Donnerstag, 29. März 2007
Dann backen wir uns eben einen
Da warten sie. All die Qualitätsmacher. Das Gedränge ist wie immer woanders. Da, wo es schnell geht. Billig ist. Und inhaltslos. Der erfahrene Schuhmacher. Die begnadete Schneiderin. Der leidenschaftliche Koch. Der verrückte Friseur. Die liebevolle Blumenverkäuferin. Die belesene Buchhändlerin. Der feine Goldschmied. Der erlesene Feinkostladen. Die intelligente Agentur. Alle sitzen da und hoffen und warten auf Kundschaft, die ein wenig Zeit mitbringt. Nicht so gehetzt ist. Die sich gerne beraten lässt. Die Wert auf das Gute legt. Die weiß, dass Qualität ihren Preis haben muss. Die zu schätzen weiß, wenn sich jemand auskennt. Ist es nicht schön, solchen Kunden die Wünsche von den Lippen abzulesen? Ihnen natürlich immer ein wenig mehr auf den Teller zu tun, weil man es will und nicht, weil es verlangt wird? Es sind so wenige. Darum müssen wir warten und Geduld haben. Solange bestaunen wir irritiert die Schlangen vor den Ausverkaufläden unserer Werte. Ein guter Schuh. Ein guter Wein. Eine gute Idee.
Wenn man in Amerika jemanden fragt, wo man gut essen kann, bekommt man keine Antwort. Sondern erfährt nur, wo man viel und billig bekommt. Das Qualitätsmerkmal ist da schon verschwunden. Und bei uns macht es den Anschein, dass es sich auflöst wie eine Aspirin im Wasserglas. Aber ich glaube nicht wirklich daran, bis es vorbei ist. Bis dahin glaube ich daran, dass es sie gibt, die Menschen, die sich lieber für das Gute entscheiden. An diesem Glauben hänge ich so sehr. Den hänge ich nicht einfach an den berühmten Nagel.
foto: peter von felbert
Freitag, 9. März 2007
Unveränderbarkeit
Lange Zeit habe ich Zeit dafür aufgewendet und somit verschwendet, Menschen zu einer Einsicht zu bewegen. Ich muss mich fast bei diesen Menschen entschuldigen, dass ich sie nicht einfach in ihrem Glauben belassen konnte. Nein, stattdessen habe ich nichts unversucht gelassen, die jeweilige falsche Ansicht der Dinge zu durchlöchern. Rückblickend habe ich, glaube ich, eigentlich nur genervt. Denn meine Sicht der Dinge konnten diese Menschen unmöglich nachempfinden. Und werden sie auch nie.
Das ist so, als ob man auf einen Dauercampingplatz geht und den Leuten zeitlebens klar macht, dass da draußen eine ganze Welt auf sie wartet, die es sich lohnt, zu erobern. Das Fernsehschauen abends auf einem Campingplatz bescheuert ist. Anstatt unter freiem Himmel zu liegen. Aus meiner Sicht fallen mir 1.000 Dinge ein, die das Leben von Dauercampern schöner machen würden. Aber, ob man es glauben will oder nicht, die scheißen auf meine Meinung. Die sind glücklich so wie es ist.
Was habe ich Kunden rauf und runter gebetet vom Lebensmittelpunkt einer Marke. Von der Kontinuität der Veränderung. Wie souverän eine Marke sein sollte. Alles Quatsch. Ich habe von B&O geredet und die haben einen Grundig Fernseher zu Hause in der Schrankwand. Wie oft habe ich alles unternommen, um Kunden etwas zu verkaufen, was sie bis heute nicht verstanden haben. Im Sinne der Marke lag ich sicher meist richtig. Aber im Sinne der Entscheider?
So komme ich mir längst vor wie ein Architekt der Marken, der eigentlich lieber sein würde wie Sir Norman Foster und Frank Gehry. Aber viel zu lange Reihenhäuser aus dem Boden gestampft hat. Das hat mich zu der Überzeugung gebracht, einfach anzufangen, nur noch geile Sachen zu machen. An die ich wirklich glaube. Für Kunden, die das ebenso sehen. Mit Mitarbeitern und Lieferanten, die auch mitmachen. Und klappt das? Nein. Aber ich höre nicht auf daran zu glauben und zu arbeiten. Und da ich kaum, oder so gut wie gar nicht mehr überreden muss, bleibt mir viel mehr Zeit und Energie, die ich somit voll in den Plan A investieren kann. Mal sehen, wie es ausgeht.
Donnerstag, 1. März 2007
Luxus vom anderen Ende
Nicht selten stammt Luxus vom anderen Ende. Was früher den Ärmsten der Armen blieb, ist irgendwann zum Hochgenuss aufgestiegen. Was man weggeworfen hat, als Überreste oder Abfall, avanciert heute zum Hochgenuss. Wie kommt das? Der Kaviar, der arglos aus dem Unterleib der trächtigen Lachse geschnitten wurde. Die Pizza. Das Gericht der Armen, bei dem alle Reste der Woche auf ein Stück Teig vereint wurden. Es gibt eine Reihe von Beispielen, in denen Dinge des Lebens von der einen Seite zur anderen wechseln und dabei bis hin zu unerschwinglich werden. Es zeigt aber eins deutlich, nichts ist wertvoll an sich, sondern weil der Mensch es wertvoll macht. Das Prinzip Angebot und Nachfrage treibt schon sehr bunte und verwunderliche Blüten.
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