Mittwoch, 31. Januar 2007
Laufruhe
Die meisten Dinge, über die man sich aufregt, sind bei genauer Betrachtung der Erregung nicht wert. Dem gegenüber stehen einige wirkliche Ärgernisse, über die man gerne mal hinwegsieht. Zudem ist oftmals das Objekt des Ärgernisses oft gar nicht das, worüber man sich in Wirklichkeit ärgert. Und andere Objekte, die einen wirklich eigentlich zur Weißglut treiben müssten, lassen einen kalt. Der Ärger an sich ist also sehr und äußerst heimtückisch. Somit gilt es den Ärger genau zu betrachten, ihn zu entschärfen, weil man ihn entlarvt. Und sich dem eigentlichen Grund zu stellen. Und den wirklich ärgerlichen Aspekten zu begegnen. Der Vorteil an diesem Verhaltenswandel ist, dass man sich über Unwichtiges nicht mehr aufregt. Zudem Wichtiges im eigenen Interesse regelt, ändert, anpackt, fallen lässt, aus dem Weg geht, begegnet. Wie auch immer, aber eins nach dem anderen aus dem eigenen Leben räumt. Auch der Ärger anderer Mensch ist wesentlich einfacher zu verdauen, wenn man weiß, dass der angebliche Grund nicht der wirkliche ist, und wenn man weiß, dass es viel Wichtigeres gibt, über das derjenige sich besser mal ärgern sollte. Ärgermanagement sollte man das nennen. Denn es gibt zwei Arten von Ärger: Den positiven, konstruktiven Ärger. Und den negativen, destruktiven Ärger. Der zweite ist weit aus mehr verbreitet. Es gilt langsam aber stetig dem positiven Ärger mehr Raum einzuräumen und den negativen gleichermaßen abzubauen. Das geht, wenn man will, relativ leicht. Es gibt zwei Übungen: Die erste heißt: Optimiere dein Timing. Die zweite heißt: Bewerte nicht alles. Dem gegenüber stehen zwei Übungen, die den positiven Ärger fördern: Lass los, was dich nervt. Pack an, was du willst. So weit, so gut. Aber es gibt, wie bei allen Veränderungen, einiges zu berücksichtigen. Was macht man mit der ganzen Energie, die man für den sinnlosen Ärger vergeudet? Auch der negative Ärger kompensiert einiges. Zwar destruktiv, aber er macht es. Eine Art emotionale Müllverbrennung. Wer keine Interessen hat, wird sich ohne diesen Ärger sehr leer fühlen. Wer viele Interessen hat, wird diesen endlich nachgehen können. Die andere Nebenwirkung liegt wie immer in der Konsequenz. Machen Sie diese Übungen nur, wenn sie vorhaben, diese bis zum letzten Atemzug auch durchzuziehen. Nicht wie so eine Art Hardcore-Diät für die Nerven, das bringt nichts und man ärgert sich letztendlich noch mehr. Und zwar über sich selbst. Welches bekanntlich die schlimmste Form des Ärgerns ist. Mensch ärgere Dich nicht ist somit eine Lebenseinstellung, die man sofort anfangen kann, aber die man bis zum Ende durchhalten sollte. In guten und in schlechten Tagen. Der Gewinn an Lebensqualität ist enorm. Der an Arbeitsqualität nicht minder. Also, aufregen nur über das, was sich lohnt und bei allem anderen gelassen werden und auf Sicht auch bleiben.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Mensch ärgere Dich nicht Männchen)
Dienstag, 30. Januar 2007
Erfahrungssachen
Es bleibt nicht viel übrig an Substanz, wenn man mal alles außen herum abblättert. In meinen Erinnerungen in Sachen Werbung zum Beispiel fallen mir nach 20 Jahren spontan vielleicht 5 bis 10 Dinge ein. Nach mehr muss ich schon suchen. Nach noch mehr geradezu wühlen. Da sind Momente für immer festgehalten. Aber mehr wie in einem Fotoalbum. Wie es sich angefühlt hat, oder gerochen, oder was auch immer entzieht sich meiner Erinnerung. Ich finde das nicht viel. Noch mehr. Es erschreckt mich. Dass the best of my ad-life keine Top 50 füllt. Nicht mal eine Top 20. Sondern mit Mühe und Not komme ich auf 10. Vergänglichkeit. Das muss es sein. Also versuche ich, mich auf meine Liebeleien, Liebschaften, Beziehungen von kürzerer und längerer Dauer zu konzentrieren. Das hat mir damals immer sehr viel bedeutet. Deshalb muss ich hier doch wesentlich mehr Erinnerungen haben. Und?! Wenig. Wie hieß die noch mal? Wie sah die eigentlich aus? Auch hier bleibt wenig. Sehr wenig. Das überrascht mich noch mehr. Denn meine Sexualität währt jetzt schon über 25 Jahre. Aber auch hier nur Bruchstücke. Als ob man sich die Urlaubsbilder eines anderen ansieht. Und so geht es weiter. Ich forsche einzelnen Themen nach. Fußball. Wein. Reisen. Wieviele unvergessliche Momente fallen mir einfach nicht mehr ein? Oder sehen heute ganz anders aus? Es ist erschreckend, was die Erinnerung aus der Vergangenheit macht. Das macht mich stutzig. Denn alle berufen sich auf die Zeit. Auf die vielen Erfahrungen. Wenn ich ehrlich bin, mache ich das auch. Aber was ist noch da? Was ist wirklich noch gegenwärtig? Das Leben im Jetzt und mit einem konzentrierten Blick auf das Morgen verschlingt die Vergangenheit. Ich weiß, wie das neue iPhone aussieht. Aber nicht, wie meine Handys vor dem ausgesehen haben, das ich jetzt habe. Wie sah mein erstes Skateboard aus? Mein Fahrrad? Was habe ich getan die ganze Zeit? Ich dachte, die Summe meiner schönsten Erinnerungen würde sich über Tage erstrecken. Diese Momente waren auch da. Viele, wie ich glaube. Aber sie sind jetzt nicht mehr so relevant, dass ich sie abrufen kann wie ein kühles Bier aus dem Kühlschrank. Somit stellt sich die Frage an die Erfahrung: Ist das nur ein Vorwand? Ist das nur eine unüberlegte Behauptung? Oder leide ich einfach nur unter Alzheimer? Worauf berufen sich da so viele? Mir fällt so vieles nicht mehr ein. Auf welche Erfahrungen berufen sich da alle, wenn täglich so vieles neu und bei Null beginnt?
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Schweizer Wanduhren)
Tunnelblick
Beim Tunnelblick fokussiert man auf einen einzigen Fixpunkt und ist dabei mit den Gedanken wo ganz anders. In der Regel stiert man auf diesen ominösen Punkt. Es macht nicht den Anschein, als dass man ihn wirklich sieht, sondern dass man durch ihn weit, weit hindurch sieht. Nebenwirkungen sind Blässe, kalte Hände und ein extrem ausgetrockneter Mund. Ich denke, der Puls und der Blutdruck steuern zum Tunnelblick ihren Teil bei. Die Hände zittern und die Motorik wirkt grobschlächtig. Die Aussprache wir undeutlich. Man könnte es auch Stammeln nennen. Bei der detaillierten Beschreibung könnte man fast annehmen, ich wüsste, wovon ich spreche. Nein, das tue ich nicht. Ich beschreibe nur das, was ich bei anderen wahrgenommen haben, die diesen ominösen Tunnelblick hatten. Es scheint der Moment zu sein, der gefühlsmäßig nie endet. Es ist der Augenblick vor dem Herzinfakt. Dem Stillstand. Der Lähmung. Menschen, die unter dieser Lebensbegleiterscheinung leiden, hoffen inständig, dass die Umwelt das so nicht mitbekommt. Also wenigstens nicht in vollem Umfang. Ich tue das. Ich sehe das. Und ich spüre, wie das Herz des anderen zu rasen beginnt. Wenn alles außer Kontrolle zu geraten scheint. Wenn die Psyche demjeingen einen bösen Streich spielt. Immer und immer wieder. Der Tunnelblick ist der verzweifelte Blick nach dem Ausweg aus einer extrem unangenehmen Situation. Was mich verwundert, ist, dass Menschen mit dieser Erscheinung sich immer wieder in diese Situation bringen. Das offensichtliche Leiden wird einer ständigen Wiederholung ausgesetzt. Als ob ein Zwang in der Begegnung mit dem eigenen Leiden gewünscht würde. Warum, frage ich mich, warum tun sich Menschen das an? Schon beim Zuschauen wird mir ganz anders.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Autotunnel)
Sonntag, 28. Januar 2007
Wir wussten es ja schon immer. Peter von Felbert & Christoph Peters auf einer ganzen Seite in der FAZ
Für alle die es nicht mitgekommen haben. Aus welchen unverständlichen und unverzeihlichen Gründen auch immer. Niemand geringeres als zwei Gleichgesinnte aus unserem Blog haben es geschafft auf eine ganze Seite der FAZ. Und die haben dafür keinen 1/1 Seite 4c Preis gezahlt, sondern waren hier redaktionell in Erscheinung getreten. Ich würde mal sagen, angekommen. Am Ziel. Was will man mehr? Wir sind begeistert und auch etwas stolz. Und ein wenig neidisch bin ich auch. Aber man muss gönne könne.
Foto der FAZ Ausgabe mit den Bilder von Peter von Felbert und den Texten von Christoph Peters. Hängt jetzt bei uns an der Tafel.
Freitag, 26. Januar 2007
Der kleine Dieb
Es war einmal vor nicht all zu langer Zeit, da trug sich folgende Geschichte zu: Zum Oktoberfest in München versammeln sich alle Schausteller an einem Platz, um das wohl größte Fest abzuhalten, in anderen Gebieten auch als Kirmes bezeichnet. An diesem besonderen Platz ist es guter Brauch, dass der Duft von Süßem in der Luft liegt, Musik aus allen Ecken ertönt und ein buntes Lichtermeer alles in eine verwunschene Traumwelt verwandelt. Wer den Fuß auf den Boden eines solchen Platzes setzt, der betritt sofort eine andere, schönere Welt. Die Menschen kommen in Massen und feiern gemeinsam das Leben. An allen Ecken und Ende blitzen und blinken die Verführungen. Vor allem für Kinder ist das ein Platz, der diese magisch anzieht und nicht mehr los lässt. Wer hat nicht diese wunderbaren Kindheitsfantasien, die sich auf diesen Plätzen abspielen? Träume aus Zuckerwatte, kandierten Äpfeln, Schießbuden und dem Autoscooter. Im Laufe der Zeit hat sich diese Welt der Träume weiter und weiter entwickelt. Aber der Autoscooter ist ein ganz besonderer zwischen alle den besonderen Orten. Hier arbeiteten und rangierten meine ersten Helden. Die Autoscooter-Einparker. Der kleine Traum vom Auto und dem Fahren hat hier tiefe Wurzeln geschlagen. So fiel vor einigen Jahren eine Meldung in der SZ auf. Da stand, dass ein gerade mal 10-Jähriger einen Einbruch verübt hätte. Auf der Wies'n. Und zwar genau in der Kasse vom Autosooter-Schausteller. Dabei hat er so viele Chips entwendet, wie er nur tragen konnte... (Dieser Beitag geht beim nachfolgenden Link weiter)
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Angekommen
Endlich angekommen. Wer kennt das Gefühl nicht? Nach einer langen Reise endlich am Ziel angelang zu sein. Vor Anker gehen. Sich niederlassen. Im Hafen angekommen sein. Mir scheint, was man im übertragenen Sinne mit Reisen verbindet, trifft ebenso auf Menschen und Marken zu. Man weiß entweder wohin die Reise geht. Oder man reist umher, um den Ort zu finden. Oder noch schöner, der Ort findet einen selbst. Somit sind alle auf Reisen. Um anzukommen. An einem Ort, an dem man regelrecht fühlt, dass man da ist. Wenn ich über Ideen nachdenke, ist das ebenso. In Gedanken begebe ich mich auf Reisen. Reisen durch Informationen, Erfahrungen, Erinnerungen, Erkenntnisse, Erzählungen und vielen anderen Begebenheiten und Eindrücke. Aber wenn man am Ziel angekommen ist, dann spürt man das. Man weiß, dass man an der Lösung einer Aufgabenstellung angelangt ist. An seiner Lösung. Somit treffen wir ständig auf Menschen und Marken, die sich aufmachen auf eine Reise, oder die gerade reisen, und auf Menschen und Marken, die angekommen sind. Am Ziel. Ich beneide diese beiden. Denn sie sind da, wo sie hin wollten. Und können diesen Zustand nun genießen. Reisende können das nicht. Denn sie sind nie da, wo man sie gerade antrifft, weil sie eigentlich schon woanders sein wollten oder sollten. Reisende kann man deshalb nur ein Stück begleiten. Denn selten sind die Ziele dieselben. Vor allem, wenn Reisende kein Ziel definiert haben, sondern umherreisen... (Dieser Beitag geht beim nachfolgenden Link weiter)
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Donnerstag, 25. Januar 2007
They will never, ever come back
Es gibt Geschäfte und Berufe, die leben von der Einmaligkeit. Das
heißt, der Kunde kommt oder nutzt das Angebot in der Regel nur ein mal
im Leben. Deshalb bemüht sich auch niemand, einen bleibenden Eindruck zu
hinterlassen. Denn wie gesagt, der kommt nie wieder. Der Charakter
solcher Geschäftemacherei ist gleich. Ein Deal. Das war's. Eine
ähnliche Einstellung und ein ebenso bemerkenswert übler
Qualitätsanspruch schlägt einem auch entgegen bei Monopolen oder
Geschäften mit Abhängigen. Dealer haben keinen Empfang, an dem man
einen Latte Macchiato bekommt. Man wird in der Regel nicht von einer
hübschen Assistentin in den Konferenzraum begleitet. Nichts von dem. Das
genaue Gegenteil ist der Fall. Somit ist die Theorie von der hohen
Qualität und dem durchweg qualitativen Anspruch an alle Belange des
Angebots mehr als zweifelhaft. Bei Sex, Drogen und Rock'n' Roll scheint
es eine andere Vermarktungsstrategie zu geben. Nennen wir es mal
Underperformance. Also, das andere Ende von dem, was viele von und über
gutem/gutes Marketing verstehen. Auf welchem Papier sind Visitenkarten von
Prostituierten gedruckt? Wie viele Seiten hat die Imagebroschüre eines
Waffenhändlers? Die Welt des wirklich großen Geldes basiert auf
Underperformance. Dabei könnte sich so ein Drogenkartell sicher locker
wunderschöne Imagekampagnen leisten. Aber wo das große Geld läuft, da
ist von gutem Marketing nichts zu sehen. Sondern genau das Gegenteil.
Der Point of Sales ist oft übelst. Nass, kalt und voller seltsamer
Erscheinungen. Das Thema Rabatte und Preisnachlässe wird bei den
größten Branchen mit der sofortigen Beendigung der Geschäftsbeziehung
beantwortet. Mailings? Fehlanzeige. Aber nette, große Jungs mit klaren
Zahlungsaufforderungen, die gibt es. Drogen, Sex und Waffen machen
sicher den Großteil des weltweiten Umsatzes aus. Danach kommt lange
nichts. Aber trotz der großen Umsätze und der horrenden Gewinne - der
Rest der Welt hat nichts davon. Weil alle, die von diesen Geschäften
profitieren, auf Underperformance stehen und überzeugte
Marketinggegner sind. Ähnlich verhält es sich mit einer zweiten Zielgruppe,
die ich aber nicht in einem Atemzug mit der vorherigen nennen kann.
Nennen will und darf. Aber wie schaffe ich die Überleitung, ohne dabei
die political correctness zu verletzen?
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Mittwoch, 17. Januar 2007
Flexibilität
Wer hat sich denn diesen Blödsinn einfallen lassen, dass Menschen flexibel sein sollen? Heute so und morgen so. Machen Sie sich mal locker, seien Sie flexibel. Ja spinnen die denn alle? Ich kann doch nicht jeden Tag Kinder in andere Kindergärten verfrachten oder auf neue Schulen. Noch eine neue Sprache hier. Und eine neue Position dort. Rein in die Schuhe, raus aus den Schuhen. Die können mir erzählen, was die wollen. Das liegt nicht in der Natur der Sache. Womit ich in diesem Fall mal den Menschen meine. Das Business kann auf Sicht ja nur von Leuten gewuppt werden, die aus welchen Gründen auch immer keine Familienplanung haben, aber von Familien keinen Plan. Diese ständigen Wechselbäder der Gefühle hält doch keiner aus. Da sitzen doch nur noch Manager mit Alpträumen herum. Wie erkläre ich das meiner Familie? Die sind mit ihren Gedanken doch ständig woanderes. Aber nicht bei der Sache. So gefühl- und herzlos können viele, aber nicht alle sein. Mein Mitgefühl haben diese Menschen, denen man alle paar Tage wieder die Wurzeln abschneidet. Wie sollen so wichtige Verbindungen entstehen? Wie sollen so Familien sich entwicklen können? Wie soll so Vertrauen und Zutrauen entstehen? Das alles für diese Flexibilität. Also, wenn ihr mich fragt, das ist ausgemachter Blödsinn. Menschen sind nicht flexibel, wenn es um ihre Gefühle geht. Sollen sie auch nicht sein. Gibt es eine zweite Version von Liebe, eine zweite Variante von Familie, eine andere Art von etwas wie (halb)wahre Freundschaft? Da wäre mir was entgangen. Die fehlende Verbindung dieser Menschen zu den wesentlichen Wesensmerkmalen drückt sich in dem aus, was man von außen gerade bedenklich bestaunen kann und muss. Das sind Menschen mit einer offensichtlichen Flexibilitätserkrankung.
Fetzen
Alles fliegt in Fetzen. Es bleibt keine Zeit, sich 10 Gänge zu geben. Das muss alles auf einmal gehen. Vor Jahren dachte ich schon, ob man das machen kann, was die damaligen 3 Tenöre taten. Die Filetstückchen aus der Opernbrust reißen und zu einem unterhaltsamen Potpurrie zusammenstellen. Geht das? Natürlich geht das, aber macht man das? Hat denn niemand mehr Zeit, sich gesamte Werke zu verinnerlichen? Liest man irgendwann keine Bücher mehr, sondern nur noch die Zusammenfassungen? Das Zerfetzen in kleine Häppchen, die gerade mal so in überfüllte Tage passen, erstreckt sich über alle Disziplinen der Kultur. Das Große und Ganze kennt kaum noch jemand. Interessiert auch niemanden mehr so richtig. Es reicht, das Wesentliche zu kennen. Sogar beim Essen ist es längst so weit. Das Wichtigste löst man sich morgens in Wasser auf. Und alles andere wird hastig in munderechten Häppchen gereicht. Fingerfood nennt man das. Der Fernsehzapper schaut schon lange keine Filme mehr. Sondern kreiert aus allen Programmen sein eigenes Programm. Die Kolumnen in den Zeitungen werden meist zuerst gelesen. Kurz, knapp und unterhaltsam oder nachdenklich. Das reicht. Die Krönung der Kulturfetzen-Entwicklung ist - wie soll es auch anders sein - das Internet. Und es geht weiter. Das Sampeln der Extrakte, der Konzentrate geht munter weiter. Das Best of der Best of. Was bleibt am Ende zum Beispiel von den Blauen Reitern? Anonyme Alkoholiker, die auf Pferde umsatteln mussten, weil sie den Lappen verloren haben? Porgy und Bess, sucht man die verzweifelt in der englischen Football Premier League? Hamlet, was für ein Häppchen rezitieren wohl die 3 Actors, wenn sie 2 Stunden die besten Passagen aus der Theaterwelt komprimiert zum Besten geben? Wer will schon Bruno Ganz 6 Stunden als Hamlet sehen? Das hält doch keiner mehr aus. Wieviel Mails verpasse ich in 6 Stunden, wieviel SMS und Anrufe und Kommentare? Kein Mensch kann sich mehr 6 Stunden aus dem Rennen der Erreichbarkeit nehmen. Deshalb geht das Zerkleinern, Zerfetzen munter weiter. Mund- und vor allem kopfgerecht. Mehr geht nun mal nicht mehr rein.
(Foto: Peter von Felbert; Motiv: mörderischer Sommer)
7:0 - Das könnte ein Zeichen sein
7:0. Im Mai 2006 sind wir gestartet mit dem note blog. Sieben Monate folgten bis jetzt. Und alle waren immer von mehr Besuchern gekrönt, als die Vormonate. Bis heute. So kann und wird es natürlich nicht weiter gehen. Obwohl?! Aber man könnte es auch als positives Zeichen sehen. Oder verstanden wissen. Wenn man will. Ich will. Ohne Linkschleudern, ohne Blog-Rolls, ohne Abmahnung und die ganzen anderen legalen und illegalen Versuchungen, egal wie, Hauptsache Traffik für einen selbst zu gewinnen. Wir haben bis heute den Versuchungen der Quantität widerstanden. Mit dem Blick auf eine Qualität. Die eventuell nur wir so sehen. Aber einer muss ja ein Auge drauf haben. Und die Serie ist noch lupenrein. Die Serie steht: 7:0. Und im Monat 8 scheinen wir die "0" locker zu halten.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Strafraumbeherrschung)
Dienstag, 16. Januar 2007
Ich würde so unheimlich gerne wissen, wie es ausgeht
Das Schöne und Schreckliche an Visionen, Ausblicken und Vorhersagen: Das Ergebnis erlebt man selbst so gut wie nie. Das macht mich ganz wahnsinnig. Denn der Ausgang so einiger Zukunftsperspektiven würde mich brennend interessieren. Nicht nur die düsteren, sondern auch die hoffungsvollen. Aber ich werde es nicht erleben. Und es gibt keinen Weg, das zu ändern. Keine Mail ins Jenseits. Nichts. Denn ich ahne, dass ein Großteil der ganzen Vorhersagen ganz anders ausgeht, als sich das alle vorstellen. Das wäre nicht neu. Die Zukunft vorherzusagen ist in der Regel immer schief gegangen. Deshalb würde mich es so unheimlich und riesig freuen, wenn alles mal wieder so ganz anders läuft als alle einem weiß machen wollen. Aber das ist das Schöne und zugleich Schreckliche daran. Die einen werden für ihre Theorien nicht mehr zur Rechenschaft gezogen und die anderen müssen es mal wieder ausbaden. So lief und so läuft es immer. Wie geht das aus mit den Religionen, mit dem Aussterben der Deutschen, mit der Umwelt, mit dem Hass, mit der Dritten Welt? Wann ist der Tag da, an dem das Öl aus ist, wirklich aus? Diese Menge von Fehleinschätzungen, die in allen erdenklichen Aspekten widerlegt und übertroffen wird. Weil es uns nämlich gänzlich an Vorstellungskraft fehlt. Uns fehlt die Vorstellungskraft für alles Wesentliche. Es gibt keine Rechenschaft in der Zukunft für das, was man in der Gegenwart für einen Blödsinn geredet hat. Oder wie dumm man gehandelt hat. Somit tut sich der Verdacht auf, dass die meisten Theorien in ihren Auswirkungen so weit in die Zukunft terminiert werden, dass man selbst nichts mehr davon abbekommt. Eigentlich kann man behaupten was man will. Es ist wirklich egal. Man darf das Ende nur nicht erleben. Das Ergebnis. Das könnte übel ausgehen. Und wir profitieren nun mal leider nicht alle von dem genialen Umstand, der zum Beispiel Politiker begleitet. Die retten die Wahlen, die sie nicht gewinnnen. Oder die Bilanzen in AGs. Da gehts mit einem Handgeld, das man unmöglich mit den eigenen Händen tragen, geschweige denn bewegen kann, an die frische Luft. Der normale Mensch wird für alle seine tollen Pläne und Vorhersagen jeden Morgen in den Hintern getreten. Eigentlich sind wir alle eine Art schlecht bezahlte Fußballtrainer. Die man immer, wie bitter, beim Wort nimmt. Oder am zählbaren Ergebnis misst. Oder noch schlimmer, deren eigene Ziele von den immer schlechten Launen anderer abhängig sind. Ach, wie gerne würde ich Mäuschen spielen und für einen Tag alle 250 Jahre noch mal zurückkommen dürfen. Um mir ein Bild machen zu können, wie es um die alten Theorien bestellt ist und welche neuen im Umlauf sind.
(Foto: Peter vn Felbert, Motiv: Tankstelle)
Montag, 15. Januar 2007
Die Säure in meinem Körper
Da ist diese Säure in meinem Körper. So lange diese basisch ist, so eine Art PH-neutral, komme ich ganz gut mit mir klar. Und ich denke und hoffe, meine Umwelt auch. Wenn diese aber alles andere als neutral ist, dann wird es unangenehm mit mir. Mir mit mir selbst und unvermeidlich auch meiner Umwelt mit mir. Dann frisst sich diese Säure durch alles, was mir lieb und teuer ist. Dann ist meine Geduld kein Faden mehr, sondern nur noch ein sehr, sehr kurzes und ebenso sehr, sehr dünnes Fädchen. Diese Säure bringt es leider mit sich, dass sie einiges in Mitleidenschaft zieht. Auch Dinge, die mir nah sind, sehr nah. Die zerstörerische Kraft dieser zähen Säure, die sich wie ein Lavastrom durch meinen Körper und mein Bewusstsein wälzt, ist enorm. Sie macht keinen Halt vor nichts. Aus Mücken werden Elefanten. Reihenweise. Alles ergibt keinen Sinn mehr. Alles verliert seinen angestammten Wert. Plötzlich ist alles, was gut war, im nächsten Moment nicht mehr gut genug. Und dann unausstehlich. Vor allem, wenn ich zur ungewollten Ruhe komme, dann setzt sich die Säure in Bewegung. Erst tropft sie auf meine Zuversicht und mein Selbstbewusstsein. Aber dann fließt ein kleines Rinnsal voller Zweifel und Ungereimtheiten durch mich durch. Es ist wie Sodbrennen. Nein, es ist schlimmer. Es ist außer Kontrolle. Somit habe ich immer ein Unwohlgefühl, wenn ich ungewollt zur Ruhe kommen soll. Ebenfalls ein Auslöser sind programmierte Gefühle, die abgerufen werden sollen. Dann ergießt sich explosionsartig die Säure über meine Gefühlswelt. Der ich dann natürlich entfliehen muss. Will. Aber nicht kann. Weil ich eingebunden bin in Verantwortungen. Da kann man sich nicht einfach so gehen lassen. Obwohl jeder merken muss, wie ich leide unter diesem negativen Einfluss. Da hilft dann nur noch fliehen, sonst zerstört diese Säure einfach alles. Was sie kann und schon bewiesen und getan hat. Somit bin ich versucht, vorsichtig zu sein. Aber der Umgang mit dieser ätzenden, emotionalen Säure ist sehr schwer. Am Anfang brennt es. Und auch noch nach einer Weile genügt noch immer ein Tropfen, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Leid tut es mir immer um meine Umwelt, die das ertragen muss. Oder nicht mehr ertragen will. Denn das bin nicht wirklich ich, das ist diese Säure in mir. Die frisst sich in und durch meine Seele. Ich sollte das nicht mehr zulassen. Denn wieviel Dinge, die mir nah sind und zugleich lieb und teuer, sind es noch Wert, dass ich sie verliere? Oder dass diese auf eine unerträgliche Distanz zu mir gehen? Ich kann doch nicht immer wieder von vorne anfangen. Immer wieder in der Hoffnung, dass die Säure nun nicht mehr in meinen Adern fließt. Bis mich die Erkenntnis erreicht, dass es wieder nur bis zum nächsten Mal war. Damit muss Schluss sein. Ich sollte nicht weiter versuchen, alle Quellen, die mir als Auslöser bekannt sind, abzustellen, oder diesen auszuweichen. Sondern diesen zu begegnen. Vor allem der Einsamkeit mit mir selbst. Der Erwartungshaltung an mich. Und dem unnötigen Druck, den ich mir aus unerklärlichen Gründen auferlege. Ich muss und ich werde gelassener werden. Denn das würde mich enorm voran bringen. Vor allem als Mensch. Aber dafür gibt es eine Menge Geschichten, denen ich mich aussetzen und denen ich begegnen muss. Denen ich mich stellen muss. Vor allem Geschichten aus der Vergangenheit. Aber nicht weniger aus der Gegenwart. Damit die Zukunft vor allem ohne eins wird, ohne diese Säure in meinem Körper. Das wäre wunderbar.
(Foto: Peter von Felbert)
Donnerstag, 11. Januar 2007
auch das muss mal gesagt werden.
und wir freuen uns auch aufs iphone wie doof. waere da nicht die kleinigkeit mit dem namen.
das trademark iphone gehoert seit dem jahr 2000 zu cisco systems.
wir alle leben von ideen und geistigen eigentum. bilder stehlen ist nicht gut, texte stehlen ist nicht gut, und namen stehlen auch nicht. "iphone" gehoert nicht apple, und alle versuche des eigentuemers mit apple zu cooperieren ignorierte apple.
aber lest selbst. hier eine stellungnahme aus dem cisco blog von mark chandler, cisco's svp and general counsel
Klassik
Zu viel Jazz hier. Zu viel Improvisation hier. Deshalb möchte ich genau an dieser Stelle noch mal eine Lanze für die Klassik brechen. Lasst mal das ganze Lametta, den ganzen Staub, die Abonnenten-Nummer und die ganze Abendgarderobensache bei Seite. Das ganze arrogante, überhebliche und schickimickihafte Theater. Ihr müsst dieses ganze Brimborium bei Seite schieben und da lassen. Und euch nur der Musik widmen. Dann werdet ihr etwas Ungeheures erleben und erkennen. Aber man muss es hinbekommen, dieses ganze Elitäre mit aller Gewalt zu verdrängen. Und sich zum eigentlichen Ereignis vorzuarbeiten. Oder sollte ich besser sagen durchzubeißen. Dann geht eine Pforte auf, ein Tor und lässt eine Welt herein von ungeheurer Klarheit, Schönheit und Brillanz. Wer vom Anblick des Meeres nicht genug bekommt. Oder fassunglos sich Sonnenuntergänge in den Bergen reinzieht. Wer große und kleine Gefühle liebt. Die ganze Welt des Schönen, der Wirklichkeit und all dessen, was uns ein Leben lang umgibt, ist schon mal vertont worden. Und zwar so, dass es nicht besser geht. Hört Beethoven, Mozart, Brahms, Mahler, Bruckner, Tschaikowsky, Stravinsky, Ravel, Mendelssohn und Bach. Mit gutem Gewissen kann ich von mir behaupten, dass ich so gut wie keine Ahnung davon habe, aber mein Gefühl kann mich unmöglich so täuschen. So intensiv und schon so lang.
(Foto: Peter von Felbert; Motiv: Münchner Symphoniker)
Warum? Warum eigentlich nicht?
Selbstbestimmung. Selbstbeherrschung. Selbstbefriedigung. Selbsthilfe. Selbstaufgabe. Selbstverliebtheit. Vieles redet von einem selbst. Aber ständig wird man durch anderes und andere davon abgehalten. Dabei sollte man sich selbst doch am nächsten sein. Ein wenig selbstherrlich kann doch nicht schädlich sein. Das ist doch alle male besser, als immer anderem und anderen den Vorzug zu geben. Wenn jeder an sich selbst zuerst denkt, ist an alle gedacht. Sagt ein Sprichtwort. Auch dies ist nicht von mir selbst. Selbstbildnis. Selbstfindung. Selbsteinschätzung & Selbstüberschätzung. So vieles dreht sich offensichtlich um einen selbst, aber man merkt davon nicht viel. Also, warum eigentlich nicht sich selbst in den Mittelpunkt des eigenen Interesses stellen? Sich selbst gerecht werden. Das kann man doch unmöglich schaffen, wenn man allem und allen anderen ständig alles Recht machen muss. Selbstportrait. Ist das ganze Leben nicht wie das Gestalten des eigenen Kunstwerkes? In dem man sich selbst wenigstens annähernd wiedererkennen sollte? Wenigstens man sich selbst. Aber wo kämen das und die alle denn hin, wenn man sich selbst nicht ständig zurücknehmen würde? Nicht weit. Das ist offensichtlich wie auf einer Gallere. Man kommt besser voran, wenn viele andere für einen selbst rudern. Man muss ihnen nur verdeutlichen, dass sie das für sich selbst tun. Rudern für andere als Selbsthilfe. Der lange, sehr lange Weg zu dir selbst. Ich glaube, wer immer für andere rudert, der findet nicht zu sich selbst. Der hat andere sehr komfortabel und bequem an deren Ziele gerudert. Selber Schuld. Hat da jemand selber Schuld gesagt? Ich habe es genau gehört. Und ebenso verstanden.
(Foto: Anne Eikenberg)
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