Mittwoch, 17. Oktober 2007
Über das Sein. Und das Nichts.
Wer will das nicht. Sein. So sein, wie er ist. Genau so. Aber wie ist man? Was soll man sein? Wer will man sein? Woher weiß man denn, wer man ist? Einfacher gesagt als getan, einfach sein. So sein, wie man ist, ist offensichtlich nicht so einfach. Denn das “Sein“ ist geprägt durch viele Einflüsse. Einige sind uns bekannt, die meisten jedoch nicht. Diese prägen unser Sein aus dem Unterbewusstsein, prägen uns auf das eigentliche “Sein“. Kann man wirklich man selbst sein? Wie soll das gehen? Man ist zu einem Teil ein Spiegelbild seiner Sozialisierung, seiner Umwelt, seiner Gene, seiner Entwicklung, seines Charakter und Persönlichkeit, seiner Stärken und Schwächen. Zudem gesellt sich vieles, was unser Sein bestimmt und beeinflusst, rein zufällig dazu. Also ein geprägtes Sein, was auch anders sein könnte. Die einen entdecken ihr Sein in der Vergangenheit, andere in der Gegenwart und wiederum einige hoffen, ihr eigentliches Sein in der Zukunft zu finden.
Einige mögen ihr Sein, wenn es gut läuft. Andere mögen ihr Sein nicht, weil es schlecht läuft. Das kann sich aber von Fall zu Fall schnell ändern. Was heute noch makellos ist, kann schon morgen voller Fehler sein. Und anders herum.
Dabei könnte jeder so sein, wie er will. Wenn es nicht ein Sein geben würde. Ein ideales Sein. Wenn das Sein, so vielseitig, viel- und tiefschichtig wäre, wie Schneeflocken nie vorgeben dieselben zu sein. Dann sind alle. Auch wenn sie das Gefühl haben, neben den eigenen Schuhen zu stehen oder in denen anderer zu laufen, deren Schuhe eine Nummer zu klein sind oder einige Nummern zu groß. Jeder ist. Ob er will oder nicht.
Viele wollen einfach nur so sein, wie sie sind. Dabei sind sie nicht das, was sie sein wollen. Andere wollen überhaupt nicht so sein, wie sie sind und machen alles Mögliche, um anders zu sein. Mit dem Ergebnis, genau sie selbst zu sein. Die Frage nach dem Sein hat viele Antworten. Unendlich viele. Man kann seinem Sein nicht wirklich entrinnen. Auch wenn man so tut.
Ich würde gerne reich sein. Öfters. Und dann doch lieber nicht. Ständig will ich was sein, was ich nicht bin. Oder nicht sein kann. Oder nicht sein werde. Das ist gut, denn somit kommt man um das eigentliche Sein ganz gut herum. Das eigentliche Sein ist hart. Brutal. Die Wirklichkeit des Seins ist fast unerträglich. Darum wollen alle eigentlich was anderes sein. Oder sind auf der Suche nach dem Sein. Oder dem Sinn des Seins. So zu sein, wie man ist, ist eins der Schwersten. Außer es läuft, dann ist es eines der leichtesten - Leben.
Denn nur ein Mensch auf der Welt weiß wirklich, ob der Schein auch das Sein ist. Man selbst. Ein Zustand, der unglaublich sein muss. Wenn man ganz man selbst ist. In allem, was man denkt und macht. Genau so zu sein, wie man ist. Ist das möglich? Wie soll das möglich sein? So wie man die Wahrheit nie kennen wird. So wie man nie alles wissen kann. Eventuell sollte man die Suche nach sich selbst, nach dem Sinn und so zu sein wie man ist, einfach einstellen.
Wer alle diese Versuche einfach einstellt, der könnte die größte Chance haben, sich näher zu kommen, als mit allen anderen Methoden und Versuchen zuvor. Eventuell liegt die Lösung in dem Nichts zwischen zwei Gedanken. Da wo Meditation anfängt. Sein ist nur ein Gefühl, man selbst sein ein großes Gefühl.
Aber es hat keine Farbe, keine Temperatur und schon gar keinen Wert. Sein ist nichts. Das Nichts spüren und empfinden. Sein könnte alles das sein, wonach wir nicht suchen und streben. Sein könnte alles das sein, was wir nicht materialisieren können. Alles das, was wir uns nicht vorstellen können.
Sein oder nicht sein? Leben oder Tod. Erst der Tod gibt uns die Möglichkeit zu resümieren, dass etwas gelebt hat. Das Sein. Eventuell ist es so großartig, weil es so einfach ist und wir nicht mehr in der Lage sind, es zu erkennen. Es ist das Nichts. Es könnte das Nichts sein. Denn es ist mehr als alles andere. In der Musik ist das Nichts, das was daraus Musik macht. Erst die Stille zwischen den Tönen macht Musik. So ist es auch beim Schreiben. Das, was man nicht liest, ist oftmals überwältigender. Bei großem Design, großer Architektur ist es ebenso. Erst, wenn man nichts mehr weglassen kann, ist es großartig.
Das Nichts macht das Sein großartig. Es ist das Nichts zwischen den Dingen des Lebens. Das Ausatmen, ohne das wir nicht einatmen könnten. Somit müsste das Bestreben der Menschheit nicht nach dem füllen des Nichts ausgerichtet sein, sondern danach, noch mehr großartige Lücken, Löcher und alles andere mit Nichts zu füllen. Wir müssen das gefüllte und überfüllte Nichts wieder entleeren. Und neue Lebensräume mit nichts füllen.
Aber, das ist nur so ein Gedanke von mir. Der muss nichts zu bedeuten haben.
Geschrieben von Christof Hintze
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Dienstag, 2. Oktober 2007
Sucht
Es ist unübersehbar, dass Suchtverhalten vor allem an Stellen eskaliert, an denen man von der ersten Welt spricht. Die Vielfalt der Suchtarten ist dort auch wesentlich größer. Und was noch auffällt, ist die Freiwilligkeit und Freimütigkeit, mit der die Meisten in eine Sucht verfallen. Das Angebot und die Alternativen scheinen nicht so reizvoll zu sein wie das Verfolgen und Pflegen einer Sucht.
Alkohol, Zigaretten, Essen, Arbeiten, Spielen, Drogen, Konsum und so weiter. Der Fächer der Suchtvarianten wächst vor allem in der Ersten Welt. Ich bezeichne mich selbst als Suchtmensch. Denn auch ich bin ein Produkt dieser Umwelt, der ersten Welt. Somit werde auch ich seit über 40 Jahren in Suchtversuchung gelehrt. Das ist eine Warnung an mich selbst. Mich ständig selbst zu kontrollieren.
Suchtverhalten ist für mich irre geleitet Energie. Denn was bei Suchtverhalten beeindruckt ist, welcher Aufwand und welche Energie in die Versorgung der Sucht investiert wird. Aber eben leider destruktiv, anstatt dieselbe Energie konstruktiv zu leiten oder zu nutzen.
Wenn man mal die gesamte Zeit, das Kapital, die Manpower, die Energie nähme, die Menschen in der ersten Welt einsetzen, um ihre Sucht zu versorgen. Wenn man das Alles in konstruktive Prozesse umleiten könnte. Nicht in diese Art der Selbst-, Gesellschafts- und Umweltzerstörung. Das wäre ein Wirtschaftsfaktor von unglaublichem Ausmaße.
Aber Sucht ist auch ein Wirtschaftfaktor, den man leider nicht vernachlässigen darf. Wenn alle aufhörten, ihre Sucht zu versorgen und das alles umleiteten, dass wäre volkswirtschaftlich gesehen eine Katastrophe. Die Menschen würden noch älter werden. Und damit auch viel mehr. Zudem würde die Pharmaindustrie starke Einbußen haben. Ganze Industrien und Branchen würden abrauchen und baden gehen. Die wichtigsten Sponsoren für den Sport würden weg fallen. Und so weiter und so weiter. Man würde das gesamte System umkrempeln. Wer will das schon? Das meiste Geld wird mit der Sucht verdient. Dann kommt das Geld mit der Angst. Und das Geld mit der Lust.
Sucht ist ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Das wissen wir alle, wollen es aber nicht offen wahr haben. Vielleicht bildet Sucht sogar die Grundlage für unser Wirtschaftssystem. Ich weiß, wovon ich spreche: Ich bin als Werber nämlich so eine Art Dealer für die Konsumsucht. Als mir das klar wurde, habe ich mich auf leisen Sohlen von den harten Konsumdrogen verabschiedet und versuche es jetzt mit Genussmitteln in Sachen Konsum. Schweres Geschäft. Denn wer will schon genießen, wenn er auf der anderen Seite konsumieren kann, bis der Arzt kommt? Ich. Ist da noch jemand?
Geschrieben von Christof Hintze
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Montag, 1. Oktober 2007
Normen
Alles was wir tun, orientiert sich an unseren Normen. Jeder hat den ganzen Kopf voller Normen. Die entweder erfüllt werden oder auch nicht. Bei Nichterfüllung tritt Enttäuschung ein, bei Erfüllung so etwas wie Zufriedenheit.
Also geht es meist nicht um richtig oder falsch sondern darum, welche unserer Nomen erfüllt oder verletzt wurden. Es geht nicht um Lüge oder Wahrheit sondern darum, in welcher Übereinstimmung zu meinem Normen steht die Lüge oder die Wahrheit.
Am einfachsten bemerkt man, dass wir uns an unseren Normen entlang hangeln, bei der Moral. Normen sind eine Art Programmierung. Sie entstehen durch das Erlebte. Es gibt Normen, die nehmen wir schon an und auf, wenn wir noch keinen Fuß auf den Planeten gesetzt haben. Sobald wir den ersten Lungenzug Atemluft in uns aufgesogen haben, regnet es unaufhörlich Normen. Von wegen 4 Monate im Jahr, das fängt an mit Dauer-Normen-Regen und hört lange, bis nie mehr auf.
Und mit diesen Normen versuchen wir ein für uns ideales, mit den Normen übereinstimmendes Leben zu führen. Somit leben wir ca. 60 Jahre das, was ein paar Jahre zuvor auf unsere Festplatte als Normen gerieselt ist.
Kann man Normen überwinden? Verändern? Löschen? Erneuern? Ersetzen? Austauschen? Weglassen? Hinzufügen? Probieren Sie es mal. Es gelingt nur sehr wenigen. Und die bezeichnet man im Allgemeinen als verrückt, irre bis hin zu geistig gestört.
Ich würde von mir nie behaupten, dass ich nicht nach meinen Normen lebe. Auch wenn ich diese Zeilen schreibe. Und dass auch mir die Fähigkeit und Bereitschaft fehlt, alle diese Ansprüche an Normen erfüllen zu können. Ganz und gar nicht. Sogar das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Ich komme aus meinen Normen nicht raus, wie alle anderen auch.
Aber ich versuche, mir das bewusst zu machen, dass es an bestimmten Stellen für mich nicht weiter geht oder nicht weit genug, weil da meine Norm steht. Wichtig an dieser Erkenntnis ist ja auch was ganz anderes, das was meist alles an Argumenten, Behauptungen und Fakten ins Feld geführt wurde. Welche Energie aufgebracht wird, um letztendlich doch wieder an einer Norm abzuprallen. Man kann sich viel ersparen und viel gewinnen, wenn man seine Normen kennt und die des Gegenüber erkennt.
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