Dienstag, 17. April 2007
Wie weit?
Ich bzw. wir sind privat umgezogen. Das beschäftigt einen Menschen, auch mich. Zum einen ist ein Umzug mit Anstrengungen aller Art verbunden und dem gesellen sich noch eine Reihe von Gewaltakten hinzu. Bis hin zu finanziellen. Aber das einzige, was Mitmenschen interessiert, ist, wenn ich vom Umzug berichte: "Wie weit ist das weg von der Agentur?" oder: "Wie lange hast du es bis zur Agentur?" Am Anfang habe ich die Frage noch höflich beantwortet, aber als immer fortwährend dieselbe Antwort kam: Das ist ja ganz schön...! Dabei verstehe ich die Frage in dem Zusammenhang mit einem Umzug nicht. Meine Fragen lauten: "War es sehr anstrengend? Fühlt ihr euch wohl im neuen zu Hause? Wie habt ihr die ersten Nächte geschlafen?" Aber alles das will keiner wissen, sondern nur: Wie weit...?
Früher habe ich es 35 Minuten weit gehabt. Dann wurde ein neuer Zubringer gebaut, seit dem fahre ich in der Regel 50 Minuten bis zu einer Stunde. Bis zur Autobahn waren es nur 2 Minuten, weil wir sehr nah an der Autobahn wohnten. Was natürlich Anlass zur Kritik gab: "Das ist ja ganz schön nah an der Autobahn. Ist die sehr laut?" Nun, am neuen Wohnort, kann man von der Autobahn nichts mehr hören, weil diese 10 Minuten weg ist. Was wiederum zur Kritik führt. "Das ist ja ein ganz schönes Gegurke bis zur Autobahn." Auf der Autobahn verbringe ich nun im Schnitt 15 Minuten, weil die Autobahn immer frei ist. Aber es sind mehr Kilometer. Aber die Nettozeit, die absolute Zeit, die ich auf der Autobahn verbringe, ist nun 15 Minuten weniger. Aber das interessiert keinen, weil 55 Kilometer von Tür zur Tür natürlich nach mehr klingt als 36 Kilometer. Obwohl die 36 Kilometer länger dauern. Das ist aber ganz schön weit!
Der Weg durch die Stadt mit Parkplatzsuche ist unter 20 bis 40 Minuten nicht zu schaffen. Aber das interessiert keinen. Sondern was mir auffällt ist das unterschiedliche Lebenskonzept, jeder will dem anderen sein eigenes als das richtige verkaufen. Somit sind andere Konzepte natürlich nicht durchdacht. Und unverständlich. Aber niemand fragt nach den neuen Lebensumständen, der Lebensqualität. Fast niemand interessiert sich für mich bzw. uns. Sondern fast alle heucheln so ein Mitleid vor, wie weit wir jetzt vom wirklichen und richtigen Leben entfernt wohnen.
Somit ist das ein weiterer Beweis dafür, dass man nicht von anderen Menschen erwarten sollte, dass diese ein Interesse daran haben, dass man selbst noch besser zu seinem Glück findet. Sondern ganz im Gegenteil, jeder verkauft dem anderen seine Situation nur als das non plus ultra. So sind wir nun mal. Das ist mir auch bei Urlaubgeschichten aufgefallen. Wenn man anfängt, vom Urlaub zu erzählen, drehen sich die ersten Fragen meist um die Reisezeit und die Reiskosten. Fast nie fragt jemand: "Und, war's schön?" Als ob die Menschen befürchten, dass andere Lebenskonzepte auch glücklich machen könnten. Schade, dass viele so offensichtlich aneinander vorbeileben. Und so tun, als ob sie sich so nah wären.
Mittwoch, 11. April 2007
Ein Meer der Gefühle
Sie beherrschen uns. Gefühle. Egal, wie gefühlskalt, oder wie nah wir am Wasser gebaut sind, es sind die Gefühle, die uns lenken. Sie sind schon da, bevor wir in Gedanken angekommen sind. Sie haben bereits ein Urteil gefällt, bevor wir angefangen haben, darüber nachzudenken. Sie entscheiden aus dem Bauch herraus, was der Kopf nie wagen würde. Die Gefühle machen uns zu Menschen und zu Lebewesen. Kein Moment vergeht ohne Gefühle. Immer sind die Sensoren auf Empfang. Jede Schwingung nehmen sie auf. Gerüche. Formen. Lautes und Leises. Und alles nebenbei, unbewusst und einfach so.
Die Welt der Gefühle ist um ein Vielfaches größer und komplexer als die Welt, in der wir leben. Die Realität, in der wir uns bewegen, ist im Gegensatz zu dem, was wir dabei fühlen, nur ein winziger Ausschnitt. Unsere Sinne habe die Fähigekeit einer komplexen Wahrnehmung, die jenseits unserer Vorstellungkraft liegt. Vieles haben wir längst schon einmal gerochen, bevor wir es bewusst tun. Einen kleinen Einblick gewinnt man dann, wenn man auf Menschen trifft, denen ein oder mehrere Sinnesorgane abhanden gekommen sind. Welche außerodentlichen Fähigkeiten diese entwickeln, um die fehlende Sensorik auszugleichen.
Wer Werbung macht, appelliert an die Gefühle. An die gesamte Gefühlswelt. Ich glaube, die wenigsten wissen das. Noch weniger glauben das. Und die allerwenigsten können das. Ernsthaft an die Gefühle zu appellieren, positiv, überzeugend, gewinnend und sympathisch kann ich nur selten erkennen. Warum kann der Mensch nicht einfach an das Glauben, was ihn ohnehin beherrscht?
Bild: Peter von Felbert
Mittwoch, 4. April 2007
Das ist überhaupt nicht witzig
Ich habe ein großes Problem - mit Witzen. Jetzt ist es raus. Zum einen kann ich mir keine merken. Zum anderen mag ich Witze nicht. Wenn Abende dazu übergehen, dass jemand Witze erzählt, ist der Moment gekommen, an dem ich mich verabschieden muss. Und zwar schleunigst. Wenn Witze aufkommen, gehe ich ab. Denn Witze sind der Beweis dafür, dass die Stimmung an einem Punkt angekommen ist, an dem die Gegenwart von Menschen nur noch als tragisch bezeichnet werden kann. Witze zeigen das Ende geistiger Gegenwart auf. Wenn es keine lustigen Begebenheiten aus der realen Welt mehr zu erzählen gibt. Und die Langeweile sich wie ein bleierndes Tuch über die Gesellschaft legt. Dann ist die Zeit der Witze und der Witzeerzähler gekommen.
Witzigerweise sind das Menschen, die zuvor durch nichts, aber auch gar nichts auffielen. Als ob sie die Stimmung wie ein schwerer Anker selbst mit nach unten gezogen hätten, damit ihre Stunde eingeläutet wird. Es gibt viele Arten von Witzeerzählern. Die einzige, die ich ertragen kann, wenn es sein muss, sind die ganz schlechten. Die jede Pointe töten. Das macht mir großen Spaß. Diese Gattung der besonderen, noch zu ertragenden Witzeerzähler nenne ich einfach: Eltern.
Dann gibt es die Schlüpfrigen. Das sind die, die nur unsäglich peinliche, schlüpfrige Witze zum Vorschein bringen. Meistens frauenfeindlich. Meistens bezeichnend. Dann gibt es noch die Intoleranten. Das sind Witze, die politisch dumm sind und meistens sich auf dem Rücken von Minderheiten ausrollen. Schwule, Türken und so weiter.
Witze sind für mich das Ende der Geselligkeit, dann, wenn aus Gemeinschaftssinn ein Zwang wird. Man muss dann mitlachen. Obwohl man nur Empörung empfindet. Besonders schlimm sind die Hirachiewitze, wenn Chefs loslegen und alle anderen so tun müssen, als ob es unglaublich komisch sei. Also, für alle die mich loswerden wollen, einfach anfangen, Witze zu erzählen. Ich kenne nur einen, den kenne ich seit über 30 Jahren. Und der geht so: Treffen sich zwei Tiere im Wald. Sagt das eine Tier zum anderen: "Hallo, was bist du denn für ein Tier?" "Ich? Ich bin ein Wolfshund." "Was ist das denn?" "Meine Papi war ein Wolf und meine Mamie ein Hund." "Ach so!" "Und was bist du für ein Tier?" "Ich? Ich bin ein Ameisenbär." ?!............Ach komm!
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