Mittwoch, 30. April 2008
Wie oft soll ich es denn noch sagen?
Geht es euch auch so? Es gibt Themen, bei denen kommt man nicht so richtig, bis gar nicht vorwärts, geschweige denn voran. Da kann man reden und machen, was man will. Nichts geht. Oder wenn, dann in so kleinen Schritten, dass man diese selbst unmöglich wahrnehmen kann. Im 1.000stel Millimeterbereich.
Das wirklich anstrengende und nervende daran ist die ständige Wiederholung. Diese Endlosdiskussionsschleifen. Man hört sich schon selbst reden. Man kennt schon alle Sätze, die folgen werden. Jedes Argument liegt da fein säuberlich aufgereiht. Und man weiß, dass keins das Ziel treffen wird. Scharfe Munition, die sich als Platzpatronen entpuppen wird. Wieder und wieder.
Man variiert mal die Taktik, die Reihenfolge, den Tonfall, die Choreografie. Im Ergebnis bleibt aber alles gleich. Man kommt in der Sache keinen Millimeter voran. Und so stellt man sich wieder und wieder. Schlacht um Schlacht. Gefecht um Gefecht. Bedenkt und überdenkt. Schleift und poliert die Argumente. Hin und wieder gesellt sich eins dazu. Einige fallen wegen schwächlicher Wirkungserwartung raus.
Und so ziehen Jahre ins Land. Und man fragt sich zu den immer selben Anlässen – und? Schüttelt leicht resigniert den Kopf, zuckt mit den Schultern und denkt sich „Das wird schon!“ „Das muss!“ Die Zustimmung anderer, auf dem vermeintlich richtigen Weg zu sein, kann man auch nicht mehr hören. Man nickt nur, noch dankend und zwingt sich ein Lächeln dabei ab. Nett, als mehr kann man das nicht mehr empfinden.
Weiter, weiter, weiter. Scheitern, scheitern, scheitern. Die Zeit kommt und dann muss man nichts mehr sagen. Ich hoffe nur, ich erlebe die mir bestimmten Aspekte in meinem Leben noch. Und das nichts mehr sagen, hat nichts mit meinen Ableben zu tun. Denn es gibt da eine Reihe von Aspekten, die ich wirklich am eigenen Leib noch erleben will.
Es geht dabei nicht um Recht haben. Es geht dabei nicht um Anerkennung. Es geht dabei um Selbstverwirklichung. Auf dem für sich richtigen Weg durchs Leben gegangen zu sein. Nicht falschen Versuchungen aufgesessen zu sein. Es würde mich einfach freuen, wenn ich zu Lebzeiten hier und da ankommen könnte.
Ich will nicht mehr überreden müssen, sondern ohne Worte überzeugen können. Ich will nichts mehr verkaufen müssen, sondern anbieten können. Vollkommen verstanden, respektiert und akzeptiert zu sein. Angekommen zu sein, an den Orten, nach denen man sich immer gesehnt hat. Das wäre es.
Foto: Peter von Felbert
Easy
It´s so easy. Ich wünsche mir die Entdeckung der Einfachheit. Das große Reduzieren, Weglassen, Loslassen, Minimieren. Die Abschaffung der Präsenzkultur. Das Verbot der Unwichtigkeit und Nebensächlichkeit. Die Einführung der Konzentration auf das Wesentliche. Das große Freischaufeln, um den Blick für das Wichtige freizulegen. Das Unterlassen von Hinhalten, Floskeln, Geschwätz und Meetings, die keiner braucht.
Das Untersagen von allem, was nicht dem eigentlichen Primärnutzen dient. Die Einführung von Pflichtterminen mit sich selbst, mit seinen Freunden und seiner Familie. Das Einführen von Gemeinsamkeitspflege. Gemeinsam kicken gehen. Grillen. Wandern. Fahrradfahren. Auf ein Konzert gehen. Alles erlaubt und erwünscht, was auf Gemeinsamkeiten beruht.
Das Unterlassen von alleine Fernsehschauen. Von Feindseligkeit. Von Vorurteilen. Von Intoleranz. Der Umbau vom Home-Office zu einem Gästezimmer. Die Begünstigung von Familienreisen und Reisen mit Freunden. Alles was dazu führt, dass Menschen miteinander etwas erleben, oder mehr erleben, sollte grundsätzlich steuerlich begünstigt werden. Und durch preisliche Nachlässe attraktiver gemacht werden.
Wer nicht über das Jahr verteilt eine bestimmte Anzahl Tage mit Freunden gemeinsam gekocht und gegessen hat, wird steuerlich zur Kasse gebeten. Gemeinsam Sport machen mit Freunden wird von den Krankenkassen so bewertet, dass dadurch die Beiträge sinken. Wer sein Eigentum Freunden oder anderen leiht, oder zum Gebrauch zur Verfügung stellt, wird Gemeinschaftssteuer begünstigt.
Förderung der Gemeinschaft durch Förderung von Gemeinsamkeiten würde so viel, so viel schöner, gesünder und besser machen. Zudem wären alle wesentlich besser drauf und motivierter. Der rege Austausch des Miteinanders würde zu einer völlig neuen Lebens- und Arbeitsqualität führen. Raus aus der Anonymität des Alltag, rein in das große Miteinander, Mitdenken und Mitmachen.
Denn die Qualität einer Gesellschaft wird maßgeblich dadurch positiv beeinflusst, wie sehr alle daran mitwirken. So einfach könnte es sein. Denn dieses Mitwirken wird einem an allen Ecken ganz schön schwer gemacht und vermiest. Das sollte ein Ende haben. Ich bin überzeugt das eine Welle des „mit...“ uns alle viel ausgeglichener und zufriedener machen würde.
Machen wir unsere eigenen Probleme zu einem offenen Thema. Und rennen nicht jeder jeden Tag mit unseren eigenen Rucksäcken voller Probleme herum. Reden wir darüber. Nehmen Hilfe an. Finden neue, gemeinsame Wege zur Lösung. Wir haben das „Wir“ aus den Augen verloren. Das ist und tut nicht gut, jedem Einzelnen.
Also, einfach das „Wir“ und das „Mit“ zurück in den Mittelpunkt eines jeden Einzelnen und der gesamten Gesellschaft rücken. Dann könnte es wirklich so werden, wie wir es uns alle eigentlich wünschen. Ein Land der offenen Tür. Menschen mit offenen Armen.
Achtung! Das war nur ein Tagtraum von mir. Natürlich ist das alles völliger, naiver, unrealistischer Quatsch. Aber ich dachte einfach mal so. Wahnsinn. Wir ?! Dass ich nicht lache. Mit?! Prust.
Foto: Peter von Felbert
Dienstag, 29. April 2008
Als Träume noch Flügel hatten
Es gab schon mal oder schon immer - und zum Glück schon wieder Dinge, welche durch eine solch sinnliche Ästhetik meine Aufmerksamkeit erregen, dass die Funktion völlig ins Hintertreffen gerät. Es ist ein schönes Gefühl, wenn die Logik offensichtlich aussetzt.
Wenn Erklärungen einem sogar selbst fadenscheinig erscheinen. Weil einem einfach die Worte dafür fehlen. Wie soll man das auch erklären, wenn man es nur fühlen kann. Beschreiben Sie mal jemanden "Wärme und Kälte", der beide nicht spüren kann. Beschreiben sie mal Sonnenaufgang und Sonnenuntergang jemanden der nicht sehen kann.
Die Ratio zu überwinden, macht mir sehr viel Spaß. Dort wo alle Beweise, Gründe, Fakten und Analysen aufhören, fängt der Spaß bei mir erst richtig an. Wer in diese Gefilde vorstößt, der begibt sich auf einen emotionalen Ritt auf den eigenen Sinnen.
Foto: Peter von Felbert
Freitag, 25. April 2008
Der Goldfisch
Im Garten befindet sich ein Teich. Kein Grund zum Neid, es ist ein kleiner. Gerade groß genug, dass man ihn guten Gewissens als Teich bezeichnen kann. Umringt von der Natur, wenig bis gar nicht gepflegt, sich selbst überlassen, hat es sich der Teich den natürlichen Umständen entsprechend schön gemacht.
Der Wasserstand ist mal bis zum Rand, aber auch schon mal bedenklich tief. Im Winter gefriert der Teich, so dass das Eis bis zum Boden reicht. Er ist voller Blätter und allem, was sonst noch so Hals über Kopf in ihn fiel. Einige größere Steine liegen auf seinem Grund. Und auch dies und das, was da nicht so richtig reingehört. Ein Sammelbecken eben.
Er scheint aber kerngesund. Denn in ihm schwimmt, man kann es kaum glauben, wenn man es nicht mit seinen eigenen Augen gesehen hat, ein Goldfisch. Es ist sein Teich. Das wird einem klar, wenn man ihn so beobachtet, denn er ist das größte Lebewesen weit und breit und sicher auch der Teichälteste. Er ist allein - als Fisch. Er macht dabei aber keinen gelangweilten oder depressiven Eindruck, soweit ich das beurteilen kann.
Dieser Eindruck ist aber auch mehr von meinem tiefen Wunsch geprägt, dass er sich hoffentlich pudelwohl fühlt in seinem Teich. Man will ja nicht auch noch ein schlechtes Gewissen haben wegen eines einzigen Goldfischs. Obwohl ich nicht ganz unschuldig an der misslichen Lage seines Singledaseins bin. Aber die Geschichte ist zu traurig, als dass ich sie hier kundtue. Eine schwarze Minute in meinem Leben. Ich habe ihn wirklich nicht gesehen, den Anderen - wirklich. Es bricht mir noch heute das Herz, seinen besten Freund auf dem Gewissen zu haben.
Jahre lebt er schon hier. So zieht er seine Bahnen und Kreise. Mir scheint es ein ganz besonderer Kerl. Denn jedes Jahr gehe ich mit absoluter Sicherheit davon aus, dass er diesen Winter nicht überlebt hat. Denn er verschwindet, wenn es ihm zu kalt wird. Er zieht nicht in den Süden. Und er wechselt auch nicht sein Revier gegen ein wohltemperiertes Aquarium. Er buddelt sich ein. Er macht sich ein Bett unter Blättern tief im Morast.
Dann ist er weg und ward nicht mehr gesehen, über Monate hinweg. Und wenn wir alle überzeugt sind, dass er in die ewigen Jagdgründe gewechselt hat, das Zeitliche gesegnet hat, und wir sinnierend vorm Teich stehen und rekapitulieren, wie hart der Winter ja auch war und wie lang und wie alt er wohl gewesen sei, steinalt sicher, dann passiert wieder das Wunder vom Teich am Haus Hagebutt.
Plötzlich eines Morgens ist er da und schwimmt umher, als ob nichts gewesen wäre. Erwacht aus seinem Winterschlaf, hat er es mal wieder geschafft. Unglaublich, aber wahr. Da schwimmt er. Und er scheint sogar ein Stück gewachsen. Das glauben wir jedes Jahr und zwar in einem Maße, dass er eigentlich schon die Ausmaße eines Delphins haben müsste.
Es liegt sicher an unserer Freude, dass der Herr des Teichs wieder seinen Thron eingenommen hat. Stolz zeigen wir ihn jedem, der ihn auch eventuell nicht sehen will. Es ist ein Wunder für uns. Denn letztes Jahr wollten wir seiner Einsamkeit ein geselliges Ende bereiten und wir kauften vier Goldfische für jeweils knapp unter 2 €. Ließen uns erklären, wie man diese im Teich aussetzt, damit auch alles seinen glücklichen Verlauf nimmt.
Weit gefehlt. Diese verwöhnten Goldjungs haben bei den ersten kleinen klimatischen Veränderungen gleich die Lebensgeister verlassen. So schwammen sie einer nach dem anderen nur noch auf dem Rücken. Verzogen. Verwöhnt. Domestiziert. Nicht fähig, allein zu überleben. Und unser Goldfisch ist so eine Art Bruce Willis wie in Stirb niemals Teil 3. Eventuell war er sogar genervt von diesen Weicheiern. Sicher haben die tagein tagaus gejammert. Oh, ist das kalt hier. Oh, ist das dunkel hier. Oh, das mag ich nicht essen. Oh, ist das aber dreckig und unaufgeräumt hier.
Die waren auf das harte Leben in der freien Wildnis ungenügend bis unzureichend vorbereitet. Manchmal denke ich, ob er die Jungs kurze Flosse um die Ecke gebracht hat, damit wieder Ruhe einkehrt und das Gejammer aufhört. Zuzutrauen wäre es ihm. Wer in einer solchen Umwelt Jahr für Jahr überlebt, dem ist alles zuzutrauen.
Jedenfalls ist der kleine große Goldfisch zu einem echten Familienmitglied geworden. Und zu einem Vorbild. Er steht für das weitermachen, durchhalten und durchsetzen. Nicht jammern, machen. Mach das Beste daraus. Er ist der wirklich harte Kerl in unserer Runde. Und wenn ich mal wieder zweifle, dann denke ich an den Goldfisch. Den einen, der seiner Umwelt einfach trotzt. Der einfach nicht klein- und nicht unterzukriegen ist. Ein toller Kerl.
Leider kein Goldfisch Foto von Peter von Felbert
Donnerstag, 17. April 2008
Abstand – Die unselige und unnötige stetig wachsende Distanz
Abstand halten. Es mausert sich zu einem immer größeren, negativen Einfluss zwischen den Menschen. Der zunehmende Abstand. Man distanziert sich, um nicht tangiert zu werden. Dabei ist dieses Tangieren, die Berührung mit der Wirklichkeit anderer Menschen eigentlich ziemlich wichtig. Denn wenn man das Leben der Anderen nur noch aus Beschreibungen, vom Lesen, oder aus dem Fernsehen kennt, dann kennt man eigentlich nicht viel.
Die Begegnung mit einem Menschen kann das eigene Leben verändern. Die Begegnung mit anderen Meinungen, die eigene Meinung revidieren. Aber wenn Distanz da ist, ist der Abstand zu groß, um eine Erkenntnis aus der Begegnung zu gewinnen. Das übersehen die Menschen und lassen die Distanz weiter anwachsen.
Mir fällt das auf, wenn ich mich Flugzeug, im Restaurant oder in anderen öffentlichen Räumen bewege. Die Menschen schotten sich voneinander ab. Man unterhält sich nicht mit einem Unbekannten. Sondern man verhält sich so, dass man auch bloß nicht gestört wird. Man hat Kopfhörer auf. Ist versunken in sein Handy, oder einen Lesestoff. Man starrt in die Ferne.
Anstatt ein angeregtes Gespräch mit einem Unbekannten zu führen, grenzt man sich ab. Um komischerweise kurz nach der Landung, noch im Bus vom Flugzeug zum Terminal, gleich zu Hause anzurufen und zu sagen: „Schatz, ich bin gelandet“. Dabei bewegt alle Menschen so viel, dass gerade aus der Begegnung mit dem Unbekannten ganz neue Sichtweisen und Ansichten entstehen könnten. Unlängst wartete ich auf einen Freund in einem Café. Am Nebentisch saß jemand auch alleine. Ich habe ihn gefragt, ob wir uns einfach mal so unterhalten sollen, oder ob er mir den Sportteil aus der Tageszeitung gibt. Er nahm das erste Angebot an. Und wir unterhielten uns über 30 Minuten sehr interessant. Er stellte aber fest, dass ihm so was noch nicht passiert sei und er selbst den Mut nicht aufbringen würde. Einfach jemanden anzusprechen. Ohne Vorder- oder Hintergründiges.
Auch im Flieger oder im Zug mache ich häufig die Erfahrung, dass die Menschen darüber irritiert sind, dass sich jemand einfach nur so mit ihnen unterhalten will. Ich für meinen Teil habe gelernt, dass jede Begegnung die Chance mit sich bringt, von der Sichtweise eines Anderen zu profitieren. Und nichts ist interessanter als die Lebensgeschichten von Menschen, die man vorher noch nie getroffen hat und zu 99% nie mehr wieder sehen wird. Das verändert die Kultur und die Gestaltung des Gespräches enorm.
Probiert es mal. Man trifft auf so interessante Geschichten, die einem selbst nie einfallen würden. Wenn ich meiner Frau davon erzähle, lacht sie immer und sagt: „Wen hast du denn da wieder kennen gelernt?“
Wer es schafft, die wachsende Distanzierung zu überwinden und anderen Menschen auch nur für 30 Minuten näher zu kommen, ich bin überzeugt, der erfährt auch Nützliches für sein eigenes Leben.
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