Freitag, 9. November 2007
Hamsterräder
Wenn man der Mehrheit der Medienberichte trauen möchte, haben mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer weder Spaß an ihrem Job, noch Loyalität zum Arbeitgeber. Das ist zwar durchaus beabsichtigt, aber immer wieder eine Schlagzeile wert. Man hält ja schließlich das Rad am Drehen.
Nimmt man einen Querschnitt der Medien, besteht unser Leben ohnehin nur noch aus Hartz IV, Preiserhöhungen, Minijobs, zu teurer Pflege mit unbezahlbarer Alterspyramide, Terrorverdacht, steigenden Benzinpreisen, Umweltkollaps und Angst vor Jobverlust.
Dafür essen und trinken wir in unserer Freizeit zu viel, fliegen mit Ozonkillern nach Malle, statt auf eine Urlaubswoche zu verzichten. Sollen aber bitte die neue, deutsche Limousine XRS 7.2 i kaufen, weil sonst noch mehr Arbeitsplätze nach China abwandern müssen. Sollen dankbar für die abnehmenden Nettolöhne mit längeren Arbeitszeiten sein, weil diese Maßnahmen unsere Jobs sichern helfen, die unsere Freunde in den Parteien auch noch mit unseren Steuergeldern anfüttern, damit wir die 220 anderen, indirekten Steuern bezahlen können.
Unsere Kinder bekommen statt Bildung Angst vor der Zukunft, aber auch Casting-Shows, die zeigen sollen, dass man nichts können muss, weil man sowieso ein Star wird. Die Mädchen haben entweder Untergewicht, weil sie Model werden wollen oder sind zu dick, weil sie zu klein sind. Die Jungs werden entweder Profifußballer und brauchen deswegen gar kein Abitur oder sie gehen später sowieso in die Medien, werden Boygroup, Beckham oder Politiker.
Wir bekommen als Entschädigung „panem et circenses“ vorgesetzt, allerdings nur in kleinen Dosierungen. Die volle Dröhnung heißt Premiere und ist auch noch kostenpflichtig. Die öffentlich rechtlichen Geldverschwender erhöhen sich jährlich die Zwangsgebühren, weil sie ihren Bildungsauftrag mit Volksverdummenden Jodelshows oder Talkrunden nachkommen müssen. Dafür zeigt die bunte Yellow Press täglich als Belohnung unsere Idole wie Paris Hilton, die fürs Partygehen bezahlt wird oder zugedröhnte Rockmusiker, wie sie wieder eine Moderatorin oder silkonverstärkte Schauspielerin abschleppen. Entschuldigung, die Moderatorinnen werden ja von den Wirtschaftskapitänen geentert.
Schöne, moderne Welt? Es gibt Lösungen: Fernseher aus und ab ins Kino, mehr Fahrrad statt Auto, mehr Buch statt Zeitung. Statt zur Wahl ein Wochenende nach London. Freude an der Arbeit statt Trübsal. Aufgaben für andere übernehmen. Freunde und Familie. Sport und Spiel.
Zum Trost: Wir müssen alle sterben. Wenn es stimmt, was so erzählt wird, kommen wir entweder ins Paradies oder es erwarten uns 72 Jungfrauen. Was bekommen die Frauen? Na, egal. Der FC Bayern wird auch nächstes Jahr wieder Meister, selbst wenn wir arbeitslos geworden sind. Die CSU bekommt in Bayern 50% plus X, auch wenn der Huber persönlich jeden Tag meinen Rechner durchsucht. Also kein Grund zur Panik.
Und für alle, die jetzt noch zweifeln, hier meine ultimative und einmalige Lösung für Sie persönlich. Ich verrate hier die Lottozahlen vom kommenden Samstag: 7, 11, 13, 20, 42, 48 Superzahl 3.
Schönes Leben noch ab kommender Woche!
Geschrieben von Kai Falkenberg
in Weltberühmtes
um
07:51
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Mittwoch, 7. November 2007
Befindlichkeiten
Wie oft kommt es vor, dass sich gute Beziehungen plötzlich verschlechtern? Unmerklich zuerst. Ein kleines Körnchen, das die tragende Oberflächenspannung mindert. Dann immer schneller, weil kleine Körnchen einsam sind und sich vermehren, schneller als die einsamen Schäfchenwolken am purpurblauen Sommerhimmel. Es klumpen sich mehr und mehr Körnchen aneinander, so lange bis ein so großes Korn entstanden ist, dessen Schwerkraft größer ist als die Kraft der Oberflächenspannung. Und da: Plötzlich macht es „plumps“ und das große Korn wird vom Wasser verschluckt. Aus ist es mit der anfänglichen Idylle.
Ist es nicht so ähnlich mit unseren sich verschlechternden Beziehungen? Da fällt ein achtloses Wort, nicht wirklich böse gemeint, aber doch irritierend. Die gute Konvention verhindert eine sofortige Rückmeldung im Sinne von: „Als ich mir deine Bemerkung anhörte, konnte ich für mich noch eine andere Bedeutung heraushören. Ist es das, was du mir sagen wolltest?“
Meistens wird etwas geschluckt, um die gute Stimmung (sic: Oberflächenspannung) nicht zu trüben und schon liegt das Körnchen da, das letztlich alles auslösen wird. Noch schwieriger wird das Ganze, wenn man sich die Körnchen gar nicht wirklich bewusst macht. Sondern lediglich eine Trübung spürt, ohne konkret die Ursache zu lokalisieren.
Das führt mich aber jetzt erst zum eigentlichen Thema: Ich stelle fest, dass die Trübungstoleranz doch sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Bedingt durch die verschiedenen Kommunikationsebenen, auf denen wir senden und deren Empfang individuell auch äußerst sensibel einzustellen ist.
So gibt es bekanntlich Leute „die das Gras wachsen hören“, ein nicht unbedingt auf ein gutes Gehör zu schließen lassendes Sprichwort.
Ein Beispiel möge das verdeutlichen. Frage ich meinen Freund: „Gehen wir ins Kino?“, sagt der, er habe keine Lust, schon etwas vor oder komme mit. Frage ich meine Freundin, kann es passieren, dass ich plötzlich eine Lawine lostrete. Vor allem wenn meine Frau das mitbekommt. Aber Spaß beiseite. Die Freundin kann z.B. antworten: „Immer bestimmst du, was wir am Samstag machen“. Oder: „Nie fragst du mich, was ich möchte“. Oder dergleichen unerfreuliche Dinge.
Da haben sich also schon ein paar Körnchen angesammelt. Umgekehrt kann es aber auch sein, dass die Freundin mal wieder das Gras wachsen hört und lediglich ihrer eigenen Unsicherheit Ausdruck gibt. Ich hatte Freundinnen, die mir sowohl bei einem gehaltenen als auch ausgebliebenen Anruf die gleiche Szene machen konnten. Bis ich bemerkte, dass es gar nicht um mich ging. Das dauerte allerdings gute 40 Jahre.
Seitdem gehe ich mit den Befindlichkeiten meiner Mitmenschen deutlich entspannter um. Indem ich nämlich a) eine sofortige Rückmeldung gebe, b) nicht auf alles reagiere, c) nicht alles auf mich persönlich beziehe und d) die jeweiligen Befindlichkeiten registriere, sie aber nicht zu meinen mache.
Zu guter Letzt noch ein Hinweis, der jetzt aber vielen Befindlichkeiten auf den Schlips treten wird. Es hat mir geholfen, mich selbst nicht für so furchtbar wichtig zu halten, nicht alles auf mich zu beziehen, über mich selbst lachen zu können und andere so zu nehmen, wie sie sind.
Wenn Sie also Trübungen in Ihrer Oberflächenspannung wahrnehmen, könnte es sein, dass sie Ihren Befindlichkeitsregler zu sensibel eingestellt haben. Es liegt bei Ihnen.
Geschrieben von Kai Falkenberg
in Weltberühmtes
um
08:40
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