht meine Aufgabe, Menschen da öffentlich zu entblößen, wo es ihnen die größten Schmerzen bereiten. Außer, ja außer sie bitten mich um Hilfe.
Dann kann ich diese Menschen aus der Feldwand holen. Ich bin kein Psychologe und mit meinen pädagogischen Fähigkeiten würde ich nach einer Woche aus einer Grundschule fliegen. Es ist die eigene Lebenserfahrung, die mir dabei hilft, anderen zu helfen, die mich um Hilfe bitten. Die mich bitten, Ängste zu überwinden, zu minimieren. Die mich bitten, Fähigkeiten zu entwickeln, welche diese dringend benötigen.
Meistens muss ich nur zuhören. Denn wer hört diesen Menschen schon mal zu? Zuhören ohne einen Strick daraus zu drehen. Zuhören ohne es letztendlich gegen sie zu verwenden. Wem kann man sich schon wirklich anvertrauen? Umso weiter und höher man kommt, umso dünner wird die Luft. Ich bringe keine Menschen über hohe Berge, sondern ich hole sie da runter. Ich bemühe mich, dass diese Menschen wieder Mut finden und Entschlossenheit. Dass diese Menschen sich wieder wohl fühlen in ihrer Haut. Dass sie wieder schlafen können.
Wenn ich gewusst hätte, was da in meinem Berufsleben auf mich zu kommt, hätte ich doch ganz gerne den einen oder anderen Studienzweig belegt. Obwohl der beste Lehrer wohl das Leben selbst ist. Man muss die Angst der Menschen genau kennen, um diese wirkungsvoll bekämpfen zu können.
Eigentlich sollte ich über kurz oder lang daraus ein zusätzliches Geschäftsmodell ableiten - Coaching. Denn der Weg zum Erfolg führt über die Menschen, welche diesen zustande bringen sollen. Was nützt es, wenn diese voller Befürchtungen, Ängsten und Belastungen sind? So kann man unmöglich erfolgreich arbeiten. Somit müssen zuerst die Menschen auf die positive Erfolgsspur gesetzt werden, dann ist der unternehmerische Erfolg kaum noch zu verhindern.
Angst ist der schlechteste Berater. Wer sich nicht traut, wer sich wenig zutraut, wie soll der an die Kraft einer Marke glauben? Oder die von Produkten und Dienstleistungen? Das überträgt sich auf alle Entscheidungen, Einfälle, Ideen und alles andere. Wie würzt man ein Essen, das scharf sein soll, wenn man voller Angst steckt, es könnte zu scharf werden? Wie spielt man Musik, wenn man voller Angst steckt, es könnte den Zuhörern nicht gefallen oder man könnte sich verspielen? Wie malt man ein Bild, wenn man voller Angst steckt, dass es nicht so wird, wie man es sich selbst vorstellt? Wie schreibt man einen Text, wenn man voller Angst steckt, dass man nicht die richtigen Worte findet? Wie tritt man auf vor anderen Menschen, wenn man Angst hat, etwas Falsches zu tun? Wie bewegt man sich, wenn man Angst hat, jemandem zu begegnen? Wie verhält man sich, wenn man Angst hat, aufgerufen oder aufgefordert zu werden?
Menschen, die diese und noch viel mehr Ängste nicht kennen, haben keine Vorstellungen, welche Höllenqualen diese Menschen täglich durchleben. Und Menschen, die diese oder andere Ängste überwunden oder akzeptiert oder bewältigt haben, wissen nur zu genau, wie wunderbar das Leben ohne das alles ist. Die würden am liebsten jedem, der sich damit quält, zurufen – komm doch rüber, komm auf die andere Seite. Aber wie gesagt, das geht nicht. Um Hilfe muss man schon selbst bitten, sonst geht gar nichts.
Geschrieben von Christof Hintze
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Samstag, 6. September 2008
On the sunny side of the street
Die Spur des Lebens zu wechseln, ist schwieriger als man es sich vorstellt. Wer sich einmal für eine Straßenseite entschieden hat, dem wird es nur sehr schwer fallen, diese zu wechseln. Was an der Gefahr liegt, unter die Räder zu geraten. Was an der Angst liegt, eventuell auf der anderen Seite nicht anzukommen.
Somit kennt man die andere Seite nur aus Erzählungen. Von Menschen, welche auf derselben stehen wie man selbst. Aus diesem Grund sind die Eindrücke und Erzählungen eher in ein düsteres Licht getaucht. Sicher ist auf der Seite, auf der man gerade ist. Wer weiß schon, was einen da drüben erwartet. Somit ist es auch besser auf der Seite, auf der man ist.
Aber wissen tut man es nicht.
Es gibt Menschen, die unentwegt auf die andere Seite herüberblicken. Andere wiederum riskieren nicht mal einen Blick. Warum ins Ungewisse schreiten, wenn man sich sicher fortbewegen kann?
Da drüben könnte Schatten sein. Da drüben ist alles neu und anders. Und da drüben kennt man keinen. Und keiner kennt einen. Somit bleiben die meisten Menschen auf ihrer Seite der Straße. Verbunden mit der stillen Hoffnung, es ist die Sonnenseite. Auch wenn Sie spüren, dass dem nicht so ist. Man träumt lieber von der Sonnenseite, als die Straßenseite des Lebens zu wechseln.
Es ist schon eine Krux, auf welche Straßenseite des Lebens man gehört. Und wie man diese wohl am besten wechselt. Wann man sicher weiß, auf der richtigen Seite zu sein. Alle Seiten haben ihr Gutes und ihr Schlechtes. Die Frage ist nur, was man selbst als gut und schlecht empfindet. Wohnt man an einem See besser am Ost- oder Westufer? Die am Ostufer schwärmen von den Sonnenuntergängen, die am Westufer, wie sehr sie vom Wetter geschützt sind, denn der Wind kommt aus Westen. Somit ist es auf der Sonnenseite wesentlich windiger. Und auf der Seite, auf der die Sonne zuerst verschwindet, ist es viel geschützter.
Trotzdem fühlt sich der eine oder andere Mensch am jeweiligen Ufer wohler und andere wiederum sinnieren oft darüber, wie schön es wäre, wenn es weniger windig wäre oder die Sonne länger scheinen würde.
Bei einigen Menschen haben ich das Gefühl, dass sie aus Prinzip immer auf der falschen Seite sind. Andere wiederum bleiben aus vielerlei Gründen auf ihrer falschen Seite. Einige schaffen, es die Seiten zu wechseln. Und nur wenige haben das Glück, ein Leben lang auf ihrer jeweiligen „Sunny sides of the street“ zu leben – bewusst.
Viele wünschen sich auf der anderen Seite zu sein, unternehmen aber nicht mal die Anstrengung, nur einen Zebrastreifen zu suchen, geschweige zu finden, um auf die andere Seite zu gelangen. Es ist mehr die Ausrede, die man an sich selbst richtet, dass man ja eigentlich hier nicht hingehört.
Die meisten, die rüber wollen, sind in einem solchen Korsett gefangen, dass sie einfach nicht den Moment, nicht die Zeit finden, den richtigen Schritt in die für sie richtige Richtung zu machen. Viele werden davon abgehalten, die Seite zu wechseln, mit Befürchtungen, Ängsten, Zweifeln, Gerüchten und Bedenken. Diese Menschen blicken jeden Tag, wenn sie es können hinüber, aber zum wechseln fehlt einfach der Mut.
Es ist Teil vieler Menschen, dass sie lieber mit der schlechten Gewohnheit weiterleben, statt dem Neuen eventuell Besseren zu begegnen. Das bekannte Übel ist vielen eben doch näher, als das unbekannte Nicht-Übel. Der Mensch kann eben nur schwer oder gar nicht aus seiner Haut.
Auf welcher Seite der Straße laufen Sie. Auf Ihrer Sonnenseite?
Geschrieben von Christof Hintze
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