Dienstag, 30. Januar 2007
Tunnelblick
Beim Tunnelblick fokussiert man auf einen einzigen Fixpunkt und ist dabei mit den Gedanken wo ganz anders. In der Regel stiert man auf diesen ominösen Punkt. Es macht nicht den Anschein, als dass man ihn wirklich sieht, sondern dass man durch ihn weit, weit hindurch sieht. Nebenwirkungen sind Blässe, kalte Hände und ein extrem ausgetrockneter Mund. Ich denke, der Puls und der Blutdruck steuern zum Tunnelblick ihren Teil bei. Die Hände zittern und die Motorik wirkt grobschlächtig. Die Aussprache wir undeutlich. Man könnte es auch Stammeln nennen. Bei der detaillierten Beschreibung könnte man fast annehmen, ich wüsste, wovon ich spreche. Nein, das tue ich nicht. Ich beschreibe nur das, was ich bei anderen wahrgenommen haben, die diesen ominösen Tunnelblick hatten. Es scheint der Moment zu sein, der gefühlsmäßig nie endet. Es ist der Augenblick vor dem Herzinfakt. Dem Stillstand. Der Lähmung. Menschen, die unter dieser Lebensbegleiterscheinung leiden, hoffen inständig, dass die Umwelt das so nicht mitbekommt. Also wenigstens nicht in vollem Umfang. Ich tue das. Ich sehe das. Und ich spüre, wie das Herz des anderen zu rasen beginnt. Wenn alles außer Kontrolle zu geraten scheint. Wenn die Psyche demjeingen einen bösen Streich spielt. Immer und immer wieder. Der Tunnelblick ist der verzweifelte Blick nach dem Ausweg aus einer extrem unangenehmen Situation. Was mich verwundert, ist, dass Menschen mit dieser Erscheinung sich immer wieder in diese Situation bringen. Das offensichtliche Leiden wird einer ständigen Wiederholung ausgesetzt. Als ob ein Zwang in der Begegnung mit dem eigenen Leiden gewünscht würde. Warum, frage ich mich, warum tun sich Menschen das an? Schon beim Zuschauen wird mir ganz anders.
(Foto: Peter von Felbert, Motiv: Autotunnel)
Montag, 15. Januar 2007
Die Säure in meinem Körper
Da ist diese Säure in meinem Körper. So lange diese basisch ist, so eine Art PH-neutral, komme ich ganz gut mit mir klar. Und ich denke und hoffe, meine Umwelt auch. Wenn diese aber alles andere als neutral ist, dann wird es unangenehm mit mir. Mir mit mir selbst und unvermeidlich auch meiner Umwelt mit mir. Dann frisst sich diese Säure durch alles, was mir lieb und teuer ist. Dann ist meine Geduld kein Faden mehr, sondern nur noch ein sehr, sehr kurzes und ebenso sehr, sehr dünnes Fädchen. Diese Säure bringt es leider mit sich, dass sie einiges in Mitleidenschaft zieht. Auch Dinge, die mir nah sind, sehr nah. Die zerstörerische Kraft dieser zähen Säure, die sich wie ein Lavastrom durch meinen Körper und mein Bewusstsein wälzt, ist enorm. Sie macht keinen Halt vor nichts. Aus Mücken werden Elefanten. Reihenweise. Alles ergibt keinen Sinn mehr. Alles verliert seinen angestammten Wert. Plötzlich ist alles, was gut war, im nächsten Moment nicht mehr gut genug. Und dann unausstehlich. Vor allem, wenn ich zur ungewollten Ruhe komme, dann setzt sich die Säure in Bewegung. Erst tropft sie auf meine Zuversicht und mein Selbstbewusstsein. Aber dann fließt ein kleines Rinnsal voller Zweifel und Ungereimtheiten durch mich durch. Es ist wie Sodbrennen. Nein, es ist schlimmer. Es ist außer Kontrolle. Somit habe ich immer ein Unwohlgefühl, wenn ich ungewollt zur Ruhe kommen soll. Ebenfalls ein Auslöser sind programmierte Gefühle, die abgerufen werden sollen. Dann ergießt sich explosionsartig die Säure über meine Gefühlswelt. Der ich dann natürlich entfliehen muss. Will. Aber nicht kann. Weil ich eingebunden bin in Verantwortungen. Da kann man sich nicht einfach so gehen lassen. Obwohl jeder merken muss, wie ich leide unter diesem negativen Einfluss. Da hilft dann nur noch fliehen, sonst zerstört diese Säure einfach alles. Was sie kann und schon bewiesen und getan hat. Somit bin ich versucht, vorsichtig zu sein. Aber der Umgang mit dieser ätzenden, emotionalen Säure ist sehr schwer. Am Anfang brennt es. Und auch noch nach einer Weile genügt noch immer ein Tropfen, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Leid tut es mir immer um meine Umwelt, die das ertragen muss. Oder nicht mehr ertragen will. Denn das bin nicht wirklich ich, das ist diese Säure in mir. Die frisst sich in und durch meine Seele. Ich sollte das nicht mehr zulassen. Denn wieviel Dinge, die mir nah sind und zugleich lieb und teuer, sind es noch Wert, dass ich sie verliere? Oder dass diese auf eine unerträgliche Distanz zu mir gehen? Ich kann doch nicht immer wieder von vorne anfangen. Immer wieder in der Hoffnung, dass die Säure nun nicht mehr in meinen Adern fließt. Bis mich die Erkenntnis erreicht, dass es wieder nur bis zum nächsten Mal war. Damit muss Schluss sein. Ich sollte nicht weiter versuchen, alle Quellen, die mir als Auslöser bekannt sind, abzustellen, oder diesen auszuweichen. Sondern diesen zu begegnen. Vor allem der Einsamkeit mit mir selbst. Der Erwartungshaltung an mich. Und dem unnötigen Druck, den ich mir aus unerklärlichen Gründen auferlege. Ich muss und ich werde gelassener werden. Denn das würde mich enorm voran bringen. Vor allem als Mensch. Aber dafür gibt es eine Menge Geschichten, denen ich mich aussetzen und denen ich begegnen muss. Denen ich mich stellen muss. Vor allem Geschichten aus der Vergangenheit. Aber nicht weniger aus der Gegenwart. Damit die Zukunft vor allem ohne eins wird, ohne diese Säure in meinem Körper. Das wäre wunderbar.
(Foto: Peter von Felbert)
Montag, 8. Januar 2007
Menschen schaffen aus Meiderich rauszukommen, aber du bekommst Meiderich nicht aus den Menschen
Ich gebe ja zu, ich bin ein Zicke. Launisch und nehme vieles wirklich zu genau. Aber wenn jemand in einen erlesenen, exzellenten und sauteuren Jahrgangs-Champagner von Bollinger, den man zur Feier des Tages kredenzt hat, Eiswürfel wirft, und das in einem Rotweinglas, und dann wie wild schwenkt, dann würde ich diese Situation als grenzwertig bezeichnen. Ich entschuldige mich dann persönlich beim Bollinger. Denn das hat er nicht verdient. Die Geschichte könnte hier aufhören, aber eigentlich beginnt sie erst hier. Denn dieser Mensch erklärt mir noch unentwegt, dass dies der letzte Schrei sei. Und dass man das so macht. Hat er in GQ oder einem ähnlichen Magazin gelesen. Ich muss dann immer an mich halten. Sehr sogar. Um den Rahmen nicht zu sprengen. Es würde eine Menge daran hängen und zu Bruch gehen, wenn ich in genau diesem Moment despektierlich reagieren würde. Deshalb muss ich das aushalten. Ertragen. Und ich schaffe das auch. Wirklich. Oder sagen wir mal so, ich arbeite daran.
Aber in einen wohltemperierten 1988 Chassagne Montrachet 1er Cru, Wasser zu gießen, um eine Weißweinschorle daraus zu machen... Das geht zu weit. Oder?!
Dienstag, 2. Januar 2007
Schlüssel-Schloss-Prinzip
Jeder glaubt, dieses Prinzip zu kennen. Klingt ja auch logisch. Der Schlüssel öffnet eine Tür. Dafür muss er nur im Schloss herumgedreht werden und die Tür lässt sich öffnen. Wenn es der richtige Schlüssel für das richtige Schloss ist. Was bei diesem Bild aber auch zu berücksichtigen ist, ist, dass nicht nur die schönen, wünschenswerten und angenehmen Dinge des Lebens so zum Leben erweckt werden. Nein, auch alles andere, bis hin zu zutiefst Abscheulichem. Dann nennt man es die Büchse der Pandora öffnen. Aber im Prinzip ist dasselbe gemeint.
Mit einem Schlüsselreiz kann eine Reaktion bis hin zur Kettenreaktion ausgelöst werden. Der Mensch neigt zu diesen Kettenreaktionen im positiven wie leider auch im negativen Sinne. Der Mensch lernt dabei nie wirklich dazu. Er schreckt nur für eine kurze Zeit zurück. Aber dann benutzt er dieselben Schlüsselreize wieder. Und öffnet ständig Türen, die besser verschlossen blieben.
Für die Werbung bedeutet das, nur die positiven Schlüsselreize zu verwenden. Das ist mehr als ratsam. Denn wenn man sich die Geschichte, die ältere oder jüngere, ansieht, dann fällt auf, dass der Mensch zu einer sehr oberflächlichen, vereinfachten und primitiven Wahrnehmung neigt. Auch mit diesem Umstand gilt es angmessen umzugehen. Denn der Mensch macht das nicht aus Absicht, sondern weil die Menge der Informationen nicht gänzlich zu verarbeiten ist. Deshalb baut er Filter, um die Menge zu reduzieren und aus dem Reduzierten das Wesentliche für sich herauszunehmen.
Diese Methodik macht sich sie dunkle Seite des Schlüssel-Schloss-Prinzips zu Eigen. Und das sehr wirksam. Je einfacher die Opfer-Täter-Zuordung, je größer der Unterschied zwischen diesen beiden, um so besser die negative gewollte Verbreitung. Aus dieser dunklen Seite der Kommunikation und Wahrnehmung kann die andere sehr viel lernen. Sehr viel. Auch sie muss die Botschaften positiv vereinfachen. Und nur in die richtigen, gewollten Bahnen leiten. Es geht. Sehr gut. Viele negative Beweise zeigen das deutlich.
Man muss dieses Prinzip nur für wirklich Erstrebenswertes nutzen, anstatt diese einfache Methodik weiter in falschen zu Händen belassen.
(Foto: Peter von Felbert)
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