Montag, 30. April 2007
Kann ich mal Ihren Businessplan sehen?
Wie die Zeiten sich ändern. Früher saßen sich Menschen gegenüber. Der eine hatte eine Idee. Der andere hörte aufmerksam zu. Entweder war er von der Idee überzeugt, oder nicht. Somit war hier Schluss, oder es ging jetzt los. So einfach war das. Heute interessiert sich keiner mehr für eine Idee. Eine Idee?! Was soll das sein? Was ist das? Heute legt man einen Businessplan hin. Und den schaut sich jemand an. Und dann ist entweder Schluss, oder es geht los. In dem Businessplan sind nur Zahlen. Die alle zeigen, wie schnell man wieviel Geld verdienen kann. Und das über Jahre hinaus. Ein Businessplan ist todsicherer als der andere. Denn da steht es doch, schwarz auf weiß. Erfolg auf der ganzen Linie. Das Geschäft? Die Idee? Zu kompliziert. Das versteht doch keiner. Und wer soll und will das alles schon verstehen? Somit müssen nur die Zahlen stimmen. Dann werden plötzlich Dinge realisiert, das glaubt kein Mensch.
So einfach kann man ganz große Geschäfte machen. Bloß keine Idee. Wichtig ist, dass der Gewinn vor Steuern natürlich deutlich über 25 % liegt. Der Return of Investment zum Greifen nahe. Das auf einen solchen Businessplan noch keiner vorher gekommen ist. Früher habe ich wirklich noch gedacht, Ideen würden unsere Welt verändern und mein Leben. Wirklich. Ich dachte, wenn man eine gute Idee hat, dann geht alles wie von selbst. Denn jeder will von einer guten Idee profitieren. Gott, war ich naiv. Bis ich endlich verstanden habe, dass jeder nur seine Ideen umgesetzt sehen will und andere nur dazu dienen, um sie in der Luft zu zerreißen und die eigenen in einem besseren Licht darstellen zu können. Bis ich endlich dahinter kam, dass niemand wirklich ein Interesse hat an Ideen, denn die machen Arbeit, man muss sich bewegen. Und das nicht nur im Geiste. Bis ich dahinter gekommen bin, dass alle wollen, dass ich deren Ideen verwirkliche und niemand wirklich Lust hat, meine Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Bis ich dahinter kam, nicht mehr von Ideen zu sprechen, sondern nur noch von Zahlen. Mensch, das hat gedauert und ich glaube, das hält noch an.
Denn ich kann das einfach nicht glauben. Wie blöd muss man sein, bis die alle dahinter kommen, dass nichts einfacher ist, als einen Businessplan zu schreiben, der alles verspricht, aber komischerweise nichts hält. Aber die fleißigen Businessplan-Schreiber bekommen immer eine ordentliche Scheibe ab. Von der Pleite. Auf zum nächsten Businessplan. Man müsste mal eine Webseite machen, auf der die ganzen Businesspläne von fulminant gescheiterten Investitionen veröffentlicht sind. Wer die geschrieben hat. Was der heute macht. Und wieviel er eingesteckt hat. Dass man ohne Ideen so viel einfacher, so viel mehr Geld verdienen kann, ja, das hätte ich nie gedacht.
Bild: Peter von Felbert
Freitag, 27. April 2007
Hör mal, ich kenn da jemanden
Also, früher war einiges anders. Wenn man da jemandem etwas gesagt hat, oder versprochen, dann hat man das auch so gemacht, oder rechtzeitig Bescheid gestoßen, dass es nicht hinhaut. Dann schlichen sich die Schwätzer, Behaupter und Kenner unter uns. Und die Unsitte der Unzuverlässigkeit verbreitete sich in Windeseile. Ein Mann, ein Wort? Das gibt es so gut wie nicht mehr. Abmachung per Handschlag? Ausgestorben. Zusagen? Abmachungen? Niemand fühlt sich mehr dem gegenüber verpflichtet, was er das so sagt. Das sind nur noch theoretische Annahmen. "Ich ruf dich nächste Woche an!" Dieser Satz bedeutet nichts, aber auch gar nichts. Außer eventuell: "Ich habe auf dich Arschloch jetzt überhaupt keinen Bock und komme so am besten aus der Nummer raus." Schön ist auch: "Wir müssen mal was zusammen machen!" Wenn das einer vor 15 Jahren gesagt hätte, dann hätte man automatisch den Grill angeworfen und zwei Bier aufgemacht. Heute heißt das eher: "Wenn Du denkst, dass ich mir mit Dir Arschloch die Zeit um die Ohren haue, dann hast Du dich aber getäuscht!"
Floskeln über Floskeln überschwemmen das Land. Hinter fast jedem Satz versteckt sich ein fast völlig anderer Hintergedanke. "Das sagt man halt so", höre ich dann oft. Dann gibt es noch weitere unsinnige Formulierungen: "Ich kenn da jemanden!" Das bedeutet: "Die Scheiße kannst du selbst auslöffeln." Oder: "Ich habe keinen blassen Schimmer." Sehr schön ist auch: "Ich habe irgendwo gelesen..." Damit will jemand sagen: Bevor du mir wieder nicht glaubst, tue ich einfach so, also ob irgendein schlauer Kopf das behauptet hätte. Auch gut ist: "Ich bin da dran!" Ha, dass ich nicht lache. Nichts ist passiert, gar nichts, absolut gar nichts. Und so geht das weiter und weiter. Die Welle des Geschwafels ist nicht aufzuhalten.
Das geht so weit, dass man keinen geraden Satz mehr sagen darf, denn den versteht keiner. Bloß nichts Direktes oder Offenes, das verwirrt die Menschen total. Die suchen sofort nach dem miesen Hintergedanken. Ich habe mir im Laufe der Zeit auch eine Floskel zu eigen gemacht: "Gute Idee, ich denk mal drüber nach!" Ist die nicht geil?! Das ist doch der Hammer. Die bedanken sich sogar dafür. Oh, er denkt über meine Idee nach. Vielleicht wird was draus. Dabei habe ich die schon im Kopf entsorgt und direkt in den kleinen Kopfmülleimer hinter dem rechten Ohr geworfen.
Donnerstag, 26. April 2007
Es gibt immer einen andere Ausweg, oder eine andere Richtung
Mittwoch, 25. April 2007
Unglaublich, unmöglich und unvorstellbar
Vor ein paar Tagen erreichte mich eine unglaubliche, unmögliche und unvorstellbare Nachricht. Ein Fußballer namens Messi, hat das Jahrtausend-Tor von Maradona noch einmal geschossen. In der spanischen Liga. Dabei hat es das Attribut "Tor des Jahrtausend" vor allem deshalb erhalten, weil es so einzigartig ist – war.
Vor ein paar Stunden erreichte mich nun eine unglaubliche, unmögliche und unvorstellbare Nachricht: Ein Planet wurde entdeckt, der ähnliche Bedingungen aufweist wie unsere Erde. Temperaturen zwischen 0 und 40 Grad.
Das wollte ich nur allen mitgeben, denen öfters die Bemerkung begegnet: unglaublich, unmöglich und unvorstellbar. Leider fehlt es meist nur an der Vorstellungskraft und daran, dass viel mehr im Bereich des Möglichen liegt als der eigenen Verstand vermuten lässt.
Ansichtssache Urlaub
Früher waren der Urlaub und die darin vollzogenen Reisen ein sehr wertvolles Gut. Nach jedem Urlaub wurden die Nachbarn und Freunde eingeladen zum Urlaubsbilder Schauen. Dabei wurde Knabberzeug und Bier kredenzt. Es waren meist üble Einladungen, vor denen man sich mit allen Mitteln drückte. Denn Urlaubsbilder sind totlangweilig. Also, die Art von Bildern, die es zu 98 % zu sehen gab. Denn diese zeigten meist erst Kalkleichen, dann Brandopfer und dann Körper, die so aussehen, als ob jemand zwei Wochen auf der Sonnenbank gelgen hatte. Der Grad der Tiefenbräune gab Aufschluss über die Urlaubsqualität.
Deshalb hat man sich professionell gebräunt. Damit alle neidisch auf einen waren. Vor dem Urlaub zweimal Sonnenstudio. Grundbräune auftragen. Am Anfang im Urlaub hoher Sonnenschutzfaktor. Dann den Sonnenschutzfaktor sukzessive herunterfahren. Bis man ihn ganz aufgab und durch Bratfett ersetzte. Dabei mit den Haaren so oft ins Salzwasser, wie es ging, damit die Haare völlig ausblichen. Und wichtig, immer dieselbe Badehose. Damit man mit einer Fingerbewegung nach dem Urlaub das Vorher-Nachher-Prinzip verdeutlichen konnte.
Dann brachte man aus dem Urlaub jede Menge Krimskrams mit, das schnell in irgendwelchen Schubladen verschwand. Oder verschenkt wurde. Zudem brachte man meist einheimische alkoholische Getränke mit. Der Wein war unverständlicherweise immer ungenießbar. Obwohl er da unten immer so toll schmeckte. Und bei dem Rest konnte man nur höflich nicken, aber in einem drin brach das große Unverständnis aus. Im Urlaub hat man alles das getan, was zu Hause ja nicht geht. Und dann die Fotos. So konnte man die Nachbarn in unterschiedlichsten Zusammensetzungen und Posen betrachten. Die Bilder hatten alle eins gemein, diese Hackfressen haben immer das Schönste verdeckt. Weil die immer vor allem sich postieren mussten. So beobachetete man beim Fotos Schauen die Bräunungsentwicklung. Sonst nichts. Und wenn der Vorführer noch so oft Situationen als unvergesslich und einzigartig einstufte, davon war nichts zu sehen und zu spüren. Und wie gut ein Essen auf einem Foto gewesen sein soll, entzieht sich meiner Vorstellung. Vor allem, wenn ich Menschen mit nackten Oberkörpern beim Essen zusehen muss. Und die ganzen tollen Menschen, die kennengelernt wurden. Diese irren Typen. Die so einmalig und witzig waren. Voller Lebensgeschichten.
Dabei sah man immer nur angeschickerte Kalkleichen, Brandopfer oder Tiefgebräunte. Die alle so aussahen wie die Typen am Grill bei Mc Donalds, oder Busfahrer oder ...
Jedenfalls wurden die Urlaubsfotos dann technsich gekrönt vom Urlaubsfilm. Super 8. Diese Filme waren wie die Fotos nur länger. Und das Geräusch des Projektors war wesentlich lauter, als der des Diarades. Super 8 Filme waren eine Zeit hoch im Kurs. Der einzige Vorteil war die kürze. Denn die Filme waren ziemlich teuer. Für 10 Minuten Super 8 Film musste man zuvor 3 Stunden Dias schauen.
Bild: Peter von Felbert
Sicherheitslücke
Sicherheit ist vor allem ein Gefühl. Wir fühlen uns besser und wohler in Sicherheit. Wer will schon in offensichtlicher Unsicherheit sein Dasein fristen? Somit umgeben wir uns mit Attributen der Sicherheit. Damit wir dieses Gefühl erlangen, uns sicher zu fühlen. Aber diese Bestreben weist eine Sicherheitslücke auf, denn man hat keine wirkliche Sicherheit. Sondern nur Attribute, die so sind als ob. Das dies so ist, sieht man an den Sicherheitsorganen in unserem Land. Könnten dieses wirklich für Sicherheit sorgen, würde man dann so schlecht damit umgehen? Wohl kaum. Das Vertrauen in unsere eigene Sicherheit ist da fragwürdig, wo sie nicht öffentlich wirksam und populär genutzt werden kann.
So ist jedes Fußballstadion besser geschützt als jeder Bürger in diesem Land. Flughäfen, Politiker, Stars, überall geht Sicherheit über alles. Weil diese Demonstration der Sicherheit auch Macht dokumentiert. Aber in Köln Chorweiler oder Berlin Neuköln ist davon sicher nichts zu sehen. Zudem sind die Menschen, die für unsere Sicherheit sorgen sollen, schlecht bezahlt und schlecht ausgerüstet. Jeder Dieb hat mehr Technik in der Tasche als ein ganzes Polzeipräsidium zur Verfügung. Somit zahlt auch der Staat vor allem für das Gefühl der Sicherheit. Er investiert nicht in die tatsächliche.
Was wiederum unser Sicherheitsbedürfnis anheizt. Was wiederum dazu führt, dass die Alibisicherheit, also die sichtbare, erhöht wird. Somit hat auch hier die leidige Präsenzkultur den Fuß in der Tür.
Bild: Peter von Felbert
Dienstag, 24. April 2007
Vor 25 Jahren war ich gerade...
... ... volljährig geworden. Habe in Windeseile meinen Führerschein gemacht. Damals in der Fahrschule eines Klassenkameraden. Ich glaube, es waren 6 Fahrstunden für 300 Mark, den Rest habe ich weit vorher und währenddessen geübt. Habe mir einen hellblauen VW-Käfer gekauft für 500 Mark. Meine Freundin hieß Silke und war in derselben Klasse wie ich. Wir schreiben das Jahr 1982. Zu dieser Zeit höre ich Commoders, Cool and the Gang und Earth Wind & Fire. Ohne mein Skateboard geh ich nicht aus dem Haus. Das Windsurfen hat mich zudem völlig in seinen Bann gezogen. Das Fußballspielen ist auch noch ein sehr großer Bestandteil meines Lebens. Ich trug entweder Turnschuhe, oder Cowboy Stiefel. Röhrenjeans waren gerade In. Pernod mit Cola auch. Diskotheken waren angesagt. Alien und Star Wars liefen im Kino. Kohl wurde Kanzler. Stolz wie Oskar war ich auf meine helle Lederjacke.
Zurückblickend frage ich mich, wie ich das alles unter ein Dach gebracht habe. Aber die Erinnerungen sind eigentlich wenige und die sind auch noch blass. Dabei bin ich doch 18 geworden. Da müssen doch Sachen passiert sein, an die ich mich ein Leben lang erinnern wollte. Und jetzt habe ich sie vergessen. Schon schade.
Montag, 23. April 2007
Frankfurt ist keine Reise wert
Einen Teil meiner Kindheit habe ich am Taunus verbracht. Es ist der schönste Teil meiner Kindheit. Aber in sicherer Entfernung von Frankfurt. Eine Stadt, bei der die Gegensätze so nah beieinander liegen, dass einem offensichtlich klar wird, dass dies keine Gegensätze sind. Man muss schon aus einem besonderen Gas geformt sein, um in der unmittelbaren Nähe von Frankfurt-Höchst seinen Lebensmittelpunkt zu bestreiten. Und Apfelwein als sein Lieblingsgetränk zu bewerten. Zudem sich in einer Sprache zu unterhalten, die daraus besteht, dass man einfach alle Endungen weglässt. Kann man das überhaupt als Dialekt bezeichnen, oder sollte man das mehr als Sprachfehler sehen? Frankfurt hat meinen Bruder geschluckt. Und er hat es gut gemeint mit der Stadt, aber sie nicht mit ihm. Mein Vorurteile und negativen Urteile über Frankfurt sind sehr lang und gehen sehr tief. Wenn ich nicht unbedingt muss, dann meide ich diese Stadt.
Aber manchmal kommt es eben anders, als man will. So musste ich vor nicht all zu langer Zeit nach Frankfurt. Meine Versuche, nach Wiesbaden auszuweichen, scheiterten am Veto anderer. Somit landeten wir in Höchst. In der ersten Nacht wurden wir durch einen Giftgasalarm aus den Betten gerissen. Ein Feuer ist in einer Chemiefabrik ausgebrochen. Wir sollten vorsichtshalber die Fenster schließen. In unmittelbarer Nähe begannen schon die Vorbereitungen zur Evakuierung. Aber man konnte die Gefahr noch in den Griff bekommen und Herr der Lage werden. Wäre auch schon übel gewesen, wenn meine Mutter in ein und derselben Stadt zwei Söhne verlieren müsste.
Am dritte Tag wurde ins Auto eingebrochen. Beschaffungskriminalität. "Das passiert hier öfters", bekamen wir dann zu hören. Das hätten die mir nicht sagen müssen. Mein Weg nach Frankfurt dauerte mit dem Auto fast 6 Stunden. Zurück bin ich mit dem Auto in 3 Stunden 40 geflohen. Auch das ist ein Zeichen meiner Liebe zu Frankfurt. Aber man muss ja nicht jeden und alles in sein Herz schließen. Es ist auch in Ordnung, wenn man einiges aus dem Herzen verbannt. Denke ich. Jedenfalls habe ich immer ein ungutes Gefühl, wenn es um Frankfurt geht. Tut mir echt leid, Frankfurt, aber Du hast deine Chance gehabt. Wir werden nie Freunde. Und ich nie Ehrenbürger deiner Stadt. Aber ich denke, damit können wir beide leben. Aber meine Befürchtung, dass dein Hunger, Leben zu zerstören, unersättlich ist, ist mir dann doch zu groß. Und ausprobieren will ich es auch nicht.
Freitag, 20. April 2007
Mein größtes Vorurteil
Mein wohl größtes Vorurteil, das ich hege und pflege und von dem ich oberflächlich völlig überzeugt bin, lautet: "Das kriegen die nie so hin wie ich!" Das Dumme an diesem meinem Lieblingsvorurteil gegenüber dem Rest der Welt ist nur: das denken fast alle. Schade. Wirklich schade. Dabei musste ich so hart daran arbeiten, vollends davon durch und durch überzeugt zu sein. Jetzt erscheint es nur noch lächerlich. Somit muss ich mich aufmachen nach einem neuen, schönen Vorurteil.
Wie wäre es denn mit: "Alle anderen haben immer die schlechtern Ideen."?
Donnerstag, 19. April 2007
Jeder mit seinen Mitteln
Alle schütteln verwundert den Kopf, wenn nach außen dringt, was drinnen wirklich abgeht. Dabei möchte ich mal eine Lanze für die brechen, die sich einiger Praktiken bedienen, die einer ganze Republik übel aufstoßen. Zum einen schaut dieselbe Republik auf jeden Medaillenspiegel, aber Doping ist eine Todsünde? Beim internationalen Fußball geht es bei einigen Vereinen offensichtlich mit unlauterem Wettbewerb zu und trotzdem wird man national daran gemessen. Unter dem ständig steigenden Druck immer höher, weiter, breiter, größer, mehr zu erzielen, gehen jedem normalen Mensch schon mal die Mittel aus. Aber hinterherschauen will man auch nicht. Und Jahrhundertalente wachsen nicht an Bäumen. Somit ist der Versuchung, sich unlauterer Mittel zu bedienen, Tür und Tor geöffnet. Und es geht noch weiter, es gilt innerhalb dieser Kreise als völlig normal. Die Frage beim Doping ist nur, wie intelligent ist die Gestaltung, dass niemand dahinter kommt.
Ich möchte mal sehen, was passieren würde, wenn die deutschen Vereins-Fußballmannschaften so lange nicht mehr an Turnieren teilnehmen, bis die betriebswirtschaftlichen Regeln für alle dieselben sind. Oder aus den Börsen dieser Welt sich alle deutschen Konzerne verabschieden, bis auch da für alle Unternehmen dieselben Gesetzmäßigkeiten gelten. Denn in anderen Ländern, so wie auch bei uns, wird der Leistungssport sicherlich ebenso unterstützt, wie die großen Konzerne. Die sogenannten Aushängeschilder. Und wer da die Nase vorne haben will, der muss zu allen Mitteln greifen, die ihm diesen Vorsprung verschaffen. Nur erwischen lassen darf man sich dabei nicht. Das darf um Gottes Willen nicht passieren. Das schlägt schwer in das Kontor des Vertrauens ein.
Aber was soll man machen? Wir können uns die Situationen nicht vorstellen. Da kaufen ständig Konzerne andere. So muss man darauf achten, nicht plötzlich gekauft worden zu sein. Die Börse will immer Spitzenwerte. Sonst wird man empfindlich abgestraft. Somit müssen gute Nachrichten produziert werden und das jedes Quartal. Und dann auch noch der politische und gesellschaftliche Druck. Die einen drängen einen dazu, immer mehr Personal einzustellen. Der Wettbewerb baut aber schadlos und unbeobachtet von der Öffentlichkeit Arbeitsplätz ab. Dann sollen natürlich historische Investitionen am Standort Deutschland getätigt werden. Der Wettbewerb hat längst die Landesgrenzen verlassen und kann andersorten noch besser wirtschaften. Somit geht der Druck, die Erwartung völlig an der Realität vorbei. Weil die Spielregeln völlig aufgeweicht sind. Keiner hält sich mehr dran und wir sollen päpstlicher sein als der Papst, aber ohne unangenehme Nebenwirkungen. Das nennt man, glaub ich, Doppelmoral.
Nicht, dass ich nicht diese Praktiken verachte und verurteile, aber was hilft das? Wenn die Ziele falsch sind, die diese Menschen erzielen sollen. Und die Spielregeln alles andere als sinnvoll sind. Dann kommt das raus, was wir jetzt entsetzt betrachten. Da wird der Krieg gegen die Drogenkartelle eröffnet und was passiert? Den ärmsten Bauern wird die Lebensgrundlage genommen. Und mal ehrlich, wer kauft denn die Drogen? Und so geht es weiter und weiter, tiefer und tiefer in den Schlamassel der falschen Ziele hinein. Dabei müsste man nur die Ziele ändern und die Spielregeln für alle festzurren. Dann würde wir viel mehr mit dem Kopf nicken als schütteln. Aber wem sag ich das?
Entregeln
Ich denke wirklich, es ist an der Zeit, dass wir uns entregeln. Was nicht bedeutet, dass wir uns nicht an Gesetzmäßigkeiten und Gesetze halten. Nein, dass wir nur sinngemäß anfangen, Regeln nach ihrer Sinnhaftigkeit zu hinterfragen. Denn Regeln sind Zäune bis hin zu Mauern, die wir ständig überwinden müssen, oder gegen die wir ständig stoßen. Mir fallen auf Anhieb viele Regeln ein, die völlig sinnentleert sind, an die sich aber sehr viele ständig halten. Weil man glaubt, es seien Regeln, die einzuhalten sind. Ich finde, in unserem Demokratieverständnis sind wir so weit, dass wir die zweite Phase erfüllen können müssen. Wir müssen selbst demokratische Entwicklungen einleiten. Man kann nicht immer darauf warten, bis der Gesetzgeber wieder neue Regeln aufruft, damit man anfäng, das zu tun, an dessen Richtigkeit man sowieso glaubt.
Das Brechen mit Regeln impliziert aber das geistige Vermögen, zu entscheiden, dass man dabei nicht die Freiheiten anderer einschränkt. Aber nehmen wir mal das Kravatten Tragen. Was soll das? Eine Kravatte hat keinen Sinn. Aber die Vernunft lässt viele sich diese wieder und wieder jeden Tag um den Hals legen. Sinnlos. Nicht rauchen wo Nichtraucher sind. Mal ehrlich, dass gebietet die Definition von Freiheit, dass man natürlich nicht da raucht, wo man die Gesundheit anderer gefärdet. Tempo 130 auf der Autobahn. Warum warten wir auf Schilder? Wir können doch ohnehin in 95% aller Fälle nicht schneller fahren.
Aufessen. Warum soll man den Teller leer essen, wenn einem nicht danach ist? Wählen gehen müssen. Warum soll ich wählen gehen, wenn es ein ebenso demokratischer Akt ist, wenn man den Parteien, die antreten, damit verdeutlichen will, dass niemand seine Stimme wirklich verdient hätte. Was meint Ihr, was los ist, wenn im Stadion nicht mehr 70.000 sitzen, sondern nur noch 3.000, weil das Spiel so langweilig geworden ist? Veränderung kommt durch Veränderung. Das eine leitet das andere ein. Somit ist es wirklich an der Zeit, Regeln zu überprüfen und alle über Bord zu werfen, die nur einer alten Vernunft entspringen, aber keinen Sinn mehr ergeben.
Mittwoch, 18. April 2007
Eine gigantische Vorwurfsmaschine
Ein nicht geringer Teil oder Anteil bzw. eventuell ein Großteil der geschäftlichen und manchmal auch der privaten zwischenmenschlichen, aber auch immer wieder an ganz und gar nicht menschliche Aspekte, wie Geräte oder Umstände aller Art gerichtete Kommunikation besteht ausschließlich aus Vorwürfen.
Man kann sagen, eine regelrechte, von gigantischem Ausmaß, ständige wachsende Vorwurfsmaschine rollt über uns hinweg. Und reißt uns alle mit. Wer ohne Vorwürfe ist, möge mit dem ersten Kommentar nach mir schmeißen. Eigentlich hat man das Gefühl, dass nichts richtig ist. Dass man es den Menschen aber auch gar nicht Recht machen kann. Egal, was man macht, sagt oder behauptet, zurück bekommt man mit absoluter und großer wahrscheinlichen Sicherheit einen Vorwurf.
Den man dann schon fast erwartet hat. Diesen schmettert man dann gekonnt zurück. Entweder mit einen noch größeren Vorwurf, oder in dem man den ankommenden Vorwurf barsch mit voller Wucht zurückkatapultiert. Das geht dann so eine Weile hin und her, her und hin. Bis man meist völlig vergessen hat, was eigentlich der Auslöser war, oder was vor dem Vorwurf stand .
Einen Vorwurf anzunehmen, heißt zugleich auch die Schuld auf sich zu nehmen. Welche, das bleibt oft unerkannt und im Dunkeln. Aber irgendetwas ist immer dran an so einem Vorwurf. Das ist wie Nudeln mit Tomatensoße essen und dabei ein weißes Hemd tragen. Da findet sich schon ein klitzekleiner roter Klecks.
Das Austauschen von Vorwürfen ist zu einer regelrechten Hoch-Un-Kultur aufgestiegen. Es gibt ganze Institutionen, die den lieben langen Tag nichts anderes machen, als anderen Vorwürfe zu machen. Und auf Vorwürfe mit modernsten Mitteln und Formulierungen zu reagieren. Es gibt eine regelrechte Vorwurfsindustrie, die von den täglichen, stündlichen, ach, was schreibe ich, von den minutigen Vorwürfen lebt.
Der Vorwurf hat, wie die Bedenken, den großen Vorteil, dass dieser aus der Luft gegriffen sein kann, darf und muss. Umso haltloser und unverfrorener der Vorwurf, umso bestechender seine Wirkung. Vorwürfe entstehen wie Gremlins, man muss nur einen gießen, dann entstehen aus dem Vorwurf viele neue wunderbare Vorwürfe.
Ruft man jemanden an, was hört man zuerst? Einen Vorwurf! Öffnet man einen Brief, oder lässt den Blick über eine Mail schweifen, was kann das Auge zuerst erkennen? Einen Vorwurf! Egal, wohin man sieht, wohin man hört oder wo man ist, was einem todsicher in rauhen Mengen immer begegnet, sind Vorwürfe.
Man stelle sich mal vor, man würde das 6. Gebot "Du sollst nicht töten" umformulieren in "Du sollt keine Vorwürfe machen, anderen nicht und dir selbst auch nicht." Denn das mit dem Töten, mal ehrlich, das schaue ich mir jetzt seit über 2000 Jahren an, dass klappt nicht. Obwohl man auch das mit dem Stehlen, oder Begehren austauschen könnte. Obwohl, eine vorwurfsfreie Welt ist ebenso undenkbar wie eine ohne Töten, somit könnte man es als 11. Gebot einfügen, aber vor "Du sollst nicht töten", also als neue Nummer 6 der Gebote, töten fällt dann auf Platz 7 zurück. Und insgesamt gibt es dann eben 11. Wie beim Werbegott, der hat doch auch 10 + 1 Gebote. Als ob er es gewusst hätte.
Mein Appell, mein Gebot der Zeit, mein Aufruf: Die absolut vorwurfsfreie Kommunikation allen und allem gegenüber. Geldstrafe gegen Vorwürfe verhängen. Einen Vorwurfskatalog erstellen, der alle Vorwürfe umfasst, die unter Geldstrafe stehen. Die erste vorwurfsfreie Gesellschaft werden. Was für eine brilliante Idee. Denkt mal darüber nach.
Dienstag, 17. April 2007
Wie weit?
Ich bzw. wir sind privat umgezogen. Das beschäftigt einen Menschen, auch mich. Zum einen ist ein Umzug mit Anstrengungen aller Art verbunden und dem gesellen sich noch eine Reihe von Gewaltakten hinzu. Bis hin zu finanziellen. Aber das einzige, was Mitmenschen interessiert, ist, wenn ich vom Umzug berichte: "Wie weit ist das weg von der Agentur?" oder: "Wie lange hast du es bis zur Agentur?" Am Anfang habe ich die Frage noch höflich beantwortet, aber als immer fortwährend dieselbe Antwort kam: Das ist ja ganz schön...! Dabei verstehe ich die Frage in dem Zusammenhang mit einem Umzug nicht. Meine Fragen lauten: "War es sehr anstrengend? Fühlt ihr euch wohl im neuen zu Hause? Wie habt ihr die ersten Nächte geschlafen?" Aber alles das will keiner wissen, sondern nur: Wie weit...?
Früher habe ich es 35 Minuten weit gehabt. Dann wurde ein neuer Zubringer gebaut, seit dem fahre ich in der Regel 50 Minuten bis zu einer Stunde. Bis zur Autobahn waren es nur 2 Minuten, weil wir sehr nah an der Autobahn wohnten. Was natürlich Anlass zur Kritik gab: "Das ist ja ganz schön nah an der Autobahn. Ist die sehr laut?" Nun, am neuen Wohnort, kann man von der Autobahn nichts mehr hören, weil diese 10 Minuten weg ist. Was wiederum zur Kritik führt. "Das ist ja ein ganz schönes Gegurke bis zur Autobahn." Auf der Autobahn verbringe ich nun im Schnitt 15 Minuten, weil die Autobahn immer frei ist. Aber es sind mehr Kilometer. Aber die Nettozeit, die absolute Zeit, die ich auf der Autobahn verbringe, ist nun 15 Minuten weniger. Aber das interessiert keinen, weil 55 Kilometer von Tür zur Tür natürlich nach mehr klingt als 36 Kilometer. Obwohl die 36 Kilometer länger dauern. Das ist aber ganz schön weit!
Der Weg durch die Stadt mit Parkplatzsuche ist unter 20 bis 40 Minuten nicht zu schaffen. Aber das interessiert keinen. Sondern was mir auffällt ist das unterschiedliche Lebenskonzept, jeder will dem anderen sein eigenes als das richtige verkaufen. Somit sind andere Konzepte natürlich nicht durchdacht. Und unverständlich. Aber niemand fragt nach den neuen Lebensumständen, der Lebensqualität. Fast niemand interessiert sich für mich bzw. uns. Sondern fast alle heucheln so ein Mitleid vor, wie weit wir jetzt vom wirklichen und richtigen Leben entfernt wohnen.
Somit ist das ein weiterer Beweis dafür, dass man nicht von anderen Menschen erwarten sollte, dass diese ein Interesse daran haben, dass man selbst noch besser zu seinem Glück findet. Sondern ganz im Gegenteil, jeder verkauft dem anderen seine Situation nur als das non plus ultra. So sind wir nun mal. Das ist mir auch bei Urlaubgeschichten aufgefallen. Wenn man anfängt, vom Urlaub zu erzählen, drehen sich die ersten Fragen meist um die Reisezeit und die Reiskosten. Fast nie fragt jemand: "Und, war's schön?" Als ob die Menschen befürchten, dass andere Lebenskonzepte auch glücklich machen könnten. Schade, dass viele so offensichtlich aneinander vorbeileben. Und so tun, als ob sie sich so nah wären.
Man müsste mal
Man hätte wissen können. Man sollte einfach. Kann jemand nicht mal? Man hat einfach nicht bedacht. Der dritte "Man", in der dritten Person. Da sitzen sie alle zusammen. Alle. Aber nur einer ist immer für alles verantwortlich. Nur einem kann man alles immer in die Schuhe schieben. Nur einer ist immer dran, Schuld und verantwortlich. Der unbekannte "man". Aber "man" ist nicht alleine, er hat einen Mitwisser, Mitmacher mit dem seltsamen Namen "Jemand". Jemand müsste da mal anrufen. Oder jemand sollte das mal runtertragen. Jemand hat dies oder das genommen. Also, dieser "Jemand" kann ganz schön einstecken. Was der alles getan und verbockt hat, geht auf keine Kuhhaut.
Wir stehlen uns aus der Verantwortung und der Pflicht und wir entziehen uns dem Handeln, was dem Denken auf dem Fuße folgen sollten, wenn wir alles an Menschen deligieren, die noch nie jemand gesehen hat. Die keiner kennt. Vor allem machen die das alles, ohne einen Cent dafür zu bekommen. Sind nie krank und nie im Urlaub. Diese beiden unverwüstlichen Wegstecker kann man zwar immer und immer wieder ans Kreuz nageln, aber passieren wird doch nichts. Deshalb mein Tipp: Schmeißen Sie "Man" und " Jemand" sofort fristlos raus. Stellen sie die beiden umgehend frei. Und ersetzen diese durch "Ich" und "Du" bzw. "Sie/ Ihr". Sie werden sehen, es passieren Zeiten und Wunder, was dann alles plötzlich geht.
Montag, 16. April 2007
Vorhersehung
Alles sind Indizien, die Aufschluss über die Persönlichkeit und den Charakter von Menschen geben. Es kann zur Obsession ausarten, wenn man dauernd versucht, der Vorhersehung zuvorzukommen. Das ist fast so schlimm, wie ein Hypochonder zu sein. Wenn nicht sogar noch schlimmer. Es gibt Menschen, die mögen ihren eigenen Körpergeruch nicht, deshalb überparfümieren die sich. Das ist Ausdruck des Selbstwertgefühls. Jemanden nicht riechen können ist schon schade, aber sich selbst nicht riechen können ist ein ernstes Problem. Dann können viele Menschen nicht mehr in die Augen schauen. Sie haben die Befürchtung, man könnte etwas aus diesen lesen. Deshalb tragen diese Menschen unentwegt Sonnebrillen. Und so geht es weiter. Alle Äußerlichkeiten und Sinneswahrnehmungen an einem Menschen und seinem Umfeld sind Zeugen. Zeugen davon, welchen Geistes die Person ist. Wenn ich in einem fremden Büro bin, schaue ich, was an den Wänden hängt, auf dem Schreibtisch steht. Welcher Bildschirmhintergrund, ich schaue auf alles, um mir ein Bild zu machen.
Ebenso schaue ich auf die Bücher, die HiFi-Anlage, die CDs, auf die DVDs. Welche Kochbücher. Welches Geschirr. Es gibt nichts, was nicht einen entscheidenen Hinweis auf einen Menschen geben könnte. Schuhe. Türschilder. Welche Lampen an der Decke. Die Weingläser. Bilder an den Wänden. Alles ist Teil einer Person. Und sagt: Das bin ich, so bin ich. Oder so wäre ich gern, so soll ich gesehen werden. Beides für den geübten Betrachter kein Problem. Die Handschrift. Das Lachen. Wie jemand sich verabschiedet. Alles Hinweise auf den Menschen in dem Menschen.
Ich mache das so gerne, weil ich die Menschen erreichen will. Berühren. Anstoßen. Das kann ich nur, wenn ich zu diesen vordringe. Oft belastet mich mein Wissen über Menschen, ich weiß dann für meine Verhältnisses einfach zu viel. Das will ich nicht, dass ist peinlich. Meine Neugierde treibt mich oft zu weit, zu tief in Persönlichkeiten vor. Aber was soll man machen, wenn man süchtig nach Merkmalen ist? Wie Muscheln am Strand sammeln. Das Mosaik der menschlichen Merkmale ist endlos groß. Deshalb werde ich auch nicht müde, ihnen auf die Schliche zu kommen. Jede Begnung ist eine Entdeckungsreise in Sachen Menschlichkeit. Eigentlich müsste mich ich jedesmal dafür bedanken, weitere Mosaikteilchen erhalten zu haben.
Bild: Peter von Felbert
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