Mittwoch, 31. Januar 2007
Das Geschäft meines Lebens
Es war 1986. Es ist lange her. Und liebes Finanzamt, ihr könnt mir nichts mehr. Ich war jung, es ist längst verjährt. Wir haben Weihnachtsbäume verkauft. In Köln. Köln Müngersdorf. Und wir haben Weihnachtsbäume da aufgestellt, wo einer hinmusste und wo jemand einen wollte. Unser Trumpf war dieser Junge aus dem Kölner Klüngel. Seinen Vater kannte jeder. Deshalb waren in diesem Jahr so gut wie alle Bäume von uns. Der 16 Meter Brocken vor der Gothaer-Versicherung. Und das 16 Meter Ding in der Halle der Kreissparkasse auf dem Neumarkt. Die teuersten Restaurants, Versicherungen und Banken. Bis hin zum Sex-Shop, wir haben mit oder ohne Ständer aufgebaut. Der Junge, die lebende Eintrittskarte, kam ganz nach seinem Vater und liebte alles, wo sein Name drunter oder drauf stand. Deshalb durfte er alle Rechnungen schreiben und alles quittieren, was man unterschreiben konnte. Das tat er mit einer Leidenschaft, die mich noch heute begeistert. Wir waren zu dritt. Und wir teilten fast brüderlich. Wir zwei hatten die harte körperlicher Arbeit, deshalb nahmen wir uns entsprechend mehr vom Kuchen. Das war okay. Wir haben die Bäume selbst gesägt, verpackt und hin und her gefahren. Angeliefert und aufgebaut. Wir haben 4 Wochen reingehauen wie wir konnten. Und am Ende sprang eine Summe dabei raus, die mich bis heute beschäfigt. Sehr sogar. Sonst würde ich die Geschichte nicht erzählen. Aber wir sind im Web, deshalb gibt es keine weiteren Namen und keine Zahlen. Nur so viel - Wow!
Sogar der Familie Ludwig haben wir einen Baum angeliefert und aufgestellt. Das war der kulturelle Höhepunkt dieser Aktion. Und ich wache noch heute alle Jahre wieder auf und sehe das ganze Bargeld vor mir - Wow.
Die Story kommt vom Termin für einige sicher etwas zu spät. Denn für die liegt Weihnachten gerade hinter uns. Für einig kommt sie etwas zu früh, denn Weihnachten liegt ja noch weit vor uns. Mir ist das Timing in diesem Fall mal egal. Eine Story, ist eine Story, ist eine Story.
Montag, 29. Januar 2007
Ideen gießen
Ideen auf den Tisch. Jede Idee muss über kurz oder lang auf den Tisch der Tatsachen. Und liegen sie nun. Eine neben der anderen. Und jetzt wird es ganz menschlich. Fast humanistisch. Wenn ich nur darüber nachdenke, wird mir noch ganz warm ums Herz. In allen Konferenzräumen der Welt in Werbeagenturen spielt sich ein ähnliches Schauspiel ab. Da gibt es den Favoriten. Die Idee, die alle toll finden. Und da gibt es die ganz gute Idee. Die auch nicht so übel ist. Und die Idee, an der was dran ist. Man weiß nicht genau was. Aber irgend etwas hat diese Idee. Und anstatt mit der ersten Idee ins Renne zu gehen, wird jetzt Stunde um Stunde aufgewendet, alle tun ihre Meinung kund, wie man der schwächsten Idee auf die Sprünge helfen könnte. Wie man der eingegangenen Primel neues Leben einhauchen kann. Das habe ich nie verstanden. Warum nicht der positiven Energie der ersten Idee folgen und diese einfach Wirklichkeit werden lassen? Nein, 80% der Kosten, der Zeit, der Energie werden dafür vergeudet, einer Idee auf die Sprünge zu helfen, die nur einen Sprung schafft. Den in den Papierkorb. Aber so ein kaltes Herz hat der Kreative nicht. Da wird aufgepeppelt, noch mal ran gegangen, optimiert und probiert. Um am Ende, nämlich 24 Stunden vor der Präsentation, zu erkennen: Die ist scheiße. Was ist eigentlich mit der ersten Idee? Die war doch toll. Bis heute denke ich mit Grauen an diese Meetings zurück. Und ich habe mir geschworen, Ideen, die nichts taugen, werden wie Unkraut gezupft, und frisches Wasser und Pflege bekommt nur die Idee, die von Anfang an einem entgegen sprießt. Das tut so gut. Und niemand hindert mich daran. Wunderbar. Was für ein Glück habe ich, dieses Kapitel lange hinter mir gelassen zu haben. Die hat was, die Idee? Dass ich nicht lache. Die hat was, und zwar nichts. Basta.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Gießkannen)
Glaube versetzt Märkte
Schon lustig zu sehen, wieviele Theorien sich darum ranken, mit welchem Zaubertrank und Marketingmix man die Gunst des Konsumenten für sich gewinnen kann. So gibt es eine Reihe von Glaubenskriegen im Marketing. Vor allem geführt von den Ungläubigen. Die einen glauben an nichts. Die glauben nur an Zahlen. Und zwar genau so lange, wie Zahlen ihnen Recht geben. Wenden sich die Zahlen gegen dieselben, dann fallen diese schnell vom Glauben ab. Dann gibt es diejenigen, die an die Technik glauben. Die ausschließlich auf den Vorteil, die Überlegenheit und die Ratio als Entscheidungsgrundlage setzen. Ein schöner Glaube. Der meist etwas mit Marktbeherrschung, Monopolen und anderen Verschiebungen von Realitäten zu tun hat. Nur an die Technik zu glauben als die wesentliche Marken- und Kaufentscheidung muss man sich leisten können und dürfen. Denn auch deren Anhänger fallen schnell vom Glauben ab, wenn sie versuchen müssen, außerhalb ihres übernatürlichen Einflussbereiches zu bestehen. Da glaubt ihnen das nämlich niemand. Auch sehr unterhaltsam ist die Glaubensgemeinschaft der Preiskrieger. Die glauben wirklich, dass nur ein besserer Preis die Gunst des Kunden gewinnen kann. Das glauben sie in der Regel so lange, bis der letzte, billigste Preis gemacht wurde und ein Markt und/oder ein Produkt werterschöpft zu Grunde geht, stirbt und zu Grabe getragen wird. Viele Glaubensrichtungen drängen sich um die Kaufentscheidung. Bei wenigen davon lohnt es sich, ihr nur einen Funken glauben zu schenken. Wer nicht an die Macht der Marke glaubt, dem will ich schon mal gar nicht helfen.
(Foto: Peter von Felbert; Motiv: Maria mit Kind im Wasserglas)
Freitag, 26. Januar 2007
Darf ich eben mal schnell?
An Flughäfen kann man besonders gut eine bestimmet Spezies von Menschen beobachten. Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich es liebe, Menschen zu beobachten? Ich bin geradezu süchtig danach. Oft stiere ich so genau, lange und intensiv hin, dass der Beobachtete es bemerkt. Und das nicht unbedingt als sympathisch empfindet, sondern eher als unangenehm, als Anmache oder Spionage. Aber egal, zurück zum Thema. In der freien Wildbahn des Flughafens kann man besonders schön die Businessflieger beobachten. Sonst leben diese ja auch sehr zurückgezogen im tiefen Dschungel der Büroraumwelten. Da sieht man nichts von denen. Aber auch gar nichts. Manchmal hört man etwas, oder liest. Aber an Flughäfen, da müssen sie raus. Ins Freie. Raus aus ihrer Deckung und sich in der freien Wildbahn behaupten. Meine Beobachtungslieblingsspezies sind die Schnelleren. Wenn ich einen erspähe, dann kann ich den Blick nicht mehr abwenden. Auch auf die Gefahr hin, dass dieser denkt, ich sei sicher schwul oder von der Konkurrenz. Das ist mir egal. Wäre ja auch nicht weiter schlimm. Mein Blick haftete an dieser besonderen Spezies wie der von Kindern an der Eistüte. Denn sie sind mehr als drollig. Unablässig versuchen diese alles, um schneller zu sein. Es gibt nichts, was diese nicht mit aller Gewalt schneller wollen. Schneller telefonieren. Schneller beim Check-in. Schneller bei der Kontrolle... (Dieser Beitag geht beim nachfolgenden Link weiter)
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Mittwoch, 24. Januar 2007
Mit Druck umgehen
"Mit dem Druck muss man umgehen können." Sagen einige. "Den Druck muss man aushalten können." "Der steht ganz schön unter Druck." Viele Formulierungen drehen sich um den Druck. Den Druck, unter dem Menschen stehen. Dem Druck anderer, dem eigenen Erwartungsdruck, dem öffentlichen Druck. Von allen Seiten kann Druck auf einen ausgeübt werden. Dabei soll Druck negativ sein und positiv. Die einen brauchen den Druck. Die anderen können mit Druck gar nicht umgehen. Die einen suchen geradezu den Druck. Die anderen weichen ihm aus wann, wo und wie es nur geht. Der Druck. Was ist das eigentlich genau? Hallo Druck. 5 Kilo Druck. Ist Druck gelb, blau oder braun? Ist Druck rund, oval oder eckig? Hat Druck einen Vornamen? Peter Druck? Nee, der heißt doch Struck. Ist Druck warm oder kalt? Laut oder leise? Mal ehrlich, gibt es jemanden, der jemals persönlich einem Druck begegnet ist? Der ein Meeting hatte und mit am Tisch saß der Druck? Ich glaube ja, Druck ist nur eine Erfindung, eine Einbildung. Druck ist so eine Art unbegründetes Schuldgefühl. Oder unkonkrete Angst. Druck ist nicht da, aber man spürt ihn. Das ist schon seltsam, denn so vieles geschieht mit dem Hinweis auf den berühmten Druck, obwohl es diesen physisch nicht gibt. Und psychisch scheint Druck auch nichts weiter als eine Fatamorgana zu sein. Je näher man dem Druck kommt, desto weiter entfernt er sich von einem. Ein Hirngespinst. Druck ist das, was man zulässt. Obwohl man es auch lassen könnte. Man kann nämlich Druck abauen. Wie Steinkohle? Siehe da, auch beim Abbauen ist vom Druck nichts zu sehen. Der geht, wie er kommt. Unsichtbar.
(Foto: Peter von Felbert)
Ideenfilter & Ideenmischung
Jede Idee muss durch Filter und besteht aus einer optimalen Mischung. Im Laufe eines Lebens verändern sich die Filter und Mischungen. Vor allem, wenn man die Gehaltsleiter Schritt für Schritt nach oben steigt. Immer mehr Leute reden einem rein. Immer mehr Filter verändern das eigentliche Ergebnis. Bis zur Geschmackslosigkeit. Unglaublich, aber wahr, aber das Ergebis ist oftmals der kleinste gemeinsame Nenner. Zu viele Meinungen sind der Idee Farblosigkeit. Die Idee verliert, um so höher man steigt, an allem, was sie mal ausgezeichnet hat. Hinzu kommt die richtige Mischung. Ideen sind am Anfang oft eintönig und gefärbt. Von dem ausgehend, was man kann. Man beherrscht bei weitem noch nicht, alle weiteren Aspekte in einer Idee zu berücksichtigen, die letztendlich ebenso über ihre Wirkung entscheiden. Texter machen Texter-Ideen. Kunden machen Kunden-Ideen. Art Direktorinnen machen Art-Ideen. Erst mit der Zeit gelingt es, alle Disziplinen in einer Idee zu vereinen. Was aber die Idee der jeweilige Disziplin nicht zur vollen Entfaltung kommen lässt. Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Die gute Idee hat Bedenken von allen Seiten. Denn dem einen ist sie nicht textlastig genug, dem anderen fehlt die Kundensicht und so weiter. So hat jede Idee ihr Freunde und ihre Feinde. Was nichts mit der Idee an sich zu tun hat. Sondern mit denjenigen, die diese beeinflussen. Wenn es einer wirklich schwer hat, dann die gute Idee. Weil der fehlt es oftmals an allen Ecken und Enden an Ecken und Enden.
(Foto: Peter von Felbert)
Dienstag, 23. Januar 2007
Über die Angst vor dem Fehler
Mein erster CD (Creativ Direktor) hat ganz am Anfang einen Schlüsselsatz zu mir gesagt. Es ist lange her, es war so um 1989. Ohne diesen Satz hätte ich nie den Mut aufgebracht zu schreiben: "Du musst gut schreiben, für richtiges Schreiben gibt es Lektoren." Dieser Satz hat mir mit einem Schlag klar gemacht, dass ich keine Angst haben muss vor Fehlern, denn es leben Menschen davon, dass Menschen wie ich Fehler machen. Die verdienen ihr Geld damit. So dachte ich mir, an mir werden einige sehr, sehr viel Geld verdienen. Dieses Statement hat geradezu glücklich gemacht. Denn würde ich fehlerfrei schreiben, hätten diese netten Menschen keinen Job. Somit sind Fehler, somit auch meine Fehler, Teil des Systems, das mir die Kraft gibt, mich auf das Wesentliche konzentrieren zu dürfen. Im Laufe der Jahre habe ich dann erfahren, was andere so abliefern und was berühmte Schriftsteller ihren glücklichen Lektoren zumuten. Wunderbar. Eine sehr schöne Symbiose. Meine Angst vor dem Fehler war wie verflogen. Und es kommt noch besser. Die meisten Lektoren sind Lektorinnen. Und sie liebten meine Texte, denn an denen konnten sie zeigen, was sie drauf hatten. Die Lektorinnen in der Agentur damals rangelten sich regelrecht um meine Texte. Im Zuge der Zeit treffe ich natürlich immer wieder Menschen, welche die Nase rümpfen, wenn sie meine Fehler sehen. Die Erklärung, dass ich Legastheniker bin, ändert an dem Rümpfen nichts. Macht es eigentlich nur noch schlimmer. Das hat mich immer irritiert. Warum Menschen nicht den Inhalt meines Schreibens wirken lassen und sich problemlos vorstellen können, dass man diesen auch bis auf das letzte Komma richtig schreiben kann. Sondern ganz im Gegenteil, kaum haben sie die ersten paar Worte überflogen, fangen sie an zu korrigieren und können so dem Inhalt unmöglich folgen. Mein Vater sagte mal, dass es im Auge weh tut, wenn man Fehler sieht. Man ist so programmiert auf Richtigkeit, dass viele nicht anders können. Zudem liefere ich natürlich eine wunderbare Angriffsfläche für alle, die sich gerne erhöhen wollen, oder die mich gerne so dominieren wollen. Denn sie geben mir das Gefühl von Lehrer und Schüler. Wenn ich die gesamte Zeit betrachte, kann ich nur sagen: Scheiß drauf. Ich kann die Menschen nicht ändern. Aber ich kann immer weiter schreiben. Ob und wem das gefällt oder nicht. Und wenn es mich nicht gäbe, gäbe es in Deutschland ca. 10.000 weitere arbeitslose Lektoren und Lektorinnen. Deshalb kann ich auf die Angst Fehler zu machen nur entgegnen: Diese ist unbegründet und wird nur zur unkontrollierten Angst, weil Menschen Deine Fehler benutzen, um Dir ein schlechtes Gewissen zu machen, sich über Dich zu erheben und vor allem eins - von ihren eigenen Fehlern abzulenken, die man bei weitem nicht so einfach korrigieren kann wie einen Kommafehler. Deshalb entziehe Dich, wenn Du kannst, Menschen, die dir fortlaufend nur Deine Fehler aufs Brot schmieren. Es gibt auch die anderen. Und unter deines Gleichen ist das Arbeiten und das Leben gleich viel wunderbarer.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Christof beim schreiben)
Änderungen
Die meisten Änderungen sind sinnlos. Aber als ob ein Hund sein Revier absteckt, so will oftmals jeder, der eine Idee sieht, etwas daran ändern. Damit es so auch zu seiner Idee wird. Aber im Prinzip könnte man sich den Großteil aller Änderungen sparen. Zudem machen die meisten Änderungen die Idee schwächer. Aber das ist dem Änderer egal. Er will sein Zeichen in Deiner Idee hinterlassen. Darum ist es nicht schlecht, eine Änderungssperre einzubauen. Das heißt, Änderungen allen so unangenehm zu machen, wie es nur geht. Die müssen über die Zeit regelrecht Angst haben, etwas ändern zu wollen. Das dauert. Das muss man sich mühsam und leider langsam erkämpfen. Zicke sein allein reicht da bei weitem nicht aus. Da muss man schon bereit sein, weiter zu gehen. Viel weiter. Denn wer nie anfängt, seine Idee zu verteidigen und durchzusetzen, der wird nie herausbekommen, wie diese funktiniert hätte, wenn alle anderen diese nicht versaut hätten. Darum muss man lernen zu unterscheiden, wer deiner Idee dienlich ist und wer nur an den Baum deiner Idee pissen will. Setz den Baum unter Strom und Starkstrom. Es muss weh tun. Und in Zukunft wohlüberlegt, durchdacht und bis ins Detail wasserdicht. Mache den Menschen den entscheidenden Unterschied zwischen einem Einfall und einer Idee klar. Der Einfall muss sich nie beweisen, wie die Bedenken und er muss das Ziel nicht erreichen, denn es war ja nur ein Einfall. Im Gegensatz zur Idee - die muss wirklich wirken. Deshalb muss man diese auch besonders beschützen. Mit Haut und Haaren wenn es sein muss. Wer anfängt, für seine Idee zu kämpfen, der hat angefangen, richtig gut zu werden. Besser als alle anderen, die nur ändern können, was sich andere ausdenken. Woher kommt sonst der Satz: Warum haben die Menschen mit der wenigstens Zeit immer auch die wenigsten Ideen? Ganz einfach, weil sie sich als Änderer und Bedenkenträger in ihrem Leben eingerichtet haben.
Montag, 22. Januar 2007
Ausdenken lassen
Wenn alles um uns schneller wird, dann auch das Denken. Somit türmt sich vor uns ein neues weiteres Hindernis auf. Wo es früher nur eine schreckliche Angewohnheit war, Menschen nicht ausreden zu lassen, schaffen wir es heute nicht mal mehr, andere ausdenken zu lassen. Wir fallen nicht mehr nur ins Wort, oder ergänzen die unausgesprochenen Sätze anderer. Nein, dasselbe machen wir auch mit Gedanken. Kein Zeit. Das muss alles schneller gehen. So haben Schnelldenker und Schnellredner einen großen Vorteil gegenüber allen anderen. Was aber in der Sache bei weitem kein Vorteil sein muss. Schnell ist nämlich keine Qualität. Sondern der richtige Gedanke braucht genau so lange, wie er benötigt, um richtig gedacht und formuliert zu werden. Mir fällt das in Meetings sehr oft auf. Dass ich bemerke, dass jemand einen nützlichen Gedanken denkt. Das kann ich erkennen. Im Gesichtsausdruck. Aber weil die nötige Geschwindigkeit fehlt und man der Auseinandersetzung ausweichen will, bleibt der Gedanke im Kasten. Das ist schlecht. Eine weitere schlechte Angewohnheit, die sich breit und breiter macht. Deshalb kann ich nur anregen: Lasst Menschen ausreden und ausdenken. Habt ein wenig Geduld. Manchmal ist man von einer genialen Lösung nur einen Geduldsmoment entfernt. Das ist nicht viel. Und es ist es wert, ihn einzuräumen. Die Zeit muss sein.
(Foto: Thomas Hintze, Motiv: Émile Zoal, Ort: Israel)
Roadway Management
Das Wissen, die Erfahrung, die Erkenntnis. Alles Wesentliche, was einen Job-Projektablauf betrifft, bleibt zu einem nicht unermesslichen Teil geistiges Eigentum dessen, der es gemacht hat. Somit wiegt der Verlust von Menschen während eines Jobs oder bei erneutem Verlauf schwerwiegender als der einer Festplatte. Das Wissensmanagement möchte diese Lücke schließen. Aber nur wenige tun das. Denn es erfordert eine wichtige Erkenntnis. Die, dass erworbene Fähigkeiten während einer Tätigkeit auch dem gehören, der einen dafür bezahlt, wenn man diese Tätigkeit ausübt. Aber diese Massen von Wissen verbleiben nicht in Unternehmen oder werden anderen nicht zugänglich gemacht. Ein ungeheures Kapital. Man stelle sich mal vor, dass der Streckenverlauf eines Jobs minutiös aufgezeichnet würde. Wieder und wieder. So dass jeder andere diesen Ablauf selbst verfolgen kann. Das ist so, als ob beim New York Marathon jeder selbst nach dem Weg fragen müsste. Es gäbe nicht die berühmte Linie. Die Natur ist uns da weit voraus. Und viele andere Disziplinen auch. In der Werbung mutet es geradezu lächerlich an, dass man bei jedem Werbemittel das Gefühl hat, fast bei Null anzufangen. Obwohl vieles zum x-ten mal gemacht wird. Aber niemand hat die exakte Wegstrecke, wie bei einem Rezept oder einem Marathon, aufgezeichnet. Nicht mal die Mondlandung könnte man aus heutiger Sicht rekonstruieren. Denn ein Großteil ist in den Köpfen derer, die dabei waren. Die digitale Technik macht uns es aber mehr als möglich, diese wichtigen Informationen festzuhalten. So dass alle immer wieder einfach derselben richtigen Wegstrecke folgen können. Jobs würden präsziser, einfacher und schneller verlaufen. Und was das Tollste daran wäre: Als Angentur würde man viel mehr Geld verdienen. Aber es setzt sich nicht durch. Der Mitarbeiter an sich bewertet seine Erfahrung als sein eigenes Eigentum. Und behütet dies wie den heiligen Gral. Was seltsam ist, wenn man sich die ganzen Urheberrechtsdebatten ansieht. Welches Urheberrecht hat denn ein Unternehmer an dem erworbenen Wissen seiner Mitarbeiter im übertragenen Sinne? Eigentlich keins. Somit geht das Wissen immer und immer wieder verloren, sobald ein Mitarbeiter, aus welchen Gründen auch immer, ausscheidet. Teuer. Sehr teuer.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Kletterwand Freeclimber)
Freitag, 19. Januar 2007
Timing
Das perfekte Timing ist alles. Und es ist das Ergebnis von zahlreichen Erfahrungen und daraus wertvoll abgeleiteten Erkenntnissen. Jeder Musiker weiß das. Jeder Koch. Alle, die kreative, komplexe Prozesse zu einem qualitativen Ergebnis führen wollen, dürfen und können, wissen: Timing ist alles. Alles muss auf den Punkt kommen. Warum sollte es also für alle kreativen Berufe und Berufungen gelten und für die Werbung nicht? Es gilt auch für die Werbung. Aber kaum einer hält sich daran. Wann kommen Werber ins Büro? Wann trudeln Werber gesetzmäßig zu einem Meeting ein? Wieviele Termine werden von Werbern, die diese selbst gemacht haben, auch gehalten? Ich weiß, wovon ich rede. Werber haben das Timing, also das zentrale Instrument für Qualität, noch nicht für sich entdeckt. Wenn ein Orchester sich so verhalten würde wie Werber, das wäre furchtbar. Die Hälfte wäre gerade mal zum Konzertanfang da. Einige würde nicht rechtzeitig aus der Pause zurück kommen. Einige wären mal wieder beleidigt und würden sich weigern mitzuspielen. Einige würden wieder so laut spielen, dass man nicht mehr wüsste, um welche Komposition es geht. Zudem würden noch während des Konzertes die Eintrittspreise plötzlich steigen. Und in der Regel würde man nicht das spielen, was angekündigt wäre, sondern was die erste Geige gerade glaubt, was besser passt. Das Chaos wäre kaum zu überbieten. Eine Ausnahme? Ein Zufall? Kaum! Man stelle sich mal vor, ein Rudel Werber würde in einem Restaurant arbeiten. Wahnsinn! Der Kellner würde ständig noch nachfragen: Entschuldigung, was haben sie bestellt? Die Karte würde ständig verändert. Das Küchenpersonal würde erst die Beilagen rausbringen und einige Zeit später erst das Fleisch. Und so weiter. Der Werber schießt sich vor allem ins eigene Knie, weil er das Timing ignoriert als das zentrale Wesen von Qualität. Andere wissen das. Sehr gut sogar.
(Foto:Peter von Felbert)
Die Wickie-Strategie
Wickie, Halvar, Tjure, Snorre, Urobe, Gorm, Ulme und Faxe bilden den harten Kern meiner Zielorientiertenumkehrstrategie. Ein Vertreter dieser Strategie ist ohne sein Wissen Wickie. Er beweist unzählige Male, dass ein Lösungsweg nicht am besten darin besteht, jedes kommende Problem zu beseitigen. Sondern dass es von großem Vorteil ist, sich eine Idee einfallen zu lassen, bei der das gesamte Problem in seinem vollen Umfang der Vergangenheit angehört. Und keine Probleme wie Trittbrettfahrer im Rucksack der Lösung mit sich bringt. Ein Großteil, auch der Vater von Wickie, geht den gewöhnlichen Weg, sich jedem Problem neu zu stellen, anstatt weit hinter das Problem zu schauen. Das können und wollen auch nur wenige. Wie in der Kinderserie zu sehen, ist das auch eine Frage der Fähigkeit und Bereitschaft, so umfassend, komplex und vor allem schnell nachdenken, ausdenken und umsetzen zu können. Wer will das schon?
Somit bleibt es wenigen vorbehalten, sich die Lösung am Ende des Problems in allen seinen Parametern der Beschaffenheit vorstellen zu können. Nicht nur das, sie berücksichtigen dabei zugleich auch alle möglichen neu auftretenden Probleme und beseitigen diese gleich mit. Obwohl diese noch gar nicht aufgetreten sind und auch nicht werden. Diese Art zu denken bezeichne ich gerne als Rückwärtsdenken. Man stellt sich die perfekte Lösung vor und geht von dieser zurück. Das ist so, als ob man an einem roten Faden wieder den Weg aus einer Höhle zurück findet. Bei dieser Art zu denken fixiert man alle Eckpunkte und/oder Meilensteine, so dass der Weg für alle klar und eindeutig ist. Man denkt bis ins Jetzt. Und genau von diesem Punkt geht es dann los.
Diese Art hatte der Namensgeber meiner Wickie-Strategie drauf. Er hat immer in kompletten Lösungen gedacht. Die zu Anfang immer keiner gänzlich verstanden hat. Aber das Vertrauen in Wickie war enorm groß. Der hat die Jungs und Männer unzählige Male aus jedem deep shit geholt. Der immer auswegsloser erschien, als die vor allem wieder mal völlig auswegslose Situation. Somit dacht er genau darüber nach, wie er weit hinter das Problem kam. Wieder bis nach Flake zu seiner Mutter, seiner Freundin und allem anderen, was ihm lieb und teuer war. Und genau auf diesem Weg sind ihm alle gefolgt, immer und immer wieder bis nach Hause. Cool. Perfekt. Eben die Wickie-Strategie. Rückwärtsorientiertes Lösungsdenken. Oder wie man es auch nennen will und soll.
Donnerstag, 18. Januar 2007
Generationskonflikt
Ich möchte nicht über Menschen reden. Sondern über Produkte (im Folgenden "P" genannt) und Dienstleistungen (im Folgenden "D" genannt). Früher gab es 3 Generationen von P&Ds. Die alte, die noch schnell weg musste. Die aktuelle, die gerade im Regal gelandet ist. Und die neue, die schon im Anflug war. Dieses Gerangel um einen Platz in der Konsumwelt hatte 2 bis 3 Höhepunkte im Jahr. Dabei war die Anzahl der Anbieter und deren Produkte noch gerade zu überblicken. Heute hat sich dieses P&D Gerangel zu einem fetten P&D Generationskonflikt entwickelt. Und zwar in einem Ausmaß, von dem der Konsument zum Glück nichts mitbekommt. Aber das Reinstopfen und Rauspumpen in den und aus dem Markt bedarf immer gewaltigerer Instrumente. Der Konsument verpasst in der Regel bis zum Wiederkauf nicht 2 oder 3 Generationen einer P&D Gattung, nein, bis zu 30 oder 50. Sein letztes Produkt kommt im Prinzip aus der Steinzeit. Es löst nur Lachanfälle am POS (Point of Sales) aus. Man stelle sich mal ungefähr folgendes Bild vor: Da führen 50 Hersteller von Digitalkameras je 20 Produkte in den Markt ein. Die es jeweils in 5 Varianten gibt. Und das alle 3 Monate. Das sind alle 3 Monate 5.000 neue Digicams. Wenn man sich alle 3 Jahre eine neue kaufen muss, hat man 60.000 Produke verpasst. Die wiederum in ihrer Entwicklung gigantische Entwicklungssprünge gemacht haben. Wahnsinn. Längst habe ich das Gefühl, dass sich niemand mehr am Konsumenten orientiert, sondern dass die Hersteller ihre eigene Schlacht ausfechten. Und das Schlachtfeld ist der Handel. Das unglaublich Perverse daran ist, dass hinter jedem der P&Ds eine komplette Marketingstrategie steckt. Und ich muss sagen, ich bekomme keine mehr mit. Ich habe so gut wie keine Ahnung, wie die Produkte heißen. Wie heißen Peugeots jetzt am Ende? 6, 7, 8 oder schon 9? Gibt es den Ford Sierra noch oder den Capri? Heißen Sony Fernseher noch Trinitron? Dieser Generationenkonflikt und die begleitende Medienflut schmälert, was heißt schmälert, vernichtet die Möglichkeit, dass nur eines dieser P&Ds das Licht der Konsumwelt so erblickt, dass es eine realistische Chance hat. Jedes Kind würde jetzt denken, die Hersteller dieser P&Ds sagen sich: Scheiße, dann machen wir weniger und das besser und teurer. Nein, das Gegenteil ist der Fall. Wie ich als Kind beim Monopoly den Kreditrahmen einfach ins Unendliche erhöht habe, so schippen die tonnenweise mehr und schneller Generationen über den Handel aus. Machen doch alle so. Alle? Nein, außer den wenigen, die überdurchschnittlich erfolgreich sind. Aber das ist sicher reiner Zufall.
(Foto: Peter von Felbert; Motiv: Braun Tonbandmaschine)
Die Selbstverständlichkeitsfalle
Die meisten Beziehungen scheitern unter anderem daran, dass man in die Selbstverständlichkeitsfalle getappt ist. Das ergeht Menschen wie Marken ebenso. Es kommt immer der Zeitpunkt, an dem man denkt, dass man einen guten Stück des Weges schon hinter sich hat. Alles Zurückliegende ist somit in der Schublade "Selbstverständlichkeit" abgelegt. Warum soll man einem Freund ständig die Freundschaft beteuern? Seiner Frau fortwährend die Liebe? Und seinem Kunden die Aufmerksamkeit? Wenn man doch sicher davon ausgeht, dass das Objekt der Begierde das als selbstverständlich verbucht hat. Einmal ausgesprochen bedarf es doch keiner Wiederholung. Fehler! Großer, teurer, schmerzhafter und dummer Fehler. Denn wer in diese Selbstverständlichkeitsfalle tritt, beschreitet den Anfang vom Ende. Denn genau hier, exakt an dieser Stelle, ist Wiederholung, Bestätigung, Respekt und Anerkennung das wichtigste Instrument, um das hohe Niveau, das man gemeinsam einmal erreicht hat, überhaupt aufrecht zu halten. Wer das Niveau halten oder sogar steigern will, der muss sich der Kunst der Überraschung widmen. Dasselbe immer wieder überraschend auf eine andere Weise zum überzeugenden Ausdruck bringen. Und dabei meine ich nicht diesen Erika-Berger-Blödsinn, nur die gegenseitigen Reize fortwährend anzuheizen. Sondern mein Ansatz basiert auf dem rein Geistigen. Niemand wechselt seinen besten Freund, weil der andere einen schnelleren Prozessor hat. Niemand verläßt seine/n Partner/rin, nur weil er/sie Lachfalten bekommt. Und niemand wechselt eine Marke, weil eine anderer billiger ist. Niemand. Aber die meisten verführen oder lassen sich von allem verführen, was da kommt. Der Neukunde ist immer noch wichtiger, reizvoller und geiler als der Bestandskunde. Den hat man ja schon. Somit rennt eine ganze Gesellschaft unaufhörlich durch dieselbe Drehtür, in der vorne Neukunden reinströmen und hinter Bestandskunden sich verabschieden. Und was fällt der Wirtschaft dazu ein? Sie vergrößert die Drehtüren und die Drehgeschwindigkeit, damit noch schneller noch mehr Neukunden vorne rein kommen. Mit dem Ergebnis, dass hinten noch mehr noch schneller die Bestandskunden sich verflüchtigen können. Schön. Schön blöd.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Kratzbürsten)
Dienstag, 16. Januar 2007
Das Replay-Prinzip
Nichts passiert im Prinzip zum ersten Mal. Alles ist schon mal passiert. In einer anderen Branche. Zu einer anderen Zeit. In einem anderen Markt. Bei einem anderen Produkt. Und so weiter. Deshalb lohnt sich immer ein Blick im übertragenen Sinne auf Branchen, die schon länger im Rennen sind. Von denen kann man sehr viel lernen. Vor allem, wie es nicht geht. Denn ältere Branchen haben alle Fehler schon mal gemacht, wenn es diese heute noch gibt. Ich habe mehrere Produktrevolutionen begleitet und es war immer dasselbe. Ich habe mich zum Beispiel häufig an der Automobilindustrie orientiert. Denn die gibt es schon lange. Und hat deshalb schon viel, viel mehr erlebt. Die Erfahrungen habe ich dann auf die Unterhaltungselektronik übertragen. Das hat immer sehr gut funktioniert. Alles wiederholt sich. Alles war schon mal da. Danach kam die Mobilfunkwelle und siehe da, auch hier konnte man die Entwicklungen 1:1 übertragen und so geht es weiter und weiter. Witzig ist nur, dass man das besser nicht offen sagt. Denn jede neue Branche geht natürlich für sich selbst davon aus, dass diesmal alles anders ist. Ganz anders. Schon klar. Ich lasse diese Menschen in ihrem Glauben und schau einfach noch mal nach, wie es weiter geht. Es beruhigt mich, wie einfach man seiner Zeit voraus sein kann, in dem man einfach nur zurückblickt. Oder wie ich in einem Gedicht zu meiner Schulzeit mal niederschrieb: "Wer die Zukunft verändern will, der muss sich gut erinnern können." (Verdammt lang her.)
(Foto: Peter von Felbert; Motiv: 60er Jahre Style)
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