Dienstag, 20. Februar 2007
Das Bonsai-Prinzip
In einem meiner Beiträge berichtete ich darüber, dass man nicht jeden Fehler machen muss. Aber kann. Und wenn es einem das Umfeld ermöglicht, auch darf. Prinzipiell könnte man theoretisch so gut wie alle Fehler vermeiden. Weil alles schon mal woanders, in einer anderen, Zeit passiert ist. Interdisziplinär sozusagen. Aber das erzählte ich ja schon. Wiederum in einem anderen Beitrag erzählte ich etwas über die Verdichtung von Qualität. Dem Gegenteil des allgemein praktizierten Auswalzen von Quantität. Aber wie gesagt, darüber berichtete ich ebenfalls bereits. Das Bonsai-Prinzip beschreibt beides in einem Prinzip. Die Verdichtung von Qualität in definierten Parameter. Bonsais sind nicht gleich Bonsais. Es gibt solche und solche. Bis hin zu unerschwinglichen. Aber das Prinzip ist immer dasselbe. Die Verdichtung von Qualität. Limes gegen Null in Richtung absoluter Perfektion. Nie zu erreichen, aber ein erstrebenswertes Ziel. Oder sagen wir mal so: Für einige wenige ein erstrebenswertes Ziel, dem der große Rest lieber folgen mag. Zudem das Interdisziplinäre, das das deutlich macht. Dass ich schreiben und reflektieren kann über was ich auch will, das hat vor mir sicher schon mal jemand getan. In der Regel besser, ausführlicher, fundierter und vor allem mit einem überzeugenden Ergebnis versehen. Damit muss man leben. Leben können, wollen und, wenn es einem das Umfeld erlaubt, dürfen. Dieses Privileg ist eines meiner liebsten.
Donnerstag, 1. Februar 2007
Großes scheitert im Kleinen
Sie haben großes vor. Gut. Bedenken Sie dabei nur die unzähligen und mitnichten unwichtigen Kleinigkeiten. Denn der Haken an der Sache ist immer auf den Teufel im Detail zurückzuführen. Das Problem, das sich immer wieder stellt, ist die große Kluft, die sich zwischen Visionären und Realisten auftut. Der Visionär würde bei einem Auto aus Versehen den Rückwärtsgang vergessen. Der Realist würde nie ein Auto bauen. Warum auch? Es gibt doch Pferde. Ein weiteres schönes Beispiel begegnet mir immer und immer wieder. Wenn man Umkleidekabinen in Modegeschäften betritt, dann soll und will man sich darin umziehen. Den Besitzern dieser Geschäfte ist der Sinn dieser Umkleidekabinen oft nicht klar. Denn sie wollen im Großen und Ganzen Klamotten verkaufen, da bleibt keine Zeit an diese Umkleidekabinen zu verschwenden. Dumm, sehr dumm. Wenn ich einen Modeladen aufmachen müsste, dann wären meine Umkleidekabinen eine Wohltat. Es gäbe ein Fach für die Handtasche, eine Ablage für Brillen, einen Schuhanzieher und das Beste zum Schluss: Kleiderhaken. Zudem wären diese 5 x so groß wie alle anderen. Hätten einen großen Spiegel. Und mehr will ich nicht verraten, eventuell fordert einer von mir ja mal ein sinnvolles Modegeschäftskonzept. In Restaurants, vor allem die Gattung, die viel auf sich hält, bei denen sogar die Blumendekoration farblich mit den Schürzen der Kellner abgestimmt ist, ist mein erster prüfender Gang gerne auf die Toilette. Wer die Qualität eines Restaurants erfahren will, muss nur einen Blick auf die Toilette werfen. Auch fehlt oft der Kleiderhaken auf der Innenseite der Tür, was Männer mehr als in Bedrängnis und zugleich in die Bredouille bringt. Nur mit einem akrobatischen Akt kann man hier alles hinter sich bringen. Das sind nur zwei kleine Beispiele aus einer Fülle von Unzulänglichkeiten, die einem die Laune auf lange Sicht vermiesen können. Also, ich komme sicher nicht wieder in ein Geschäft, in dem die Umkleide mehr etwas von einer italienischen Stranddusche hat. Und auf ein Restaurant, das nicht mal Kleiderhaken hat, kann ich auch gerne verzichten. Die Liste dieser peinlichen Kleinigkeiten, an der große Ideen scheitern, ist sehr, sehr lang. Aber mich fragt ja keiner. Oder sagen wir mal so, nur meine Kunden. Und die hassen mich, wenn ich denen unter Androhung militanter Gewalt drohe: Wenn beim nächsten Mal nicht dieses digitale Gepiepse aus der Warteschleife verschwunden ist und lieber durch angenehmen GEMA-freie Stille ersetzt wird, dann rufe ich nicht mehr an. Das ist reiner Psychoterror. Haben Sie schon mal in so einer 1992 Casiowecker Digitalsound Pour Elise Warteschleife gehangen? Ich wünsche das niemandem. Deshalb: Wer wirklich Großes vorhat, nimmt lieber auch einen dieser wahnsinnigen, engstirnigen und kleingeistigen Perfektionisten zur Seite. Der nichts Besseres vorhat, als alles immer mit den Augen der Kunden zu sehen. Dann kann und wird nichts mehr schief gehen. Dann klappt es auch mit den Kunden.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Kleiderhaken an der Toilettentür der note Werbeagentur in München)
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