Montag, 30. April 2007
Kann ich mal Ihren Businessplan sehen?
Wie die Zeiten sich ändern. Früher saßen sich Menschen gegenüber. Der eine hatte eine Idee. Der andere hörte aufmerksam zu. Entweder war er von der Idee überzeugt, oder nicht. Somit war hier Schluss, oder es ging jetzt los. So einfach war das. Heute interessiert sich keiner mehr für eine Idee. Eine Idee?! Was soll das sein? Was ist das? Heute legt man einen Businessplan hin. Und den schaut sich jemand an. Und dann ist entweder Schluss, oder es geht los. In dem Businessplan sind nur Zahlen. Die alle zeigen, wie schnell man wieviel Geld verdienen kann. Und das über Jahre hinaus. Ein Businessplan ist todsicherer als der andere. Denn da steht es doch, schwarz auf weiß. Erfolg auf der ganzen Linie. Das Geschäft? Die Idee? Zu kompliziert. Das versteht doch keiner. Und wer soll und will das alles schon verstehen? Somit müssen nur die Zahlen stimmen. Dann werden plötzlich Dinge realisiert, das glaubt kein Mensch.
So einfach kann man ganz große Geschäfte machen. Bloß keine Idee. Wichtig ist, dass der Gewinn vor Steuern natürlich deutlich über 25 % liegt. Der Return of Investment zum Greifen nahe. Das auf einen solchen Businessplan noch keiner vorher gekommen ist. Früher habe ich wirklich noch gedacht, Ideen würden unsere Welt verändern und mein Leben. Wirklich. Ich dachte, wenn man eine gute Idee hat, dann geht alles wie von selbst. Denn jeder will von einer guten Idee profitieren. Gott, war ich naiv. Bis ich endlich verstanden habe, dass jeder nur seine Ideen umgesetzt sehen will und andere nur dazu dienen, um sie in der Luft zu zerreißen und die eigenen in einem besseren Licht darstellen zu können. Bis ich endlich dahinter kam, dass niemand wirklich ein Interesse hat an Ideen, denn die machen Arbeit, man muss sich bewegen. Und das nicht nur im Geiste. Bis ich dahinter gekommen bin, dass alle wollen, dass ich deren Ideen verwirkliche und niemand wirklich Lust hat, meine Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Bis ich dahinter kam, nicht mehr von Ideen zu sprechen, sondern nur noch von Zahlen. Mensch, das hat gedauert und ich glaube, das hält noch an.
Denn ich kann das einfach nicht glauben. Wie blöd muss man sein, bis die alle dahinter kommen, dass nichts einfacher ist, als einen Businessplan zu schreiben, der alles verspricht, aber komischerweise nichts hält. Aber die fleißigen Businessplan-Schreiber bekommen immer eine ordentliche Scheibe ab. Von der Pleite. Auf zum nächsten Businessplan. Man müsste mal eine Webseite machen, auf der die ganzen Businesspläne von fulminant gescheiterten Investitionen veröffentlicht sind. Wer die geschrieben hat. Was der heute macht. Und wieviel er eingesteckt hat. Dass man ohne Ideen so viel einfacher, so viel mehr Geld verdienen kann, ja, das hätte ich nie gedacht.
Bild: Peter von Felbert
Freitag, 27. April 2007
Hör mal, ich kenn da jemanden
Also, früher war einiges anders. Wenn man da jemandem etwas gesagt hat, oder versprochen, dann hat man das auch so gemacht, oder rechtzeitig Bescheid gestoßen, dass es nicht hinhaut. Dann schlichen sich die Schwätzer, Behaupter und Kenner unter uns. Und die Unsitte der Unzuverlässigkeit verbreitete sich in Windeseile. Ein Mann, ein Wort? Das gibt es so gut wie nicht mehr. Abmachung per Handschlag? Ausgestorben. Zusagen? Abmachungen? Niemand fühlt sich mehr dem gegenüber verpflichtet, was er das so sagt. Das sind nur noch theoretische Annahmen. "Ich ruf dich nächste Woche an!" Dieser Satz bedeutet nichts, aber auch gar nichts. Außer eventuell: "Ich habe auf dich Arschloch jetzt überhaupt keinen Bock und komme so am besten aus der Nummer raus." Schön ist auch: "Wir müssen mal was zusammen machen!" Wenn das einer vor 15 Jahren gesagt hätte, dann hätte man automatisch den Grill angeworfen und zwei Bier aufgemacht. Heute heißt das eher: "Wenn Du denkst, dass ich mir mit Dir Arschloch die Zeit um die Ohren haue, dann hast Du dich aber getäuscht!"
Floskeln über Floskeln überschwemmen das Land. Hinter fast jedem Satz versteckt sich ein fast völlig anderer Hintergedanke. "Das sagt man halt so", höre ich dann oft. Dann gibt es noch weitere unsinnige Formulierungen: "Ich kenn da jemanden!" Das bedeutet: "Die Scheiße kannst du selbst auslöffeln." Oder: "Ich habe keinen blassen Schimmer." Sehr schön ist auch: "Ich habe irgendwo gelesen..." Damit will jemand sagen: Bevor du mir wieder nicht glaubst, tue ich einfach so, also ob irgendein schlauer Kopf das behauptet hätte. Auch gut ist: "Ich bin da dran!" Ha, dass ich nicht lache. Nichts ist passiert, gar nichts, absolut gar nichts. Und so geht das weiter und weiter. Die Welle des Geschwafels ist nicht aufzuhalten.
Das geht so weit, dass man keinen geraden Satz mehr sagen darf, denn den versteht keiner. Bloß nichts Direktes oder Offenes, das verwirrt die Menschen total. Die suchen sofort nach dem miesen Hintergedanken. Ich habe mir im Laufe der Zeit auch eine Floskel zu eigen gemacht: "Gute Idee, ich denk mal drüber nach!" Ist die nicht geil?! Das ist doch der Hammer. Die bedanken sich sogar dafür. Oh, er denkt über meine Idee nach. Vielleicht wird was draus. Dabei habe ich die schon im Kopf entsorgt und direkt in den kleinen Kopfmülleimer hinter dem rechten Ohr geworfen.
Montag, 23. April 2007
Frankfurt ist keine Reise wert
Einen Teil meiner Kindheit habe ich am Taunus verbracht. Es ist der schönste Teil meiner Kindheit. Aber in sicherer Entfernung von Frankfurt. Eine Stadt, bei der die Gegensätze so nah beieinander liegen, dass einem offensichtlich klar wird, dass dies keine Gegensätze sind. Man muss schon aus einem besonderen Gas geformt sein, um in der unmittelbaren Nähe von Frankfurt-Höchst seinen Lebensmittelpunkt zu bestreiten. Und Apfelwein als sein Lieblingsgetränk zu bewerten. Zudem sich in einer Sprache zu unterhalten, die daraus besteht, dass man einfach alle Endungen weglässt. Kann man das überhaupt als Dialekt bezeichnen, oder sollte man das mehr als Sprachfehler sehen? Frankfurt hat meinen Bruder geschluckt. Und er hat es gut gemeint mit der Stadt, aber sie nicht mit ihm. Mein Vorurteile und negativen Urteile über Frankfurt sind sehr lang und gehen sehr tief. Wenn ich nicht unbedingt muss, dann meide ich diese Stadt.
Aber manchmal kommt es eben anders, als man will. So musste ich vor nicht all zu langer Zeit nach Frankfurt. Meine Versuche, nach Wiesbaden auszuweichen, scheiterten am Veto anderer. Somit landeten wir in Höchst. In der ersten Nacht wurden wir durch einen Giftgasalarm aus den Betten gerissen. Ein Feuer ist in einer Chemiefabrik ausgebrochen. Wir sollten vorsichtshalber die Fenster schließen. In unmittelbarer Nähe begannen schon die Vorbereitungen zur Evakuierung. Aber man konnte die Gefahr noch in den Griff bekommen und Herr der Lage werden. Wäre auch schon übel gewesen, wenn meine Mutter in ein und derselben Stadt zwei Söhne verlieren müsste.
Am dritte Tag wurde ins Auto eingebrochen. Beschaffungskriminalität. "Das passiert hier öfters", bekamen wir dann zu hören. Das hätten die mir nicht sagen müssen. Mein Weg nach Frankfurt dauerte mit dem Auto fast 6 Stunden. Zurück bin ich mit dem Auto in 3 Stunden 40 geflohen. Auch das ist ein Zeichen meiner Liebe zu Frankfurt. Aber man muss ja nicht jeden und alles in sein Herz schließen. Es ist auch in Ordnung, wenn man einiges aus dem Herzen verbannt. Denke ich. Jedenfalls habe ich immer ein ungutes Gefühl, wenn es um Frankfurt geht. Tut mir echt leid, Frankfurt, aber Du hast deine Chance gehabt. Wir werden nie Freunde. Und ich nie Ehrenbürger deiner Stadt. Aber ich denke, damit können wir beide leben. Aber meine Befürchtung, dass dein Hunger, Leben zu zerstören, unersättlich ist, ist mir dann doch zu groß. Und ausprobieren will ich es auch nicht.
Donnerstag, 19. April 2007
Jeder mit seinen Mitteln
Alle schütteln verwundert den Kopf, wenn nach außen dringt, was drinnen wirklich abgeht. Dabei möchte ich mal eine Lanze für die brechen, die sich einiger Praktiken bedienen, die einer ganze Republik übel aufstoßen. Zum einen schaut dieselbe Republik auf jeden Medaillenspiegel, aber Doping ist eine Todsünde? Beim internationalen Fußball geht es bei einigen Vereinen offensichtlich mit unlauterem Wettbewerb zu und trotzdem wird man national daran gemessen. Unter dem ständig steigenden Druck immer höher, weiter, breiter, größer, mehr zu erzielen, gehen jedem normalen Mensch schon mal die Mittel aus. Aber hinterherschauen will man auch nicht. Und Jahrhundertalente wachsen nicht an Bäumen. Somit ist der Versuchung, sich unlauterer Mittel zu bedienen, Tür und Tor geöffnet. Und es geht noch weiter, es gilt innerhalb dieser Kreise als völlig normal. Die Frage beim Doping ist nur, wie intelligent ist die Gestaltung, dass niemand dahinter kommt.
Ich möchte mal sehen, was passieren würde, wenn die deutschen Vereins-Fußballmannschaften so lange nicht mehr an Turnieren teilnehmen, bis die betriebswirtschaftlichen Regeln für alle dieselben sind. Oder aus den Börsen dieser Welt sich alle deutschen Konzerne verabschieden, bis auch da für alle Unternehmen dieselben Gesetzmäßigkeiten gelten. Denn in anderen Ländern, so wie auch bei uns, wird der Leistungssport sicherlich ebenso unterstützt, wie die großen Konzerne. Die sogenannten Aushängeschilder. Und wer da die Nase vorne haben will, der muss zu allen Mitteln greifen, die ihm diesen Vorsprung verschaffen. Nur erwischen lassen darf man sich dabei nicht. Das darf um Gottes Willen nicht passieren. Das schlägt schwer in das Kontor des Vertrauens ein.
Aber was soll man machen? Wir können uns die Situationen nicht vorstellen. Da kaufen ständig Konzerne andere. So muss man darauf achten, nicht plötzlich gekauft worden zu sein. Die Börse will immer Spitzenwerte. Sonst wird man empfindlich abgestraft. Somit müssen gute Nachrichten produziert werden und das jedes Quartal. Und dann auch noch der politische und gesellschaftliche Druck. Die einen drängen einen dazu, immer mehr Personal einzustellen. Der Wettbewerb baut aber schadlos und unbeobachtet von der Öffentlichkeit Arbeitsplätz ab. Dann sollen natürlich historische Investitionen am Standort Deutschland getätigt werden. Der Wettbewerb hat längst die Landesgrenzen verlassen und kann andersorten noch besser wirtschaften. Somit geht der Druck, die Erwartung völlig an der Realität vorbei. Weil die Spielregeln völlig aufgeweicht sind. Keiner hält sich mehr dran und wir sollen päpstlicher sein als der Papst, aber ohne unangenehme Nebenwirkungen. Das nennt man, glaub ich, Doppelmoral.
Nicht, dass ich nicht diese Praktiken verachte und verurteile, aber was hilft das? Wenn die Ziele falsch sind, die diese Menschen erzielen sollen. Und die Spielregeln alles andere als sinnvoll sind. Dann kommt das raus, was wir jetzt entsetzt betrachten. Da wird der Krieg gegen die Drogenkartelle eröffnet und was passiert? Den ärmsten Bauern wird die Lebensgrundlage genommen. Und mal ehrlich, wer kauft denn die Drogen? Und so geht es weiter und weiter, tiefer und tiefer in den Schlamassel der falschen Ziele hinein. Dabei müsste man nur die Ziele ändern und die Spielregeln für alle festzurren. Dann würde wir viel mehr mit dem Kopf nicken als schütteln. Aber wem sag ich das?
Mittwoch, 18. April 2007
Eine gigantische Vorwurfsmaschine
Ein nicht geringer Teil oder Anteil bzw. eventuell ein Großteil der geschäftlichen und manchmal auch der privaten zwischenmenschlichen, aber auch immer wieder an ganz und gar nicht menschliche Aspekte, wie Geräte oder Umstände aller Art gerichtete Kommunikation besteht ausschließlich aus Vorwürfen.
Man kann sagen, eine regelrechte, von gigantischem Ausmaß, ständige wachsende Vorwurfsmaschine rollt über uns hinweg. Und reißt uns alle mit. Wer ohne Vorwürfe ist, möge mit dem ersten Kommentar nach mir schmeißen. Eigentlich hat man das Gefühl, dass nichts richtig ist. Dass man es den Menschen aber auch gar nicht Recht machen kann. Egal, was man macht, sagt oder behauptet, zurück bekommt man mit absoluter und großer wahrscheinlichen Sicherheit einen Vorwurf.
Den man dann schon fast erwartet hat. Diesen schmettert man dann gekonnt zurück. Entweder mit einen noch größeren Vorwurf, oder in dem man den ankommenden Vorwurf barsch mit voller Wucht zurückkatapultiert. Das geht dann so eine Weile hin und her, her und hin. Bis man meist völlig vergessen hat, was eigentlich der Auslöser war, oder was vor dem Vorwurf stand .
Einen Vorwurf anzunehmen, heißt zugleich auch die Schuld auf sich zu nehmen. Welche, das bleibt oft unerkannt und im Dunkeln. Aber irgendetwas ist immer dran an so einem Vorwurf. Das ist wie Nudeln mit Tomatensoße essen und dabei ein weißes Hemd tragen. Da findet sich schon ein klitzekleiner roter Klecks.
Das Austauschen von Vorwürfen ist zu einer regelrechten Hoch-Un-Kultur aufgestiegen. Es gibt ganze Institutionen, die den lieben langen Tag nichts anderes machen, als anderen Vorwürfe zu machen. Und auf Vorwürfe mit modernsten Mitteln und Formulierungen zu reagieren. Es gibt eine regelrechte Vorwurfsindustrie, die von den täglichen, stündlichen, ach, was schreibe ich, von den minutigen Vorwürfen lebt.
Der Vorwurf hat, wie die Bedenken, den großen Vorteil, dass dieser aus der Luft gegriffen sein kann, darf und muss. Umso haltloser und unverfrorener der Vorwurf, umso bestechender seine Wirkung. Vorwürfe entstehen wie Gremlins, man muss nur einen gießen, dann entstehen aus dem Vorwurf viele neue wunderbare Vorwürfe.
Ruft man jemanden an, was hört man zuerst? Einen Vorwurf! Öffnet man einen Brief, oder lässt den Blick über eine Mail schweifen, was kann das Auge zuerst erkennen? Einen Vorwurf! Egal, wohin man sieht, wohin man hört oder wo man ist, was einem todsicher in rauhen Mengen immer begegnet, sind Vorwürfe.
Man stelle sich mal vor, man würde das 6. Gebot "Du sollst nicht töten" umformulieren in "Du sollt keine Vorwürfe machen, anderen nicht und dir selbst auch nicht." Denn das mit dem Töten, mal ehrlich, das schaue ich mir jetzt seit über 2000 Jahren an, dass klappt nicht. Obwohl man auch das mit dem Stehlen, oder Begehren austauschen könnte. Obwohl, eine vorwurfsfreie Welt ist ebenso undenkbar wie eine ohne Töten, somit könnte man es als 11. Gebot einfügen, aber vor "Du sollst nicht töten", also als neue Nummer 6 der Gebote, töten fällt dann auf Platz 7 zurück. Und insgesamt gibt es dann eben 11. Wie beim Werbegott, der hat doch auch 10 + 1 Gebote. Als ob er es gewusst hätte.
Mein Appell, mein Gebot der Zeit, mein Aufruf: Die absolut vorwurfsfreie Kommunikation allen und allem gegenüber. Geldstrafe gegen Vorwürfe verhängen. Einen Vorwurfskatalog erstellen, der alle Vorwürfe umfasst, die unter Geldstrafe stehen. Die erste vorwurfsfreie Gesellschaft werden. Was für eine brilliante Idee. Denkt mal darüber nach.
Dienstag, 17. April 2007
Man müsste mal
Man hätte wissen können. Man sollte einfach. Kann jemand nicht mal? Man hat einfach nicht bedacht. Der dritte "Man", in der dritten Person. Da sitzen sie alle zusammen. Alle. Aber nur einer ist immer für alles verantwortlich. Nur einem kann man alles immer in die Schuhe schieben. Nur einer ist immer dran, Schuld und verantwortlich. Der unbekannte "man". Aber "man" ist nicht alleine, er hat einen Mitwisser, Mitmacher mit dem seltsamen Namen "Jemand". Jemand müsste da mal anrufen. Oder jemand sollte das mal runtertragen. Jemand hat dies oder das genommen. Also, dieser "Jemand" kann ganz schön einstecken. Was der alles getan und verbockt hat, geht auf keine Kuhhaut.
Wir stehlen uns aus der Verantwortung und der Pflicht und wir entziehen uns dem Handeln, was dem Denken auf dem Fuße folgen sollten, wenn wir alles an Menschen deligieren, die noch nie jemand gesehen hat. Die keiner kennt. Vor allem machen die das alles, ohne einen Cent dafür zu bekommen. Sind nie krank und nie im Urlaub. Diese beiden unverwüstlichen Wegstecker kann man zwar immer und immer wieder ans Kreuz nageln, aber passieren wird doch nichts. Deshalb mein Tipp: Schmeißen Sie "Man" und " Jemand" sofort fristlos raus. Stellen sie die beiden umgehend frei. Und ersetzen diese durch "Ich" und "Du" bzw. "Sie/ Ihr". Sie werden sehen, es passieren Zeiten und Wunder, was dann alles plötzlich geht.
Mittwoch, 11. April 2007
Das haben wir nun davon - Angsthasenland
Seit über 2000 Jahren wird das Individuum Mensch in Mitteleuropa auf Angst programmiert. Keine Zeitschrift, keine Nachrichtensendung schürt nicht neue Ängste. Von allen Seiten werden neue Fronten der Angst eröffnet. Es werden sogar Ängste erfunden, um die Lenkungsfunktion der Massen weiter im Griff zu haben. Fällt ein Kind in den Pool und ertrinkt, dann wird jede Pfütze zum Todesbringer. Krankheiten werden erfunden. Angstmelder, wohin man sieht. Mit der Angst ist eben am besten Geld zu machen.
Die Kirche hat dieses Prinzip 2000 Jahre sehr erfolgreich in Szene gesetzt. Die Politik hat sich ebenso daran gehalten. Warum soll dieses beste aller Erfolgsrezepte vor der Wirtschaft halt machen? Somit wird nie eine Tagesschau mit 35 Neugeborenen in Berlin beginnen und den glücklichen Eltern, sondern immer mit 5 Toten am anderen Ende der Welt. Sogar im Radio wird jede Gerichtsverhandlung eines Kinderschänders bis in Detail live vor Ort erörtert.
Angst hat keine Grenzen. Und wenn, dann wird man auch diese einreißen. Wie haben Angst vor allem, was uns umgibt. Alles kann unser Leben negativ beeinflussen. Bis hin zu beenden. Die Gasheizung? Das Auto? Die Medikamente? Der Alkohol? Das Essen? Die Arbeit? Das Flugzeug? Der Strom? Sogar herabstürzende Äste können uns gefärden. Wir sind umgeben von Gefahrenquellen. Wir sind alle in Gefahr. In Lebensgefahr. Und für die gibt es unendlich viele Produkte und Dienstleistungen. Nicht, um die Ängste zu bewältigen, nein, um sie zu nähren.
Erst der Anblick von 25 Rauchmeldern macht uns klar, dass wir in Lebensgefahr sind. Erst die ganzen Videoüberwachungskameras, die uns auf Schritt und Tritt begleiten, machen uns klar, dass wir gerade noch mal davon gekommen sind. Der Check-In macht jeden Flug zum Todesflug, den wir um Haaresbreite gerade noch überlebt haben. Ängste, wohin man tritt und wohin man blickt.
Wer sich diesen Ängsten entzieht, lebt nicht in der Realität. Wird selbst zur Gefahr für andere. Nur wer alle Ängste kontrolliert, hat die Chance, ein voll akzeptiertes Mitglied unserer Gesellschaft zu sein. Man stelle sich mal vor: Ein Auto aus den 60ern, ohne jegliche Sicherheitsmerkmale. Ein Bauernhaus ohne jeglichen Brandschutz. Keine Angst, den Job zu verlieren. Keine Angst vor Krankheiten. Keine einzige Versicherung. Keine FI-Schalter im Haus. Keine Sicherheitsschlösser. Alle Attribute der Angst einfach zu übergehen und zu übersehen. Diese Menschen sind doch in großer Gefahr. Und eine große Gefahr.
Ich denke, diese ganze Konditionierung und Programmierungen der Massen von Ängsten hat aus uns ein Heer von Angsthasen gemacht. Wir zittern schon, wenn der Wind stärker wird. Wenn der Regen stärker wird. Wenn ein Gewitter aufzieht. Wenn es zu schneien beginnt. Wie haben Ängste beigebracht bekommen, von denen wir noch gar nicht wissen, ob die Gefahr überhaupt existiert. Wie schauen wir auf Nahrungsmittel? Wie auf unsere Mitmenschen? In allem steckt die Gefahr und aus der lässt sich ein Produkt oder eine Dienstleistung ableiten.
Angst fressen Seele auf. Werden wir zu einem Volk ohne Seele? Und wie sehr sind wir auf Dauer Völkern unterlegen, die diese Ängste nicht haben? Und vor allem, was ist das für eine Lebensqualität, wenn man eigentlich ständig mit Ängsten umgehen muss? Das Schlimmste an diesen instrumentalisierten Ängsten ist, dass wir das Gefühl für die echten Gefahren verloren haben. Und dass die Instrumente gegen die instrumentalisierten Ängste stumpf und sinnlos sind.
Dienstag, 10. April 2007
Die teure Überheblichkeit
Es ist eine Unart in unserer Gesellschaft, dass derjenige, der zahlt, oder sich in der überlegeneren Position glaubt, meint, auch über ein besseres Wissen zu verfügen. So kommen Privatpatienten in Krankenhäuser gestürmt, mit 20 Seiten Ausdrucken aus dem Internet, und unterweisen den Arzt mit ihrem Halbwissen. Kennen ist eben nicht können.
Aber das ist den Mensch völlig egal. Die Kompetenz, die sich Menschen angeeignet haben, wird einfach übergangen. Man selbst weiß eben alles besser. Wie demütigend muss das auf die Wissenden wirken. Warum über Jahre einen Erfahrungsschatz anhäufen, wenn man den Deckel getrost zulassen kann? Anmaßend ist das. Und vor allem respektlos. Da spielen sich Menschen als alles mögliche auf, als Arzt, Architekt, Anwalt, Therapeut, Fotograf, Texter uns so weiter. Andere haben, um diesen Titel würdig vertreten zu können, Jahre ihres Leben investiert. Mit dem Ergebnis, dass der Markt mit Halbwissen, Geschmacklosigkeit und Unvernunft überhäuft wird.
Einbildung ist zur höchsten Form der Bildung aufgestiegen. Wer es sich leisten kann und/oder die entsprechende Position inne hat, glaubt, alles zu können. Obwohl er im großen und ganzen nur einen winzigen Ausschnitt kennt. Das sind Entscheidungen auf niedrigstem Niveau. Das sind alles Entscheidungen, die uns teuer zu stehen kommen. Woher soll er nur kommen, der Respekt vor der Leistung anderer? Woher nur?
Montag, 2. April 2007
Jeder ist sich der Wichtigste
Man kann es keinem wirklich verübeln, dass er sich selbst als ziemlich wichtig ansieht. Allein für das Selbstwertgefühl ist das nur allzu verständlich. Wann darf und kommt man denn auch mal ausgiebig dazu, anderen Menschen zu veranschaulichen, wie wichtig diese Person vor ihnen ist? Zu selten. Aber wenn alle wirklich den Größten haben, dann geht diese Theorie schon physikalisch um Längen voll in die Hose. Denn die Ausmaße sind zwar unterschiedlich, aber doch in einem Rahmen begrenzt. Somit irritiert schon, dass viele einem nur klar machen wollen, wie viel wichtiger sie unter den Wichtigen sind. Also, am wichtigsten. Somit ist auch jedes Anliegen dieser Personen absolut vorrangig und natürlich immer am allerwichtigsten. Schon Franz Josef Strauß stellte deshalb fest: "Man kann mich doch nicht wie eine Marktfrau behandeln!" Oder der kleine Rummenigge stellte vor Jahren ebenso überzeugend fest, dass man ihn doch nicht mit einem einfachen Handwerker vergleichen könnte. In der Formulierungs- und Ausgestaltungskunst dieser obersten Wichtigkeit entgeht diesen Menschen nur völlig, was wirklich wichtig ist. Sie leben in einer anderen, nur der eigenen Welt. In der alles andere, außer man selbst, als unwichtig eingestuft werden muss. Wie soll man sonst den Überblick behalten? Somit hat man sich alle schlechten Angewohnheiten angelernt, den wichtigen Unterschied zwischen wichtig und wichtiger deutlich rüberzubringen. Bei genauer Betrachtung denke ich mir, was man mit der ganzen Energie erreichen könnte, wenn sich alle nicht so wichtig nehmen würden. Aber diese Theorie behalte ich besser für mich, nicht das sich ein Wichtigerer noch auf den Schlips getreten fühlt. Das war sicher nicht meine Absicht. Ganz und gar nicht.
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