Montag, 30. Juni 2008
gornergletscher
Die Versuchung der Moderne
Wonach plane und richte ich mein Leben aus? Nach dem roten Apfel der Vergangenheit? Bei dem die Karriere und der Wohlstand, der Status, die Position und die Machtkonzentration, das Big Business im Mittelpunkt und Vordergrund steht. Bei dem materielle Sicherheiten eine wichtigere Rolle spielen als die persönliche Freiheit? Etwas darstellen. Seiner Familie etwas bieten. Sich den Respekt über den Status erringen.
Oder entscheide ich mich für den grünen Apfel? Bei dem ich mich von meiner Intuition steuern lasse, bei dem meine emotionalen Wünsche deutlich im Vordergrund stehen. Bei dem ich mir die Fragen beantworte: wo will ich sein, mit wem will ich sein, wie will ich sein? Bei dem die persönlichen Interessen, Neigungen, Talente, Begabungen und Wünsche ganz klar im Zentrum aller Bauchentscheidungen stehen.
Der rote Apfel bedingt den Verlust von Unabhängigkeit, gibt mir aber dafür Wohlstand und Sicherheit. Der grüne Apfel bedingt den Verlust von Sicherheit, gibt mir aber dafür Unabhängigkeit und Zeit.
Beiße ich in den roten Apfel, werde ich viel Energie und Zeit investieren müssen, mit dem Glauben, an ein Ziel zu gelangen, bei dem sich das alles auszahlt. Tut es das? Hat man es irgendwann geschafft und hat man die so wichtige Zeit für sich, die Beziehung, die Kinder, die Freunde und die Familie? Oder ist das ein Trugschluss? Mich umgeben einige Menschen mit außerordentlichen Karrieren, die eins nie haben – Zeit. Deren Beziehungen zu scheitern drohen oder bereits gescheitert sind. Die ihre Kinder nur sehr selten sehen. Und wenn, fehlt ihnen einfach die Energie, sich emotional mit ihnen auseinander zu setzen. Pizza und Fernsehen. Mehr geht heute leider nicht.
Es sind dies so erfolgreiche Menschen, die einen zurückrufen, wenn man sie anruft. Nur 2 oder 3 Wochen später. Sie sind immer im Meeting, abends noch im Büro oder in einem Hotel oder Flughafen auf dieser Welt. Sie ziehen für die Karriere ständig um. Somit können sie keine Wurzeln an einem Ort schlagen und sie können keine Beziehungen pflegen. Kaum sind sie angekommen, sind sie auch schon wieder weg.
Dieser rote Apfel des Erfolgs soll Sicherheit bringen und Wohlstand. Tut er das? Wenn ich mich austausche mit so erfolgreichen Menschen, klingt immer die Befürchtung durch, dass morgen schon alles vorbei sein könnte. Dass sie selbst einfach austauschbar wären. Dass sie ständig das Gefühl beängstigt zu versagen und alles verlieren zu können. Das hört sich nicht sicher an, sondern unsicher. Wer in den roten Apfel beißt, sollte das alles wissen. Aus Sicht der Zahlen und numerischen Werte sieht das alles wirklich toll aus. Aber mit dem Blick auf die Gefühle und emotionalen Werte sieht das alles schon ganz anders aus.
Aber wer am Anfang in den roten Apfel gebissen hat, der ist drin im System. Und so einfach und schnell kommt man da nicht raus, außer es passiert einfach. Aber nicht aus eigenen oder nur selten aus eigenen Stücken. Sie trinken teure Weine, essen in teuren Restaurants. Sie nächtigen in teuren Hotels und machen Urlaub an sündhaft teuren Orten. Sie können sich vieles, bis alles leisten. Nur eins haben sie nie – Zeit. Und da gibt es bekanntlich nur eine. Und die läuft ab. Es gibt keine zwei Zeiten, die Lebenszeit und die Arbeitszeit. Es ist ein- und dieselbe Zeit. Die auf Sicht rum ist.
Der rote Apfel fordert alles. Viel Kraft, Nerven und Energie. Und vor allem sehr, sehr viel Lebenszeit. Diese Investitionen fordert er, jeden Tag. Wer das Tempo nicht mehr mitgeht, ist schnell aus dem Spiel. Wem die Kraft ausgeht ebenso. Aber am Anfang - wollte man da nicht an einem schönen Ort leben? Viel Zeit für sich haben? Für die Menschen und Dinge, die man so sehr liebt. Wollte man nicht das Leben genießen? Durchatmen. Ausatmen. Einatmen. Wollte man nicht innehalten, wenn es schön ist? Verweilen, wo man überwältigt ist? Wollte man nicht gemeinsam die wunderbaren Dinge des Lebens erleben – miteinander. Reisen. Essen. Abende. Feiern. Lachen. Spielen. So viel wollte man sehen, erleben, riechen, schmecken, hören und fühlen. Aber der rote Apfel steht dem ständig im Weg. Keine Zeit. Keine Ruhe. Später. Noch später. Zu spät.
Aber der grüne Apfel bereitet einem Angst. Verlust von Sicherheit und Wohlstand. Man kann von Luft und Liebe doch nicht leben. Oder doch? Naiv. Die Rechnungen wollen bezahlt sein. Das gute Leben hat seinen Preis. Von nichts kommt nichts. Wie soll man eine Familie durchbringen, wenn man keinerlei Sicherheiten hat. Wenn der Wohlstand einen nicht dauerhaft begleitet, sondern nur mal streift. Das ist mehr als naiv, nicht die Karriere im Auge zu haben. Oder es ist ein genialer Schachzug, weil man Zeit hat. Zeit für sich. Zeit für die Beziehung. Zeit für die Kinder. Zeit für die Freunde und die Familie. Sogar Zeit für Bekannte. Zeit, Undenkbares zu erleben. Zeit zum Müßiggang. Zeit zum reifen lassen. Zeit zum überdenken. Zeit zum ausdenken. Zeit zum nachdenken. Zeit zum aussprechen und ausreden lassen. Zeit für die schönen Dinge des Lebens. So viel Zeit, dass man sich kümmern kann. Um eine oder die Gemeinschaft. Zeit, um sich zu engagieren, sich einzusetzen. Der grüne Apfel hat was. Er bringt Unabhängigkeit mit. Denkt man. Stimmt das? Nein. Man ist nie wirklich unabhängig.
Aber der Druck, um mit einem solchen Problem umzugehen, ist ein ganz anderer. Weil man mehr Zeit hat. Zeit, um aufzutanken. Zeit, um sich klar zu werden. Zeit, um zu regenerieren. Die Probleme des Lebens erscheinen in einem anderen Licht, wenn man Zeit und Kraft hat für das entsprechende Problem. Sonst schiebt man diese nur vor sich her und vertagt sie. Bis sie wie ein Welle über einen hereinbrechen. Man nimmt die Signale nicht wahr, die Warnsignale, wenn man keine Zeit und Kraft hat. Und dies hat in der Regel Folgen, bis hin zu dramatischen, welche das Lebenswerk bis zu diesem Zeitpunkt völlig in Frage stellen.
Ich kenne viele, die in den roten Apfel gebissen haben. Ich habe das auch getan. Aber nur einen großen Biss. Der blieb mir alsbald im Hals stecken, so dass ich ihn durch den grünen ersetzt habe. Das ist jetzt schon über 10 Jahre her. Und wenn ich die 10 Jahre vor den zurückliegenden 10 Jahren damit vergleiche, bin ich überglücklich über diese Entscheidung.
Denn bei allen Problemen und Herausforderungen ist mir meine Zeit doch am wichtigsten und liebsten. Vor allem wenn ich diese mit den Menschen und den Dingen teilen kann, die mir besonders nah sind. Es ist für mich ein Privileg. Das wertvollste. Aber mein großer Respekt gilt allen, die sich für den roten Apfel entschieden haben. Denn ich weiß, was in Ihnen vorgeht. Und meine Glückwünsche gelten gleichermaßen allen, die sich für den grünen entschieden haben, denn sie sind dem unendlich schönen Glücksgefühl eines Kindes ihr Leben lang wesentlich näher. Man freut sich wesentlich mehr über viel weniger. Auch das kenne ich, weil ich es gelernt habe.
In welchen Apfel hast du gebissen? In den roten oder den grünen?
Sonntag, 29. Juni 2008
Das Wunder von Wien 2008
Mensch, ist das ein schönes Spiel! Vor allem wenn man Anhänger der Deutschen ist, die nach Schlusspfiff laut Gary Linecker immer irgendwie gewonnen haben. So kommen auch mal Fans von Schalke, Dortmund oder Berlin in das Gefühl, das normalerweise nur wir Bayern Münchner genießen dürfen.
Deutschland hat es also wieder mal geschafft! Von allen Experten in Grund und Boden geschrieben nach den dürftigen Auftritten in der Vorrunde oder im Halbfinale, haben sie das Finale erreicht. Zum 13. Mal bei einer EM oder WM. Da bleibt dem Rest der Welt nur neidisches, aber anerkennendes Staunen.
Jetzt will ich hier mal auspacken, woran das liegt, dass wir Deutschen so erfolgreich Fußball spielen. Weil wir spielen wie Verkäufer. Wir lassen uns nur an unserer Wirkung messen. Lehrer, Künstler, Beamte, Verwalter, Politiker, Manager, Handwerker. Sie alle arbeiten ihn ihrem Bereich. Aber nur bei Verkäufern zählt am Monatsende das nackte Ergebnis. Und der nächste Monat beginnt wieder bei Null. Null Ergebnis. Null Einkommen. Null Anerkennung. All das muss man sich jeden Monat neu verdienen.
Wer das internalisiert hat, für den ist Fußball ganz einfach. Es geht um das Ergebnis, die Wirkung des Tuns auf dem Platz. Frühere Erfolge sind obsolet, uninteressant und werden nicht gezählt.
Sollen doch all die Spanier, Türken, Kroaten, Italiener, Niederländer, Franzosen und Engländer weiterhin glauben, sie spielten den besseren Fußball. Dabei gibt es aus gutem Grund keine Gewichtsklassen wie beim Boxen. Logisch wirkt eine Latte wie Mertesacker oder Metzelder nicht so filigran wie ein 1,60-Mann Iniesta, Ribery oder Robben. Ihre Aufgaben sind auch ganz andere. Es geht nur darum, die kleinen, wuseligen Dribbler nicht effektiv werden zu lassen. Zaubern dürfen sie, bitte sehr. Nur eben brotlos. Wenn sie den Medien glauben, die das Prinzip Fußball am allerwenigsten verstanden haben, lesen sie in der Zeitung des nächsten Tages weiterhin lieber von ihrer A- und ihrer B-Note, statt gewinnen zu wollen. Wie beim Eiskunstlauf oder Skispringen. Sie berauschen sich an ihren Haltungsnoten. Ha! Falsche Sportart, Jungs, können wir da nur mitleidig lächeln.
Oder die immer wieder verfolgte Legende der Erfolglosen, es ginge darum, große Stars hervorzubringen. All die Xabis, Ronaldos, Snijders und Pirlos rühmen sich ihrer Spielstärke. Wir sind aber bei einem Mannschaftssport, werfen wir heute mal ein, nicht beim Golf oder Tennis. Wahre Sieger werfen ihr Können für ihr Team in die Wagschale. Da wird geballackt, gefringst und gehitzelbergert auf Deubel komm’ raus. Wer mal gegen die gespielt und verloren hat, weiß wie es ist, nicht das tun zu können, was man eigentlich machen will: Für sich selbst glänzen. Glatte Spielverderber eben.
Wenn es um etwas geht, verstehen das bei uns sogar solche Typen wie Schweini, Poldi oder Lahm, die in allen, nicht deutschen Teams dieser Welt die großen Individualisten wären. Aber höchstens auch nur zweite Sieger, also erste Verlierer. Am besten offenbart sich dieses Wirkungsprinzip beim „moment of truth“, beim Verkaufsabschluss. Hier: Das Elfmeterschießen.
Der Spieler, der anläuft, kann eine Pirouette drehen, einen Handstand machen oder seine Haare toupieren. Gezählt wird aber nur, ob der Ball ins Netz geht. Egal, ob angeschnitten, gelobbt oder mit der Pike. Jeder Treffer zählt letztlich nur einen Punkt. Verstanden?
Samstag, 28. Juni 2008
Spielkultur
Improvisationstalent
Elevator pitch
Kürzlich schrieb ich an anderer Stelle über ein vor dem Geschäft aufgestelltes Display, das auf irgendwelche Angebote hinweisen soll. Und heute lese ich mit selektiver Wahrnehmung in einem Prospekt, mit welchem Namen dieses Ding tatsächlich angeboten wird: Kundenstopper!
Ist das nicht schön? Hier beschreibt der Name tatsächlich mal die Funktion. Wer hätte da nicht auch gleich gern 5-6 Kundenstopper?
Das bringt mich zu einer anderen Frage. Wie heißen denn diese Dinger, die am Supermarkt an der Kasse dafür sorgen, dass man die Waren der Kunden unterscheiden kann? Warentrenner? Kundenmarkierer? Ordnungsbalken?
Warum mich das beschäftigt? Aus vielen Gründen. Einer davon ist mein Spezialgebiet der Positionierung. „Was machen Sie beruflich?“ - „Ich produziere Kundenstopper!“
Das hat was.
So ein Büroartikelprospekt ist ein wahres Marketingmonster. Da gibt es Karton-Trennstreifen, Trennblätter und Manila-Register, die ich alleine wegen des Namens bestellt habe. Es tummeln sich Ösenhefter neben Eckspannern und Einschlagmappen, die sich von schnöden Ordnungsmappen unterscheiden. Auch suche ich Sicht-, keine Prospekthüllen, wie ich den bunten Bildchen entnehme. Wobei mir beide Begriffe nicht aktiv geläufig waren.
Ist ja auch die klassische Schwierigkeit. Beschreiben Sie mit einem Begriff, in einem oder in zwei Sätzen, was Sie tun. So zwischen EG und III. Stock. Neudeutsch „elevator pitch“ oder „story“. „Ich fahre Lift“, gilt nur wenn Sie Liftboy sind.
Und von Manila-Registern schwärmen Sie am besten nur so von Büroartikelverkäufer zu Büroartikel-Fachhändler.
Die Schwierigkeit liegt natürlich darin, das so zu formulieren, dass es für Ihren Gesprächspartner interessant klingt bzw. der Beginn eines guten Gespräches wird.
Deswegen hört man so selten: „Ich schreibe Werbetexte“, „Ich verkaufe Anzeigen“ oder „Ich kontakte mögliche Werbekunden“.
“Ich schau’ dir in die Augen, Kleines!“ zieht nicht nur am Telefon nicht mehr. Deswegen mein Tipp: Testen Sie Ihre Elevator Story mal bei der heißen Blonden an der Hotelbar.
Freitag, 27. Juni 2008
Gedankenfrische
Einfallsreichtum
Mittwoch, 25. Juni 2008
Geschmackssache
Dienstag, 24. Juni 2008
Hornisse – Wie Angst verfliegen kann
Noch vor ca. zwei Jahren hatte ich tierisches Muffensausen vor Hornissen. Obwohl ich nicht mal weiß, ob mir je eine begegnet ist. Doch da war eine vor Jahren mal in der Wohnung. Jedenfalls habe ich damals einen riesigen Aufwand betrieben, um das Tier aus meiner Umwelt zu verbannen.
Ich dachte damals, dass Hornissen unter Naturschutz stehen. Und dass der Stich einer Hornisse um ein vielfaches gefährlicher, brutaler und schmerzhafter als der einer Wespe sei. Eigentlich sofort tödlich. Mein Angst vor Hornissen kann man also als besonders groß be- und umschreiben.
Seit geraumer Zeit lebe ich nun in einem Umfeld, wo es Hornissen gibt, die einem fast täglich begegnen. Und auch nicht nur eine. Manchmal auch zwei, drei und vier. Am Anfang dachte ich, das ist das Ende. Aber schnell begriff ich, dass in diesem Ort noch niemand den Tod durch eine Hornisse gefunden hatte. Niemand hatte auch nur eine Story des Grauens über Hornissen auf Lager. Nichts. Wenn ich mich mal auf das Thema zu bewegen wollte, erntete ich nur müdes lächeln.
So dass mir nichts anderes übrig blieb, als mich mit diesen Hornissen auseinander zu setzen. Also beobachtete ich Hornissen in meinem direkten Umfeld. Erst aus der Distanz. Einer ziemlich großen. Und dann schmolz die Distanz immer mehr dahin. Zuerst verriet mir das Internet, dass der Stich der Hornisse ebenso sei wie der einer Wespe. Und dort stand sehr viel beruhigendes über Hornissen.
Meine Beobachtungen lehrten mich, dass Hornissen eher keine guten Flugkünstler sind. Dabei machten sie auch den Eindruck, dass sie träge seien. Und wenn sie schon mal aus Versehen in einen Wohnraum gelangen, versuchen sie eigentlich alles, um wieder raus zu kommen. Dabei stellen sie sich ziemlich blöde an, denn sie fliegen unentwegt gegen die Scheibe. Und das mit aller Kraft.
Sie legen dann Pausen ein. Immer mehr. Und immer längere. Bis sie irgendwann völlig fertig am Boden herumkriechen, wie ein Boxer nach 15 Runden. Hornissen, also denen ich begegne – täglich, sind keine Spur aggressiv. Wovon ich bislang überzeugt war. Meiner Fantasie entsprungen war eine fliegende Killermaschine. Aber so mit der Zeit taten mir die Hornissen richtig leid, bei ihrem Kampf wieder in die Freiheit zu gelangen. So entschloss ich mich ab einem Zeitpunkt, den ermüdeten Hornissen auf dem Weg in die Freiheit zu helfen.
Keine Gegenwehr. Nichts. Sondern sie lassen alles über sich ergehen. Mit einer Ruhe, die mich beeindruckt. So setze ich Hornissen einfach wieder vor die Tür. Und das war es. Meine Angst ist einer Fürsorge gewichen. Was für ein Wandel. Und den Wandel habe nur ich vollzogen. Denn was Hornissen über Menschen denken, welche Vorurteile, welche Unwahrheiten diese glauben, ist nicht übermittelt. Und was mit Hornissen geht, dass müsste doch mit ....
Die Moral von der Geschicht, glaub deinen eigenen Vorurteilen nicht. Und ist die Angst auch noch so groß, es könnte sein, die bist du schnell und für immer los.
Donnerstag, 19. Juni 2008
Denn sie wissen nicht, was sie tun
Ich weiß nicht, was gerade los ist. Aber aus irgendeinem Grund fühlen sich viele Unternehmen dazu aufgerufen und befähigt, ein Unternehmensleitbild aus dem Boden zu stampfen und somit ins wirkliche Leben zu rufen.
Da wird mit großem Aufwand alles formuliert, das leiten soll. Anleiten. Ableiten. Durchleiten. Überleiten. Wir Werbefuzzis werden natürlich nicht mit ins Boot geholt. Wir denken und handeln für ein solches Thema viel zu trivial. Wir dürfen bis auf weiteres mit Krümeln versuchen, Kommunikation zu gestalten. Wenn es aber mal einen Kuchen gibt, bleibt für uns nichts übrig. Hier geht es wirklich um Qualität in der Sache. Da können nur Unternehmensberater zur Seite stehen. Die sich das größte Stück vom Kuchen abschneiden dürfen.
Das Ergebnis ist oft ebenso verblüffend wie erschreckend. Auf einer DIN-A4-Seite ist alles zusammengedampft worden, was leiten soll. In die richtige Richtung. Glaubt mir, gerne würde ich euch ein paar Kostproben kredenzen. Aber das würde mich den einen oder anderen Kunden kosten. Denn in den erlauchten Gremien, die so etwas formulieren, sind auch Leute vertreten, die da keinen Spaß verstehen.
Was auffällt, ist das sinnlose Appellieren an Verhaltensweisen, was so formuliert natürlich wirkungslos verpuffen muss. Oder auch die ganz großen Worthülsen, die überall immer wieder auftauchen. Das Schöne und wirklich Lustige aber ist, dass die Formulierungen so etwas von generisch sind, dass man sie wirklich für alles benutzen und einsetzen kann. Alles.
Machen Sie sich mal den Spaß, nehmen Sie sich ein Leitbild und tauschen Sie den Firmennamen einfach mal aus, mit was Sie wollen. Sie werden sich wundern, das passt immer. Ich frage mich, was soll ein Leitbild überhaupt? Was soll und kann es bewirken. Bei den Mitarbeitern, aber auch in der Außenwirkung bis hin zum Kunden? Was ich da zu lesen bekomme, liest sich immer wie ein Marschbefehl. An Menschen, denen es offensichtlich an gesundem Menschenverstand fehlt. An Orientierung. An Wissen. An Erfahrung. An Gemeinschaftssinn. An allem. Diese Leitbilder entmündigen geradezu die Menschen, an die sie gerichtet sind. Sie degradieren Menschen und reduzieren Menschen auf die reine Funktion.
Ich würde mal gern ein richtiges Leitbild für ein großes Unternehmen machen dürfen. Das sich an alle richtet. Und klar zeigt, wo es lang geht:
Der Titel lautet: The Rock ‘n Roll Company.
Der zentrale Leitgedanke lautet: „We will rock you“
Und dann würde ich nur Zitate aus großen Rock-Songs verwenden. Oder so was wie: "Shut Up 'N Play Yer Guitar" Und ich würde Rock-Konzerte veranstalten. CD-Editionen damit verbinden. Das erste Leitbild das „laut und geil“ ist. Dann würde ich einen fetten Rock-Song komponieren lassen, der das gesamte Leitbild auf den Punkt bringt. Den Vorstand würde ich auf einer Bühne fotografieren lassen, wie bei einem Rock-Konzert vor 80.000 begeisterten Fans rsp. Kunden.
Ach, ich träume wieder. Also, zurück zur Realität. Zurück in die Reihe.
Mittwoch, 18. Juni 2008
Konsumwaffe: Neid und Missgunst
Der hat das und ich nicht. Wer kennt das nicht, dass man vor allem das haben will, was andere haben. Was schon in der frühen Kindheit begann, setzt sich ein Leben lang fort. Gerade das ist am reizvollsten, was andere haben. Diese Art von Neid und Missgunst setzt sich sogar über jeden relevanten Nutzen hinweg. Somit stellt sich nicht die Frage, brauch ich das, sondern es macht sich vermehrt das Gefühl breit: Das will ich.
Wie kann das gehen, wenn doch alles so logisch sein soll, wenn wir doch so besonnen alles abwägen. Den Preis, die Ausstattung und was es sonst noch so gibt. Wenn es allein genügt, dass es ein Anderer hat, dann kann man auf den ganzen anderen Rest ja verzichten. Ja, wenn es der Andere hat.
Jeder weiß, dass es so etwas gibt. Jeder weiß, das was andere tragen und oder besitzen, ist für uns erstrebenswert. Vor allem wenn es Grund zum Neid gibt. Schönere Männer. Erfolgreichere Männer. Männer, die mit einem im Wettbewerb stehen. Jeder genießt das Gefühl der Überlegenheit, wenn man etwas hat und man physisch spürt, ab jetzt will er es auch. Das geht soweit, dass man sich sogar Dinge anschafft nur um den Neid und die Missgunst der Anderen zu spüren. Der Nutzen, der Sinn ist völlig egal, Hauptsache man empfindet dieses schöne Gefühl der Genugtuung.
Da machen sich Firmen so viele schlaue Gedanken über ihre Produkte und Dienstleistungen und dabei konsumieren das viele nur, um andere neidisch zu machen, oder den eigenen Neid zu befriedigen. Ein seltsames, aber konsumförderndes menschliches Verhalten. Wenn sich jemand fragt, warum ich das alles schreibe? Ganz einfach, oft reden Menschen in meiner Gegenwart darüber, dass der Neid und die Missgunst in unserer Gesellschaft immer größer werden. Es sei kaum noch auszuhalten, das Menschen, die etwas erreicht haben, sich fast verstecken müssen.
Dabei liegt die Antwort doch auf der Hand. Die Geister, die wir riefen. Wenn ein Großteil der Kommunikation diese Gefühle gebraucht, um ihre wirtschaftlichen Ziele zu erreichen, dann darf man sich nicht wundern, wenn das dafür nötige Verhalten sich in dem Maße steigert, wie dieses für das Erzielen der Interessen eingesetzt wird. Das ist mit den Essstörungen nicht anders und mit anderen Verhaltensauffälligkeiten ebenso.
Wir denken, das geht alles spurlos an uns vorüber. Wir sind so schlau, dass wir unbeeinflusst davon bleiben. Der Neid und die Missgunst gehören zu den schönsten Konsumwaffen. Deshalb werden diese ja auch so zahlreich und wirkungsvoll eingesetzt. Unangenehme Nebenwirkung ist eben die Veränderung in der Gesellschaft. Plötzlich tauchen Neid und Missgunst überall auf. Und das immer mehr.
So ist das, wenn man Waffen in die Hand nimmt. Sie treffen. Auch Unschuldige. Deshalb sei die Wahl auch der Kommunikationswaffen wohl überlegt. Obwohl ein Blick auf die Waffenindustrie zeigt, dass dieser Wunsch zu den naivsten gehört. Aber schön. Also, ein Versuch wäre es wert, dem alten Kölner Gedanken zu folgen: Man muss auch gönne könne. Und sich erst mal zu überlegen, was brauch ich, was will ich, was hätte ich gern. Ein bewusstes Konsumverhalten hätte nämlich auch zur Folge, dass wir einen bewussten Umgang miteinander pflegen würde.
Dienstag, 17. Juni 2008
Cordoba 2008
Jetzt ist die Schlacht geschlagen. Die Recken liegen wieder auf den Massagebänken oder sind auf dem Weg nach Hause. Gut, dass die Österreicher es nicht übermäßig weit haben. Doch gemach. Schon am Freitag folgt der DFB-Tross den Heimkehrern. Der hat es allerdings ungleich weiter.
Dazu mal eine Rechenaufgabe. Wir haben ein Turnier in der Schweiz und in Österreich, deren Vorrundenspiele in Klagenfurt und in Wien stattfinden. Wie weit ist bei drei deutschen Vorrundenspielen die Anreise vom gewählten Quartier zu den Stadien und zurück? Richtig: Über 4.000 km. Warum das so sein muss? Nun ja, am Wörther See oder in Europas Tourismus-Metropole Wien gibt es natürlich keine Hotels.
Zudem würden von denen, die es vermeintlich nicht gibt, etliche die Kosten übernehmen, würde die Deutsche Nationalmannschaft dort logieren und damit könnte man auch kein Handgeld kassieren, wenn man dort ein paar Millionen lässt. Verstanden?
Doch zurück zum Spiel. Wer hatte Deutschland eigentlich zum Titelanwärter ausgerufen? Das war doch wohl der smarte Olli, der in Unkenntnis aller Realitäten dachte, der 3. Platz der Heim-WM hätte eine Bedeutung? Der einzig echte Gegner - Argentinien - hatte damals schlicht Pech und Italien war dann schon zwei Nummern zu groß. Portugal schließlich hatte keine Lust mehr beim Spiel um die bronzene Brombeere. Das dürfte am Donnerstag leider anders werden.
Denn selbst die Fußball-Großmacht Austria jagte die völlig indisponierten DFB Sommerfrischler von einer Verlegenheit in die andere, dass man glauben konnte der Krankl Hans würde wieder für nackte Panik sorgen wie damals in Argentinien. Die Rekonvaleszenten, die unser Jogi als Sommermärchen-2006-Gedächntniself aufgeboten hatte, mühten sich dennoch redlich aber ungelenk. Der Lutscher aus Bremen brachte weder einen Fuß auf den Boden noch einen Ball zum Mitspieler. Dafür hatte es unser Mario schon gut raus, sein neues Haarband zu richten, auch wenn man mitunter den Eindruck bekam, er trüge es vor den Augen. Damit drückte der neue Schwabenpfeil minütlich seinen Verkaufspreis so nachhaltig, dass dem Horst Held in Stuttgart ganz schwindlig wurde.
Könnte mal jemand dem Klose sagen, dass es nicht verboten ist, aufs Tor zu schießen? Und den Laufstegbewerbern, dass es auch Frisuren gibt, die einen nicht beim Spiel behindern. Da haben wir eine grandiose, typisch deutsche Organisation - unterstelle ich mal - wenn 23 Hobbykicker von 61 Funktionären begleitet und betreut werden. Doch dann fehlt es irgendwie an der Einstellung. Ja, hallo? Da hat jeder Freizeitkicker mehr Einstellung als die sonnenbadenden Halbtagsprofis.
Doch fürs Viertelfinale und letzte Spiel 2008 kommt unser Hoffnungsträger zurück. Hahaha! Schweini, der selbst ernannte Beckham ist zwar noch etwas derrangiert, weil er seiner Meinung nach zu wenig Werbepartner hat, dafür war er diese Woche wieder dreimal beim Frisör. Vielleicht weiß er noch gar nicht, dass ihm ein Hochgeschwindigkeitsspieler wie Hleb vor die Nase gekauft wurde, was ihn selbst für die Ersatzbank des FCB unattraktiv machen wird.
Doch noch hat Jogi ein weiteres Ass im Ärmel. Zwar konnte er mit dem Odonkor-Gag die Polen 2008 nicht überraschen, aber als Christiano-Ronaldo-Manndecker wird er diesen so verwirren, dass er kein Tor schießen wird. Und diesmal hat nicht der Bierhoff-Spezi Lehmann einen Zettel im Stutzen, sondern der Ballack Michi. Darauf hat er sich aber nur die Flugnummer vom Freitagsflug Wien - London notiert. Und obwohl er weder den Elfmetertod Terry noch irgendeinen anderen der Inselkicker mag, kann er sich doch auf einen Erfolgstrainer wie Scolari freuen.
Also, ich freue mich jetzt schon auf die WM 2010 in Südafrika, wenn Lehmann und Metzelder sich wieder entgeistert anschauen und Odonkor auf seine Einwechslung wartet. Der Bierhoff wird wieder das Hotel in Ascona auswählen müssen, Sie verstehen? Und Schweinsteiger wird nach seiner roten Karte im letzten Vorbereitungsspiel wenigstens Zeit haben, seinen Frisör einfliegen zu lassen.
Nein, schlecht haben sie nicht gespielt. Sondern sauschlecht. Doch wenn ich heute die Kommentare zum Spiel so lese, könnte man glatt glauben, beim Fußball ginge es um Leben und Tod. Dabei geht es um soviel mehr.
Gartenarbeit
Was für die einen das reine Grauen ist, ist für mich das reinste Vergnügen. Das war nicht immer so. Mit Schaudern denke ich an den Garten meiner Eltern zurück. Das war wie mit dem Wandern gehen. Ein Alptraum. So ändern sich die Zeiten. Oder besser gesagt, so ändern sich die Menschen. Ganz genau gesagt, so habe ich mich geändert.
Heute kann ich es gar nicht erwarten, in den Garten zu kommen. Sabbernd stehe ich in Läden zwischen Gartengeräten die eine magische Ausstrahlung auf mich haben. Es gibt Geräte, die gibt es gar nicht. Für Arbeiten im Garten, die kannte ich gar nicht. Es gibt z.B. eine Motorsäge an einem Teleskopstil, mit der man Äste in luftigen Höhen absägen kann - vom Boden aus. Und dann gibt es z.B. diese Motorsensen, mit denen man Unglaubliches vollbringen kann und so weiter.
Männerspielzeug eben. Wie eine richtige Motorsäge. Gibt es etwas schöneres? Ich kann es gar nicht erwarten, dass der Rasen wächst, um ihn wieder mähen zu können. Was für einen Wandel habe ich da durchlebt. Es füllt mich aus, es befriedigt mich. Es ist wie Meditation. Und wenn Menschen meine Liebe zum Garten auch noch bemerken, dann quelle ich über von Stolz. Wer hätte das gedacht. Jemals.
Wie kann man etwas so wertschätzen, was man so abgelehnt hat. Gartenarbeit. Wenn ich jetzt durch meinen Garten gehe, dann um mir neue Arbeit zu suchen und zu machen. Es gibt immer was zu tun. Auch wenn es eigentlich nichts zu tun gibt, findet man im Garten zum Glück immer was. Das Schöne an der Gartenarbeit ist auch, dass man das Ergebnis sieht, das man mit seinen Händen geschaffen hat. Und dass es einem der Garten auf seine Art dankt, durch Schönheit und durch interessante Begegnungen.
Andere spielen Golf in meinem Alter. Ich robbe, krieche, wühle mich durch den Garten. Die Stunden im Garten gehören zu den schönsten am Tag. Ständig schießen mir neue Gartenprojekte durch den Kopf. Was man noch alles machen kann. Anders. Und das Allerbeste an dieser Gartenleidenschaft ist, dass der Wechsel der Jahreszeiten die Arbeit nie abklingen läßt. Es gibt immer was zu hegen und zu pflegen.
In meinem Garten geht es sehr wild zu. Das ist so und soll auch so bleiben. Er soll so natürlich ausehen, wie es nur geht. Man darf ihn betreten und begehen, wo man will und wie man will. Es soll eine Gemeinschaft enstehen zwischen Menschen und Natur und beide sollen sich möglichst frei dabei fühlen. Man muss dem Garten förmlich ansehen, dass er sich wohl fühlt. Die Bilder sind aus dem Garten. Ich freue mich schon darauf, wenn ich später wieder in ihm abtauchen kann.
Fotos: Peter von Felbert
Samstag, 14. Juni 2008
Kundenbindung
In einem meiner Lieblingsforen, formerly known as open bc, wurde kürzlich die existenzielle Frage aufgeworfen, ob Frauen anders verkaufen als Männer. Keine Ahnung antworte ich jetzt mal ad hoc. Da halte ich es doch mit dem Trainerguru aller Gurus, Otto II. von Griechenland, der vielleicht antworten würde, Verkäufer hätten kein Geschlecht, sie wären höchstens gut oder schlecht. Und egal mit welcher Technik sie verkaufen, modern ist, was erfolgreich ist, würde er noch anfügen.
Eins weiß ich allerdings: Frauen kaufen anders ein als Männer. Geben Sie Ihrer Frau einen Einkaufszettel für den Supermarkt mit. Wenn davon anschließend 20% mit dem Einkaufsergebnis übereinstimmen, alle Achtung!
Es ist übrigens ein Gerücht, dass Frauen nicht einparken können. Mit dem Einkaufswagen anhalten, können sie noch viel weniger. Egal, wie voll oder leer der Supermarkt ist, der Einkaufswagen wird zwingend so hingestellt, dass niemand mehr vorbeikommt. Ich vermute, dass hängt mit dem Sammeltrieb zusammen. Sobald eine üppige Kräuterwiese ins Blickfeld gerät, wird geerntet. Und zwar so schnell und so viel wie möglich. Natürlich müssen dabei auch mögliche Konkurrentinnen blockiert werden. Aber, wie gesagt, nur eine Vermutung.
Warum Frauen aber nach zehn Minuten untätigen Schlangestehens an der Kasse immer dann, wenn es ans Bezahlen geht, mit der unendlichen Geldbeutelsuche beginnen müssen, ist mir noch nicht ganz klar. Was tun sie während dieser zehn Minuten? Gedankenjoga? Gymnastiktheorie?
Während ich so darüber nachdenke, bellt mich die Kassendame an: „Punkte?“ - „Nein“, antworte ich. „Soweit ich weiß, habe ich in Flensburg noch keine.“ Warum will sie das dann überhaupt wissen?
Und neulich: „Sammeln Sie Herzen?“ wurde ich von einem weiblichen Azubi an der Kasse gefragt. „Sie Schlingel“, schäkerte ich zurück. „Sieht man mir das an?“
Beliebt ist in einem anderen Markt auch die Frage: „Karte?“ - „Nein, ich zahle bar“, könnte ich antworten. „Kundenkarte“, kommt dann die unfreundliche Erwiderung. „Brauche ich hier eine?“ wurde noch nicht beantwortet. Ob ich eine haben will übrigens auch nicht.
So ist das mit diesen Kundenbindungsprogrammen: Sie leben leider von den Mitarbeitern mit Kundenkontakt. Da kann z.B. Lidl noch so viele „Canossa“-Anzeigen in der BILD schalten. Maßgeblicher geprägt wird Ihr Image von der uninspirierten Kassenkraft. Hierfür sollte Mr. Black mal Gelder freimachen, für die Rahmenbedingungen der Mitarbeiter und deren Ausbildung. Nur, das wäre ja zu billig.
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