Donnerstag, 29. November 2007
Ich will aber! Nur so geht es! Nun versteht doch mal oder was!?
Die Wege zum Ziel sind zahlreich und verändern sich ständig. Sie sind wie Wasserwege, die sich den Weg zu ihrem Ziel, der Mündung suchen. Nicht jedem sind alle möglichen Wege bekannt. Somit gehen viele nur die Wege, die ihnen bekannt sind. Und das sind bei vielen leider nicht zahlreiche Wege sondern nur sehr wenige Wege. Meist gibt es nur einen und denselben. Einfältig.
Denn so unterschiedlich die Ziele sind, so unterschiedlich sind auch die Wege, auf denen man wandeln müsste, um diese auch zu erreichen. Und dabei muss man ständig auf dem Weg auch noch bereit sein, denselben zu verlassen, die Richtung zu ändern. Das mögen viele nicht. Die wollen einen 4-spurigen asphaltierten Weg zum Ziel.
Wie kann man auf Wegen wandeln, die man nicht kennt? In dem man sich ständig und immer von anderen Wegen ein Bild macht. In dem man den Weg beim gehen erkennt, weil man genau hinsieht. Und wenn dieser oder jener einem besser erscheint, einfach den anderen besseren Weg einschlägt.
Denn wer am Ziel ist, hat immer einen erfolgreichen Weg beschritten, egal welchen. Somit scheitern die meisten Vorhaben daran, dass die Verantwortlichen auf nur einem oder immer demselben Weg vorankommen wollen.
Da kann man nichts machen. Ganz im Gegenteil. Da darf man nichts machen. Alles verändert sich, aber die Wege dorthin sollen immer dieselben bleiben. Das ist doch unsinnig. Aber einfältige Menschen sind ebenso einfältig, wenn es darum geht, diese zu belehren. Vielfältige Menschen muss man nicht belehren. Die kommen einem auf einem neuen Weg ganz von selbst entgegen.
Somit beschäftigt sich ein Großteil der Wirtschaft damit, Ziele zu erreichen, auf Wegen die nicht mehr funktionieren und deshalb nicht mehr gangbar sind. Und dann wundern sich alle, wo man rauskommt bzw. steckenbleibt und warum nichts voran geht.
Das geschieht so lange, bis jemand den neuen Weg beschritten hat - erfolgreich - obwohl das eigentlich nicht geht. Aber das wusste der nicht. So ein Pech.
Mittwoch, 28. November 2007
Geständnisse
Ich fürchte, es ist schon zu spät. Vermutlich sind mir Beckstein & Co. schon auf die Schliche gekommen. Aber ich gebe es hier und heute öffentlich zu: Ich verweigere die Werbung!
So, jetzt ist es raus. GEZegnet sei vorsorglich die Stelle, die dafür sorgt, dass ich mich dem Konsumrausch nicht so einfach entziehen kann.
Wenn ich fernsehe, ist mein wichtigstes Instrument die Fernbedienung. Kommt ein Werbeblock, ist der Ton schneller aus als ich in die Küche gehen kann. Oder ins Büro, ins Badezimmer oder was man halt sonst in den 7-8 Minuten so macht. Interessant ist auch der Vorschlag von Vera F. Birkenbihl, die Werbeunterbrechungen zu nutzen, um sich weiter zu bilden. Bei der Menge der sinnlosen Berieselung schafft man eine neue Fremdsprache vermutlich in vier Wochen.
Aber bei mir geht es noch viel weiter. Wird einmal ein Film angekündigt, den ich nicht im Kino gesehen habe, der mich aber interessiert, programmiere ich meinen Video-Rekorder. Jawoll, trotz Dauerprospekten in den Zeitungen, die ich beim Zeitungskauf immer sofort ausschüttele, bin ich standhaft geblieben und brauche keinen DVD-Spieler. Asche auf mein Haupt.
Ich nehme auch keinen Kredit einer Online-Bank auf, von denen es den Briefen nach zu urteilen inzwischen Hunderte zu geben scheint, sondern ich bezahle bar, wenn ich etwas brauche. Dafür habe ich zuvor gespart. Natürlich nicht auf einem Sparbuch, das nur den Banken Geld bringt, sondern in Aktienfonds, Aktien oder Festverzinslichen: Nein, auch eure Werbeanrufe, die inzwischen als Umfragen getarnt daherkommen, höre ich mir nicht an. Ich will keine Steuern sparen. Abgesehen davon, dass man Steuern höchstens senken, nicht sparen könnte. Ich zahle gern Steuern, bedeutet es doch, dass etwas zu versteuern da ist.
Ich will auch nicht mit Günther Jauch um 5 Millionen Euro spielen, weil die Frage „Wer wird Millionär“ sowieso schon lange beantwortet ist: Günther Jauch ist Millionär. Beim letzten Goldrausch am Klondyke brachten es die zu etwas, die Schaufeln und Proviant verkauften, nicht die Goldsucher.
Im Supermarkt kaufe ich nichts von den in den Gang gestellten Eye-Catchern. Und probieren will ich auch nichts. Ich habe einen Einkaufszettel, ich schäme mich. Dabei schaue ich auch noch, was die Ware pro Kilo kostet und bücke mich notfalls. Auch gehe ich nicht rechts herum und widerstehe den Backdüften am Eingang, weil dort nur mit künstlichen Aromen etwas vorgetäuscht wird, was mein Bäcker, dessen Adresse ich niemanden verrate, noch handwerklich zustande bringt.
Ich glaube nicht daran, dass meine Potenz abhängig ist von der Automarke, mit der ich fahre. Allerdings weiß ich aus Erfahrung, dass Bewegung sie fördert. Deshalb fahre ich viel Fahrrad, vor allem wenn die Tankstellen ihre Preise am Wochenende heraufsetzen. Es tut mir leid, liebe Multis: Ich tanke dienstags und nie vor Feiertagen oder Ferien. Und natürlich weder Shell noch Aral, sondern ausschließlich bei freien Händlern.
Ich war neulich nicht bei der neuen Saturn-Eröffnung in Berlin. Da gehe ich nämlich nie hin. Wer die Werbemillionen so rausknallt, wird das verkraften können. Auch trinke ich weder Warsteiner, Jever noch Krombacher, allein deswegen, weil sie mich bei den Sportübertragungen so abturnen. Hoffentlich bleibt Augustiner standhaft und macht weiterhin keine Werbung.
Ich nehme auch nicht an den Bonusaktionen der Supermärkte teil und will keine Zugaben zu meinen Einkäufen. Wollte ich ein neues Service, würde ich es mir kaufen. Auch werbe ich keinen neuen Abonennten um den Judaslohn eines iPods. Und, Steven Jobs wird es verkraften, das iPhone löst bei mir kein Jucken in der Tasche oder sonst wo aus. Im Gegenteil. Ich telefoniere mit dem Handy vielleicht fünfmal im Jahr.
Weiterhin gebe ich zu, dass ich die Sportschau immer erst fünfzehn Minuten vor Schluss einschalte, weil dann Bayern kommt. „Wetten dass“ schaue ich gar nie an. Und wirklich ganz furchtbar: Am Freitag habe ich überhaupt nicht Fernsehen geschaut. Es tut mir leid.
Dienstag, 27. November 2007
Die erbärmliche Wahrheit, die ganze beschissene Wahrheit über einen Großteil der Werbung
Die gute Nachricht: Sie ist in der Form im Endstadium, denn sie ist verkommen zu Taschenspielertricks. Wer fällt auf mein Angebot rein? Die Zeit der großen charmanten, intelligenten, stilvollen, humorvollen Verführung ist längst vorbei. Extreme Manipulation ist angesagt, Werbedröhnung statt Werbebotschaft. Der Werber ist zum Dealer der Konsumgesellschaft verkommen und seine Drogen, die er an den Konsumenten bringen soll, sind in der Regel schlecht. Der Respekt, den die Gesellschaft dem Werber zollt, ist unterirdisch. Diesem Beruf nachzugehen, ist in den Augen vieler eine echte Schande. Man sollte besser was sinnvolleres mit seinem Leben anfangen, anstatt betrügerische Werbefeldzüge auszuhecken. Aber wie bei den Drogen, es gibt eben viel Geld zu verdienen. Oder sagen wir besser, es gab viel Geld zu verdienen. Das liebe, gute alte Geld. Auch an dieser Stelle muss es als Ausrede herhalten.
Wie konnte es soweit kommen? Was um Himmels willen hat die Werbung dazu gebracht, so schlecht und wirkungslos zu werden? Ganz einfach – die Habgier der werbetreibenden Unternehmen. Und die eigene Habgier natürlich. Und die Selbstüberschätzung. Und die völlige Unterschätzung des Konsumenten auf ganzer Linie. Der denkt ja! Der assoziiert ja! Der hat ja eine eigene Meinung! Präferenzen! Der schaltet ab und um! Der schaut weg! Der wirft weg! Der blättert einfach darüber hinweg! Der ignoriert! Der trifft eigenständige Entscheidungen! Wer hätte das gedacht? Dieses dumme Konsumvieh macht, was es will! Darf es das? Wer hat das erlaubt?
Die Briefings der werbetreibenden Unternehmen klingen in der Regel heute noch so wie vor 20 Jahren. Immer mehr Umsatz, immer mehr Bekanntheit, immer mehr Verkäufe, immer mehr Menschen am Point of Sale - immer mehr. Qualitativen Traffik. Nachhaltigen Umsatz generieren. Ungestützte Bekanntheit. Der feste Glaube an das ewige Wachstum ist ungebrochen. Wie blöd, abwesend, ignorant und mit falschen Dingen beschäftigt muss man eigentlich sein, um das Ticken der eigenen Zeit nicht wahrnehmen zu können? Von Seiten der Werbetreibenden. Die Werbung selbst sieht das schon lange anders. Sie weiß, dass alles, was sie da macht, nichts bringt, außer den Karren noch tiefer in den Dreck zu ziehen. Die Werber sind da wie die japanischen Walfänger, bis zum letzen Wal. Na und, solange ich über die Runden komme. Aber das ist mit Drogendealern eben so. Die wissen nur allzugut, dass Drogen ungesund sind und dass ihre besten Abnehmer in der Regel auf der Strecke bleiben. Aber was soll man da machen? Macht man es nicht selbst, macht den Dreck ein anderer. Schlechtes Gewissen? Nein, keine Spur. Drogen sind in der Regel ja natürliche Produkte, wie schlechte Ideen. Der Markt verlangt ja danach. Und einer muss es eben tun.
Der Werber macht es ebenso. Er will auch leben. Hat auch Träume. Will sich auch was leisten können. Also macht er genau den Mist, den sein Kunde bestellt. Und er liefert ihm den Mist auch noch. Immer verbunden mit der Gewissheit, dass es nachher wieder an ihm liegt, dass es mal wieder nicht funktioniert hat. An die Prügel hat er sich gewöhnt. Auch an das schnelle kommen und gehen von Kunden. Keiner will Schuld sein, also ist es immer der Werber.
Anstatt aber die Richtung zu wechseln, wird einfach die Dosis erhöht und die Botschaft gestreckt, immer und immer wieder, bis hin zur völligen Wirkungslosigkeit. Früher war das anders, da gab es ein Niveau. Um mitmachen zu dürfen, musste man das erreichen. Heute gibt es nicht nur kein Niveau mehr, sondern dieses sollte man am besten erst gar nicht mitbringen. Die Kreativabteilungen von Werbeagenturen und die Marketingabteilungen von Unternehmen haben somit den Level dieser Vormittagstalkshows erreicht. Das muss man wohl als Endstadium einer langen verherrenden völligen geistigen Umnachtung beschreiben.
Die Kultur, der Anstand, der Respekt, alles das hat sich in Selbstgefallen aufgelöst. Der Konsument wird der Länge nach verarscht. Marketingleiter lassen sich miese kleine Tricks einfallen, wie Konsumenten in seine Falle tappen könnten. Diese Tricks sind so dumm wie übel wie wirkungslos. Zudem zerstören sie sukzessive weiter das so wichtige Vertrauen. Ganze Märkte werden geopfert für einen Deal. Ganze Branchen werden ruiniert für wertlose Marktanteile. Und der Werber setzt diesen Schwachsinn auch noch um und in Szene. Immer lauter. Immer aufdringlicher. Immer peinlicher. Immer erbärmlicher.
Wo man früher noch höflich um Aufmerksamkeit gebeten hat, wird man heute angebrüllt, tätlich angegangen, für blöd verkauft. Es ist durch und durch ideenlos und wirkungslos. Es ist nicht mehr zeitgemäß. Und es ist am Menschen, den es gilt zuerst zu erreichen, um den Käufer in diesem Menschen zu erreichen, komplett vorbei gedacht.
Das verrückteste ist nur, dass die Macher immer noch glauben und überzeugt sind, dass dies der einzige Weg ist, den Wert immer mehr verringern, die Leistung immer mehr zu schwächen, die Kosten stetig nach unten zu schrauben. Sie sind bis auf weiteres auf einem Minimierungstrip, der hoffentlich am Ende zum Ergebnis hat, dass sie sich selbst wegrationalisiert haben, dass sie sich wie Eiswürfel in einem Glas in ihrem eigenen Schwachsinn aufgelöst haben.
Wie gerne würden viele Werber wieder Ideen ins Leben rufen. Aber niemand fragt sie ernsthaft danach sondern nur, wie man eine nächste überflüssige Konsumwelle auslösen kann, die wie alle anderen wieder im Sand verläuft. Es ist eine schwere Zeit für ernsthafte Strategen, Gestalter und Ideengeber. So lange ich dabei bin, die schwerste. Aber ich halte das aus, weil ich überzeugt bin, dass nach dem langen Nichts wieder etwas kommt und im Mittelpunkt stehen wird – die Idee.
Mittwoch, 21. November 2007
Siegermentalität
Die Verteilung von Willens-, Durchsetzungs- und Vorstellungskraft ist sehr unterschiedlich. Was wir im Sport oft bewundern, setzt sich im wirklichen Leben 1:1 fort. Die Sprüche sind alle bekannt. Die Bücher sind alle geschrieben. Die Berater haben alle Vorträge schon in der Tasche. Aber trotzdem kommt es immer anders, als alle denken.
Warum? Warum kann man Erfolg nicht planen und umsetzen? Warum scheitern alle Versuche, mit Sicherheit erfolgreich zu werden, zu sein und zu bleiben? Warum ist nur Scheinerfolg von Dauer? Also, Erfolg mit unlauteren Mitteln herbeigeführt. Und warum ist echter Erfolg so dünn gesät?Die Werkzeuge sind bekannt, die Regeln ebenso. Alle trainieren und trotzdem ist der Output unübersehbar unterschiedlich. Alle haben wirklich alles getan, alles berücksichtigt. Aber das Ergebnis ist niederschmetternd.
Was ist das wirkliche Geheimnis des Erfolges? Ich glaube, es ist wie oft im Leben sehr einfach. Nicht nach Erfolg streben ist die beste Vorraussetzung, erfolgreich zu werden. Den Erfolg hintenan zu stellen. Ich bin überzeugt, wer unbedingt Erfolg will, der ist schon auf dem Holzweg. Auch wenn er mit aller Gewalt den Erfolg erzielt, wird sich dieser nicht so anfühlen, wie man es erhofft hat. Ganz im Gegenteil, meistens ist Erfolg zu teuer erkauft. Wie im Sport.
Aber es gibt sie, vereinzelt überall. Die Erfolgreichen, die es eigentlich nie wirklich sein wollten. Die an einer Sache gearbeitet haben. Die sich in den Dienst einer Sache gestellt haben. Denen der persönliche Erfolg nicht so wichtig war wie das gemeinsame Vorankommen. Die Menschen um sich versammeln können, welche die vor allem fehlende emotionale Komponente mitbringen. Die immer nach einer Verstärkung suchen. Es gibt Menschen, denen ist mehr an einer Sache als an persönlichem Erfolg gelegen.
Und das sind die besten Voraussetzungen, um extrem erfolgreich zu werden. Es ist überraschend zu sehen, wenn man sich mit solchen Menschen mal austauscht, dass diese nur an der Sache, an einer Sache interessiert sind und sich selbst nur als ein Teil in einem riesigen Puzzle sehen.
Die veröffentlichte Meinung braucht Leader, Heros, Einzelkämpfer. Wer wirklich erfolgreich ist, weil wie lächerlich das ist, etwas auf eine Person herunter zu dampfen. Aber das kann man besser verkaufen, in Szene setzen, veröffentlichen. Es hat somit immer den Anschein, dass Erfolg etwas sehr persönliches ist, so eine Art Alpha-Tier-Qualität.
Die Darstellungsdimensionen unserer Medienwelt schaffen da einen großen Irrtum. Auf Titelseiten passt eben nur ein Gesicht. Preise verleiht man eben immer nur an eine Person. Alle sind Einpersonendimensional. Ein Interview kann man nur mit einer Person führen. Und so weiter. Somit stehen der Wirklichkeit von Erfolg die Darstellungsmöglichkeiten unserer Medienlandschaft im Wege. Und alle glauben, sie sind es, sie allein, welche den Erfolg produzieren. Es wäre nur die Aufgabe an einen selbst, mehr Willenskraft, mehr Durchsetzungskraft, mehr Überzeugungskraft allein aufbringen zu können über einen längeren Zeitraum als alle im Wettbewerb und dann sei man selbst am Ziel – erfolgreich.
Nein man ist alleine. Und die meisten am Ende.
Erfolg, echter Erfolg sucht sich seine Kandidaten schon selbst aus. Die können das gar nicht verhindern. Erfolg ist wie ein Bach, der mit anderen Bächen zu einem Fluss zusammenläuft, der sich zu einem Strom verbindet. Das mündet unweigerlich in dem, was man gemeinhin wirklich als Erfolg bezeichnen würde. Das Glück, eine oder seine Sachen so gut gemacht zu haben, dass einem dafür nach seinem Gefühl übergebührend Wertschätzung entgegen gebracht wird. Was das Lebensglück, das man ohnehin schon empfindet, zudem auch noch zusätzlich vergoldet. Was man nicht als notwendig ansieht, aber respektvoll in Kauf nimmt. Erfolg macht Menschen dankbar, hilfsbereit und bescheiden.
Sonntag, 18. November 2007
Alles Freier
Ich denke, so denken eventuell viele Frauen aus dem horizontalen Gewerbe. Da über einen Zeitraum alle möglichen Männer kommen, wird man den Gedanken nicht mehr los. Alle Männer sind potentielle Freier. Aber diese geistige Fehlleistung passiert auch anderen.
Im Laufe der Jahre sehen viele nur noch Freier. Keiner sieht mehr den eigentlichen Menschen. Sondern nur noch den Nutzen. Den Bedarf. Es gibt nur noch Käufer. Interessenten. Zielgruppen. Von den Menschen redet keiner mehr. Sondern, was sie verdienen oder nicht. Kommen sie als Käufer in Frage?
Jeder wird somit zum potentiellen Käufer. Versicherungsvertreter sehen in jedem Menschen einen möglichen Abschluss. Die Frage ist nur welchen? Viele Vertriebsformen und Organisationen sehen schon lange nicht mehr den Menschen.
So sieht dann auch die Kommunikation aus. Sie konzentriert sich auf das Wesentliche. Kaufen? Die Distanz, die dadurch zum möglichen Käufer entsteht, wird größer und größer. Die Verbindung zum Menschen ist längst abgerissen.
Was macht der Verkäufer? Er bietet billiger und lauter an. Um Käufer für sich zu gewinnen. Die sich sukzessive von dieser Art der Ansprache nur noch abgestoßen fühlen. Was macht der Verkäufer? Er bietet noch billiger an und noch lauter? Und so geht das weiter.
Das Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer ist schwer beschädigt. Die Käufer fühlen sich belästigt und bedrängt. Sie fühlen sich belogen und hintergangen. Und das alles nur, weil es in keinem Moment mehr um eine Begegnung zwischen Menschen geht.
Dabei wäre der Weg so einfach. Aber es sieht ihn kaum einer. Alle suchen nach den Tools, die aus Nichtkäufern Käufern macht, egal wie. Aber immer in dieselbe Richtung.
Man schaue sich mal den Automobilmarkt an. Oder DSL, Handy, Strom und so weiter. Jeder redet nur noch von sich, wie billig er ist. Und wie toll sein Angebot. Und siehe da, nichts passiert. Und alle wundern sich. Dabei ist das Einzige, was denen einfällt, die Schrauben noch enger anzuziehen. Mit dem immer demselben Ergebnis.
Viele Marketinginstrumente haben sich längst überholt. Sie haben längst ausgedient. Sie funktionieren nur nicht mehr, sondern sind geradezu erbärmlich. Man nehme sich mal als Fallbeispiel die Autohaus-Sonderschauen vor. Jeder Hersteller veranstaltet sie bis zu vier Mal im Jahr. In jedem Autohaus. Es gibt etwa 5.000 Autohäuser in Deutschland. Das macht 20.000 Orte, in denen Sonderschauen stattfinden.
An und bei denen nichts von dem passiert, was dort eigentlich passieren soll. Aber niemand stoppt den Wahnsinn. Sondern alle machen mit und alle machen weiter. Wer mir nicht glaubt, der sollte mal selbst eine Sonderschau bei einem beliebigen Händler besuchen. Es ist erbärmlich, was sich dort abspielt.
Und was in Autohäusern nicht funktioniert, dass funktioniert auch in anderen Märkten und Branchen nicht mehr. Weil man nur den potentiellen Käufer sieht und nicht mehr den Menschen. Somit fühlt sich der Mensch davon auch abgestoßen. Und somit kann der Mensch nicht zum Käufer werden.
Also, erst den Menschen erreichen, dann einen möglichen Verkauf erzielen. Anders geht es nicht. Und anders wird es auch nicht gehen. Somit helfen nur Ideen, mit denen man in erster Linie die Menschen wieder erreicht. Dann könnten auch Ziele wieder in Erfüllung gehen.
Freitag, 16. November 2007
Ein Telefon ist ein Telefon ist ein Telefon ist ein Telefon - oder?
Seit dem 09.11.2007 kann man in Deutschland, nein nicht den neuen Harry Potter auf Deutsch lesen, sondern das neue, sensationelle, unglaubliche Apple iPhone erwerben. In Köln öffnete deswegen ein cleverer Händler schon um 00:01 Uhr seine Pforten. Wie das Geschäft lief, ist mir bis heute Abend noch nicht zu Ohren gekommen. Wir werden es aber sicher bald wissen.
Was ist denn an dieser Geschichte so toll, fragen Sie sich? Das werde ich Ihnen erklären. In Vertriebsschulungen hört man immer mal wieder die alte Geschichte eines Schuh-Herstellers, der seinen besten Verkäufer in ein Land in Ostafrika schickte, um herauszufinden, ob es dort einen Markt gäbe. Nein, berichtete der, als er zurückkam. Kein Markt. Alle laufen dort barfuss herum. Der Schuh-Hersteller tat nun zwei Dinge. Als erstes entließ er seinen besten Verkäufer und gründete dort zweitens eine Niederlassung. Was gibt es einen besseren Markt für einen Schuhhersteller als ein Land, in dem alle barfuss gehen?
Hier hatten wir einen gegenteiligen Markt. Einen gesättigten Markt. Alle Menschen haben mindestens ein oder zwei Handys. Die zur Jahrtausendwende wie die Pilze aus dem Boden geschossenen Handyläden gingen ein wie die Primeln. Die Handys gab es umsonst. Die Tarife bröckelten auf breiter Front. Und heute? Da kommt einer, Steven Jobs, der ein Handy auf den Markt wirft, das 399,- Euro kostet. Dessen ungeliebter Vertragspartner seinen Kunden einen 24-Monatsvertrag aufdrängt und 39 Cent pro Gesprächsminute abknöpft. Und was machen die Kunden? Sie kaufen wie die Wilden.
Nein, das iPhone kann nichts, was es nicht schon lange und viel billiger gäbe. Telefonieren, Internetzugang, iPod, eine schwache 2-Megapixel-Digicam und eine gute 8 Gig Speicherkarte sind nicht wirklich der Reißer. Gut der Touchscreen ist wirklich gelungen, die Verpackung ist schick. Und schön flach ist das Teil auch. Aber Hand(y) aufs Herz, liebe Strategen. Wärt ihr die Verantwortlichen gewesen, daran hätte keiner geglaubt.
Was nämlich funktioniert, ist das Bild hinter dem Produkt, der Glaube hinter der Marke. Das hat Charisma, dem wird geglaubt. Und natürlich der topmodernen Klaviatur des Marketing. Keine teueren Kampagnen, keine Zielgruppendifferenzierung, kein Elevator-Pitch und kein TV-Spot leisten das, was Apple leistet. Die Jünger sprechen. Die Mac-User, die weltweite Kreativgemeinde, die Blogger. Das Web trägt die Botschaften und die Käufer glauben die Signale und strömen herbei.
Nicht um das Produkt geht es, nicht um den Preis oder den Nutzen. Es geht um ein Gefühl. Einen Duft. Es geht um die Idee.
Dienstag, 6. November 2007
Beschaffungskriminalität
Wenn ich mit anderen Menschen über das Geld verdienen, das Arbeiten und deren Beschäftigungen und Tätigkeiten rede, kommt mir das im überwiegenden Maße immer wie Beschaffungskriminalität vor.
Der Anteil der Entschuldigungen und Ausreden ist prozentual und proportional sehr groß. Wie eine Studie unlängst belegt, sind 70% mit ihrer Arbeit unzufrieden und zusätzlich haben 17% innerlich schon gekündigt. Das macht 87% Unzufriedenheit aus. Das ist viel, sehr viel. Das ist ein volkswirtschaftlicher Schaden von ungeahntem Ausmaß.
So erhalte ich Freitagnachmittags Anrufe mit dem Inhalt – Überlebt; Endlich Freitag...usw. Und Montag Morgens: Oh mein Gott, ich habe keine Lust....usw.
Aber die Rechtfertigungen sind eigentlich viel spannender als immer wiederkehrende Gefühlsbeschreibungen. Ich kann nicht anders. Ich muss. Das Geld. Die Verpflichtungen halten einen dazu an, das zu ertragen. Obwohl der Ausgleich offensichtlich nicht funktioniert. Denn 2 Tage Samstag und Sonntag gegen 5 Tage in Unzufriedenheit können das schon numerisch nicht kompensieren. Da helfen dann auch die Urlaube nicht mehr. Denn diese offenbaren einem ja noch viel mehr, was man sich da Tag für Tag, Woche für Woche antut.
Muss?! Nun gut.
Dann gibt es da noch die Träumer. Die einem ständig vergewissern, dass sie das alles nicht brauchen. Obwohl sie es verabscheuen, bleiben sie aber dabei und dran. Denn sie könnten ja anders. Wenn sie wollten. Immer und sofort. Aber passieren wird nichts.
Und es gibt noch eine dritte Gruppe. Die auf dem Absprung. Das sind diejenigen, die einem jedes Mal ein neues Ausstiegskonzept oder Übergangskonzept erklären. Die immer auf dem Sprung in ihr eigentliches Leben sind. Im Laufe der Zeit fällt denen aber nicht auf, dass sie den Traum vom Sprung weitaus mehr pflegen, als den Versuch, es wirklich zu tun.
Das Potential, ein Leben lang einer Tätigkeit nachzugehen, die man selbst nicht wertschätzt, mit dem Argument "man muss", ist sehr groß. Somit kann man zwar die Miete zahlen und alles andere. Ist eventuell sozial abgesichert. Erreicht sogar einen gesellschaftlichen Status. Ermöglicht sich ein materiell sorgenfreies Leben. Aber der Preis scheint hoch. Zu hoch, würde man sonst über nichts anderes nachdenken, sich austauschen.
Schade, denke ich. Sehr schade. Aber wenn man in die Materie mal vordringt, liegt diese Unzufriedenheit oft nicht an der Sache. Sondern vor allem an allem anderen, was nichts direkt mit der Sache zu tun hat. Das frühe Aufstehen. Das lange Arbeiten. Das ständige Reisen. Das oft weg von den Lieben sein. Das Umziehen. Das Mobbing. Der Stress. Die Politik. Der totale Kontrollverlust. Dass andere über einen entscheiden können. Dass man nur ein kleines Rädchen in einem riesigen System ist. Dass der Verlust von Freiheit einfach schmerzt. Dass Sicherheit nicht gegeben ist. Dass die Gesundheit darunter leidet, wie die Familie, die Freunde bis hin zu den Bekannten.
Ich finde, das sind alles gute Ansatzpunkte für eine bessere und modernere Führungskultur. Wenn man alle diese Aspekte betrachtet und berücksichtigt, dann geht es letztendlich wieder nur, oder viel mehr, um die Sache. Und das ist es, worum es geht. Die Sache.
Würde man alles, was diese Unzufriedenheit begünstigt, sukzessive beseitigen, hätte das eine unglaublich positive Auswirkung auf die Volkswirtschaft. Viele wären zufriedener bis hin zu glücklicher.
Die Frage ist nur, ob sich das auch in Zahlen und Produktivität ausdrückt, 100 zufriedene und glückliche Mitarbeiter. Welchen Faktor erreichen diese im Gegensatz zum herrschenden Gegenteil, 86% Unzufriedenheit?
Somit scheint bewiesen – Geld allein macht nicht glücklich. Der Spaß an der Beschaffungskriminalität ist dann doch zu gering. Wandelt man den in Beschaffungslust, sieht das Ergebnis sicher ganz anders aus. Alles, was aus Lust und Liebe entsteht, ist von einer anderen Qualität. So viel ist mal sicher.
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