Freitag, 26. Januar 2007
Darf ich eben mal schnell?
An Flughäfen kann man besonders gut eine bestimmet Spezies von Menschen beobachten. Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich es liebe, Menschen zu beobachten? Ich bin geradezu süchtig danach. Oft stiere ich so genau, lange und intensiv hin, dass der Beobachtete es bemerkt. Und das nicht unbedingt als sympathisch empfindet, sondern eher als unangenehm, als Anmache oder Spionage. Aber egal, zurück zum Thema. In der freien Wildbahn des Flughafens kann man besonders schön die Businessflieger beobachten. Sonst leben diese ja auch sehr zurückgezogen im tiefen Dschungel der Büroraumwelten. Da sieht man nichts von denen. Aber auch gar nichts. Manchmal hört man etwas, oder liest. Aber an Flughäfen, da müssen sie raus. Ins Freie. Raus aus ihrer Deckung und sich in der freien Wildbahn behaupten. Meine Beobachtungslieblingsspezies sind die Schnelleren. Wenn ich einen erspähe, dann kann ich den Blick nicht mehr abwenden. Auch auf die Gefahr hin, dass dieser denkt, ich sei sicher schwul oder von der Konkurrenz. Das ist mir egal. Wäre ja auch nicht weiter schlimm. Mein Blick haftete an dieser besonderen Spezies wie der von Kindern an der Eistüte. Denn sie sind mehr als drollig. Unablässig versuchen diese alles, um schneller zu sein. Es gibt nichts, was diese nicht mit aller Gewalt schneller wollen. Schneller telefonieren. Schneller beim Check-in. Schneller bei der Kontrolle... (Dieser Beitag geht beim nachfolgenden Link weiter)
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Mittwoch, 24. Januar 2007
Mit Druck umgehen
"Mit dem Druck muss man umgehen können." Sagen einige. "Den Druck muss man aushalten können." "Der steht ganz schön unter Druck." Viele Formulierungen drehen sich um den Druck. Den Druck, unter dem Menschen stehen. Dem Druck anderer, dem eigenen Erwartungsdruck, dem öffentlichen Druck. Von allen Seiten kann Druck auf einen ausgeübt werden. Dabei soll Druck negativ sein und positiv. Die einen brauchen den Druck. Die anderen können mit Druck gar nicht umgehen. Die einen suchen geradezu den Druck. Die anderen weichen ihm aus wann, wo und wie es nur geht. Der Druck. Was ist das eigentlich genau? Hallo Druck. 5 Kilo Druck. Ist Druck gelb, blau oder braun? Ist Druck rund, oval oder eckig? Hat Druck einen Vornamen? Peter Druck? Nee, der heißt doch Struck. Ist Druck warm oder kalt? Laut oder leise? Mal ehrlich, gibt es jemanden, der jemals persönlich einem Druck begegnet ist? Der ein Meeting hatte und mit am Tisch saß der Druck? Ich glaube ja, Druck ist nur eine Erfindung, eine Einbildung. Druck ist so eine Art unbegründetes Schuldgefühl. Oder unkonkrete Angst. Druck ist nicht da, aber man spürt ihn. Das ist schon seltsam, denn so vieles geschieht mit dem Hinweis auf den berühmten Druck, obwohl es diesen physisch nicht gibt. Und psychisch scheint Druck auch nichts weiter als eine Fatamorgana zu sein. Je näher man dem Druck kommt, desto weiter entfernt er sich von einem. Ein Hirngespinst. Druck ist das, was man zulässt. Obwohl man es auch lassen könnte. Man kann nämlich Druck abauen. Wie Steinkohle? Siehe da, auch beim Abbauen ist vom Druck nichts zu sehen. Der geht, wie er kommt. Unsichtbar.
(Foto: Peter von Felbert)
Montag, 15. Januar 2007
Fluss-Prinzip
Das Schöne am menschlichen Fehlverhalten ist, dass man sich schon vorher ansehen kann, wie es nachher ausgehen wird. Denn alle Fehler sind oft schon älter und schon mal gemacht worden, nur an anderen Stellen als an denen, wo man gerade selbst ist. Dafür bedarf es nur der äußerst seltenen Fähigkeit der interdisziplinären, assoziativen, transzendentalen Wahrnehmung. Nehmen wir uns das Beispiel der Flüsse in der zivilisierten Welt. Der Mensch hat mal kurzer Hand das biologische Gleichgewicht mehr als durcheinander gebracht, in dem er die Fließgeschwindigkeit erhöht hat. Flussbetten begradigt. Auslaufzonen und Überlaufbecken gebaut. Dämme gebaut. Er hat Flüsse verschmutzt und sich deren ganze Naturlichkeit untertan machen wollen. Mit dem beeindruckenden Ergebnis, dass kein Leben mehr in den Flüssen war. Dass regelmäßig Hochwasser die Anwohner wegspülte. Mit den Flüssen flossen zunehmend tot bringende Katastrophen durchs Land. Der ehemalige Lebensspender hat sich durch den Eingriff des Menschen ins Gegenteil verkehrt. Nicht, dass der Mensch daraus gelernt hätte. Nein, er bekommt einfach zu oft nasse Füße und neuerdings steht das Wasser zu vielen bis zum Hals. Somit wird nun die 180 Grad Kehrtwende eingeläutet. Alles soll wieder wie früher werden. Fisches, sauberes Wasser, eine gesunde, klare, eine sprudelnde, fließende und frische Lebensader durch unser Dasein. Die wir gleichzeitig als Transportweg benutzen. Der Mensch muss also notgedrungen schwer zurück rudern. Diese Analogie läßt sich 1:1 auf viele Entwicklungen übertragen. Die Fließgeschwindigkeit ist gleichzusetzen mit unserer Entwicklungsgeschwindigkeit. Wir erhöhen an allen Ecken und Enden die Geschwindigkeiten und somit auch die Massen, die transportiert werden. Die Fluten dieser Konsumgesellschaft haben längst Opfer gekostet. Das Begradigen der Flussbetten ist das Mainstreamen des Angebots. Alles muss konsumfreundlicher werden. Alles muss schneller zu konsumieren sein. Immer mehr fließt immer schneller an uns vorüber. Die Hochwasser der Konsumgesellschaft spülen dann Tausende von Arbeitslose in die Arbeitsämter. Ganze Konzerne werden aus dem Land gespült. Immer mehr tote Geschäftsmodelle treiben mit den Konsumflüssen und so weiter und so weiter.
Somit kann sich jeder ansehen, wie es weiter geht. Und es gibt Anlass zur Hoffnung. Denn im Rhein schwimmen schon wieder Fische. Wenige, aber es werden mehr. Und viele Flüsse werden aufwendig wieder zurück in ihren natürlichen Verlauf entlassen. An vielen Stellen hat der Mensch angefangen, zu verstehen, dass man Naturgesetze nicht auf den Kopf stellen sollte. Aber noch mal: nicht weil wir schlauer sind. Sondern nur, weil wir nasse Füße bekommen. Deshalb stellt sich immer die Frage: Was sind die nassen Füße im übertragenen Sinne? Gibt es keine nasse Füße, gibt es keine Veränderung im Bewusstsein.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Alpen)
Donnerstag, 11. Januar 2007
Entdeckung des Tempolimits
In einer Konsumgellschaft entstehen ständig Trichter, Flaschenhälse oder andere Engpässe. Immer kommt Menge oder Masse nicht dahin, wohin sie soll. Es staut sich, wohin man schaut. Entweder weil es nicht abfließt, also aufstaut. Oder weil ein so großes Aufkommen herrscht, dass es nicht durch den Trichter passt. Die maximale Menge ist oft bestimmt. So ist alles extrem darüber oder darunter mit Problemen verbunden. Schmerzlichen. Teuren. Nervigen. Anstatt aber diese Engpässe zu überdenken und in ihren Spitzen genau zu betrachten, wird genau das Gegenteil getan. Man erhöht die Geschwindigkeit. Das Tempo. In der Hoffnung, der irrwitzigen Annahme, dass man mit 250 km pro Stunde schneller durch den Stau kommt. Die Physik ist zu diesen Themen eindeutig, aber unpopulär. Denn die würde oft das Tempo verlangsamen, um die Fließgeschwindigkeit optimal zu gestalten. Aber langsamer ist gleich unvorstellbar. Somit entwickeln wir Technologien und auch alles andere, was ein Zunehmen der Geschwindigkeit als primäres Interesse verfolgt. Und was noch wahnwitziger ist: eine Zunahme der Kapazitäten. Die Verjüngung eines Trichters oder eines Flaschenhalses ist ein Naturgesetz. Dem kann man nicht mit menschlicher Kleingeistigkeit begegnen. Tut man aber. Und das auch noch mit Vorliebe. Alles wird schneller und mehr. Mit dem immer selben Ergebnis. Die wichtigsten Qualitäten, die es zeitlebens zu erreichen gibt, kommen dabei zu kurz, gehen sozusagen im Geschwindigkeitsstau unter: Die Lebens- und die Arbeitsqualität. Aber wir haben ja noch ein paar 1000 Jahre daran zu arbeiten. Um irgendwann nicht zu der Erkenntnis zu gelangen, dass die schönsten Dinge auf der Welt reifen, wachsen, gedeihen, sich entwickeln. Alles hat seine Zeit. Wir haben unsere noch lange nicht gefunden. Oder gibt es schon Reisebücher, die da heißen: Im Schneckentempo durch Berlin. Oder Kochrezepte: In einer Woche ist es soweit.. Oder Schilder auf denen steht: Tempo 120 auf den Autobahnen? Alles wird kommen. Die Zeit ist da unerbitterlich. Am Ende lehrt sie uns immer, die angemessene zu akzeptieren.
(Foto: Peter von Felbert; Modell: Achim)
Dienstag, 2. Januar 2007
Hauptsache ist für viele Nebensache
Alles hat einen Wert, eine Ordnung, einen Rang. Somit hat alles eine Priorität. So weit, so gut. Klingt einfacher, als es in Wirklichkeit ist. Denn das Problem liegt in dem kleinen Wörtchen "Jeder" begründet. Es gibt nicht nur ein, mehrere oder viele Rangreihen oder Prioritäten, sondern so viele, wie es Menschen gibt.
Und jeder will seine entweder verfolgt sehen oder bedient die anderer. Dadurch kommt vieles aus dem Gleichgewicht. Denn es gehört zur gesunden Entwicklung einer Persönlichkeit dazu, seine Prioritäten zu entdecken, kennen zu lernen und diesen letztendlich konsequent und kontinuierlich zu folgen.
Aber das bedeutet Anarchie der Persönlichkeiten. Deshalb hat das System verständlicherweise etwas dagegen, wenn sich jeder auf den Weg machen würde, sich selbst zu verwirklichen. Wer verwirklicht dann die Interessen derer, die am berühmten längeren Hebel sitzen? Um hier Nebensachen und Nebenschauplätze in das Zentrum des Interesses aller zu rücken und somit zur Haupsache aller zu machen, gibt es geeignete und sehr gut funktionierende Werkzeuge.
Als da wären der Neid, die Eitelkeit, die Missgunst, der Minderwertigkeitskomplex, das Statussymbol, der Konsum und viele wirksame Instrumente mehr. Diese schaffen es, einen Großteil Nebensachen zur Hauptsache zu machen. Wie Statistiken einwandfrei beweisen. Der Mensch geht sogar so weit, dass sein Unrechtsbewusstsein für das Verfolgen von Nebensachen außer Kraft gesetzt wird. Er lässt sich fast lebenslänglich zu einer Art Beschaffungskriminalität hinreißen. Dabei soll der Zweck den Einsatz der Mittel heiligen.
Somit ist eine ganze Gesellschaft aus dem wichtigen Gleichgewicht geraten. Weil sie die individuellen Hauptsachen nicht berücksichtig, nicht pflegt und verfolgt. Sondern die Nebensachen in den Mittelpunkt des Interesses aller rückt. Würde man ältere Menschen nicht nur fragen, sondern ihnen auch Glauben schenken, dann wären die wesentlichen Werte als die Hauptsachen ihres Lebens gänzlich andere als die des Rests der Gesellschaft. Und die Augen dafür haben sich auch erst in den späteren Jahren geöffnet.
Aber nun ist es zu spät, ein Menschenleben ist nun schon fast rum. Aber was für ein Glück, dass die meisten Menschen wenigstens mit dem richtigen Bewusstsein das Zeitliche segnen. Wäre doch schlimm, wenn diese Nichtigkeiten der Nebensachen diese bis ins Grab verfolgten. Es reicht doch, dass es gerade diese sind, die viele ins Selbige bringen.
Gleichgewicht heißt nicht, ins andere Extrem überzuschwenken und nun nur die individuellen Hauptsachen in den Fokus zu stellen. Nein. Sondern die angemessene, passende und augewogene Reihenfolge der eigenen Prioritäten zu entdecken und zu verfolgen. Deshalb gilt auch hier nicht das Prinzip: entweder oder, sondern: sowohl als auch.
(Foto: Peter von Felbert)
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