Mittwoch, 28. Februar 2007
Die Milch brennt an
Wenn ich für einen oder mehrere herrliche Milchkaffees Milch aufsetze, auf den Herd, dann kocht diese in mehr als 70% der Fälle über. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch peinlich. Denn alle meine Mitarbeiter bekommen das mit. Wenn ich wieder die Dunstabzugshaube auf volle Touren drehe. Fluche. Und mit dem Schaber auf dem Ceranfeld herumkratze. Aus diesem Grund erklären sich in der Regel alle bereit, den Kaffee zu machen.
Warum bin ich einer solch einfachen Handlung so gut wie unfähig? Nun folgt der Versuch einer Erklärung. Ich kann einfach nicht mehrere Dinge gleichzeitig tun. Sondern ich kann die Dinge nur hintereinander tun. Sehr schnell und auch sehr gut. Aber nur, wenn ich sie hintereinander mache. Nicht gleichzeitig.
Frauen zum Beipiel können mehrere Dinge gleichzeitig. Ohne dass etwas schief geht oder die Qualität darunter leidet. Oder Menschen, die im Kopf die Gleichzeitigkeit für einen Moment abschalten können und sich so einer anderen Sache wie Milch Kochen voll und ganz widmen.
Ich hingegen gehe mit einem Kopf voller Dinge in die Küche. Setze die Milch auf und denke, währenddessen schnell noch was erledigen zu können. Und bums, da ist es schon wieder passiert. Ich habe die Milch total vergessen. Somit kocht diese nicht nur über, sondern erst, wenn der beißende Geruch meine Nase erreicht oder das Zischen auf der Herdplatte mein Ohr, bemerke ich überhaupt, was los ist. Das ist verrückt. Aber ich habe mich mit diesem Umstand arrangiert. Und allen klar gemacht, dass ich nichts gleichzeitig machen kann und will. Alle wissen das.
Somit tun mir alle den Gefallen und fordern die Dinge hintereinander von mir. Das klappt hervorragend. Bei allem anderen komme ich völlig durcheinander und verliere den Faden. So saß ich früher oft in Meetings, konnte aber unmöglich bei der Sache sein. Das passiert mir heute nicht mehr. Denn wenn ich etwas mache, mache ich im Kopf nichts anderes. Und sollte es mir doch mal in die Quere kommen, dann stoppe ich alles. Bringe schnell die Dinge im Kopf aus meinem Kopf. Sofort. Dann bin ich da. Und zwar voll und ganz.
Geht es anderen auch so? Leiden durch das Überlagern von Anforderungen die Menschen wie ich früher und auch das Ergebnis? Was für eine völlig blöde Zeiterscheinung. Die Gleichzeitigkeit. So eine Art Jonglieren mit 10 Bällen, 8 Keulen, von denen 4 brennen. Und am linken Bein rotieren zusätzlich 4 Ringe. Und auf der Nasenspitze sitzt eine Stange, auf deren oberem Ende sich ein großer weißer Teller dreht. Dabei ist man noch gefesselt und hat die Augen verbunden.
Ich bin gegen die Gleichzeitigkeit. Ich bin für die Hintereinanderzeit. Wenigstens für Menschen wie mich. Vielleicht sind es ja nicht so viele? Vielleicht aber doch!
Die Vorboten
Das wird ein sensationelles Jahr. Ich spüre das. Alles kommt immer mehr zusammen. Der Nebel einer Geschäfts- und Lebensplanung lichtet sich. Arbeits- und Lebensqualität haben eine immer größere Schnittmenge. Ich habe keine Ahnung, warum. Das stand sicher in keinem Horoskop. Was ich nicht weiß, denn ich habe in diesem und für dieses Jahr keine gelesen. War nicht nötig. Denn irgendwas in mir gibt mir die Gewissheit, die Zuversicht und das gute Gefühl, weiter so. Genau so. Dabei geht es nicht um Geld. Nicht nur um Geld. Die Geschäft laufen so wie sie laufen. Nein, es geht viel mehr um Gemeinsamkeiten, Gleichgesinnte, Familie, Freunde und Bekannte. Es geht um die Zeit in Übereinstimmung mit einem selbst. Im Gleichgewicht. Mein Leben wird immer mehr zu einem nicht enden wollenden Urlaub auf Lebenszeit. Diese Entwicklung werde ich sicher nicht aufhalten. Vor allem, wenn ich mal den Blick zurück werfe. Oder auf meine Umwelt. Manchmal kann ich mein Glück kaum fassen. Manchmal? Eigentlich ständig. Es gehen sogar Wünsche in Erfüllung, von denen ich gar nicht wusste, dass ich mir diese gewünscht hätte. Bis sie eben in Erfüllung gingen. Das einzig Kritische an diesem Zustand ist, dass ich diesen nur exakt in diesem Moment genießen kann. Nur in diesem Augeblick. Bis der nächste Hammer auf mich nieder rauscht. Aber bis dahin ist es einfach nur wundervoll.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Shooting für Fritz Berger Katalog, im Auftrag der note Werbeagentur in München)
Montag, 26. Februar 2007
Ein Bruder
Das ist mein Bruder. Andreas. Er war der älteste meiner vier Geschwister. War?! Ja, er ist seit einigen Jahren tot. Er ist an Aids gestorben. Infiziert hat er sich während seiner Heroinsucht an einer Spritze. Oder bei einer Freundin, die auch Aids hatte. Ich weiß es nicht genau. Ist im Ergebnis auch Nebensache. Mein Bruder war vor langer Zeit deutscher Meister im Judo. Hatte über Jahre eine feste Freundin. Und er war gut in der Schule.
Da ich der Kleinste war, war er natürlich eines meiner großen Vorbilder. Denn er war in allen wesentlichen Parametern außerordentlich stark. Sehr stark. Somit wollte ich unterschwellig so sein wie er. Und wie mein anderer Bruder. Eigentlich wollte ich immer das Beste aus beiden sein. Genau das bin ich irgendwie auch hoffentlich geworden. Andreas gelang vordergründig eigentlich alles. Alles, was er sich vornahm, erreichte er oder bekam er auch. Er hat sich alles verdient. Er hat nichts geschenkt bekommen. Das imponierte mir. Die Geschichte würde zu lang, darum komme ich jetzt zum eigentlichen Learning für mein Leben. Das in allen Entscheidungen mitschwingt.
Nicht ist so, wie es scheint. Nicht bleibt so, wie es ist. Alles ist nur eine Momentaufnahme. Und wir können nicht hineinsehen in die Wirklichkeit. Da wo es oftmals wichtig wäre. Deshalb müssen wir uns immer an unsere Intuition halten. Denn rückblickend ist mein Bruder daran gestorben, dass er davon überzeugt war, dass nichts ihn umbringen könnte. Weit gefehlt. Dass seine Kräfte ihn alles bewältigen lassen würden. Überschätzt! Das ist eigentlich eine sehr positive Kraft und Einstellung. Außer sie verläuft plötzlich in die falsche Richtung. Dann ist diese Kraft ebenso negativ zerstörerisch wie sie auch positiv aufbauend sein kann. Das ist ein schmerzhafte und bittere und emotional sehr teure Erkenntnis, die mir zeitlebens sehr geholfen hat.
Denn auch in mir schlummern Kräfte, die, wenn sie falsch kanalisiert werden, sehr destruktiv und zerstörerisch sein können. Der Hang zu Suchtverhalten ist allgegenwärtig. Ebenso der, etwas Schönes zu schaffen. Der Schritt auf die falsche Seite ist eben auch nur ein Schritt, ebenso wie der auf die richtige. Wer die Grenze vom Licht ins Dunkle überschreitet, muss damit rechnen, nicht mehr zurück zu kommen. Dabei ist es egal, wie weit man geht. Die falsche Richtung ist das Problem. Und die fehlende Kraft, diese wieder zu ändern. Weil alles gebraucht und verbraucht wird, um tiefer und tiefer im Dunklen zu versinken. Der Energie ist egal, in welche Richtung sie verläuft. Und dabei ist es egal, ob man als Workaholic oder als Drogenabhängiger endet. Das Ergebnis ist dasselbe. Höchststrafe: frühzeitiger Tod.
Das ist wie Wasser, das seinen Weg immer findet. Deshalb ist Vorsicht geboten, auf wen man mit dem Finger zeigt, wenn man selbst schon längst einer anderen Sucht verfallen ist. Der Machsucht. Der Anerkennungssucht. Das Konsumsucht. Der Sucht ist egal, welcher Energie sie sich in falscher Richtung bedient. Sie endet immer gleich. In einer furchtbaren Katastrophe. Die Richtung, in die meine Energie fließt, muss ich immer kontrollieren. Bei allem, was ich mache. Eigentlich sollte eine Gesellschaft hier klare Richtungen vorgeben, meint man. Oder das Elternhaus, denkt man. Oder einfach die Vernunft. Aber so einfach ist es nicht, wenn solche Kräfte wirken. Man ist dafür schon selbst verantwortlich. Es ist ja auch eine Gabe, mit seinen Kräften, die einem gegeben sind, etwas durch und durch Schönes zu schaffen. Bei meinem Bruder ist die Bewegung irgendwann langsamer geworden. Dann zum Stillstand gekommen und dann in die andere – falsche – Richtung verlaufen. Dieselbe Energie. Dieselbe, mit der er deutscher Meister im Judo werden konnte, hat ihn unter die Erde gebracht. An die Stelle, an der er früher täglich Wurftechniken geübt hat, trat die Beschaffungskriminalität.
Somit bin ich davon überzeugt, dass es außerordentlich wichtig ist, immer mit offenen Augen die Fließrichtung seiner Energie im Auge zu haben. Denn wie gesagt, sie schafft das Unvorstellbare mit der gleichen Kraft wie das Wünschenswerte. Eine Lebenserfahrung, die in allem steckt, was ich mache und begleite. Woher kommt die Kraft, wohin fließt sie. Das Kanalisieren in erstrebenswerte Richtungen ist der wesentliche Moment dessen, was man Eigenverantwortung nennt. Oder überhaupt Verantwortung.
Ich habe noch viel mehr von meinem Bruder gelernt. Aber wer hat das nicht? Nur in meinem Fall, lerne ich noch Jahr für Jahr hinzu, obwohl er nicht mehr lebt.
(Foto: Thomas Hintze, Motiv: Andreas Hintze, im Frankreich-Urlaub)
Dienstag, 20. Februar 2007
Der ewig währende Traum von der Abkürzung
Wer träumt ihn nicht? Den Traum, der alle Mühe, alles Schicksal, alles Leiden, alle Anstrengungen mit einem Mal beendet. Der einen auf einen Schlag ans Ziel der Träume katapultiert. Der die Geduld nicht weiter strapaziert. Der einen einen Augenblick später in den Olymp hebt. Andere hatten und haben dieses Glück. Um gewisse Ziele eines erfüllten Lebens müssen diese sich nicht mehr kümmern. Die einen haben dafür nichts getan und nichts geleistet. Leider verhalten diese sich auch so. Wie peinlich. Andere haben die eine sich bietende Chance genutzt. Und gehen damit leider oft leichtfertig um. Man könnte glauben, sie können das Glück nicht fassen. Oder unterliegen dem Irrtum, es wäre reines Können, kein Glück gewesen. Wie dumm. Der Weg vor allem zu fantastischen, überwältigenden und erstrebenswerten Zielen ist so wie er ist. Für viele unerreichbar. Für einige zu spät. Und für ganz wenige zum rechten Zeitpunkt. Niemand weiß, wie es ausgeht. Egal wie beseelt, voller Hingabe und Leidenschaft man ist. Das Leben hat für das Erreichen dieser Ziele keinen Plan zur Hand. Keinen. Nicht einen. Man kann sich so gut wie auf nichts berufen. Außer auf sein Gefühl. Es stirbt sich am Ende glücklicher, wenn man zeitlebens diesem wunderbarsten aller Gefühle hinterher geeilt ist. Gefolgt ist. Glücklicher, als wenn man getrieben war von allem anderen. Somit kann es sein, dass man zwar bei weitem nicht alles erreicht, aber trotzdem nicht unzufrieden ist. Sondern ganz im Gegenteil. Das geht? Das geht! Man sieht diesen beonderen und sehr wenigen Menschen diese vollkommene Zufriedenheit an, das eigene Leben für einen wunderbaren Traum investiert zu haben. Ebenso wie man in den vielen anderen Gesichtern sehen und lesen kann, dass sie das eigene Leben für vieles andere, das man als erstrebenswert betrachten würde, verschwendet haben. Die Einsicht kommt meist zu spät, erst am Schluss. Somit habe ich die Lust auf Abkürzungen immer mehr verloren. Und gewinne immer mehr die Einsicht, dass alles genau so sein muss und soll.
Montag, 19. Februar 2007
Eine Untermachungsklage
Machen und lassen liegen näher beieinander als die beiden Augen in meinem Kopf. Oft fühle ich, dass ich jetzt etwas machen werde. Das Gefühl ist so klar und deutlich und unumstößlich, bis – ja, bis ... ich es doch lasse. Wie gut, dass niemand etwas von diesem Sinneswandel mitbekommt. Es überrascht mich selbst, wie nah das Machen bei dem Lassen liegt. Ein Ja ist plötzlich ein Nein. Und die Argumente, die zu diesem Turbo-Sinneswandel geführt haben, bleiben für immer verschollen. Das ist kein einmaliges oder seltenes Erlebnis, sondern ein immer wiederkehrendes. Und das Schlimmste ist, meistens dreht es sich um dieselbe Sache. Es ist enttäuschend und fatal zugleich. Vor allem, wenn man sich selbst als Macher sieht. Und ständig vor Augen geführt bekommt, wie sehr man auch ein Lasser ist. Somit sind die Vorwürfe, die ich gerne an andere richte, ebenso gegen mich gerichtet. Nur dass es in meinem Fall keiner mitbekommt. Bis jetzt. Jetzt ist es raus. Macher sind Menschen, die vor allem das machen, was sie am liebsten machen. Alles andere lassen sie. Das wollte ich nur mal zu bedenken geben.
Mittwoch, 14. Februar 2007
Are you gonna go my way?
Immer mehr kristallisiert sich bei mir heraus, dass meine Annahmen sich viel mehr bestätigen, als ich selbst zu glauben gewagt habe. Schon vor langer Zeit erschien mir die Ratio und ihre offensichtliche Überlegenheit als ein Trugschluss. Alles muss einer Logik folgen, erklärbar sein. Die geistige Überlegenheit des Menschen manifestierte sich vor allem in seiner bestechenden Intelligenz. Das sollte der Unterschied zu den Tieren sein. Diese ganzen Ketten von Logik und Erklärungen haben immer Zweifel in mir hervorgerufen. Weil mein Blick in mein Inneres von was ganz anderem überzeugt war. Das Gefühl, die Emotion und die Intuition waren allen logischen Argumenten immer weit überlegen. Meine Beweiskette war lückenlos und plausibel. Aber glauben und wissen wollte das niemand. Niemand wollte und will mir glauben, dass die Logik, die Ratio ein weitaus schlechterer Berater ist als das Gefühl, die Emotion und die Intuition. Wie der Prophet im eigenen Land kam und komme ich mir vor. Aber mein Wunsch, Menschen von meiner Überzeugung zu überzeugen, ist weniger und weniger geworden. Denn ich habe mir nicht mehr die Gegener, sondern die Befürworter meiner Überzeugung als Umgang ausgewählt. Denn längst sind auch andere Menschen zur selben Erkenntniss gekommen. Warum also ständig mich mit anderen Ansichten herumschlagen, wenn man in dieselbe Richtung gemeinsam blicken kann. Auch das ist eine Entscheidung aus dem Bauch. Ich war und bin es leid, Menschen überzeugen zu müssen. Da sind mir Gleichgesinnte lieber. Da kann man sich den ganzen Vorspann sparen und kommt direkt gemeinsam zur Sache. Das ist wunderbar.
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