Freitag, 30. November 2007
Firmen, bei denen ich nicht anklopfen muss: Matratzen CoXXXXd*
In jeder Stadt gibt es einen oder mehrere von diesen Matratzenläden. Sie sind das Epizentrum des Hardselling. Hier kann man dem schwarzen Loch der Wertschöpfung ins kalte alles verschlingende Auge blicken.
Die Fensterdekoration zieht sich durch wie ein grausamer Faden aus Stacheldraht, durch die ganze Republik und wie man lesen kann, auch über die Grenzen hinaus. Die Hinweisschilder sind so erbärmlich, dass mir jedes Mal der Atem stockt. Und sie sagen hier und über die Grenzen hinaus allen immer dasselbe:
Matratzen sind eigentlich nichts wert.
Du zahlst immer und überall zu viel.
Du wirst überall woanders auch beschissen.Lass dir nichts erzählen von Komfort, Qualität oder so einem Mist.
Wir ziehen dich wie jeden anderen über den Tisch.Auch wenn wir sie dir schenken würden, hättest Du das schlechte Gefühl, zuviel bezahlt zu haben.
Wir machen gerne den Markt kaputt.
Wenn wir es nicht machen, macht es ein anderer.
Auf Qualität scheißen wir.
Wir haben Spaß daran, deine Wahrnehmung im Stadtbild zu quälen.Die Nachbarn sind uns doch völlig egal.
Deine Matratze fällt in nur 48 Stunden auseinander.Wir haben keinen blassen Schimmer von Matratzen.
Den Nachlass haben wir in jede Matratze vorher mit eingerechnet, wir sind doch nicht blöd.Uns fallen noch viele Tricks ein, wie wir auch dich hinters Licht führen.
Unsere Matratzen kommen alle aus China.Auf Mitarbeiterschulungen können wir verzichten, die halten eh nicht lange durch.
Wir sehen nur insolvent aus.Komm bloß nicht rein und stell dumme Fragen.
Kauf du Sau und verpiss dich.
Das ist nur eine kleine Liste, ein kurzer Ausschnitt zu meinen Assoziationen, wenn ich so etwas sehe. Und mir ist es auch egal, wenn der Chef einen 600er fährt. Das ist Marketingverhalten, das auf dem Prinzip des Nestraubes aufbaut. Man entzieht dem Markt mit aller Gewalt das, was eigentlich den Wert des Marktes ausmacht – Qualität. Bis nichts mehr da ist. Einen Claim hätte ich für das Unternehmen, natürlich geschenkt. Ich glaube nicht, dass es da einen Euro zu holen gibt für Ideen.
Matratzen CoXXXXd*: Komm - nun kauf schon, gib zu - du willst es doch auch. Komm!
* Mein Anwalt gab mir den Rat, den Namen besser unkenntlich zu machen.
Donnerstag, 29. November 2007
Verzicht
Was fällt mir denn heute zu? Ein schönes Thema für die Vorweihnachtszeit. Ich trinke meinen Morgenkaffe gern im Stehen am Küchenfenster und schaue über die Dächer bis zum derzeit grauen Horizont. Doch was irritiert meinen Morgenblick? Richtig: Gegenüber klettert schon ein gar schauriger Gesell in roter Kapuze den Balkon hoch. Hektisch blinkt eine rote Lichterkette und darüber blitzen gelbe und weiße Lichter durch den Morgennebel. Schön schaut es schon aus, vor allem weil es nachts geschneit hat. Aber trotzdem. Wann beginnt denn so meine persönliche Adventszeit, sinniere ich in den dampfenden Kaffee?
Seit etwa sechs Wochen stehen die Nikoläuse, Lebkuchen und Spekulatien in den Läden. Kurz nach dem Münchner Oktoberfest schon wird man in diversen Kaufhäusern so zugedröhnt mit Jingle Bells, dass man glaubt, man sitzt zusammen eingemauert mit Schillers Glocke in der Erden.
Wenn dann noch die warme Altweibersonne zur letzten Maß im Hirschgarten einlädt und der tiefblaue Himmel überm Tegernseer Tal den Indianersommer grüßt, dann kommt Weihnachtsstimmung nur schwer auf. Die Firmen sind erstmals im Jahr richtig im Stress. Jeder hofft noch auf ein großes Stück vom Weihnachtsgeschäftskuchen. Doch meist heißt der Bäcker auch hier Schmalhans, weil die Leute ihr Geld zusammenhalten müssen für die Scheichs. Von denen die meisten allerdings nicht in Riad, sondern in Berlin thronen.
Offiziell beginnt für mich die Vorweihnachtszeit mit dem Adventskalender, also am 1. Dezember. Der gehört dazu. Der muss einfach sein. Als Geschenk für einen lieben Menschen. Am ersten Advent wird dann die erste Kerze angezündet und - wenn das Wetter mitgespielt hat und wir die ersten Winterspaziergänge im verschneiten Wald machen konnten, dann kommt wirklich Weihnachtsstimmung auf.
Die aber jäh gestört wird, wenn man dann ab Montag in die Stadt fährt. Ein riesiger Kommerztempel will mit seinen Waren verführen, Hektik und Lärm. Gehetzte Menschen, überfüllte U-Bahnen. Der Verkehr bricht unter der Menge, die trotz allem zum Kaufrausch getrieben wird, regelmäßig zusammen. Selbst der Weihnachtsmarkt unterm Rathaus lädt nicht gemütlich zum Verweilen ein, sondern dröhnt aufdringlich: Kaufen! Die Büroleute treffen sich zum After-Work-Absacker, eine Art Fasching für Fische, die Fahrräder suchen.
Als auch bei uns vor langen Jahren der Einkaufs-Wehnachts-Stress immer größer wurde, trafen wir in der Familie eine weise Entscheidung. Wir verzichteten zu Weihnachten auf die allgemeine Geschenkpflicht. Wer wollte, durfte was mitbringen, wer nicht wollte oder konnte, schenkte seine Zeit. Das wertvollste, was der Mensch hat. Nur die Kinder konnten natürlich weiterhin auf reich gefüllte Tafeln hoffen. Plötzlich bekam das Weihnachtsfest wieder seinen ursprünglichen Sinn. Der Christkindlmarkt erstrahlte wieder in silbrigem Glanz und der Glühwein duftete mit den Zimtsternen um die Wette. Für Sylvester dürfen nur an den letzten beiden Tagen des Jahres die Böller und Kracher verkauft werden. Wäre das nicht auch eine Idee für Weihnachten? Vielleicht erst ab der letzten Novemberwoche…?
Oder begreifen immer mehr Menschen, was Adventszeit wirklich ausmacht. Besinnung. Innehalten. Vorfreude. Zeit für Familie und Freunde. Struktur für das Jahr. Neuanfang. Vorfreude. Träumen und Hoffen. Und Vorfreude. Auf eine staade Zeit. Vorfreude auf glitzernde Kinderaugen. Auf Zusammensein. Vorfreude auf Ruhe und Abschalten vom täglichen Trott. Vorfreude auf Schnee und Kerzenlicht.
All das kann sich schwerlich in mir ausbreiten, wenn ich von Zeitdruck gehetzt, den fehlenden Geschenken nachjage. In dem Moment, wo ich mich entscheide, auf Konsum und Kommerz zu verzichten, fällt die Hektik von mir ab. Der Blick kommt zur Ruhe und Vorfreude bricht sich Bahn. Gönnen wir dem Nachbarn seine Vorfreude. Vielleicht kommt sie ja aus dem Quell des Verzichts.
Wenn immer mehr Menschen begreifen, dass der Verzicht erst wahre Pracht ermöglicht. Dann braucht es keine Gebote oder Verbote. Die Grünen verzichten jetzt auf das Bündnis 90 und die Engländer auf die EM. Jeder kann seine persönliche Grenze finden. Es ist die ideale Zeit dafür. Heute hat es nämlich geschneit und tatsächlich: Ich habe schon ein klein wenig „Jingle Bells“ mitgesummt.
Mittwoch, 28. November 2007
No Name
Im Laufe der Jahre haben sich mehrere hundert Visitenkarten angesammelt. Diese verteilen sich vereinzelt und in Haufen auf viele Orte, Schubladen und andere mehr oder minder gepflegte Ordnungssysteme.
Manchmal mache ich mir den Spaß und fliege so über und durch alte Visitenkarten und versuche mich zu erinnern, wer sich hinter welcher Karte verbirgt. Wie derjenige damals aussah, was er heute ist und so weiter. Bei ca. 80% fällt mir nichts mehr ein, kein Gesicht, nichts. Auch die Firmennamen sagen mir nichts mehr. Dann grüble ich eine Zeit lang nach, wer das wohl gewesen sein könnte.
Heute in der Zeit des Internets könnte ich mich auch auf ganz andere Weise auf die Suche machen. Aber ich denke mir, wenn mir schon so nichts dazu einfällt, dann wird das seinen Grund haben. Somit mache ich mich mehr an den Karten zu schaffen, mit denen ich vor allem eine positive Assoziation verbinde. Der gehe ich dann in Gedanken und hin und wieder auch mal im Internet nach. Aber dies sind wenige, nur ca. 5% aller Möglichen. Dann gibt es da noch einige, bei denen mir noch heute der Schauer den Rücken herunter läuft.
Auch hier denke ich dann vereinzelt darüber nach, wie schlecht es dem wohl heute ergehen würde. Bei dem Mist, den der damals schon verzapft hat. Aber dann schrecke ich doch zurück, weil ich nicht plötzlich dem Gegenteil meiner miesen Erwartungshaltung begegnen will.
Und ganz wenige, wirklich ganz wenige, motivieren mich doch mal, den Kontakt wieder herzustellen. Aber die kann man an einer Hand abzählen. Somit sind weit über 80% aller Visitenkarten, die mich je erreicht haben, für die Katz gewesen. Mit reiflicher Überlegung hätte ich einem Großteil schon damals anvertrauen können: „Die können sie mal locker stecken lassen, die brauche ich wirklich nicht.“ Aber das macht man nicht. Das verbietet der Anstand.
Was schade ist, dass sich die analogen Visitenkarten für Leute wie mich nicht weiter entwickelt haben. So dass auf einer Visitenkarte der Ort, der Anlass, das Datum steht, an dem diese überreicht wurde. Am besten noch mit Bild. Das würde die Quote sicherlich leicht anheben, eventuell auch stärker.
Denn man kann sich im Laufe eines Leben unmöglich diese vielen Menschen wirklich merken. Was wirklich schade sein könnte. Somit verlasse ich mich auf den Zufall, die Intuition und darauf, dass andere ein besseres Gedächtnis haben. Und mich hoffentlich in guter Erinnerung.
Aber sicherlich sitzen die ebenso erinnerungslos vor meinen Karten. Es ist schon wichtig, eine Story bei jemandem hinterlassen zu haben. Eine Geschichte, die sich sofort mit einem selbst verbindet. Die eine Brücke baut zu mir. Eine Brücke, die sich nicht auf Daten und Fakten bezieht, sondern eine emotionale Kettenreaktion auslöst, die dann zu meiner Person führt. Auch noch nach Jahren.
Diese Storys müssen am besten aus dem Leben sein, stark mit meiner Person verbunden sein. Das Involvement, welches diese Story darstellt, muss an den relevanten Kundennutzen gekoppelt sein. Man gibt jemandem seine Karte, weil man will oder derjenige was wollte. Ist da keine gute Story, dann ist da schnell nichts mehr.
Somit sollte man jedem, dem man seine Karte in die Hand drückt, vorher eine richtig gute Story reingedrückt haben. Wenn man merkt, dass die gesessen hat, dann kann man auch seine Karte übergeben. Sonst kann man sie stecken lassen und sich sparen. Glaube ich. Denke ich. Nein, weiß ich.
Sonntag, 25. November 2007
Die unterschätze Kraft - der Schlaf
Völlig irritiert schaue ich auf mich selbst zurück, wie ich vor vielen Jahren noch damit prahlte, mit wie wenig Schlaf ich glaubte auszukommen. Schlafen hatte etwas von Schwäche, von verpassen. Man verschläft etwas, bis hin das ganze Leben. Schlafen war das Synonym für "nichterleben". Der Schlaf schien nutzlos.
Alles Erstrebenswerte geschah im Wachzustand. Das glaubte ich. Davon war ich überzeugt. Heute sehe ich das anders. Ganz anders. Heute bin ich ein wenig ausgeschlafener und ich habe reichlich darüber schlafen können.
Ich bin zu einer anderen Einstellung gegenüber dem Schlaf gelangt. In ihm steckt mehr Kraft und Energie (Ist eigentlich dasselbe – oder?), als man gemeinhin glaubt. Dinge im Schlaf erledigen, ist zu einer Überzeugung gereift. Was wir am Tag verpulvern, gewinnen wir im Schlaf zurück.
Der Körper und der Geist können ganz in Ruhe aufräumen, Dinge in Ordnung bringen, gesund machen. Das große Aufräumen der Unordnung des Tages geschieht im Schlaf. An der Qualität des Schlafes kann man am besten absehen, wie es einem wirklich geht.
Der Schlaf lügt nicht. Der Schlaf lügt nie, außer er ist mit Hilfsmittel herbeigeführt. Aber auch dann rächt sich das, denn nichts ist besser und gesünder als der naturgemäße Schlaf. Nichts. Ich habe den Schlaf als wesentlichen Teil meines Lebens kultiviert. Er ist im Stellenwert der wichtigen Dinge unter die Top 5 gelangt. Es war ein langer Weg bis hierher. Aber nun ist der Schlaf auch bei mir angekommen.
Ich bin [Toi-Toi-Toi] so wenig krank, weil ich gut schlafe. Das Immunsystem scheint die ganze Arbeit vor allem im Schlaf zu leisten. Meine Energie, die mich durch alle Zeiten trägt, kommt vor allem aus dem Schlaf. Meine Einschlafzeit dauert nie länger als 1 bis 3 Minuten, dann bin ich weg. Mein Körper und meine Seele freuen sich, in den Schlaf abtauchen zu können. Mein Aufwachen geht ebenso flink. Ich döse nicht. Kein hinauszögern, drehen, wenden und wälzen. Wenn ich wach werde, beende ich den Schlaf.
Eine hohe Schlafkultur bedeutet, den Schlaf mit aller Konsequenz zu beginnen und mit derselben auch zu beenden. Ich lese aus meinem Schlaf. Die Art des Schlafes in allen Phasen, sagt etwas über meine Lebenssituation aus. Viel mehr als das, was man am Tag so grübelt. Der Schlaf ist wie ein Buch, in dem ich lesen kann, wie es um mich bestellt ist. Was zu tun oder zu lassen ist.
Traumdeuterei mache ich nicht. Ich träume schön und viel. Aber die Erinnerung daran ist mir nicht wichtig, auch das Kaffeesatzlesen nicht. Was mir wichtig ist, ist wie ich mich fühle beim träumen, in welche Stimmung versetzen mich meine Träume im Schlaf. Darauf achte ich. Sonst haben Träume keinerlei Bedeutung für mich.
In der Chinesischen Medizin ist eine der ersten Fragen immer die nach dem Schlaf. Die wissen warum. Deren Erkenntnisse sind immer hin über 4000 Jahre schlafen alt. Also, wer den Tag besser in den Griff bekommen will, sein Leben, seine Arbeit, sich selbst, der muss nach meiner Überzeugung in der Nacht, im Schlaf damit anfangen.
Schlaf gut – alles gut, könnte man fast sagen.
Freitag, 23. November 2007
Die Multifunktions- und Simulationsgesellschaft
Wer kennt sie nicht, die Multifunktionsprodukte überall. Die uns das gute Gefühl geben, alles immer zu jeder Zeit mit Bravour hinzubekommen. Man kann gar nicht genug von den Funktionen bekommen. Und noch eine angenehme Nebenerscheinung, man hat das Gefühl, es wirklich zu können.
Schon früher fielen vor allem die am Windsurferstrand auf, die zu gutes, zu neues, zu teures und zu viel Material hatten. Diese Menschen verbindet allesamt eins, sie konnten nur mäßig bis gar nicht surfen und sie waren zudem überfordert. Aber sie machten eine gute Figur. Das ist doch immerhin etwas.
Beim Skifahren verhält es sich ähnlich. Ist das Equipment auffällig gut, viel, neu und teuer, sieht es mit dem Stemmbogen grauselig aus. Aber fully equipt. Mit Küchen ist es nicht anders. Nimmt die Qualität der Einbauten, Aufbauten und sonstigen Bauten überhand, ist es mit den Kochkünsten nicht weit her.
Somit komme ich zu dem Schluss, so tun als ob und alle Möglichkeiten, die man nie benutzt trotzdem zur Verfügung zu haben, scheint ein großer Markt und ein Trend zu sein.
Da kaufen sich Menschen Küchenmaschinen mit über 100 Funktionen und das einzige, was sie je damit gemacht haben, ist ein Bananenshake. Den Keller voller perfektem Werkzeug, vom Feinsten von A-Z. Aber das einzige Mal, als man es in die Hand genommen hat, war als man es im Keller verstaut hat.
Autos sind schon lange keine Autos mehr. Mit Handys ist das ähnlich. Allen Produkten reicht der Kernnutzen schon lange nicht mehr aus. Sie müssen viel mehr können, auch wenn es niemand benutzt oder braucht. Der Markt will das. Also wird es gebaut. So sind die Haushalte vom Dach bis zum Keller und in die Garage voll mit Geräten, die völlig unterfordert sind und ein trauriges Dasein fristen. Oder die Gerätschaften sind mit so vielen Funktionen ausgestattet, dass man sie nicht mehr anfasst, weil man schlicht und einfach überfordert ist, sie ohnehin nicht bedienen kann.
Somit muss und soll alles nur so aussehen als ob. Das genügt. Es sammeln sich somit vermehrt verwunderliche Dinge in Haushalten an, die einen ganz schön in die Irre führen können. So kann man beim Besuch plötzlich vor einer Leinwand stehen, auf einer Staffelei. Darauf ein zugehängtes Bild, Pinsel und Acrylfarben. Nun denkt man doch... Weit gefehlt, das ist ein Arrangement. Der Gast malt nicht selbst. Aber er könnte. Wenn er wollte. Wenn er Zeit hätte. Und wenn er malen könnte. Oder wenigstens Fantasie hätte.
Man kann auch auf ein Saxophon treffen, auf einem Saxophonständer. Daneben ein Notenständer, augeschlagen Dave Brubecks „Take five“. Und man denkt sich... Wieder falsch, auch das ist nur ein Arrangement. Das Saxophon war ein Geschenk vor ca. 8 Jahren. Einen Grundkurs gab es auch dazu, aber man ist nie dazu gekommen, einfach zu viel um die Ohren.
Und so geht es weiter. Die fette Bulthaup Küche sagt dem geschulten Auge, wenn es gut läuft, haben sie Sushi aus der Stadt mitgebracht oder waren vorher beim Feinkostladen. Mountainbikes für den Preis von Motorrädern und so weiter. Eine sichtbar jungfräuliche Canon EOS 1Ds Mark III Spiegelreflex Kamera. Ein Mitbringsel aus Tokio.
Auch der Boom der Kochsendungen macht klar, wir haben nach der Multifunktions- und Simulationswelle schon die nächste Ebene erreicht. Es reicht aus, wenn andere in fetten Bulthaup Küchen kochen, so dass uns das Gefühl überkommt, wir könnten das eigentlich auch. Das reicht völlig aus. Die Welle der Fremdmultifunktion und Simulation ist das, die da gerade steigt und steigt.
Es gibt eben nichts Schöneres als einen Freund, der das alles hat. Dann kann man es da liegen lassen, bevor es bei einem selbst herumliegt. Eventuell hat der Freund auch noch Kinder und einen Hund, dann kann man sich das auch mal in ganz kleinen Dosen reinziehen und glücklicherweise jederzeit wieder abspringen. Und tschüss.
Ich behaupte, wenn man einen Berg machen würde, auf den man alles legen muss, was man länger als 36 Monate nicht berührt hat, dann hätte Reinhold Messner ein Problem. Er hätte den höchsten Berg der Erde noch gar nicht bestiegen. Im fehlt noch der 9000er.
Donnerstag, 22. November 2007
Musik nach Normen
Wenn ich Musik höre, dann reagiert mein Gehirn sofort. Ist diese im Einklang mit meinen Normen? Ist sie das nicht, dann mag ich die Musik nicht. Sie kann aber auch zu leise oder zu laut sein. Oder es ist die richtige Musik am falschen Ort. Oder am völlig falschen Ort die richtige Musik. Es kann aber auch eigentlich die richtige Musik sein, aber irgendwas ist anders an ihr.
Meine Normen reflektieren mein empfinden, wenn ich Musik höre. Diese Normen sind gelernt. Niemand wird geboren mit einem Musikgeschmack oder Verständnis. Wie auch. Sondern die Sozialisierung, die Umwelt prägt unseren Musikgeschmack. Und das ist ein ständiges erfüllen oder nichterfüllen von Normen. Es ist wie ein Zug. Die Weichen der Umwelt führen uns in einen Bahnhof und das stellt dann unseren Musikgeschmack dar.
Ich höre jetzt schon den Aufschrei. Was ist mit Mozart und den ganzen hochbegabten dreijährigen, die Geige spielen. Hochbegabte langweilen sich in der Gegenwart von normalen Menschen. Sie nutzen zum Beispiel die Geige, um ihren Drang zu kanalisieren. Dabei geht es in erster Linie nicht um die Musik, sondern um das Ventil. Hochbegabte sind schnell gelangweilt. Sie müssen sich somit selbst beschäftigen, sich selbst Aufgaben und Ziele setzen, die allesamt jenseits der Vorstellungen von normalen Menschen verlaufen.
Ich rede von ganz normalen Menschen, die Musik gehört haben. Und die heute eine bestimmte Musik bevorzugen, weil diese sich ideal mit ihren Normen deckt. Die Musik vertont den eigenen Film vom eigenen Leben. Wenn ich zurück denke, dann gibt es Musikstücke, die wie eine Zeitreise Gefühle und Bilder in mir hervorrufen.
Es gibt Musik, die meine Stimmung untermalt. Manchmal bin ich in Situationen, da fällt mir ein, welche Musik am besten zu dieser passen würde. Musikgeschmack entwickelt sich entlang der Normen. Ich liebe Jazz. Soul. R&B. Funk. Aber eigentlich Jazz. Ich höre lieber keine Musik, als Musik, die ich nicht mag. Ich liebe die Ruhe. Die Stille. Außer sie wird mit Jazz ausgemalt.
Deshalb mag ich diese Berieselung nicht. Wenn irgendwo Musik läuft, die ich nicht mag und gegen die ich mich nicht wehren kann, die ich nicht abstellen kann. Man könnte mich mit schlechter Musik foltern, ich würde alles gestehen für Stille. Musik ist ein Interesse meines Lebens. Nur eins. Aber meine Normen sind da relativ festgefahren. Es ist Jazz. Ganz einfach Jazz.
Das macht mir das Leben und die Auswahl einfach. Denn im Jazz ist zu über 80% alles schon komponiert und gespielt worden. Somit greift man beim Jazz immer auf etwas zu, was einem wohlbekannt ist. Das ist gut zu wissen. Ich muss und ich will nicht ständig Neues oder Anderes hören. Weil ich weiß, was ich eigentlich hören will. Das ist das schöne an Normen. Vor allem, wenn man das Glück hat, dass diese kultiviert sind.
Menschen, die Jazz hören, sind sich da meist sehr ähnlich im Gemüt. Gibt es einen Massenmörder, der behauptet hat, immer Chet Baker gehört zu haben? Gibt es einen Diktator, der gerne Ella Fitzgerald gelauscht hat? Das schöne am Jazz ist, dass Menschen, die wirklich gerne Jazz hören, meist gute Menschen sind.
Denn das würde sich keiner antun, Jazz zu hören, damit andere denken, er sei gut. Das wäre sicher zu anstrengend. Somit sagen die Musikhörgewohnheiten viel über die Menschen aus. Denke ich. Sagen viel aus über die Normen, nach denen diese leben. Jazz muss man hören wollen und können. Ich weiß das nur zu genau. Darum würde ich Gäste nie mit Jazz quälen. Jazzhörer sind deshalb von Natur aus rücksichtsvoll. Sie befürchten ständig, andere mit ihrer Musik zu belästigen.
Somit soll und kann jeder hören, was er will. Soll er auch. Muss er auch. Wir hören das, was mit unseren Normen übereinstimmt und das sind viele und vor allem sind diese längst erwachsen. Ach ja, ich höre auch andere Musik, wie Klassik, oder Rock ’n’ Roll oder Rock. Es muss nur gut sein. Ich kann gute Musik aus allen Stilrichtungen gut hören. Was ich nur nicht hören kann und mag, ist schlecht gemachte Musik.
Leider höre ich das. Manchmal wünsche ich mir, dass ich darüber hinweg hören könnte. Aber ich kann nicht. Schlechte Musik quält mich. Auch im Jazz.
Dienstag, 20. November 2007
Man stelle sich nur mal vor...
Diese ganze Gesellschaft, alles, was damit zusammenhängt, gibt es nur so, weil Männer Frauen rumkriegen wollen. Das ist nur eine verrückte Theorie, aber denkbar wäre es doch. Alles ist denkbar. Das da Männer saßen, sitzen und sitzen werden, die sich gefragt haben, wie bekomme ich die ins Bett?
Geld. Macht. Alles nur, um so eine Schnepfe rumzukriegen? Oh mein Gott. Das würde bedeuten, dass auch die ganzen Ideologien für den Allerwertesten wären. Denn auch die wurden nur ins Feld geführt, um die Mädels in die Falle zu bekommen.
Wenn man den Gedanken weiterdenkt und weiterdenkt, dann wird einem einiges klar. Was soll man machen, wenn man Frauen nicht zum lachen bewegen kann. Wenn man überhaupt nicht witzig ist. Keine Spur. Wenn man nicht über sich selbst lachen kann. Keine Spur. Wenn man Humor nur aus Witzbüchern kennt. Wenn man Frauen nicht unterhalten sondern nur langweilen kann? Wenn man durch und durch nicht witzig ist und sein kann, nicht mal, wenn man es gerne wäre. Fatal.
Was macht ein Mann, der keine Spur witzig ist oder sein kann. Ein Mann, der eine Frau nicht zum lachen bringen kann? Genau! Der denkt, er braucht Geld und/oder Macht, am besten beides. Der meint, er muss Frauen kaufen oder seinen mächtigen Einfluss einsetzen, um das fehlende etwas – das Lachen - ersetzen zu können. Denkt er. Dann lachen alle mit ihm, schon weil sie müssen und dürfen. Alle lachen mit Menschen, die reich und oder mächtig sind. Ich weiß das seit Shakespeare.
Es ist aber ein anderes Lachen. Es ist so, als ob man einen gewollten Liebesakt mit einer ungewollten Vergewaltigung vergleicht. Sex ist nicht gleich Sex. Das wäre ja noch schöner. Es ist etwas völlig anderes als das, was einem eine Frau schenkt, wenn man sie zum Lachen gebracht hat. Diese offenbare Zuneigung, diese Aufmerksamkeit, die einem zuteil wird. Ups – sie lacht. Aber das scheint vielen erst mal egal zu sein. Die glauben, lachen ist lachen. Dabei wissen wir, dass dem nicht so ist. Die denken, sie wären witzig. Wirklich. Dabei hören und spüren sie nicht, dass dieses lachen eigentlich keins ist.
Das Lachen einer Frau sagt alles darüber aus, wie weit oder wie nah man ihr ist. Ganz nah oder sehr weit entfernt. So nah, wie man es sich innig wünscht oder leider noch in weiter Ferne. Nur das Lachen sagt alles darüber aus, ob man auf dem Weg ist, von dem man träumt.
Frauen verraten sich nur beim Lachen. Sonst ist mir nichts aufgefallen, was Aufschluss darüber gibt, ob man dem eigentlichen Ziel auf der Spur ist. Wenn man eins hat. Alles andere ist nebensächlich. Nichts wert. Unwichtig. Nur das Lachen einer Frau sagt alles aus. Auch Respekt erfährt man im Lachen von Menschen.
Somit haben es Männer besonders schwer, die es nicht fertig bringen, Frauen zum lachen zu bewegen. Besonders schwer ist noch nett ausgedrückt. Ausweglos. Die würden leer ausgehen. Somit haben diese Männer sich eine parallele Welt geschaffen, um nicht leer bzw. alleine ausgehen zu müssen. Und diese prägt das Bild unseres Planeten. Unser Planet ist geprägt durch Männer, die Frauen nicht zum lachen bewegen können, durch Männer, die humorlos sind. Nicht witzig. Das ist nicht witzig.
Verrückt. Wenn wir also die Welt zu einer noch besseren verändern wollen, dann müssen wir denen helfen, die es nicht schaffen oder fertig bringen, Frauen zum echten Lachen zu bringen. Denn ist jemandem mal aufgefallen, was herzhaftes lautes authentisches Lachen bedeutet? Man ist schutzlos ausgeliefert. Wer lacht, kann sich nicht verteidigen. Er liefert sich dem anderen vertrauensvoll aus. Somit ist Lachen ein deutliches Zeichen. Eines der wichtigsten, die der Mensch aussenden kann. Denn man lacht nur von Herzen, wenn man dem Anderen nah ist oder sein will. Sonst gibt es nichts zu lachen. Die Art des Lachens sagt alles darüber aus, wie nah man sich ist. Beim Lachen gibt man seinen Selbstschutz auf. Über das Lachen signalisieren wir unsere Nähe oder Distanz zu einer Person.
Lachen in Gegenwart von Macht und Geld klingt anders. Völlig anders. Es ist das nützliche Lachen. Es ist das materialisierte Lachen. Es ist das Lachen, um zu gefallen. Es ist das Lachen, um nicht unangenehm aufzufallen. Um sich einen Vorteil zu verschaffen. Um sich in Szene zu setzen. Um das Gefühl zu haben, dazu zu gehören. Um einen Nutzen daraus zu ziehen. Es hat nichts mit den Menschen zu tun sondern es ist ein zweckgebundenes egoistisches Lachen. Es ist nur eine Art von Lachen. Eine Abart. Es ist das laute Lachen über schlechte Witze, dumme Geschichten und über andere Menschen. Ein Lachen, das Überlegenheit zum Ausdruck bringen soll, das die Dominanz sichtbar machen soll. Man glaubt schon fast, dass der Humor immer schlechter wird, damit dies zum Ausdruck gebracht wird. Schaut her, wie reich und mächtig ich bin, die lachen alle bei so schlechtem Humor.
Es könnte also sein, dass es immer nur darum geht, dass Männer Frauen wollen. Und dass die Welt, in der wir leben, von diesem triebhaften Umstand angeheizt wird. Dem Umstand, dass einige Männer Frauen beim besten Willen nicht zum selbstlosen, ehrlichen, herzlichen Lachen bringen können. Und dafür der ganze Aufwand und Umstand?! Ach du meine Güte. Aber dies ist nur so ein Gedanke. Ich hoffe, es lacht einer darüber.
Freitag, 16. November 2007
Die fleißigen Bienchen
Unser System ist voller fleißiger Bienchen. Singles. Völlig verlassen von der Hoffung nach so etwas wie einer funktionierenden Beziehung. Man hat sich verworfen und überworfen mit seiner Familie und dem Familienglück. Man lebt allein. Und dabei zufrieden.
Kinder? Nein danke! Eine Beziehung – bloß nicht! Eine Wochenenden bei den Eltern? Mir graust es! Da liegt man lieber im Wohnzimmer und verschlingt ein Buch nach dem anderen. Bei einer guten Tasse Tee. Kühlschrank auf. Kühlschrank zu. Fernseher an. Fernseher aus. Blick auf das Telefon. Wenn könnte man mal anrufen? Oder wer hat mich eigentlich schon lange nicht mehr angerufen.
Die Gläser könnte man mal polieren. Da ist ja echt viel Staub drauf. Die Post. Die Post könnte man holen. Nein, nicht am Wochenende. Könnte was übles drin sein, dann ist das ganze Wochenende dahin.
E-Mails checken, das könnte man mal machen. Siehe da, 5 neue, 4x Spam und 1x Job. Dann kommt wieder Montag und die freiwillig gewollte Einsamkeit hat ein jähes Ende. Man kann sich wieder voll in seine Arbeit stürzen. So ohne Anbindung ist man der ideale Mitarbeiter. Man kann ja eigentlich immer und immer alles verschieben. Der perfekte Mitarbeiter.
Der durch nichts gestört und abgelenkt wird. Weniger krank und viel flexibler als die Anderen. Was soll man sonst auch machen. In der Wohnung erwartet einen ja niemand. So macht man seine Reisen, alleine oder mit jemandem aus dem Freundeskreis.
Die schlimmste Zeit ist die Winterzeit. Weihnachten, Neujahr und auch der drohende immer wiederkehrende Geburtstag. Es sind die Tage, an denen man unweigerlich mit so etwas wie inniger Gemeinschaft konfrontiert wird, auch wenn man es nicht aushält. Der Job läuft gut, denn man ist eben fleißiger als all die Anderen. Aber sonst ist es schon seltsam.
Die Zeit läuft und läuft. Tagein, tagaus. Einer wie der andere. Man wird älter und wenn man so lange alleine ist, dann hat man sich in seinem eigenen Leben eingerichtet. So eng, dass da keine Luft für jemand anderes mehr ist. Dieses völlig unbeobachtet sein in seinem eigenen Leben macht einem schon mal zu schaffen. Das Gefühl, nicht wahrgenommen zu werden.
Dabei hat man doch so viele Interessen. Die Musik. Das Kochen. Das Reisen. Das Malen... Und so vieles mehr. Man hat so viele Interessen, dass einem nicht langweilig wird. Man hat sich eine Vollbeschäftigung verordnet. Die Freizeit ist minutiös durchgeplant, damit man nicht zu oft auf sich selbst und seine Einsamkeit stößt.
Langeweile gibt es nicht. Es gibt immer was zu tun. Man ist ja fleißig. Ein fleißiges Bienchen. Der perfekte Mitbürger. Steuerklasse 6. Konsum aus Einsamkeit. Alles in Ordnung. Sogar auf die Voruntersuchungen freut man sich, weil diese Abwechslung ins Leben bringen. Manchmal denkt man sich, wie es wohl wäre, wenn man eine schlimme Krankheit hätte. Wer sich alles um einen rührend kümmern würde. Bei dem Gedanken wird einem ganz anders und man betet, dass hoffentlich nichts ist.
Emotionen. Die holt man sich in passenden Dosen aus den dafür geeigneten Medien. Traurige Musik. Fröhliche Filme. Anrührende Bücher. Schockierende Nachrichten. Alles da, um sich wenigstens als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen.
Und ab 5.00 Uhr morgens liegt man dann hellwach im Bett und die Gedanken machen einem Angst, schüren Befürchtungen, lassen Schlimmes erahnen. Kleinigkeiten stampfen wie Elefanten über das Gewissen. Da steht man lieber gleich auf, als sich weiter mit diesen Gedanken zu plagen, obwohl man schon um 21.00 Uhr den Abend zuvor eingeschlafen ist.
So macht man weiter und weiter, als fleißiges Bienchen. Und mit dem Honig versucht man, das Beste daraus zu machen. Allein. Bis auf weiteres.
Donnerstag, 15. November 2007
Wo bitte geht es zur nächsten Falle?
Du steckst in der Falle. Nur in welcher, ist die Frage. Es gibt da einige. Und Einige stecken sogar in mehreren. Nicht wenige führen ein Leben wie in einer Zwickmühle. Aber das Leben in der Falle scheint nicht so schlimm, dass wir es um jeden Preis in der Welt ändern wollen. Im Gegenteil, die Einstellung lautet: Die anderen ja – ich nicht. Oder auch schön ist: Ich komm da jeder Zeit raus, wenn ich will.
Die schlimmsten Fallen sind:
1. Beziehungsfalle
2. Familienfalle
3. Schuldenfalle4. Vermögensfalle
5. Schuldgefühlfalle
6. Suchtfalle
7. Machtfalle
8. Rechthabereifalle9. Angstfalle
10. Geltungsdrangfalle11. Überheblichkeitsfalle
12. Minderwertigkeitsfalle13. Größenwahnfalle
14. Gleichgültigkeitsfalle15. Gutgläubigkeitsfalle
16. Habgierfalle17. Triebfalle
18. Intelligenzfalle19. Dummheitsfalle
20. Unaufmerksamkeitsfalle21. Mitteilungsunfähigkeitsfalle
22. Interesselosigkeitenfalle23. Panikfalle
24. Stressfalle
25. Launenfalle
Das ist nur eine kleine Auswahl von Fallen, in die man täglich, stündlich, jeden Augenblick treten kann. Und es werfe der mit dem ersten Kommentar nach mir, der nicht selbst von einem Fettnäpfchen ins andere tritt und dabei regelmäßig bei den persönlichen Favoriten wieder und wieder vorbeischaut.
Es ist okay, geradezu menschlich, aber es offenbart auch unsere Fehlbarkeit und zwar nicht ab und zu, sondern mitunter ständig. Somit fragt sich der Laie und der Fachmann staunt, was macht der Mensch eigentlich fehlerfrei oder wenigstens so, dass man sich keine Sorgen machen muss? Mir fällt da auf Anhieb nichts ein, außer, dass sich Sorgen machen auch zu einer Falle werden kann, zur Sorgenfalle. Wie auch vieles bis alles andere, was man immer und immer wieder falsch anpackt.
Aber wir haben ja noch Zeit und zeitgeschichtlich gerade mal 30.000 Jahre rumprobiert. Somit lässt das ja für die nächsten, na sagen wir mal 250.000 Jahre hoffen. Also, wo bitte geht es zur nächsten Falle?
Tempolimit
Das ist jetzt aber sehr hilfreich, wenn mich ein Mercedes-Sprinter mit 186 km/h von der Mittelspur rammt. Eigentlich waren es ja nur 134 km/h. Soll mich da nicht so anstellen! Blöd, wenn der Wahlinder Rangar Yageshwar zeigt, dass ab 100 km alle Sicherheitssysteme wie Airbag, Gurt oder Knautschzone zu dem mutieren, was sie bei hohen Geschwindigkeiten sind: Salz-in-die-Augen-Streuer der Politik und Industrie.
Neben Nepal ist Deutschland das letzte Paradies dieser Erde, wo man(n) noch ungehemmt seine Pferdestärken auf den Asphalt bringen darf. Wobei es im Himalaja eher eine theoretische Frage sein dürfte, ob die nächste Serpentine noch 130 verträgt.
Die 80-jährige Gehirnwäsche unserer Regierungspartei, der Autolobby, zeigt Wirkung. Unser aller Existenz steht auf dem Spiel, wenn wir unsere 2-Tonnen-Geländewagen und 280- Km-Spitze- Boliden nicht mehr auf unseren Teststrecken von A1 bis A9 ausfahren dürften. Kein amerikanischer Filmstar würde jemals mehr einen Porsche kaufen, der nicht zuvor bewiesen hätte, dass man auch heute noch die Avus mit 220 Stundenkilometer bewältigen kann.
Wem sollten wir Deutsche zujubeln, wenn nicht ein finnischer Fahrer in einem englischen Auto, aber mit deutschem Geld Weltmeister einer Veranstaltung wird, die so sinnlos ist, wie die samstägliche Autopolitur. Da rasen erwachsene Männer 300 Kilometer mit größtmöglichem Spritverbrauch in speziellen Hochgeschwindigkeitsmaschinen, nur um nach einundeinhalb Stunden dort anzukommen, wo sie zuvor losgefahren sind.
In den aktuellen Werbespots der Autoindustrie mutieren ihre inzwischen alle gleich aussehenden Karossen zu märchenhaften Einhörnern, die auf leeren Küstenstrassen dahincruisen. Unser aller Traum von Freiheit und Abenteuer, Weite und Heldentum.
Wie kann man diese pittoreske Idylle nur stören wollen? Mann ist, was er fährt.
Wozu denn noch den 120.000 Euro- Schlitten leasen, wenn mich ein sturer Pfälzer auf der verzweifelten Jagd nach Wählerstimmen einbremsen will? Wo sollen denn die Japaner ihre Jamabuzzi oder so ähnlich, das Motorrad, das über 300 km/h schafft, ausfahren können? Dann sollen doch die Chinesen und Koreaner unsere Fabriken übernehmen. Dann lohnt sich doch das Leben eh nicht mehr?
Es ist übrigens nur ein Gerücht, dass BMW in München jetzt zurückschlägt. Die europäische Transportaufsicht wird dafür bezahlt, die S-Bahn so effektiv zu stören, dass wieder mehr Kunden genervt aufs Auto wechseln. Trotzdem merkt man schon die Wirkung: Letzte Woche habe ich mit dem Auto für die 75 Kilometer von Rosenheim zurück nach München zwei Stunden gebraucht. Mensch, Söder! Nicht einmal rechnen kannst du. Das waren nie im Leben 134 km/h!
Dienstag, 13. November 2007
Schalt den Turbo ein
Ist es übermittelt, dass im Laufe der Evolution eine Schnecke schon mal zu spät kam? Wir sprechen da über einen Zeitraum von ca. 20.000.000 Jahre. Bei Studien aller mir vorliegenden Unterlagen habe ich keinen einzigen Hinweis darauf gefunden, nur dass die Schecke sich im Schneckentempo zur artenreichsten Tierart gemausert hat. Es sollen so um 43.000 verschiedene Arten sein.
Eigentlich unvorstellbar. Wenn man bedenkt, dass unsere Welt sich vor allem dadurch auszeichnet, dass alles immer schneller gehen muss. Ich habe auch keine Unterlagen dazu gefunden, inwieweit Schnecken Stress empfinden oder ob diese überhaupt an Herz- Kreislaufkrankheiten sterben können.
Übereinstimmung mit dem Menschen gibt es auch. So kommt die Schnecke am besten voran, wenn sie ordentlich Schleim hinterlässt. Das ist dem Menschen bekannt, mit einschleimen geht es oftmals besser voran. Die enge Beziehung zum Eigenheim haben auch beide gemeinsam. Aber sonst ist da nicht viel.
Die Schnecke lebt also 500mal länger als der Mensch auf diesem Planeten und es gibt 42.995 mehr Arten als beim Menschen. Und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Über 70% aller Weichtiere sind Schnecken. Der Mensch macht unter den Säugetieren weitaus weniger aus. Der Mensch vergrößert seinen Anteil unter den Säugetieren eher dadurch, dass er andere zum aussterben bringt.
Aber zurück zum eigentlichen Thema. Tempo. Geschwindigkeit. Unser hetzen, jagen und rasen wirkt angesichts dieser Tatsachen lächerlich. Ein Leben im Schneckentempo wäre viel erstrebenwerter, weil schöner, lockerer, gesünder und angenehmer. Das Leben würde nicht so an uns vorbeirasen, sondern wir könnten es viel intensiver erleben.
Eigentlich machen die Schnecken uns erfolgreich vor, dass Geschwindigkeit bei weitem nicht den Stellenwert hat, den wir Menschen ihr einräumen. Obwohl es sicher die eine oder andere Schnecke gibt, die sich schon mal beeilt oder die es eilig hat. Aber der Unterschied zwischen einer dahinschlendernden Schnecke und einer, die es wirklich eilig hat, ist mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen.
Wer sich mal die Zeit nimmt und über Geschwindigkeit ernsthaft nachdenkt, der kann sich das Lachen nicht verkneifen. Denn wenn alles schneller ist und geht, um wie viel schneller kommt man dann wo an? Am Lebensende? Da mach ich mal lieber langsamer.
Wir könnten von den Schnecken viel lernen. Die von uns - nichts. Aber wir haben ja keine Zeit.
Montag, 12. November 2007
Über die ganz anderen Menschen
Wie oft habe ich diese Äußerung schon vernommen. Was in sich schon den eigentlichen Hinweis darauf enthält, dass es hier mit der Individualität nicht weit her ist und man es sich in der Konformität richtig nett gemacht hat.
Die Wohnungen und Häuser sind voller Menschen, die ganz anders sind. Dabei kann man sie unmöglich auseinanderhalten. Man müsste mehr auf Nuancen achten. Winzige Details. Wie bei eineiigen Zwillingen.
Die Menschen fühlen sich wohl in der Konformität. Man ist wie die anderen. Wie alle anderen. Und kann trotzdem aus sicherem Konformitätsabstand behaupten, ganz anders wie die anderen zu sein. Warum nur? Warum die ganze Mühe – anders sein zu wollen – wenn man offensichtlich gleich sein will.
Die Anpassung als oberstes Prinzip in der Evolution für die Sicherung des Fortbestandes hat einen emotionalen Gegenspieler, die Individualität. Der Wunsch, so sehr man selbst zu sein, sich so nah zu sein, dass daraus etwas ganz unverwechselbares individuelles entsteht, ist nicht gering und wächst an.
Ob Frau Müller oder Herr Maier an der Hotline ist doch völlig egal. Menschen haben sich selbst zu Funktionswerkzeugen degradiert. Namenlos und gesichtslos. Man funktioniert wie eine Maschine. Man läuft eben einfach rund. Wie die vielen anderen Maschinen. Man ist so genau wie Maschinen und so zuverlässig. Der Mensch strebt geradezu danach, die Perfektion einer funktionierenden Maschine zu haben. Kein Wunder, dass er dabei seine Individualität verliert.
Man ordnet sich unter und ein. Man passt sich an. Man gehört dazu. Man gleicht einem Ei wie dem anderen. Damit scheint die Chance am größten zu sein, unerkannt zu bleiben und so besser durchzukommen. Lieber ein Grashalm von Millionen sein als ein Pilz, der aus der Wiese der Konformität herausragt.
Soweit so gut. Aber der Gegenspieler der Individualität hat auch einiges zu bieten. Und das wird immer interessanter und erstrebenswerter. Der Unterschied wird zunehmend anziehender. Die Ecken interessanter. Die Kanten bewundernswerter. Das Leben in der Konformität ist auch ein Leben in der Anonymität. Das unter- und abtauchen zeigt auf Dauer seine Nebenwirkungen. Immer mehr Menschen wollen etwas anderes, als das was gerade ist. Sie wissen nicht was und sie wissen nicht wie, wann und warum. Aber das Bestreben, etwas zu verändern wächst. Spürbar.
Die individuelle Klasse entsteht. Entwickelt sich. Vergrößert sich. Und vieles an diesen Menschen ist völlig anders als das Verhalten der Menschen, die man im Allgemeinen so kennt. Denn das Bewusstsein hat das Denken und damit das Handeln verändert.
Der wirkliche Individualist würde von sich nie behaupten, einer zu sein. Er bemerkt es nicht mal so richtig. Denn er spürt dieses Defizit, dass ein Konformist verspürt, nicht. Dessen Sehnsucht, irgendwie anders zu sein. Die sich vor allem darin ausdrückt, alles zu unternehmen, um anders zu sein. Was sich in der Regel nur in Äußerlichkeiten ausdrückt. Er sammelt Symbole der Individualität um sich, was der Individualist nicht tun würde.
Somit ist es wie in einer Geistesheilanstalt. Diejenigen, die behaupten verrückt zu sein, die schickt man nach Hause. Hingegen dürfen diejenigen in einem Zimmer für lange Zeit Platz nehmen, die voller Überzeugung von sich behaupten, völlig gesund zu sein.
Die Gefängnisse sollen auch zum überwiegenden Teil voller Unschuldiger sein. Somit liegt es in der Natur des Menschen, dass er von sich behauptet zu sein, was er nicht ist. So einfach kann kompliziert sein –wenn man es weiß.
Also ist die Gegenteilsannahme betreffend einer Behauptung oft die bessere und die richtigere. Schon verrückt. Aber ich kann nichts dafür – ich bin unschuldig.
Freitag, 9. November 2007
Hamsterräder
Wenn man der Mehrheit der Medienberichte trauen möchte, haben mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer weder Spaß an ihrem Job, noch Loyalität zum Arbeitgeber. Das ist zwar durchaus beabsichtigt, aber immer wieder eine Schlagzeile wert. Man hält ja schließlich das Rad am Drehen.
Nimmt man einen Querschnitt der Medien, besteht unser Leben ohnehin nur noch aus Hartz IV, Preiserhöhungen, Minijobs, zu teurer Pflege mit unbezahlbarer Alterspyramide, Terrorverdacht, steigenden Benzinpreisen, Umweltkollaps und Angst vor Jobverlust.
Dafür essen und trinken wir in unserer Freizeit zu viel, fliegen mit Ozonkillern nach Malle, statt auf eine Urlaubswoche zu verzichten. Sollen aber bitte die neue, deutsche Limousine XRS 7.2 i kaufen, weil sonst noch mehr Arbeitsplätze nach China abwandern müssen. Sollen dankbar für die abnehmenden Nettolöhne mit längeren Arbeitszeiten sein, weil diese Maßnahmen unsere Jobs sichern helfen, die unsere Freunde in den Parteien auch noch mit unseren Steuergeldern anfüttern, damit wir die 220 anderen, indirekten Steuern bezahlen können.
Unsere Kinder bekommen statt Bildung Angst vor der Zukunft, aber auch Casting-Shows, die zeigen sollen, dass man nichts können muss, weil man sowieso ein Star wird. Die Mädchen haben entweder Untergewicht, weil sie Model werden wollen oder sind zu dick, weil sie zu klein sind. Die Jungs werden entweder Profifußballer und brauchen deswegen gar kein Abitur oder sie gehen später sowieso in die Medien, werden Boygroup, Beckham oder Politiker.
Wir bekommen als Entschädigung „panem et circenses“ vorgesetzt, allerdings nur in kleinen Dosierungen. Die volle Dröhnung heißt Premiere und ist auch noch kostenpflichtig. Die öffentlich rechtlichen Geldverschwender erhöhen sich jährlich die Zwangsgebühren, weil sie ihren Bildungsauftrag mit Volksverdummenden Jodelshows oder Talkrunden nachkommen müssen. Dafür zeigt die bunte Yellow Press täglich als Belohnung unsere Idole wie Paris Hilton, die fürs Partygehen bezahlt wird oder zugedröhnte Rockmusiker, wie sie wieder eine Moderatorin oder silkonverstärkte Schauspielerin abschleppen. Entschuldigung, die Moderatorinnen werden ja von den Wirtschaftskapitänen geentert.
Schöne, moderne Welt? Es gibt Lösungen: Fernseher aus und ab ins Kino, mehr Fahrrad statt Auto, mehr Buch statt Zeitung. Statt zur Wahl ein Wochenende nach London. Freude an der Arbeit statt Trübsal. Aufgaben für andere übernehmen. Freunde und Familie. Sport und Spiel.
Zum Trost: Wir müssen alle sterben. Wenn es stimmt, was so erzählt wird, kommen wir entweder ins Paradies oder es erwarten uns 72 Jungfrauen. Was bekommen die Frauen? Na, egal. Der FC Bayern wird auch nächstes Jahr wieder Meister, selbst wenn wir arbeitslos geworden sind. Die CSU bekommt in Bayern 50% plus X, auch wenn der Huber persönlich jeden Tag meinen Rechner durchsucht. Also kein Grund zur Panik.
Und für alle, die jetzt noch zweifeln, hier meine ultimative und einmalige Lösung für Sie persönlich. Ich verrate hier die Lottozahlen vom kommenden Samstag: 7, 11, 13, 20, 42, 48 Superzahl 3.
Schönes Leben noch ab kommender Woche!
Donnerstag, 8. November 2007
Ausweichtaktik
Leider hat sich in vielen, fast allen Bereichen unserer Gesellschaft die so genannte Ausweichtaktik breit gemacht. Ein Beispiel dazu: Eine Person hat Zahnschmerzen auf der linken oberen Seite. So dass es ihr Schmerz bereitet, wenn sie auf dieser Seite versucht, etwas zu essen. Was macht diese Person? Sie isst auf der rechten schmerzlosen Seite weiter.
Somit wäre eigentlich anzunehmen, dass jemand mit Zahnschmerzen denselben beseitigen lassen würde, um weiter ordentlich zubeißen zu können. Aber so verhält sich die Gesellschaft nicht. Man weicht dem Problem einfach aus. Soll sich ein anderer darum kümmern. Zu einer anderen Zeit.
Hätte man aber das eigentliche Problem beseitigt, würden nicht die viel größeren Folgeprobleme daraus entstehen. Aber das muss man eben nur geschickt vertuschen. Somit gesellt sich zur schädlichen Ausweichtaktik das Vertuschungsverhalten hinzu. Man tut so, als ob man keine Zahnschmerzen hat und fällt bei dann auftretenden größeren Problemen wie aus allen Wolken.
Warum diese Taktik? Weil die Zeitspannen immer kürzer werden. Man hat erst keine Zeit, zum Zahnarzt zu gehen. Dann denkt man, das wird schon nicht so schlimm sein. Und wenn der Schmerz weg ist, dann kommt keiner auf die Idee, dass nicht nur der Schmerz weg ist, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der Zahn von uns gegangen ist.
Was dazu führt, dass um den toten Zahn ein neues, wesentlich größeres Problem entsteht. Aber in unserer Gesellschaft sind die Zeitspannen sehr kurz, im Business reden wir von Quartalsbilanzen. Somit ist die provisorische Lösung heute zum Standard gewonnen, weil man die letztendlichen Auswirkungen selbst ohnehin nicht mehr mitbekommt.
Politiker haben die Wahlen im Nacken und so weiter. Geht man also mit dem Anspruch an die Arbeit, in dieser Gesellschaft den ursprünglichen Zahnschmerz – das eigentliche Problem – zu beseitigen, dann trifft man auf taube Ohren. Wenn man aber Lösungen schafft, die nichts kosten, vor allem kein Geld, die da lauten – ja wenn es links weh tut, dann essen sie doch rechts – dann ist der Erfolg unvermeidlich.
In dieser Gesellschaft werden oft keine Probleme gelöst, sondern diese werden einfach auf andere Schultern abgeladen. Bis auch diese das Problem nicht mehr tragen können. Dann findet sich schon der Nächste.
Kurzfristig?! Ja. Aber so ist unsere Zeit. Was ich mich frage ist: Wie kommen all die Menschen mit dieser Welt voller schlechter provisorischer Lösungen klar, die es eigentlich besser wissen? Wie kann man damit leben, wissentlich falsch zu denken und zu handeln? Heilt Geld wirklich diesen Schmerz?
Man müsste die Wirkungszeiträume verlängern. Unternehmensbilanzen nur noch alle drei Jahre erstellen. Gewählte Vertreter müssten rückwirkend wie Architekten und Statiker in die Verantwortung genommen werden können – Manager übrigens auch – wenn eine Konstruktion sich als provisorisch und schädlich herausstellt, obwohl eine bessere Lösung dagewesen wäre.
Diese Ausweichtaktik ist für unsere Gesellschaft sehr ungesund. Oder wie man im Pott sagt: Billig kann ich mir nicht leisten, das kommt mir nachher zu teuer. Das gilt nicht nur für billig, sondern auch für provisorisch.
Mittwoch, 7. November 2007
Befindlichkeiten
Wie oft kommt es vor, dass sich gute Beziehungen plötzlich verschlechtern? Unmerklich zuerst. Ein kleines Körnchen, das die tragende Oberflächenspannung mindert. Dann immer schneller, weil kleine Körnchen einsam sind und sich vermehren, schneller als die einsamen Schäfchenwolken am purpurblauen Sommerhimmel. Es klumpen sich mehr und mehr Körnchen aneinander, so lange bis ein so großes Korn entstanden ist, dessen Schwerkraft größer ist als die Kraft der Oberflächenspannung. Und da: Plötzlich macht es „plumps“ und das große Korn wird vom Wasser verschluckt. Aus ist es mit der anfänglichen Idylle.
Ist es nicht so ähnlich mit unseren sich verschlechternden Beziehungen? Da fällt ein achtloses Wort, nicht wirklich böse gemeint, aber doch irritierend. Die gute Konvention verhindert eine sofortige Rückmeldung im Sinne von: „Als ich mir deine Bemerkung anhörte, konnte ich für mich noch eine andere Bedeutung heraushören. Ist es das, was du mir sagen wolltest?“
Meistens wird etwas geschluckt, um die gute Stimmung (sic: Oberflächenspannung) nicht zu trüben und schon liegt das Körnchen da, das letztlich alles auslösen wird. Noch schwieriger wird das Ganze, wenn man sich die Körnchen gar nicht wirklich bewusst macht. Sondern lediglich eine Trübung spürt, ohne konkret die Ursache zu lokalisieren.
Das führt mich aber jetzt erst zum eigentlichen Thema: Ich stelle fest, dass die Trübungstoleranz doch sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Bedingt durch die verschiedenen Kommunikationsebenen, auf denen wir senden und deren Empfang individuell auch äußerst sensibel einzustellen ist.
So gibt es bekanntlich Leute „die das Gras wachsen hören“, ein nicht unbedingt auf ein gutes Gehör zu schließen lassendes Sprichwort.
Ein Beispiel möge das verdeutlichen. Frage ich meinen Freund: „Gehen wir ins Kino?“, sagt der, er habe keine Lust, schon etwas vor oder komme mit. Frage ich meine Freundin, kann es passieren, dass ich plötzlich eine Lawine lostrete. Vor allem wenn meine Frau das mitbekommt. Aber Spaß beiseite. Die Freundin kann z.B. antworten: „Immer bestimmst du, was wir am Samstag machen“. Oder: „Nie fragst du mich, was ich möchte“. Oder dergleichen unerfreuliche Dinge.
Da haben sich also schon ein paar Körnchen angesammelt. Umgekehrt kann es aber auch sein, dass die Freundin mal wieder das Gras wachsen hört und lediglich ihrer eigenen Unsicherheit Ausdruck gibt. Ich hatte Freundinnen, die mir sowohl bei einem gehaltenen als auch ausgebliebenen Anruf die gleiche Szene machen konnten. Bis ich bemerkte, dass es gar nicht um mich ging. Das dauerte allerdings gute 40 Jahre.
Seitdem gehe ich mit den Befindlichkeiten meiner Mitmenschen deutlich entspannter um. Indem ich nämlich a) eine sofortige Rückmeldung gebe, b) nicht auf alles reagiere, c) nicht alles auf mich persönlich beziehe und d) die jeweiligen Befindlichkeiten registriere, sie aber nicht zu meinen mache.
Zu guter Letzt noch ein Hinweis, der jetzt aber vielen Befindlichkeiten auf den Schlips treten wird. Es hat mir geholfen, mich selbst nicht für so furchtbar wichtig zu halten, nicht alles auf mich zu beziehen, über mich selbst lachen zu können und andere so zu nehmen, wie sie sind.
Wenn Sie also Trübungen in Ihrer Oberflächenspannung wahrnehmen, könnte es sein, dass sie Ihren Befindlichkeitsregler zu sensibel eingestellt haben. Es liegt bei Ihnen.
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