Freitag, 25. Mai 2007
Haltbarkeitsdatum von Ideen
Das Haltbarkeitsdatum von Ideen ist sehr variabel. Jede gute Idee entfaltet ihre Wirkung, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort, mit den richtigen Menschen umgesetzt wird. Sie selbst kann nichts. Sie kann nicht gehen, nicht sehen, nicht reden. Eine Idee ist nur eine theoretische Annahme. Auch ihre Wirklichkeit bringt sie nicht zum Fliegen. Denn alle Parameter müssen stimmen. Deshalb ist es so wichtig bei guten Ideen zuzugreifen und seinen bescheidenen Teil dazu beizusteuern. Damit diese einmal wirklich abheben und fliegen. Somit sind eine Menge guter Ideen abgestürzt, nur weil sie am falschen Ort das Licht der Welt erblickten. Oder zur falschen Zeit. Oder in falschen Händen lagen.
Um das zu verhindern, müsste es staatlich und wirtschaftlich unabhängige Ideenbewertungsstellen geben. Da sitzen die innovativsten Macher, bekommen ein Schweinegeld und müssen entscheiden, welcher Idee ein Staat, eine Wirtschaft, eine Branche bis hin zu einem Unternehmen nachgehen muss. Zudem sind diese befugt, diese Ideen in allen wichtigen Parametern ins Rennen zu schicken.
Denn was hilft es, wenn eine gute Idee versickert? Dann ist es doch immer besser, jemand bekommt ein angemessenes Stück vom möglichen Kuchen ab. Oder wie ich immer gerne sag : Lieber 1 % von viel, als 100 % von nichts. Das Problem ist natürlich die Gier und der Neid und die Eitelkeit. Aber das muss man doch überwinden können. Man stelle sich mal vor, da sitzt ein Junge, 11 Jahre alt, in Berlin. Und hat eine riesen Idee. Was macht er mit der? Wohin geht er? Wem erzählt er davon und wem besser nicht? Warum kann der sich an keine Stelle wenden, von der wir alle was hätten?
Ich finde, wir sind nicht das Land der Ideen, sondern ein weiteres Land der vergebenen Chancen. Warum nutzen, profitieren und bereichern wir uns nicht an unseren Ideen? Warum versickern diese spurlos? Bleiben in den Köpfen und geraten in Vergessenheit? Über 90 % aller angemeldeten Patente kommen nicht zur Anwendung. Niemand prüft nach, was da dran ist. Für eine Volkswirtschaft. Wir stellen doch unsere Arbeitszeit in Form des Bruttosozialproduktes zur Verfügung. Warum nicht auch das Sinn- und Wertvollste - unser Ideen?
Dieses Feld überlässt man sich selbst. Oder Menschen mit viel Geld und ohne Ideen. VC Unternehmen. Wenn ich was zu sagen hätte, würde ich ein Ministerium gründen, in dem alle aufgefordert sind und eingeladen unser aller Lebensgrundlage zu verbessern, zu bewahren und zu steigern. Kurze Wege, schnelle Entscheidungen. Die richtigen Leute und Geld gibt es auch, wenn eine Idee mal ihre Kraft entfaltet hat.
Bild: Peter von Felbert
Donnerstag, 24. Mai 2007
Die alte Welt
Es ist schon seltsam mit anzusehen, wie die alte Welt versucht, so viel zu bewahren, wie es nur geht. Und wenn schon Veränderung, dann muss so viel gerettet werden von dem was war, wie es nur geht. Dabei geht es nicht um Inhalte, sondern um die Tatsache an sich. Anzüge tragen und Krawatten ist da noch das Geringste. Dabei bietet die neue Welt viel mehr. Viel mehr Individualität, Flexibilität, nicht als Selbstaufgabe gedacht, sondern eingesetzt zum eigenen Nutzen. Viel mehr Verantwortung. Natürlichkeit. Spaß und Entspannung. In der neuen Welt arbeitet die Technik für einen und nicht anders herum. In der neuen Welt geht es nur um Leistung & Ergebnisse und vor allem, wie man dahin kommt und was das Individuum davon hat. Die Dinge werden ins Gleichgewicht gerückt. Mehr Zeit mit der Familie, mit Freunden. Viel mehr Zeit für sich. Kein Alibi-Arbeiten. Keine verschwenderische Präsenzkultur. Man kann die Verantwortung nicht einfach wegdelegieren. Sondern man ist selbst dafür zuständig.
Ich treffe natürlich noch ständig auf Menschen aus der alten Welt. Die tolle Titel verliehen bekommen haben. Und deren Bürostuhl zwei Armlehnen hat und den hohen Rücken, weiter höher geht es kaum. Die ständig auf Flughäfen verweilen und in Hotels irgendwo auf dieser Welt. Die mehr als 20 Mal umgezogen sind im Leben. Die das Handy nie aus den Augen lassen und als erstes morgens und als letztes abends kurz noch mal die Mails checken.
Die alle Abläufe der alten Welt verinnerlicht haben und perfekt beherrschen. Deshalb sind sie da, wo sie sind. Adrett, gut bezahlt und mit noch besseren Perspektiven ausgestattet. Die alte Welt besteht aus Netzwerken, die zusammenhalten wie Armeen. Die sich gegenseitig darum kümmern, das Netzwerk immer in der best möglichen Position zu halten. Etikette wird hier noch groß geschrieben. Spontaneität ist hier eher verpönt. Es macht mehr den Anschein, als ob jemand sich nicht unter Kontrolle hat. In der alten Welt hat alles seine Ordnung und seine Abläufe. Die gilt es unbedingt einzuhalten. Sonst kommt man nicht weit.
Aber der Abgesang der alten Welt hat längst begonnen. Individualisten, Einzelkämpfer und extrem freiheitsliebende Menschen, wollen Erfolg, aber nicht um jeden Preis und vor allem miteinander. Denen ist die Hautfarbe, das Geschlecht, das Alter, denen ist das alles egal. Hauptsache das Ergebnis stimmt und somit die Leistung. Ob im Jogginganzug oder im Anzug, die Toleranz gilt der Leistungsfähigkeit. Alles hat sich dem unterzuordnen. Sich dahinter anzustellen. Maximale Freiheit das, was wirklich zählt. Den Aufwand so klein wie es nur geht. Und das Ergebnis so groß wie möglich. Gewinn definiert sich in der neuen Welt nicht nur durch Geld und Zahlen, sondern auch durch Gefühle, Menschen und Zeit. In der neuen Welt ist der Einzelne mehr auf sich selbst angewiesen. Kein Netz hält ihn, wenn die Leistung ganz und gar nicht stimmt oder das Ergebnis. Der Weg wird frei gemacht für die Leistungsbringer. Weil alle von diesen profitieren. Und das Ergebnis gibt Recht.
Es kommt nur darauf an, was dabei heraus kommt. Der Aufwand schwindet zunehmend und weicht der Lösung. Die Netzwerke zerbrechen, weil sie zu träge sind und Entwicklungen verpassen. Sie zerbrechen nicht, weil sie zerschlagen werden, sondern weil sie sich in Selbstgefallen auflösen. Andere sind um so Vieles besser, dass es der Netzwerke nicht bedarf. In der neuen Welt ist nicht alles besser. Aber es verändert sich alles. Weil sich immer alles verändert hat. Schon komisch zu sehen, wie man dabei förmlich zusehen kann, wie ganze Konzerne den Zug verpassen. Nicht realisieren, dass die Interessen sich gewandelt haben. Aber es ist gerecht. Warum sollten auch immer die Gleichen am Ruder sein? Ist doch schön, dass immer wieder die Karten neu gemischt werden.
Dienstag, 22. Mai 2007
Einen Stein ins Rollen bringen
Das Problem an Ideen ist, dass gute oft Arbeit machen und einen ganzen Stein ins Rollen bringen. Solange man noch keine Idee hat, ist Ruhe im Haus. Die einen können es gar nicht abwarten, einen möglichst großen Stein ins Rollen zu bringen. Die anderen würden sich am liebsten selbst nicht von der Stelle rühren. Somit treffen zwei grundsätzlich andere Voraussetzungen aufeinander. Wobei die eine nichts mit der Sache zu tun hat, die andere umso mehr.
Da kann man sich den Mund fuselig reden. Wenn der andere sich nicht bewegen will, dann braucht der auch keine Idee. Keine andere, keine weitere und schon gar keine neue Idee. So kann es einem passieren, dass man völlig beseelt von einer Lösung und der damit verbundenen Idee auf eine Situation trifft, mit der man nicht gerechnet hat. Das Gegenüber windet sich, wie er nur kann. Er findet das Haar in der Suppe, die Nadel im Heuhaufen und aus dem Stein des Anstoßes wird eine Lawine der Bedenken.
Man selbst denkt unweigerlich, es läge an der Idee. Aber da kann ich Sie beruhigen. In den seltensten Fällen liegt es an der Idee. Meistens liegt es zum Glück nur an den falschen Umständen und Voraussetzungen. Die einen wollen was machen, die anderen ganz und gar nicht.
Hör mal, du hast da ein Tier auf der Brust
Als ich noch jung war, das ist schon eine Weile her, da gab es Polohemden. Polohemden waren zu der Zeit voll im Trend. In den Farben blau, rot und... ich glaube, das war's. Es gab Polohemden von vielen verschiedenen Herstellern. Alle in blau und rot und ... ich glaube, das war's. So weit, so gut. Aber die Polohemden hatten einen entscheidenden Unterschied. Nicht die Farbe. Denn alle waren damals blau und rot und ... ich glaube, das war's. Da gab es welche, die hatten ein kleines grünes Tier auf der linken Brust. Also auf der Seite, auf der man sein Herz trägt. Das saß da. Immer an derselben Stelle. Immer gleich klein und grün. Dieses kleine Tier war immer grün.
Unvorstellbar aber war, wenn man dieses Tier auf der Brust hatte, dann kostete das Polohemd nicht 19,90 DM, sondern 79,90 DM. Das sind in EURO 19,90 EUR ohne und 79,90 EUR mit. In der Herstellung kostet so ein kleines grünes Tier nicht die Welt. Sagen wir mal 0,01 Cent pro Tierchen. Somit ist der Unterschied zwischen mit und ohne wirklich tierisch. Und das Verrückte an der Geschichte ist: Das ist heute auch noch so.
Das ist Marke. So einfach geht das. Man macht ein kleines grünes Tier auf die Brust und verdient 200 % mehr daran als alle anderen. Und alle sind glücklich und zufrieden. Der Handel, der Hersteller und der Träger des kleinen Tieres. Niemand beschwert sich. Ganz im Gegenteil, damals gab es die kleinen Tiere zum Ausschneiden und Aufnähen zu kaufen. Also man hat sich Polohemden für 19,90 DM gekauft und das Tier selbst drauf gemacht. Schon war es in der Augen aller 79,90 DM Wert. Ist doch verrückt. Das Menschen offensichtlich für etwas viel mehr zahlen, obwohl sie nicht müssen. Jetzt kommen sie mir nicht mit Qualität. Der signifikante Unterschied zwischen Polohemden die blau und rot und ...ich glaube, das war's sind, ist never ever 200%.
Das muss Marke sein. Das ist so ein Gefühl, was die Leute unbedingt wollen und wofür sie bereit sind, mehr zu zahlen als nötig. Ein Traum. Das ist doch wunderbar. Das muss man sich mal vorstellen. Keine Argumente, keine Preisstörer, keine unnötigen Informationen. Nur die Gegenwart eines kleinen grünen Tieres - sehen Sie es? Da sitzt es. Da...auf der Brust. Ist nicht mal süß, oder irgenwie besonders. Es ist nur da. Einfach da. Wunderbar.
Foto: Nicole Kengyel
Mittwoch, 16. Mai 2007
Die kleine Nachtmusik
Da wird mir wirklich dunkel vor Augen. Nichts gegen Mozart. Aber das Problem an der Kleinen Nachtmusik ist, dass diese Gemafrei ist. Deshalb ist diese in viele Telefon-Anlagen-Warteschleifen eingebaut. Nicht als Interpretation eines berühmten Konzertpianisten. Sondern in etwa so wie das Keyboard klang bei dem Lied "Da da da" von Trio seinerzeit. Das hat das Klangvolumen eines 1988 Casio Taschenrechners. Das nervt so brutal, dass man es eigentlich beim Abbau der Atomarsenale, Splitterbomben, biologischen und chemischen Kampfstoffen gleich mit verbieten sollte.
Das ist denen bei den Genfer Konventionen damals einfach aus Versehen durchgegangen. Kann passieren. Aber einen solchen Fehler über 30 Jahre nicht mit aller Macht zu korrigieren, das ist echt untragbar. Der Kunde selbst hört seine eigene Warteschleife ja nicht. Ist nur verwundert, dass die Aufträge ausbleiben, verkümmern und absterben. Und dass niemand mehr als 3 x klingeln lässt, um der Tortour zu entgehen.
Das ist Psychoterror von der übelsten Sorte. Da muss was passieren. Ich glaube, wenn eine Partei wie die FDP in ihr Wahlprogramm die Verdammung der Kleinen Nachtmusik und, wo wir gerade dabei sind, auch von Pour Elise, als einen Programmpunkt deklarieren würde, die würde sich über die absolute Mehrheit ganz schön wundern. Da bin ich mir sicher. Ganz sicher. Das gilt im Übrigen auch für die Grünen und alle anderen Parteien.
Mittwoch, 9. Mai 2007
Viel tiefer legen, statt immer höher hinaus
Das mit dem Anspruch und dem Geschmack und diesen ganzen weichen Faktoren ist schon eine Krux. Die meisten entscheiden sich lieber, knapp darunter zu bleiben. Denn immer über den eigenen Erfahrungsschatz zu steigen strengt auf Dauer doch zu sehr an. Der Mensch ist von Haus aus doch eher faul. Somit sind die Angebote, die ihm am liebsten sind, diejenigen, die ihm mundgerecht kostenlos in den Mund flattern. Wem kann man das verdenken? Das heißt, dass die Kultur, die Intelligenz von Kommunikation, so sein muss, dass sich sogar der Dümmste dabei noch unterfordert fühlt.
Bloß keine Kommunikation, die so etwas macht wie kommunizieren, also einen Dialog beginnt. Da erntet man doch nur ein:"Äh?" Angemessene Kommunikation besteht nur aus der Hälfte, also einem Monolog: Kauf jetzt! Es darf nichts, aber auch nichts zu verstehen, geschweige denn zu überlegen geben. Die Menschen müssen so viel kapieren, da können die sich unmöglich noch mit Werbung auseinandersetzen.
Das ist so eine Art geistiger Limbotanz, bei dem die Latte nicht immer tiefer gelegt wird, sondern man diese einfach auf 4 Meter Höhe legt. So dass jeder locker geistig unten durch kommt. Der Werber neigt dazu, alles komplizierter zu machen. Ständig muss der Betrachter was erkennen, zusammenbekommen, verstehen oder, noch schlimmer, wiedererkennen. Dabei soll Werbung doch nur eins: verkaufen. Und zwar viel und davon ständig mehr.
Marke, Marke? Wer kann das ganze Gerde über Marke denn wirklich noch aushalten? Niemand. Wenn man einen Euro übrig hätte, den würde doch jeder in das Verkaufen stecken, nicht noch in die Marke. Oder noch besser gleich in die eigene Tasche.
Werbung soll doch verkaufen, warum denn um Gottes Willen dieses ganze Schöngeistige und Weltverbessernde? Ich sage Euch, nichts kann tiefer genug liegen als die Werbung. Schaut euch doch mal um. Erfolgreich sind alle, die billiger sind: Ikea, Aldi, Mediamarkt, H&M, Lidel, Medion... Und kommt mir jetzt nicht mit den paar Ausnahmen.
Werbung muss verkaufen, sonst nichts. Was nützt mir das, wenn mich jeder kennt und auch noch toll findet, aber mich keiner kauft? Da kennt mich lieber kein Schwein und die wenigen finden mich auch noch total blöde, aber ich verkaufe wie geschnitten Brot. Also, tiefer das Niveau, es geht noch viel, viel tiefer.
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