Freitag, 25. April 2008
Moneypolieren
Man kann ebenso nicht nicht manipulieren, wie man nicht nicht kommunizieren kann. Es geht dabei nicht um die Tatsache, dass manipuliert wird, sondern mit welchem Ziel. Es gibt ehrenwerte Ziele und viele, welche genau das Gegenteil verfolgen. Beides ist dem Begriff nach aber als Manipulation zu bezeichnen.
Alles was ich sage, alles was ich mache ist zweckgebunden. Ich verfolge dabei mehr oder weniger vorder- oder hintergründig meine Ziele. Das muss ich nicht zugeben. Aber das verändert an der Tatsache nichts. Der Begriff der Manipulation ist so weitreichend, dass eigentlich nur die Menschen auffällig sind, die von sich behaupten, nicht, nichts und niemanden zu manipulieren.
Die Manipulation beginnt schon bei einem selbst. Wie man glaubt, wahrgenommen zu werden. Wie man sich wahrnimmt. Dann geht es weiter mit und in unserer Umwelt. Und so weiter und so weiter. Wir wollen glauben. Wir wollen glauben machen. Somit manipuliert ein Teil von uns immer die Wahrnehmung, mit dem Ziel, dass die Manipulation die gewünschte Wahrnehmung besser, schneller und genauer erzielt.
Die Art, wie wir Geschichten und Erlebnisse erzählen, steckt voller Manipulation. Wir lachen selbst an Stellen, damit für andere erkennbar wird, dass dies lustig sei. Wir überhöhen, verändern, lassen ganze Stränge der Wahrheit weg und setzen so eine gewünscht neue Wahrheit zusammen. Somit lügen wir nicht. Deshalb glauben auch viele, nicht zu manipulieren. Obwohl genau diese veränderte Darstellung eine zielgerichtete Manipulation ist. Ob wir das wollen oder nicht.
Somit ist Werbung und/oder Kommunikation sehr menschlich. Es ist die Art von Manipulation, die uns allen mehr oder weniger zu eigen ist. Wer also Werbung vorwirft, dass diese manipuliert, dann ist dieser Vorwurf richtig. Wer aber sich selbst von diesem Vorwurf distanziert und von sich behauptet, nicht zu manipulieren, dann ist das nicht richtig.
Über die Qualität und die Ziele von Manipulation könnte man vortrefflich streiten, denn hier gehen die Beweggründe bis in die tiefsten Abgründe. Aber auch das ist kein Phänomen der Werbung, sondern spiegelt sich ebenso in der Gesellschaft wieder. Somit beschreibt die Diskussion über die Manipulation in der Werbung die fehlende Diskussion über die Manipulation in uns Menschen.
Freitag, 11. April 2008
Resozialisierungsprogramm für Top-Manager
„Höchste Zeit“ denken jetzt sich viele. Ich auch. Man kann es kaum noch mit ansehen, wie sehr Top-Manager von der Spur abkommen. Eine Entwicklung, die bedrohlich erscheint, denn immerhin liegt unsere Wirtschaft in deren Händen. Also müssen wir uns auch kümmern.
Der klassische Top-Manager kann so gut wie alles, aber nichts mehr selbst. Wie auch. Es wird ihm fast alles abgenommen und den Rest delegiert er weiter. Bei einer Fehlfunktion des Druckers ist er hilflos und bestellt einen neuen, anstatt einfach Papier nachzulegen.
Müsste er eine Firmenreise selbst buchen, würde er seinen Schreibtisch bis auf weiteres nicht mehr verlassen. Seine sozialen Kontakte verkümmern, denn er sieht so gut wie nie seine Familie. Echte Freunde kennt er nicht. Somit stumpft der Top-Manager zusehend ab. Der Tribut an die geforderte Flexibilität macht Meinungen und Entscheidungen unmöglich.
Seine Beziehung zu den Unternehmen, in denen er verweilt, kann man nur als oberflächlich bezeichnen. Er hat schon Mühe, sich den Firmennamen zu merken, in der er gerade zur Untätigkeit verdonnert wurde.
Längst hat ihn das System zu einem Business-Söldner verkommen lassen. Beziehungen und Gefühle sind da nicht angebracht. Heute hier, morgen dort. Die Verhaltensauffälligkeiten des Top-Managers werden immer merkwürdiger. Der Drang, Grenzen zu überschreiten, die man besser nicht überschritten hätte, wird immer größer.
Viele seiner Verhaltensweisen muss man als asozial beschreiben, denn die Auswirkungen seiner Untätigkeit und seiner Einstellung zu den Dingen läßt keinen anderen Schluss zu. Aber auch hier ist der Top-Manager nicht der Täter, sondern das Opfer. Er ist das, wozu die Gesellschaft ihn gemacht hat. Er kann nicht anders, denn er weiß es nicht besser.
Somit wird es Zeit im großen Stil die Top-Manager wieder einzufangen und zu resozialisieren. So, dass sie ein funktionierender Teil unserer Gesellschaft sind. Sie müssen wissen und lernen, welche Auswirkungen ihr Verhalten hat. Und man muss ihnen Schritt für Schritt das Gehen in einer Gesellschaft wieder beibringen.
Denn der Top-Manager entfernt sich sukzessive von seiner eigenen Gesellschaft. Das fügt ihm und der Gesellschaft nur Schaden zu. Zudem wird das kriminelle Potential immer größer, je größer die Distanz zu der Gesellschaft wird, in der er agiert.
Deshalb fordere ich ein umfangreiches Resozialisierungsprogramm für Top-Manager - ganz im Ernst - denn die Lage ist schon schwer genug. Der Manager muss ein sinnvolles akzeptiertes Mitglied unserer Gesellschaft werden. Das bringt schon seine Position mit sich. Die Verbindung zu dem, was wirklich wichtig ist, muss wieder hergestellt werden.
Sonst erleben wir weiterhin in nicht absehbarem Ausmaß unser wirtschaftlich blaues Wunder. Aber wie gesagt, sie sind nicht Täter sondern Opfer falscher Ziele. Somit bringt uns die Schuldfrage nicht weiter sondern nur die Auflösung des Problems. Ein Herz für Manager? Oder doch eher: Der Manager ist auch nur ein Mensch. Du bist Manager. Gib einem Manager deine Hand. Mensch Manager...
Seminare:
1. Daddy Cool: Ich bin dein Vater - Top-Manager erklären ihren Kindern, wer sie sind.
2. Der Chef mein Freund: Manager lernen die Namen ihrer Mitarbeiter auswenig.
3. Das schaffe ich schon selbst: Manager machen selbst Kaffee und buchen eine Reise.
4. Hallo ich bins: Manager rufen alte Freunde an und treffen sich mit denen.
5. Darf ich mal?: Manager gehen in die Produktion und packen mit an oder gehen in den Vertrieb und fahren mal mit.
6. BDE-Spiel: Manager lernen Bitte, Danke und Entschuldigung zu sagen.
7. Nein-Danke-Seminar: Manager haben genug und lernen auch mal "Nein, Danke" zu sagen
8. Wer, wie was?: Manager müssen selbst ihren Mitarbeitern erklären, was sie eigentlich den lieben langen Tag lang machen.
9. Oben ohne: Manger müssen ohne Krawatte ein Meeting besuchen.
10. Überraschung: Manger kommen mal früher nach Hause.
11. SWDDUMWDS: Sag was du denkst und mach was du sagst Seminar.
Das müsste erst mal reichen.
Ach einen habe ich noch:
12. Kannst du haben: Gib deine Stadionkarte, wenn du die eh nicht benutzt, doch einem Mitarbeiter weiter.
Dienstag, 8. April 2008
Wofür eigentlich?
Dagegen sein, egal gegen was, ist viel einfacher als dafür sein und Teil unserer Kultur. Wir wissen genau, wogegen wir sind. Wir sammeln Argumente und pflegen Vorurteile, wenn es gegen etwas geht. Die meisten Diskussionen werden auf der Basis wogegen geführt. In der Politik wissen alle sofort, wogegen sie sind. In der Wirtschaft wissen alle, wogegen wir uns schützen müssen.
Unsere gesamte Gesellschaft ist ein dagegen-Entwurf. Uns wird ständig beigebracht, wogegen wir sein sollen, wogegen man sein muss. Wir sind gegen viel und vieles. Die Positionen des dagegen sind schnell bezogen. Die Medien steuern ihren Teil zum dagegen sein bei. Sie feuern das dagegen sein an, wo sie nur können.
Ständig wird uns die Gewissensfrage gestellt: Du bist doch dagegen? Oder etwa nicht? Alles, was wir politisch wählen, ist maßgeblich gesteuert vom dagegen sein. Unser ganzes Verhalten bezieht sich oft auf die einfache Formel: Gegen etwas sein.
Ich bin gegen etwas, kann jeder sofort, ausführlich, voller Temperament und in epischer Breite und Länge beantworten. Ohne Punkt und Komma.
Dabei stellt sich doch nur eine Frage: Wofür? Wenn man das dagegen austauschen könnte in ein wofür, dann wäre es sicher besser um alles und uns alle bestellt. Denn das eine verhindert nur, schafft dabei aber nichts Neues oder Anderes. Es richtet sich nur am Verhindern aus. Das dagegen stoppt nur. Und dann bleibt dieses Nichts, diese Leere.
Ein konsequentes wofür hingegen würde schaffen, produzieren, erzeugen, entwickeln, gestalten, machen.
Also, wofür bist Du?
Mittwoch, 2. April 2008
Es war doch nur Spielgeld
Einer ganzen Generation hat das Spiel "Monopoly" offensichtlich den Verstand geraubt. Die denken bis heute, sie spekulieren nur mit Spielgeld. Und wenn das alle ist, wird einfach neues beschafft.
Ich bin fassungslos über das, was sich da gerade in der Bankenwelt abspielt. Und wie sich die Politik diesem Monopolygebaren gegenüber verhält. Die haben die ganze Zeit nur gespielt. Ausprobiert. No Risk, only fun. Zocken mit doppeltem Boden.
Über 400.000 mittelständische Unternehmen sind seit Basel II in die Insolvenz gegangen, weil sie nach dem neuen Rating nicht mehr kreditwürdig waren. Mir fehlen die Worte. Und nun bekommen die Banken auch noch das, was sie verspielt haben, von denen zurück, die sie vor die Tür gesetzt haben. Der Mittelstand, ohnehin verantwortlich für den Großteil der Steuereinnahmen und die meisten Arbeitsplätze, kommt für die Schuld und Schulden der Banken auf.
Die ist zynisch. Und wenn man sich die Größenordung vor Augen führt – pervers. Die einen spielen nur und für alle anderen ist die Lage ernst. Jeden Tag. So, nun bekommen die neues Spielgeld, halten eine kurze Zeit die Füße still und dann geht das Spiel von vorne los. Ich könnte mich so maßlos darüber aufregen, wenn ich nicht so viel Wichtigeres auf meiner Liste hätte.
Schade nur, dass genau diese Menschen nicht mal eine Sekunde spüren, wie es wäre, wenn das echtes Geld, echte Arbeitsplätze, echtes Vertrauen, alles mal echt gewesen wäre. Eine echt verpasste Chance. Das ist, wie mit dem berühmten ersten Fahrrad, das man sich von seinem eigenen Geld gekauft hat. Oder das man geschenkt bekommen hat. Welches hält wohl länger?
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